CD-Booklets, wie schön auch immer geschrieben, sind oft mühsam zu lesen, zu klein, zu farblos; und haben zudem – wenn doch frequentiert – die Neigung spurlos zu verschwinden. Da wollte ich mir (und Freunden) den Zugang erleichtern. Mit schneller Erinnerungsmöglichkeit (auch zum Anspielen) anhand der jpc-Quellen.
Ausgangspunkt für mich war diese alte CD von René Jacobs, die mich ratlos machte. Ich habe mich beim Abhören gelangweilt und erst ab Tr. 3 (nach 30 Minuten) begonnen, etwas zu begreifen… (Gedanke: es muss an mir gelegen habe, Die musikalische Grammatik war mir geläufig, aber nichts sprach zu mir. Was tun? Ich suche im Kommentar nach Anhaltspunkten, ab Tr.3 schien sich ohnehin von selbst ein Sinn – was ist das? – zu ergeben. Die zwei Gesangsstimmen, die einander folgen, – ist das nicht sogar schön? Ich möchte sie singen sehen! Ihre „Ausdrucksgesten“. Ich habe vorwitzig schon in das unten gegebene zweite Beispiel geschaut… Tun Sie dasselbe, bevor Sie lesen. Erlauben Sie zuerst intensivere Sinnlichkeit…)
Ich versuche, die stilistische Bandbreite zu erkunden… Die unterschiedlichen Wirkungen, je nachdem, ob ich die Interpreten und den Raum sehe oder nicht. Ich brauche natürlich den Text. Die Klagelieder des Jeremias.
Der Text – zum Mitlesen
JOD. Manum suam misit hostis ad omnia desiderabilia ejus; quia vidit Gentes
ingressas Sanctuarium suum, de quibus praeceperas ne intrarent in ecclesiam
tuam.
Der Feind hat seine Hand gelegt an alle ihre Kleinode. Ja, sie mußte zusehen, dass die Heiden in ihr Heiligtum gingen, während du geboten hast, sie sollten nicht in deine Gemeinde kommen.
CAPH. Omnis populus ejus gemens, et quaerens panem; dederunt pretiosa quaeque pro cibo ad refocillandam animam. Vide, Domine, et considera, quoniam facta sum vilis.
Alles VoIk seufzt und geht nach Brot, es gibt seine Kleinode um Speise, um sein Leben zu erhaIten. »Ach Herr, sieh doch und schau, wie verachtet ich bin!«
LAMED. O vos omnes, qui transitis per viam, attendite, et videte si est dolor sicut dolor meus; quoniam vindemiavit me, ut locutus est Dominus in die irae furoris sui.
Euch allen, die ihr vorübergeht, sage ich: »Schaut doch und seht, ob irgendein Schmerz ist wie mein Schmerz, der mich getroffen hat; denn der Herr hat Jammer über mich gebracht am Tage seines grimmigen Zorns.
MEM. De excelso misit ignem in ossibus meis et crudivit me: expandit rete pedibus
meis, convertit me retrorsum: posuit me desolatam, tota die maerore confec-
tam.
Er hat ein Feuer aus der Höhe in meine Gebeine gesandt und lässt es wüten. Er hat meinen Füßen ein Netz gestellt und mich rückwärts fallen lassen; er hat mich zur Wüste gemacht, dass ich für immer siech bin.
NUN. Vigilavit jugum iniquitatum mearum: in manu ejus convolutae sunt, et impositae collo meo: infirmata est virtus mea: dedit me Dominus in manu, de qua non potero surgere.
Schwer ist das Joch meiner Sünden; durch seine Hand sind sie zusammen geknüpft. Sie sind mir auf den Hals gekommen, so dass mir alle meine Kraft vergangen ist. Der Herr hat mich in die Gewalt derer gegeben, gegen die ich nicht aufkommen kann.
Jerusalem Jerusalem, convertere ad Dominum Deum tuum.
Jerusalem, Jerusalem, bekehre dich zum Herrn, deinem Gott!
Aufnahme 1983
Aufnahme 2021
Aufnahme 2024
unser „Stammvater“ Alfred Deller (ich hatte ihn in Saint Maximin (bei Aix) kennengelernt)
Aufnahme 1967
Aufnahme 1960
Hören Sie Alfred Deller mit „Flow my tears“ , – und Sie verstehen, warum ich ihm ewig dankbar bin. (Jaja, es ist vielleicht zu langsam! Stört es Sie im Ernst?)
Wie ich das Deller Consort 1969 kennenlernte: HIER (Kopierfehler leider ausgerechnet in 24:55) Monteverdi: „Hor che’l ciel e la terra“ !
Und heute? Über 50 Jahre später: die Wirkung ist unvermindert!
Sagen Sie nicht, ich wähle sowieso, was in der ZEIT stand. Ich hatte den Politikteil längst hinter mir, und dann war es im Feuilleton genau dieser Argumentationsgang von Nele Pollatschek, der mir gefallen hat. Und erst nachher las ich – ebenfalls mit Zustimmung – in Wikipedia, was sie z.B. übers Gendern meint: hier.
Ich drucke also einen vollständigen Artikel ab, – was wohl nicht rechtens ist -, weil ich vermute, dass er genau damit seinen Sinn erfüllt und ab Sonntag Nacht sowieso keine Rolle mehr spielen kann. Und ich unterstreiche nichts, weil ich vermute, dass Sie keine Zeile überspringen wollen. Und auch nicht – wie in der echten ZEIT – erstmal weiterblättern, weil sie das Foto darüber -„LA FAMIGLIA“ (Trump) – nicht ertragen…
anklicken, vergrößern! eigene Meinung bilden!
Quelle DIE ZEIT Seite 43 Probleme mit der Stimme Für alle, die sich Friedrich Merz noch nicht übers Steißbein tätowiert haben, hier eine mathematische Überlegung zur Wahl / Von Nele Pollatschek
Ich wusste heute morgen noch nicht, dass ich meine kurze Philosophie des Humors verlegt habe. Sie ist weg! Und ich habe doch verschiedentlich auf eigene Faust gelacht, heute beim ersten oder zweiten Blick in die Zeitung wurde es mir klar, ich habe gestern die entsprechende Fernsehsendung verpasst, gibt es die wohl in der Mediathek (ja! bis 2030!). Aber womöglich dann meine Blog-Einträge nicht mehr, im sogenannten www ? World Wide Web. Einfach lächerlich, wissen Sie denn nicht, wieviele es sind, allein das Lachen betreffend, ich könnte ein Buch drüber schreiben!
Psychologen und Soziologen erforschen, wie und warum Humor so umfassend auf Menschen wirkt. Humor hat vielfältige Effekte auf unsere physische und psychische Gesundheit. Er stärkt das Immunsystem, vertieft die Atmung, vermehrt Glückshormone wie Endorphin und hemmt die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol. So steigt unser Wohlbefinden.
Humor ist auch ein Geschäft
Heute sind es nicht nur weiße, heterosexuelle Männer wie einst Heinz Erhardt, Loriot, Otto und Dieter Hallervorden, die uns zum Lachen bringen – immer mehr weibliche Comedy-Stars wie Maria Clara Groppler erobern das Publikum. Sie bringt einen überraschend derben Humor auf die Bühne und begeistert damit vor allem junge Menschen. So ist Humor auch immer ein Spiegel der aktuellen gesellschaftlichen Machtverhältnisse und dafür, wie wir auf die Lage der Welt blicken und welche politischen und soziokulturellen Konflikte vorherrschen.
Sendungen wie die „heute-show“ und „Till Reiners‘ Happy Hour“ arbeiten sich an der politischen Aktualität ab und schaffen durch die humoristische Aufarbeitung Distanz und Akzeptanz. Humor wird so auch zum Mittel, um auf gesellschaftliche Missstände und Bedrohungen aufmerksam zu machen.
https://www.3sat.de/wissen/wissenschaftsdoku/250220-sendung-humor-hilft-lachen-als-lebensressource-wido-100.html HIER
Ja, „Resilienz“, das Wort fehlte mir kürzlich, ich kam nicht drauf. Eben habe ichs gesehen, und finde es jetzt nicht wieder. Wenn vom Nutzen des Humors die Rede ist, könnte man es in die Debatte werfen…
Wieder was zum Thema:
Glauben Lachen verboten!? Religionen und der Humor Von Michael Hollenbach
Im Christentum nach Umberto Ecos Bestseller „Der Name der Rose“ gilt allein das Lachen schon als Sünde, umso mehr das Lachen über Religiöses. Auch heute haben Kabarettisten und Geistliche noch ein schwieriges Verhältnis. Religiöse Würdenträger sind oft „not amused“, wenn das Thema Religion auf die Schippe genommen wird. Dabei passt der Humor doch so gut zur „Frohen Botschaft“ des Christentums. Das gilt übrigens auch für den Islam. Bei Fundamentalisten kann religionskritischer Humor allerdings zu heftigen Reaktionen führen, wie der Anschlag auf die französische Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ vor Jahren belegt. (SWR 2022)
Und noch ein Einführungstext zur Vierten Sinfonie 16./17. Sept. 2005 HIER
Ein weiterer Text (vom 5.9.2009) zur Sinfonie Nr.1 (mit Notenbeispielen):
Konzertpause vor Schostakowitsch: Symphonie Nr. I op. 10
(nach dem Dvorak-Violinkonzert mit Janine Jansen)
SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg, Leitung: Kirill Karabits
Internationales Bodenseefestival
SWR 2, 9. Mai 2009, 19.00 Uhr
Radio-Einführung von Jan Reichow
http://janreichow.de/sdg_swr_einfuehrung_schostakowitsch_I_20090509.htm HIER
Alle Intellektuellen der Bach-Zeit, – die noch keine Musikästhetik besaßen -, kannten dieses lateinische Buch. Z.B. seit Opitz. Auch Bach und seine Söhne waren „Altsprachler“…
https://de.wikipedia.org/wiki/Eckart_Sch%C3%A4fer hier (Übersetzung + Nachwort!)
Si vis me flere, dolendum est primum ipse tibi: cum tua me infortunia laedent (Horaz) – „Willst du, daß ich weine, so traure erst einmal selbst; dann wird dein Unglück mich treffen…“
»Indem der Musikus nicht anders rühren kann, er sei dann selbst gerührt; so muß er notwendig sich selbst in alle Affekten setzen können, welche er bei seinen Zuhörern erregen will.«
Wo steht dies vielzitierte Wort bei Carl Philipp Emanuel Bach, also: über Rührung? (die eigene und die bei anderen ausgelöste) – der größere Zusammenhang …
Carl Dahlhaus erinnert in seiner Musikästhetik (Köln 1967, Seite 36f) daran, dass die Auseinandersetzung über den Sinn des Wortes „Ausdruck“ sicher nicht so gravierend gewesen wäre, „wenn die Streitenden sich der Differenz zwischen Komposition und Interpretation deutlicher bewußt gewesen wären. Die Ausdrucksweise des 18. Jahrhunderts, die Maxime, daß ein Musiker ’nicht anders rühren‘ könne, ‚er sei denn* selbst gerührt‘ (Carl Philipp Emanuel Bach), ist zweifellos primär als Theorie der musikalischen Reproduktion zu verstehen.“ Und er erinnert u.a. an Platons Dialog Ion, worin es vom Rhapsoden, nicht vom Dichter heißt, „daß er sich selbst in die Affekte versetzen müsse, die er erregen wolle.“
* bei CPE Bach steht „dann“, was ich nur erwähne, weil „denn“ hier ja im offiziellen Zitat auftaucht; gleichwohl ist der Sinn nicht betroffen. Ich hebe es nur hervor, weil ein kleiner Druckfehler gravierende Zweifel verursachen kann. Betr. „Carl“ mein Dank an JMR! Z.B. auch für folgenden Hinweis:
In dem Beispiel Fig. LXIII. fehlt die kleine Bindung über den beiden Noten c²-c²: denn es handelt sich um nur einen Ton. Ich habe noch genau vor Augen, wie Franzjosef Maier uns im Collegium aureum diese Verzierung eingeschärft hat, indem er mit dem Fuß die 16tel klopfte: genau auf dem 3. Sechzehntel geschah noch nichts, aber sofort anschließend: die Figur, – und auf den 4. Schlag der letzte Ton h². Der musikalische Instinkt widersetzt sich dieser Praxis, bis sie einem zur zweiten Natur geworden ist. Wenn einer von uns Zugang zu dieser immer noch nicht ganz fehlerfreien Quelle gehabt hätte, wäre eine zeitraubende Diskussion unvermeidlich gewesen…
Zurück zu Platons Ion, in dem wir inzwischen auch leicht die Quelle des Horaz erkennen:
Sokrates: Komm aber, und sage mir auch dies, Ion, und verheimliche es mir nicht was ich dich fragen will. Wenn du die Verse schön vorträgst und deine Zuschauer am meisten hinreißest, es sei nun, daß du den Odysseus singst wie er auf die Schwelle springt, sich den Freiern offenbart und sich die Pfeile ausgießt vor die Füße, oder den Achilleus wie er gegen den Hektor dringt, oder auch etwas klägliches von der Andromache oder der Hekabe oder dem Priamos: bist du dann bei völligem Bewußtsein, oder gerätst du außer dich und glaubt deine begeisterte Seele bei den Gegenständen zu sein, von welchen du sprichst, sie mögen nun in Ithaka sein oder in Troja oder wo sonst das Gedicht sich aufhält?
Ion: Welchen deutlichen Beweis hast du mir da aufgestellt, Sokrates! Denn ich will dir nichts davon verheimlichen. Wenn ich nämlich etwas klägliches vortrage: so füllen sich mir die Augen mit Tränen, wenn aber etwas furchtbares und schreckliches, so sträuben sich die Haare aufwärts vor Furcht, und das Herz pocht.
Sokrates: Was wollen wir also sagen, Ion? daß derjenige bei vollem Bewußtsein ist, welcher mit bunten Kleidern und goldnen Kränzen geschmückt mitten unter Opfern und Festlichkeiten weint, ohne von jenen Herrlichkeiten etwas verloren zu haben, oder sich fürchtet mitten unter zwanzigtausend befreundeten Menschen, ohne daß ihn Jemand ausziehen oder sonst ihm Leides zufügen will?
Ion: Nein, beim Zeus, Sokrates, nicht eben, wenn ich doch die Wahrheit sagen soll.
Sokrates: Und weißt du wohl, daß ihr auch unter den Zuschauern gar viele eben dahin bringt?
Ion: Gar sehr weiß ich das. Denn ich betrachte sie jedesmal oben herab von der Bühne wie sie weinen und furchtbar umblicken und mitstaunen über das Gesagte. Auch muß ich ja wohl gar sehr auf sie Acht geben: Denn habe ich sie recht weinen gemacht, so lache ich hernach weil ich Geld einnehme: habe ich sie aber zu lachen gemacht; so muß ich selbst weinen, weil ich das Geld einbüße.
(zitiert nach dem Text – Übersetzung Schleiermacher – im Projekt Gutenberg hier)
Abschließend sollte ich den Zusammenhang herstellen mit einem anderen Boog-Artikel, insbesondere den Nachtrag über „Diderots Paradox“ :
https://www.t-online.de/nachrichten/tagesanbruch/id_100598838/bundestagswahl-warum-spielt-die-klimakrise-im-wahlkampf-keine-rolle-.html HIER
* * *
Zu den Quellen !
Individualismus mit Platon bei Lanz
LANZ Die These ist: In einer freiheitlichen Demokratie, in der Freiheit immer wichtiger wird, sich in einen regelrechten Freiheitsrausch hineinsteigert, führt das dazu, dass eine Art Hyper-Individualisierung entsteht, sich irgendwann niemand mehr irgendetwas von einer wie auch immer gearteten Autorität sagen lässt, – und man liest das und zuckte zusammen, wie die Sanitäter, die hier schon saßen und erzählte, nur noch Respektlosigkeit, man denkt an Polizeibeamte, die sagen, von uns lässt sich kein Mensch mehr was sagen, Politiker, Journalisten, die alle sagen …. weil es sofort als ein letzter ultimativer Angriff auf das Freiheitsempfinden ausgelegt wird … und kippt in irgendetwas Autokratisches – Plato – Stuttgart -Wutbürger
die Zumutung, Toleranz für das Andere zu entwickeln 59:25
Holocaust und NS-Zeit Angriff auf die eigene Identität / REMIGRATION das Wort meinte immer „ethnische Säuberung“ 1:03:10
→ → → → https://www.zdf.de/gesellschaft/markus-lanz/markus-lanz-vom-11-februar-2025-100.html hier
In der LANZ-Sendung also ab ca. 55′ Gespräch zum Thema mit Justus Bender
„Was will die AfD?“, fragt (…) Justus Bender, Redakteur bei der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, in seinem Werk. (…) Denn: Berichterstattung über die AfD ist anders, weiß Bender:
„Das Buch beginne ich als Ich-Erzähler und das ist erst einmal vielleicht ungewöhnlich, denn es geht in dem Buch ja nun wirklich nicht um mich, sondern es geht um die AfD. Aber ich hab diese Form gewählt, weil ich finde, dass bei dem Thema AfD immer ein Elefant im Raum steht – und das ist der Vorwurf, man sei Lügenpresse oder man sei als Journalist irgendwie, würde man Befehle empfangen aus dem Kanzleramt. Und deswegen habe ich in dem Buch erstmal sozusagen meine eigene Situation beschrieben, wie ich beschimpft werde aus der Partei, wie ich mich bemühe, die Themen richtig einzuordnen.“
Frei von der Zudringlichkeit der Toleranz und der Solidarität
Eine vertrauensbildende Maßnahme, wenn man so will. Ohnehin ist Benders analysierender, nüchterner Stil wohltuend, gerade bei den hitzigen, oft reflexhaften und zumeist von Provokation- und Gegenprovokation durchsetzenden Diskussionen rund um die AfD. Bender geht den Fragen nach, warum die rechtspopulistische Partei entstehen konnte, welche Strategie sie verfolgt, er versucht aber auch Motivation und Gedankenwelt der AfD-Mitglieder zu ergründen:
„Einen AfD-Anhänger kann zum Beispiel auch der Schulunterricht stören, in dem Kinder lernen, dass es unmoralisch ist, eine Irritation zu empfinden, wenn zwei schwule Männer sich küssen. Der Rechtsextremist würde sagen: Die Irritation ist richtig, weil Homosexualität eine verwerfliche, ‚unnatürliche‘, den ‚Volkskörper schädigende‘ Praxis ist. Menschen, die so reden, gibt es wahrscheinlich auch in der AfD, ich habe es aber fast nie gehört. Meiner Erfahrung nach würden die allermeisten AfD-Anhänger anders argumentieren. Sie würden sagen: Lasst meinem Kind seine Irritation, die Obrigkeit hat nicht zu entscheiden, welche Empfindung genehmigungspflichtig sind. AfD-Anhänger wollen frei sein von der, wenn man so will, Belastung durch Andere. Sie wollen frei sein von der Zudringlichkeit der Toleranz und der Solidarität.“
Dem Volkswillen unterordnen
Doch dieser vermeintliche Freiheitsdrang hat Konsequenzen. Für Bender war der Hinweis auf den Philosophen Platon und dessen Buch „Der Staat“ augenöffnend, um die AfD zu verstehen. Denn Platon schildert den Niedergang einer Demokratie durch den Freiheitsdrang seiner Bürger. Alles solle sich dem Willen des Volkes unterordnen, hieß es damals – und heute, bei der AfD:
„Es kann aber in dem Moment kippen, wo ein Volkstribun auftritt, also ein Populist, der diesen Menschen verspricht: Ich beseitige das Establishment für Euch, ich beseitige die Oligarchie der Eliten, die Euch unterdrücken. Und wenn dann dieser jemand erstmal sozusagen die Institutionen unserer Demokratie beseitigt hat, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die anderen Medien, die pluralistische Parteiendemokratie, die repräsentative Demokratie ersetzt durch Volksentscheide, dann bekommt man ein Problem, denn dann gibt es in diesem System nur noch einen Volkstribun und das Volk und es gibt nicht mehr ein Hin und Her aus Meinungen, es gibt keine Kompromisse mehr, es gibt keine Koalitionen mehr.“
Ebenfalls spannend ist, wie Bender die Konsequenzen einer solchen Haltung weiterdenkt – und ein Szenario skizziert, wie die AfD – wenn sie an die Macht käme – die deutsche Politik und letztendlich das Land verändert würde: „Es ist jetzt Herbst 2027. Die Umgestaltung der Bundesregierung der Bundesrepublik ist in vollem Gange. Bundeskanzler Poggenburg regiert mit zwei Mitteln. Gemäßigte Reformen, die Gegenstand seines Koalitionsvertrages mit der Union sind, setzt er über die Bundestagsmehrheit mit der Koalition durch. Wenn der Union aber ein Vorhaben zu gewagt ist, verweist er auf die Möglichkeit eines Volksentscheides. Manchmal genügt diese Drohung und die Union fügt sich dem Willen Poggenburgs.“
Der frühe Durchblick in PLATONs Politeia „DER STAAT“ nach Wikipedia
Der Untergang der Demokratie
Als letztes Stadium geht aus der Demokratie die Tyrannenherrschaft hervor. Das Hauptmerkmal der demokratischen Gesinnung, der unbeschränkte Freiheitswille, wird den Demokraten letztlich zum Verhängnis, da sich die Freiheit zur Anarchie steigert. Der demokratische Bürger ist nicht gewillt, eine Autorität über sich anzuerkennen. Die Regierenden schmeicheln dem Volk. Niemand ist bereit sich unterzuordnen. Ausländer sind den Stadtbürgern gleichberechtigt, Kinder gehorchen nicht, sie respektieren weder Eltern noch Lehrer, und sogar Pferde und Esel schreiten frei und stolz einher und erwarten, dass man ihnen aus dem Weg geht.[76]
Dieser Zustand der höchsten Freiheit schlägt schließlich in die härteste Knechtschaft um. Den Ausgangspunkt der Wende bildet der Gegensatz zwischen Armen und Reichen, der weiterhin besteht, aber nun nicht mehr wie in der Oligarchie von der herrschenden Doktrin legitimiert wird. Die Vermögensunterschiede stehen im Gegensatz zum demokratischen Gleichheitsdenken. Die Masse der relativ Armen ist sich ihrer Macht im demokratischen Staat bewusst. Gern folgt sie einem Agitator, der eine Umverteilung des Reichtums fordert, die Reichen einer oligarchischen Gesinnung beschuldigt und entschlossene Anhänger um sich schart. Dadurch sehen sich die Besitzenden bedroht, sie beginnen tatsächlich oligarchische Neigungen zu entwickeln und trachten dem Agitator nach dem Leben. Dieser lässt sich nun zu seinem Schutz vom Volk eine Leibwache bewilligen, womit er sich eine Machtbasis verschafft. Die Reichen fliehen oder werden umgebracht. Der Weg zur Alleinherrschaft des Agitators, der nun zum Tyrannen wird, ist frei.[77]
Die Entwicklung der Tyrannis
In der Anfangsphase seiner Herrschaft tritt der neue Tyrann volksfreundlich auf. Er verhält sich milde, erlässt Schulden, verteilt konfisziertes Land und belohnt seine Anhänger. Nachdem er seine Herrschaft stabilisiert und einige Gegner beseitigt hat, ist sein nächster Schritt, einen Krieg zu beginnen. Damit lenkt er die Aufmerksamkeit auf einen äußeren Feind, demonstriert seine Unentbehrlichkeit als Befehlshaber und verhindert, dass sich eine Opposition gegen ihn formiert. Mögliche Gegner räumt er aus dem Weg, indem er sie an die Front schickt. Jeder Tüchtige, ob Freund oder Feind, erscheint ihm als Gefahr, die beseitigt werden muss. Da sich in der Bürgerschaft zunehmend Hass auf den Tyrannen ansammelt, verstärkt er seine Leibgarde mit Söldnern und ehemaligen Sklaven, die ihm persönlich ergeben sind. Der Unterhalt dieser Truppe verursacht hohe Kosten. Zu deren Deckung werden zunächst die Tempel geplündert, dann Steuern erhoben. Das Volk ist aus der maßlosen Freiheit in die übelste und bitterste Sklaverei geraten. Bei den Tragödiendichtern findet der Tyrann allerdings Beifall, denn sie bekommen von ihm Honorare und Ehren.[78]
Platon, Politeia 566d–569c (Ende)
PLATO 8. Buch Original deutsche Übersetzung Prantl 1857 bei GUTENBERG HIER
Nun sind die Formen der Ungerechtigkeit, d. h. die vier schlechten Staatsverfassungen zu betrachten, nemlich: Timokratie, Oligarchie, Demokratie, Gewaltherrschaft; einer jeden aber muß auch im Individuum eine Beschaffenheit der Seele entsprechen, und es ist daher in dieser doppelten Beziehung der Uebergang zum Schlechten und das Auftreten desselben zu betrachten (achtes Buch, c. 1 u 2).
All solcher Uebergang liegt in einer Zwietracht des Herrschenden, und wenn bei der Geburt der Herrschenden nicht die richtigen Zahlen-Verhältnisse eingehalten wurden, tritt in Folge hievon eine Abweichung von der richtigen Erziehung ein. So geht die beste Verfassung zunächst in die Timokratie über, indem durch Vermischung des schlechten Metalles mit dem edlen Kampf entsteht und zur Schlichtung desselben Privat-Besitz eingeführt wird (c. 3); ein solcher Staat ist noch mit dem guten verwandt in der Stellung der Herrscher und in der Einrichtung gemeinschaftlicher Bürgermahlzeiten, aber streift bereits an das Oligarchische durch Ueberwiegen des Muthigen und durch Wertschätzung des Besitzes (c. 4) Der dieser Verfassung entsprechende einzelne Mensch ist kriegerisch und nimmt von einer ursprünglich guten Jugend an stets in Geldsucht und Ehrliebe zu (c. 5). Der Uebergang von da in die Oligarchie beruht im fortwährenden Wachsen der Gewinnsucht und des Gelderwerbes, wornach Alles, zuletzt selbst die Theilnahme am Herrschen, bemessen wird; ein solcher Staat verschmäht das Wissen und wird in zwei Parteien, Reiche und Arme, gespalten, welche mit allen Mitteln sich gegenseitig bekämpfen (c. 6 und 7).
Der ihm entsprechende Einzeln-Mensch wendet sich aus Furcht vor äußeren Nachtheilen dem Begehrlichen zu und wird durch die zur Ansammlung von Schätzen angewendeten Mittel gefährlich, entbehrt aber auch jeden Sinnes für wahren Ruhm (c. 8 u. 9). Der Uebergang von da in die Demokratie tritt ein, wenn durch Unersättlichkeit der Einen die Andern verarmt sind und verletzt werden, worauf, da beiderseits es an Kraft zum Guten fehlt, bei dem leichtesten Anstoße von Außen die Armen die Oberhand gewinnen (c. 10); ein solcher Staat bewegt sich in dem bunten Belieben der Einzelnen und entbehrt des staatlichen Pflichtgefühles und vermag keinen eigentlich Tüchtigen zu wählen (c. 11). Der ihm entsprechende Einzeln-Mensch wendet sich bereits auf Luxus-Bedürfnisse, zumal durch Beihülfe äußerer Einflüsse, und gelangt hiedurch zu einer Verrückung aller Begriffe und einer inneren Anarchie, welche in dem Eintagsleben der Vergnügungen und des Beliebens erscheint (c. 12 und 13). Von hier aus findet endlich der Uebergang in die Gewaltherrschaft statt, indem durch Unersättlichkeit des Beliebens alle Gränzen überschritten werden und diejenigen, welche herrschen sollten, sich zu Sklaven Anderer herabwürdigen (c. 14); indem nemlich die Selbstsüchtigen und die Klasse der Besitzenden und die Masse des Volkes sich feindlich gegenüberstehen, das Volk aber von dem durch die Gewinnsüchtigen ihnen mitgetheilten Raube abhängt, entsteht Kampf und Argwohn gegen die Besitzenden, und das Volk stellt Einen aus seiner Mitte an die Spitze, welcher, sobald er Menschenblut gekostet, zum Wolfe wird und als Gewaltherrscher eine Leibwache verlangt (c. 15 u. 16); dieser Herrscher eines Staates ist Anfangs noch mild, hält aber das Volk um der Abhängigkeit willen im Kriegszustande, dann aber verfeindet er sich mit den Unabhängigen und Tapfern und befreundet sich mit den schlechten Sklaven, welche er freiläßt und in seine Umgebung einreiht, was dann selbst von Dichtern gepriesen wird; zu seinem Aufwande schont er nicht die Tempel und zuletzt nicht das Volk selbst, welches sein eigener Vater ist, und widersetzt sich ihm dieser, so schlägt er ihn (c. 17–19).
Violinkonzert in Köln LP mit Wolfgang Marschner und Michael Gielen 1962
Hilary Hahn 2008: Phantastische Aufnahme, auch H.H.s Text über die Erarbeitung, überhaupt sachkundiges Booklet
Violinkonzert mit Notentext Zvi Zeitlin hier als Film mit Michael Barenboim hier
Text (Hilary Hahn CD) von Roger Ruggeri (Übersetzung Reinhard Lüthje)
Schönberg-CDs betr. u.a. die Variationen op.31
op.31 im Vergleich
der Zugang, etwas gründlicher
Das Thema von op.31, private Skizze JR, nur zum Üben (Mitsingen!) , einstellen: RATTLE CD 2 Tr.16 ab 1’06 / oder: KARAJAN CD Tr. 7 Thema (ohne Introduktion) 1’06
Hören Sie gut? In Takt 2 bzw. (grün) 35: ist es g oder f ? und in Takt 36 letztes Viertel? Im Orchester wäre der Abschreiber nicht zu gebrauchen…
In der letzten Zeile, die Solo-Violine ist z.T. kaum zu hören.
Jede Zeile enthält alle zwölf Töne z.B. b – fes (=e) – ges – es – f – a -d – cis – g – gis – h – c
Quelle Rudolf Stephan: Über Schönbergs Arbeitsweise / in: Arnold Schönberg Gedenkausstellung 1974 Redaktion: Ernst Hilmar / Universal Edition Wien
Die ZEIT vom vergangenen Donnerstag, betrifft den anstehenden Sonntagabend, mit dem „Gespräch“ im ERSTEN und im ZDF, dass man aus politischer Raison hören wird, aber ich lese, mit allerhand Zustimmung, nicht nur die Frontseite mit Mariam Lau sondern auch den „Kirchenteil“ (Glauben & Zweifeln) über Verschwörungstheorien und den Feuilleton-Bericht über den Film „Soundtrack to a Coup d’Etat“ (s.a. hier). Der vorhergehende Link zu Wikipedia zwang mich, das Buch zu holen, das aus irgendeinem Grunde unten im Übezimmer auf dem Tisch liegt, warum? Angeschafft – wann, warum? Natürlich, meine langwährende innere Bindung zur iranischen Musik… ist das Grund genug?
Bahman Nirumand. Ich habe viel zu wenig darin gelesen (seit ca. 2015), etwa nur wegen des – nicht ganz kompetenten – Kulturvergleichs zwischen Orient und Okzident?
Ich glaube das (anthroposophische) Kunstbuch zu kennen, das diese unzulängliche Charakteristik zugunsten der Gotik ausbreitet und auch mich eine Weile betört hat. Habe es wiedergefunden:
Quelle Gottfried Richter: Ideen zur Kunstgeschichte / Verlag Urachhaus Stuttgart 1957
Natürlich hatte ich immer schon einige Argumente auf Lager, weshalb die stilistischen Besonderheiten der orientalischen und der okzidentalen Musik keinen Kompromiss dulden, bin aber inzwischen viel vorsichtiger geworden, ehe ich behaupte: „das geht nicht!“ Ein Grund ist die überzeugende Existenz des Trios Joolaee: drei Personen, die in ihrer „eigenen“ , von Haus aus schon doppelgesichtigen Kultur – vollkommen zu Hause sind. Wie? Gehört das Klavier und vor allem Bach (ohne Klavier?) denn nicht uns allein. Nur…. WER sind wir?
https://www.alamy.de/fotos-bilder/gerard-fromanger.html?sortBy=relevant hier
Peter Dittmar 2006 :
Wenn Robert Walsers „Cézannegedanken“ um die Seele der alltäglichen einfachen Dinge kreisen, die er erkannte, die er zu erkennen lehrte, kommt er dem Geheimnis dieses Maler nah, der einst zu dem Schriftsteller Geoffrey gesagt haben soll: „Ich will Paris mit einem Apfel in Erstaunen versetzen.“
Das ist ihm gelungen. Und nicht nur Paris. Denn es sind noch immer die Äpfel auf seinen Stilleben, die Ansichten der Montagne Sainte-Victoire, die Badenden, aber auch die Porträts, die uns in Erstaunen darüber versetzen, wie sich scheinbar kleine Dinge in große Kunst verwandeln. Und die sich wie alle große Kunst in keiner der beliebten Stilschubladen verstauen lässt.
hier https://www.welt.de/kultur/article88748/Die-Welt-mit-einem-Apfel-in-Erstaunen-versetzen.html
https://www.meisterdrucke.de/kunstdrucke/Paul-C%C3%A9zanne/702635/Stillleben-mit-%C3%84pfeln.html hier
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Cezanne_-_Stilleben_mit_%C3%84pfeln.jpg hier
Deleuze Seite 84
https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_bei_Cascina hier
Deleuze Seite 86 Anm.
https://de.wikipedia.org/wiki/Galante_Konversation „Die väterliche Ermahnung“ hier
Francis Bacon https://www.francis-bacon.com/artworks/paintings/figure-washbasin hier / „painting“ (1946) https://www.moma.org/collection/works/79204 hier
Cézanne: Maler transformieren nicht, sie deformieren. Die Deformation als piktorales Faktum, ist die Form, auf die eine Kraft einwirkt. Die Kraft selbst hat keine Form. – Deleuze Seite 90
BACON https://en.wikipedia.org/wiki/Three_Studies_for_Figures_at_the_Base_of_a_Crucifixion hier