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Schöne Stellen ? (Beispiele)

Zu Claus-Steffen Mahnkopfs Essay in Musik & Ästhetik Jan.2025

Der Autor bezieht sich auf Adornos Abhandlung über die „ominösen schönen Stellen“ (1965) und präsentiert eine eigene Auswahl von 10 Stellen. Die folgende Liste gibt Gelegenheit diese Auswahl im Selbsttest zu überprüfen. (Im „Experiment“ sollte der ganze Mahnkopf-Text zur Verfügung stehen.) Im übrigen beginne ich nur probeweise einen Kommentar, unter dem Vorbehalt, den ganzen Beitrag zuletzt als misslungen zurückzuziehen.

Vorweg kann ich sagen, dass mir Mahnkopfs Begriff von dem, was für eine „schöne“ Stelle gelten soll, viel zu allgemein gefasst scheint. Er dürfte sich nicht auf Kunst überhaupt beziehen, nicht einmal auf jedes ebenmäßige Gesicht: ein solches Gesicht würde ich der Einfachheit halber einfach „ebenmäßig“ nennen, vielleicht noch hervorheben, dass es nicht „durchschnittlich“ sei. Ich könnte behaupten, dass Mozart immer schön sei, und könnte trotzdem in den Werken einzelne (besonders) schöne Stellen benennen. Schön im emphatischen Sinn. Nicht expressiv, nicht aufregend, nicht bedeutungsvoll aufgrund einer Geschichte, die dazugehört. Ich beschränke mich aber auch nicht unbedingt auf die gern beschworenen Gänsehaut-Momente, die sich physiologisch einstellen – wie bedingte Reflexe. Ihre Schönheit muss einer Prüfung standhalten. Sie dürfte nicht rein privater Natur sein. Zum Beispiel an einen Kuss in der Bar Kolibri erinnern, wo dieselbe Musik lief. Stichwort Pawlowscher Reflex.

s.a. hier

In der Tat verliert sich Mahnkopf nicht im Allgemeinen, man kann auf den Punkt genau erkennen, was er meint. Aber nur weil er es so genau aufzeigt. Ist er aber deshalb besonders glaubwürdig? Dank ostentativer Subjektivität unangreifbar?

Wenn ein Barpianist vor sich hinklimpert und plötzlich aber unauffällig übergeht zu Robert Schumanns Original „Träumerei“, so horcht jeder Musikkenner auf, – oh wie schön:, ja wirklich, aber wo denn? was meint er genau, zahllose aufsteigende Dreiklänge hat er schon genügend hingeperlt, daraus kann er keinen „Schöne Stelle“-Effekt machen, sondern erst in dem Augenblick, wo er auf dem Subdominant-Akkord B-dur innehält, das ist er, und rückwirkend erkennen wir auch dass er vorbereitet war: er lag in der Luft, und sein Tastenanschlag und das Innehalten lässt Zeit, ihn zu würdigen. Eine Art Umarmung. Fast kein Mensch kannn sich einer solchen Umarmung entziehen, vorausgesetzt, er hat die Normalität vorher, den Tonika-Dreiklang – vielleicht dunkel – wahrgenommen, auch noch als Teil des Wohlfühlgeklimper. Dieses neue Gefühl des Besonderen verliert seinen Effekt, wenn es taktweise so weitergeht, mit immer neuen, „besonderen“ Zielakkorden, es weicht einer behaglichen Wahrnehmung des Variablen, vielleicht auch neuer „Momente“. Die ganze „Träumerei“ ist die Ausbreitung einer schönen Stelle durch geschickte Mischung mit dem Verweilen auf der einen Stelle, auf der man einschlafen, aber auch träumen kann, je nach Ruhebedürfnis.

Ein fast willkürlich ausgewähltes Beispiel. Es fordert zum Spott heraus, wie viele schöne Stellen, wenn sie sich auf mechanisch erzeugbare, „billige“ Effekte zurückführen lassen. Es sei denn, ich beginne mit deren Rechtfertigung und dem Nachweis, dass es sich bei meiner Wahrnehmung um etwas Besonderes handelt, das vielleicht nur von mir erkannt wird, weil ich es als einziger hervorheben kann. Die andern, denen es gezeigt werden muss, sind bereits von vornherein degradiert.

Es ist nicht immer so einfach wie bei Wagner, wo man behauptet, die Masse der Bayreuth-Enthusiasten warten nur auf die Stellen, wo das gesamte Blech ihm auf die Sprünge hilft.

1)

Glenn Gould spielt (sich selbst).  Sein Willkür-Staccato interessiert mich nicht, auch wenn es dem „Virginal“ nachempfunden ist.

Wer spielt hier? Einer, der im Jahr „2000 den Gramophone Early Music Award für die Gesamteinspielung des Werkes für Tasteninstrumente von William Byrd“ erhalten hat.

2)

Claudio Arrau spielt Mozart

Um diese Stelle soll es gehen:

3)

4)

Wagner Götterdämmerung „Wachsende Morgenröthe“  bis „Voller Tag“

ab 17:46 / bei 20:30 sind wir mitten auf der abgebildeten Seite, deren letzte Zeile die gemeinte „Stelle“ wiedergibt (Siegfried-Motiv)

5) Kann man das Mundharmonika-Motiv von der Spannung des Countdown-Moments trennen? Es ist so oft durch – als bedeutungsvoll erkennbare Zitate – mit Bedeutung aufgeladen worden, und jetzt wieder durch die Ankündigung und Auflösung des Rätsels, dass wir die Segel des Widerspruchs streichen.

„Aber die wirkliche Gänsehautstelle kommt am Ende.“ – „Der Film hat seine Erlösung gefunden.“ Vom „Dingsymbol“ eines perfiden Mordes und dessen „grandioser Rache“ ist die Rede…

Man darf die grandiose Kitschmelodie nicht vergessen, die gleichzeitig ihre Rechtfertigung als Hymne erfährt. Widerspruch erlischt angesichts der Ernsthaftigkeit der Situation, die psychologisch unbefriedigt bleibt. Angesichts der unaufgelösten Tragik (auch der zweite „Gute“ stirbt und der einsame, auf ewig Ungetröstete reitet davon) schweigt die private Kritik.

6)

John Cage: 4’33“ Hier Wikipedia zum Klavierstück von Cage

Dies kann nicht die Bedeutung einer emphatisch schönen Stelle einnehmen, es lebt allein von dem Bewusstsein, dass Stille – die Pause – in der Musik eine wichtige Rolle spielen kann, aber eben in der Musik, von der sie lebt. Und selbst wenn das Stück von Cage als einziges pro Abend aufgeführt würde, bezieht es seine Wirkung aus der Tatsache, dass sonst an diesem Orte und in dieser Situation Musik aufgeführt wird.

7)

htps://www.ardmediathek.de/video/ard-klassik/janacek-sinfonietta-symphonieorchester-des-bayerischen-rundfunks-simon-rattle-br-klassik/ard/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzIwNjk3NTc

Hier der Anfang ist gemeint, die seltene Klangfarbe der Bläser, die Wirkung der sonst seltenen Quintparallelen. Wahrscheinlich kommt die besondere Wirkung des Anfangs daher, dass man sich bei Beginn an ein früheres Hörerlebnis mit demselben Stück erinnert. Man weiß, dass er nicht trügt.

8)

im folgenden bei 6:oo

also: die „Stelle“ in der hohen Klarinette, Übergang von der einen Zeile in die nächste = Sturz des Icarus (?)

9)

im folgenden auf 21:40 der letzte Schlag mit dem Holzhammer, – kann man ihn im Ernst als „schöne Stelle“ aufffassen?

10)

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KOMMENTARE

zu 2)

Ich frage mich, ob der Autor die Noten betrachtet und den Neubeginn in A-dur reflektiert hat oder ob er durch eine Aufnahme angeregt wurde, dem Auftakt mit Cis soviel Gewicht beizumessen. Arrau dehnt den Ton keineswegs, er lässt sogar die dolce-Vorschrift außer Acht, nähert die Tonstärke bereits dem nachfolgenden forte, und im piano danach scheint er das Cis in Frage zu stellen, um beim nächsten Ansatz im forte das C etwas grob zu rehabilitieren, ich will nur sagen – mit andern Worten – der Dur-Auftakt war nicht die Sensation, die klanglich auszukosten wäre – dafür ist gar keine Zeit -, sondern eine gewisse Unschlüssigkeit wird „insinuiert“. Unversehens sind wir in E-dur, eine fast glückliche Lösung, wie früher schon die anderen Dur-Tonarten (F-dur und C-dur). Ich fürchte, die Über-Interpretation des Auftakt-Cis war voreilig und der bloßen Imagination überm Papier geschuldet: am Klavier bindet man sich damit einen Klotz ans Bein, mit dem die folgenden Takte nichts zu schaffen haben wollen. Glückliches E-dur, das ist tatsächlich ein „Sprung in eine andere Landschaft, mit hellerem Licht, klarerer Luft und sonniger Wärme“, wie der Autor schreibt, – aber den ganzen darauf folgenden Text kann er ersatzlos streichen, ganz besonders die Metapher, dass der Finger das alles aus dem einen Ton „mit einer leichten Schwungbewegung erstreicheln“ muss.

Anderes Beispiel, das glaubwürdiger zeigt, wie Mozart den Kontrast Dur / Moll – wirklich interpretierbar – in Szene setzt.

Mozart Violinsonate KV 304 in e-Moll

Eine Stelle, über die ich staune, seit ich die Sonate spiele. Letzter Satz, die Pause im Dur-Teil, 4 Viertel Pause nach einem irrational (!) verlängerten Halbschluss. Ein Innehalten, das so nicht voraussehbar war. Auch die vier eingeschobenen Überleitungstakte vor dem Dur-Teil sind nicht notwendig. Mozart macht sich die Mühe, unsere Ohren zu öffnen. Dadurch wird einem bewusst, – ebenso wie später durch die Überlänge der Pause -, was für ein Wunder dieser Teil in Dur ist, der ganze Satz, die ganze Sonate.

folgende Aufnahme ab 8:42

8)

Man beschreibe jemandem die „schöne Stelle“ in diesem Werk und stelle ihm die Aufgabe, sie beim Durchhören des ganzen Werkes zu benennen (wiederzuerkennen). Fehlanzeige.

Auch mit Mahnkopfs Hinweis, dass es dort „so etwas wie einen Genuss des Klanges“ gebe, ja „anfänglich fast tonal, mit einem übermäßigen Dreiklang (e, gis, c), aber mit einem Viertelton im tiefen Cello, höheren a, Vierteltontritonus unter e, und einem Schatten eines f im Vibraphon.“

Selbst mit Noten in der Hand und einem hilfreichen Rippenstoß – – – zu Hilfe!!!!

Was immer hilft, ist der lebende Anblick der Künstler bei der Arbeit.

9) Kann man sich den absoluten Schlussmoment überhaupt als „schöne Stelle“ vorstellen, hervorgehoben aus allem, was bis dahin für wachsende Spannung gesorgt hat?

Ich kann mich nur an wenige Schlussakkorde erinnern, die zum Abschluss eine Unvergesslichkeit präsentieren.

Z.B. In einer Brahms-Sinfonie, wo ein kurzer Schlussakkord unerwartet Raum lässt für die ausgehaltene Terz zweier Hörner, die durch nochmaligen Schlussakkord das Tutti-Ende lautstark besiegelt. Oder der hohe, einsam durchklingende Ton der Solo-Violine im langsamen des Violinkonzertes. (?)

Oder im H-dur-Schlussakkord des „Tristan“, der nur noch die chromatische Auflösung des Hauptmotivs abwarten muss, mit dem er – scheinbar unauflösbar – begonnen hat.

Ich könnte aber auch die Luftpause des Dirigenten nach dem Abschlag nennen, mit der er den Anfang des Beifalls aufschiebt.

10) Fidelio … die Stelle „Töt‘ erst sein Weib“

(Fortsetzung folgt)

Sensation vor Weihnachten: der Mond

Älter als gedacht

Solinger Tageblatt 20.12.24

Gottseidank haben wir noch Zeit, uns darauf einzustellen. (Er wird nur etwas schneller altern!)

Doch im Ernst:

Quelle Hartmut Rosa: Unverfügbarkeit / Suhrkamp Verlag Taschenbuch 2020 (Residenz Verlag Wien, Salzburg 2018) ISBN 978-3-518-47100-5

Grundkonflikt zwischen dem Bestreben, Welt verfügbar zu machen, und dem Verlangen, mit ihr in Resonanz zu treten.

Seltsam: wie sich die Praxis der Re-Lektüre „uralter“ Bücher, die für mich einmal wichtig zu sein schienen, als glücklicher Ausweg in aktuellen Situationen erweist. Das Buch von Hartmut Rosa ist alles andere als uralt, aber es hatte sozusagen seine Aufgabe noch längst nicht erfüllt, – was sich auffällig zeigte, als ich bei Rilkes „Dinggedicht“ anlangte und es mit Adornos Begriff der Verdinglichung in Verbindung sah.

Als nächstes kam (es weihnachtet heftig) von selbst (dank JMR) ein Buch ins Haus, das mich auf eine alte Frage zurückverwies, nämlich wie Töne zur Melodie werden.

Für mich war der entscheidende Punkt, dass gerade die Melodie in den großen Zusammenhang des Gedächtnisses gebracht wurde; das Inhaltsverzeichnis (von Anfang bis zu genau diesem Thema) zeigt, wie es dazu kommt.

Wobei ich als erstes einwenden würde: der Einzelton einer Melodie, der beendet wird, tönt in der Erinnerung weiter, auch wenn die nächsten Töne angeschlagen werden. Man hört unwillkürlich Beziehungen zwischen Tönen, nicht nur einzelne Impulse. So wie ich auch nicht einzelne Sterne milliardenfach am Himmel sehe, sondern zumindest Sternbilder. Auch wenn sie gar nicht vom Schöpfer als Bilder erfunden wurden…

Anderer Versuch (der sich vom Bild der Sternbilder löst) : Die Töne als beliebige Fixpunkte auf eine als Glissando gedachten Linie.

Quelle Hannah Monyer / Martin Gessmann: Das geniale Gedächtnis / Wie daa Gehirn aus der Vergangenheit unsere Zukunft macht / Penguin Verlag (Albrecht Knaus Verlag) München 3/2015 / ISBN 978-3-328-10124-6

Zitat (Träume als Mahnung)

Träume mahnen uns also hin und wieder, noch einmal zu überdenken, wie wir neue Entwürfe mit schon bestehenden Ansätzen oder nachweisbaren Talenten in Verbindung bringen. Denn das wird nötig sein, damit unsere Existenz, je länger wir leben, nicht einfach in Episoden zerfällt, die am Ende gar nichts miteinander zu tun haben. Und wir im Rückblick den Eindruck haben, ein Kaleidoskop zu drehen, jedes Mal, wenn wir mit einer Unternehmung wieder neu ansetzen. Und die Frage nach der Einheit und dem, was wir eigentlich wollten, unbeantwortet bleibt.

Monyer/Gessmann a.a.O. Seite 132 f

Tanzen Tiere?

Beobachtungen an Gibbons

Hinweis entdeckt in der Zeitschrift Natur / Festhalten um einen Anfang zu machen

https://www.scinexx.de/news/biowissen/video-gibbons-im-tanzfieber/

hier der „Robotertanz“ im Bild (die Musik ausschalten, bloße Irreführung!)

https://www.hhu.de/news-einzelansicht/tanz-gibbon-tanz hier

https://link.springer.com/article/10.1007/s10329-024-01154-4 hier

daraus (und dort per Link abzurufen):

Was ich nicht lese, aber beherzige…

und zwar ohne Reue: Steven Pinker

Jawohl, wenn ich meine dicksten Bücher nennen soll, die ich seinerzeit besitzen musste, aber dann doch nicht gelesen habe (was heißt lesen???), wären es seine beiden Hauptwerke (ich möchte nicht „Schinken“ schreiben), gekauft am 16. März 1996 und 21. Mai 2013, das eine über 500 Seiten lang, das andere über 1000. Und heute doch mit voller Zustimmung 1 Seite aus dem ZEIT-Magazin, die bewirkt, dass die beiden Wälzer wieder auf dem Schreibtisch liegen, ohne dass

was wollte ich noch sagen?

(lassen Sie mich in Ruhe lesen)

Was man von Tiktok wissen sollte

Zum Verständnis von Aktualitäten

(Subjektive Blitzbeurteilung bitte ausschalten!)

ZEIT 29.Mai 24 Seite 31

  s.a. hier (Bezugsquelle) Zitat: „Zielgruppe sind vorwiegend Teenager.“ (siehe auch weiter unten)

Das folgende Video hat nichts mit Tiktok zu tun:

Das gleiche Stück (zum Einprägen und Einschätzen) LIVE HIER

Und das gleiche Stück in der „Zurichtung“ für Tiktok:

Allgemeine Information: https://de.wikipedia.org/wiki/TikTok hier

ZITAT:

Gründe für den Erfolg

Tiktok ist vor allem bei der Generation Z beliebt und übernahm viele Nutzer aus musical.ly. Die App zeichnet sich durch eine vereinfachte Bedienung und ein Design aus, das vor allem Jugendliche anspricht. Tiktok bietet eine große Musikbibliothek und viele Videobearbeitungsmöglichkeiten. Es gibt dort nur wenige Unternehmenskanäle, so dass die Nutzer das Gefühl haben, unter sich zu bleiben, und sich leichter mit den Videoinhalten identifizieren können. Allerdings sehen einige Anbieter auch eine Lücke in diesem Markt und produzieren genau deswegen für Tiktok.

Der Erfolg ist auch eine Folge der Schließung der Kurzvideoplattform Vine im Jahr 2017 und mangelnder Konkurrenz. Auf Tiktok wurde vor allem durch ein virales Marketing und Influencer-Marketing aufmerksam gemacht. Zusätzlich erzeugen Internet-Challenges und Clips durch entsprechende Hashtags weitere Aufmerksamkeit und wurden teilweise zu Memes, die über Tiktok hinaus bekannt sind.[75]

Popularität und Einfluss

Die Popularität der App sorgte für virale Trends und Internet-Challenges. Sie brachte Internet-Bekanntheiten mit mehreren Tausenden oder Millionen Anhängern hervor. Ebenfalls verhalf es Liedern zur Bekanntheit und wird von bekannten Persönlichkeiten und einigen Unternehmen als Teil von Vermarktungsstrategien und zusätzliches Medienangebot genutzt, das vor allem die Generation Z ansprechen soll.[76][77][78]

Tiktok verhalf Liedern in die Musikcharts und Musikern wie beispielsweise Lil Nas X zum Durchbruch. Hierbei dominieren vor allem Raplieder. Nach dem Musikproduzenten Nick Sylvester, der bereits für virale Musiktrends auf Tiktok sorgte, passen mittlerweile einige Musiker ihre Musikstruktur an, um zu einem viralen Hit auf der Plattform zu werden. Plattenlabels nutzen sie ebenfalls als Vermarktungsinstrument für neue Veröffentlichungen ihrer Musiker. Im Vergleich zu anderen Plattformen sei die Bezahlung der Plattenlabels für die Nutzung von Liedern von Tiktok allerdings gering.[79]

Ein Ausschnitt des Raplieds Mia Khalifa von iLOVEFRiDAY’s über die gleichnamige Pornodarstellerin, der auch als „Hit or Miss“ bezeichnet wird, wurde in mehr als vier Millionen Tiktok-Videos verwendet und so zu dem bekanntesten Internet-Meme von TikTok.[80]

https://www.tiktok.com/explore hier

Letzte Seite des oben abgebildeten Büchleins. Und Weiteres zu den Videos des letztgenannten Influencers

Max Neural – https://www.youtube.com/channel/UCvLKsS9TCqMSmAabRMw4RaQ HIER = Zugang zu den zuletzt im Text genannten Beispielen

Zurück zum Anfang:

Zitat:

Alle, die noch ohne Smartphone groß geworden sind, können berichten, wie es das eigene Verhalten verändert hat. Dass man damit leichter mir Freunden und Familie in Kontakt bleibt, schneller den Weg findet, jeden Moment bildlich festhalten kann. Und dass man schneller abgelenkt ist, Bücher nur noch oberflächlich liest, sich nach einer halben Stunde Quatsch-Content auf TikTok leer fühlt. Längst haben auch Grundschüler Zugang zu Katzenvideos und Pornowebsites, Videospielen, Erklärvideos und Kalorien-Apps. (….)

Wir wissen nicht mit Sicherheit, ob die Geräte tatsächlich unsere Aufmerksamkeitspanne verringern, ob sie unsere Konzentration stören, ob sie uns seelischen Schaden zufügen. Das gilt für Erwachsene – und Kinder. (….)

Quelle: s.o. / DIE ZEIT 29.5.24 Seite 31 Lisa Hegemann: »Ein riesiges Experiment«

Unzureichende Kritik am falschen Ort

in der Zeitschrift DAS ORCHESTER 6/24

Textabschnitt, daselbst, Seite 12

Es mag angebracht sein, auch im Orchester die Social Medias kritisch ins Auge zu fassen, weil sie zum Vehikel anonymen Mobbings und böser Gerüchte werden können (wie in der Schule, aber das kommt hier gar nicht zur Sprache). Es sind die Uralt-Vorurteile, die man durch Jammern und Goethe-Balladen nicht beeinflussen kann. Ich habe mich an meine Jugend in den 50er Jahren erinnert, als die alternativen „Lesestoffe“ plötzlich relativ billig an den Kiosken erstanden werden konnten. Hefte wie Billy Jenkins oder Tom Prox, die wir mit der Taschenlampe unter der Bettdecke lasen, daneben auch die leihweise weitergereichten Micky-Mouse-Hefte, die ich zunächst als albern einstufte und dann doch eifrig durchblätterte. Bei meiner Tante in Hannover hatte ich ganze Wilhelm-Busch-Alben konsumiert, an die mich nun die Produkte von Walt Disney erinnerten. Erst allmählich entstand oder vermehrte sich der Eindruck, dass Spaß und Spannung  mich von meinen eigentlichen (brennenden) Interessen abzogen, und bald hörte das „von selbst“ auf. Ich erinnere mich sogar, dass wir (mein älterer Bruder und ich) in der gleichen Zeit oder wenig später Werke entdeckten, die weit entfernt waren, dem Verlangen nach schneller Befriedigung nachzugeben. Das begann mit dem Lohengrin-Vorspiel und diesem unendlich langsamen Gang zur Paukenschlag-Climax, – wir lernten, dass Geduld beim Hören sich lohnt. Man lernte etwas über Wagners unendliche Melodie. Etwas später kam das Parsifal-Vorspiel: wie ungeheuer eine so langsam sich entfaltende Melodie wirken kann! (Eine andere Beobachtung: beim Kauf eines eigenen Plattenspielers verlangten wir, dieses Vorspiel aufzulegen, zur Prüfung, ob der Gleichlauf des Gerätes funktionierte!)

Niemand kann nachweisen, dass der Konsum kurzatmiger Musikstücke oder Filmchen das Verlangen nach weit gespannten und sinnlich erfahrbaren Zusammenhängen lähmt. Aber wo könnte man das falsi- oder verifizieren? Ein Beispiel aus Solingen: die Jugendarbeit der Bergischen Symphoniker funktioniert gut, aber bisweilen sind die ersten Reihen im Konzert ein Ort der latenten Unruhe. Was für ein Programm wirkt dann am ehesten fesselnd?

Es ist nicht so sehr das, was man gemeinhin für kindgemäß hält, zart und zierlich, sondern es sind die gewaltigen Werke mit schwerem Blech, Kraftausbrüchen und vielen Mitwirkenden auf der Bühne: die (heranwachsende) Jugend will – bitte schön – überwältigt werden. Das Große Orchester imponiert.

(Fortsetzung folgt)

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Nebengleis (was ansonsten die Enkelgeneration liebt) : https://www.youtube.com/watch?v=MB3VkzPdgLA hier oder mehr  (Billie Eilish)

Für manche Leute, die während dieses Blogs den Kopf schütteln, sei angemerkt: wer sich „musikalisch“ nennt, sollte jede Musik aufmerksam und „zugewendet“ hören, ja jede, und zwar mit der gleichen Sympathie, die er für einzelne Liebhaber dieser Töne hegt. Ich persönlich muss eine instinktive Tendenz zur Gegenwehr dämpfen, die sich unweigerlich meldet, wenn ich in westlicher Popmusik den stampfenden Rhythmus (der keiner ist!) einsetzen höre (die Frage sollte lauten: wo genau liegt also wirklich der Reiz?). In orientalischer Musik ist das anders: es lohnt sich offensichtlich, den anderen Parameter bewusst mitzuverfolgen. Ebenso in der meisten afrikanischen Musik.

Natürlich kann man auch eine ganz andere Seite von Pop und Tiktok herauskehren, und für alle Fälle notiere ich die Stimme von Jens Jessen:

Quelle DIE ZEIT 29. Mai 2024 Seite 45 Rechts spielt jetzt die Musik Was ist wirklich schlimm am Sylter Gegröle? von Jens Jessen (die zweite Hälfte des Artikels)

Verdrängt Tiktok die Bedeutung des Theaters?

Solinger Tageblatt

Alte Musik – nur fürs Louvre?

Ja, und für alle Tage, auch in Zukunft, in allen Museen und Sälen, die wir lieben

Ein sehenswerter TV-Film (abrufbar nur bis Anfang August) https://www.arte.tv/de/videos/084732-000-A/die-musik-des-louvre/ hier

Jean de Cambefort: Ballet royal de la nuit (1653) „Languissante clarté“ ab 15:11 Ensemble Correspondances

Oder separat das Ensemble Correspondance bei Youtube als Appetizer:

Und für Unersättliche das ganze Konzert „am Stück“ – eine einzigartige Gelegenheit:

Oder mit bewegten Bildern: „Recording Tuesday the 28th of August 2018, in Tivoli Vredenburg during the Early Music Festival Utrecht 2018.“

Dank für einen dringlichen Hinweis von JMR!

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Das Wunschbuch (noch auf der Suche):

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Dies ist die Gelegenheit, auf eine Gedankensammlung aufmerksam machen, die ich Anfang dieses Jahres (2024) versucht habe und die allmählich uferlos zu werden drohte. Bis die Organisation „Zamus“ oder „Alte Musik in Köln“ der Arbeit ein Ende setzen konnte, – da die Veröffentlichung längst geplant war. An dieser Stelle hier könnte allerdings dereinst das erweiterte Konglomerat folgen, so dass ich den endlosen Faden nicht verliere. Denn die Alte Musik lebt, wie man sieht und hört. Gerade in einer Zeit, die wir als sehr „breite Gegenwart“ (Gumbrecht) empfinden.

  hier

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In der Wochenzeitung DIE ZEIT vom 8. Mai las ich gerade einen amüsanten Artikel über das Menuhin Festival in Gstaad, das mit klangvollen Namen eine Revolution in eigener Sache betreibe. Wie das?

Schon vor Jahren ließ Christoph Müller, Intendant des von Yehudi Menuhin gegründeten Festivals … durchblicken, dass er den Musikbetrieb gern umpflügen würde. Erneuerung sei unausweichlich. In zehn Jahren gebe es sowieso » keine reinen Klassikfestivals mehr«.

Womit ganz sicher nicht das gemeint ist, was anderswo als Lockerung empfunden wird:

Musik als Wellness-Artikel (ein überflüssiges Surplus)

Im Rittersaal des Mannheimer Barockschlosses wird seit 2015 eine Reihe mit „Traumkonzerten“ angeboten, bei denen das Auditorium am Boden liegt (jeweils ca. 90 Leute) ; tunlichst auf dem Rücken, – für Matratzen, Kopfkissen und Decken ist gesorgt -, denn es gibt zugleich ein Deckenfresco mythischen Inhalts zu bewundern. (Das Mahl der olympischen Götter bei der Hochzeit des Peleus und der Thetis.) Und das Kurpfälzische Kammerorchester spielt „Musik zum Träumen“, Kompositionen, „die jeweils so gewählt sind, dass der Zuhörer quasi von Stück zu Stück heruntergedimmt wird. Dazu passend hat unser Lichtdesigner Wolfgang Philipp eine Lichtinstallation entworfen, die ebenfalls zur Entspannung beiträgt“. Weitere Stichworte: „den Stress des Tages vergessen“, „eine wohlige Phase der Entspannung“, „ein nicht alltägliches Konzert tiefenentspannt genießen“.

All das erinnert an die Fama, dass die Goldberg-Variationen als Heilmittel gedacht waren für jemanden, der unter Schlafstörungen litt. Eine Taktlosigkeit sondergleichen, denn er hätte die aufgeweckteste Musik erhalten, die man je als wacher Mensch erleben kann. Aber – wie alle große Musik – besser nicht im Liegen. Und erst recht nicht mit einem unpassenden Fresco vor der Nase . . .

Neue Ratlosigkeit

Wöchentliche Orientierung, ein Irrweg?

Begleitet von der imaginierten Kritik derer, die sich auf schnelle Intuitionen verlassen, lese ich an jedem Donnerstagmorgen die ZEIT, von vorne natürlich – also zuerst die Titelseite, dann die Rückseite dieses Teils, die Inhaltsangabe Seite 14, gehe von dort meist zuerst ins Feuilleton, dann in Wissen. Ich will heute protokollieren, was für mich lebenswichtig (?) war, – weshalb ich die möglichen antibürgerlichen Kritiker ignoriere, ohne sie zwischen den Zeilen zu übersehen. Sie schauen durchs Gitterwerk. (Könnte etwa eine Täuschungsmaschinerie am Werk sein?) Ich notiere allerdings die Zeilen, die ich markiert habe. Nicht meine Gedanken, die ich vielleicht bei Gesprächen ins Offene schicke. Manche stammen von Adorno (nach seiner Rückkehr in den 50er Jahren). Aber am späten Vormittag will ich im Garten tätig gewesen sein, zumal ich Jan Schweitzer gelesen habe, Seite 41 mit „Dreieinhalb Minuten Schwitzen“.

Die Terroristen hatten es auf Juden abgesehen, aber auch auf das, wofür Juden in ihren Augen stehen: die westliche, liberale Welt, in der es möglich ist, dass junge Menschen auf einem Trance-Festival unter dem Motto »Freunde, Liebe und unendliche Freiheit« halb nackt in der Wüste tanzen. Es ging nicht nur um den Freiheitskampf der Palästinenser. Die Hamas will einen Staat nach islamischen Regeln errichten. Ihre Mitglieder würden die säkularen arabischstämmigen Jugendlichen auf der Berliner Sonnenallee verachten, die vor wenigen Tagen gemeinsam mit der antiimperialistischen Szene »Free, free Palestine« riefen.

QUELLE Sascha Chaimowicz: Dieses Schweigen / Seite 1

Dieser Sieg der Opposition ist weit über Polen hinaus bedeutsam. Das Bündnis unter Führung des ehemaligen Premiers und EU-Ratspräsidenten Donald Tusk hat bewiesen, dass der Vormarsch des Rechtspopulismus kein unabwendbares Schicksal ist – nicht einmal unter extrem schwierigen und unfairen Bedingungen.

QUELLE Jörg Lau: Willkommen zurück / Seite 1

Zu Isoldes Liebestod, am Ende der Oper, standen sie an der Rampe, und hinter ihnen ging ein goldenes Quadrat auf, leuchtete heller und heller – wie das Tor zu einer anderen Welt. Diese Idee des Bühnenbildners Erich Wonder hat mich zusammen mit Wagners Musik schwer ergriffen. (Lemke-Matwey)

… und es musste etwas passieren zwischen diesen beiden Menschen, die von ihrer Leidenschaft noch gar nichts wissen. Auf so engem Raum! Und es passierte! Mit aller Entschiedenheit. Die Wonder-Räume duldeten keine Verlegenheit, keine Schleichgänge. Nein! Jede Aktion musste groß sein, jede Aktion musste etwas bedeuten! (Waltraud Meier)

QUELLE »Der Mensch hat so viel zu sagen!« Doch jetzt ist Schluss, die Sängerin Waltraud Meier gibt ihren Abschied. Ein Gespräch über das Leben im Rampenlicht / Seite 54

Viele wollen nicht verstehen, dass wir den Mord an 1400 Israelis nicht dulden können. Ich frage die Deutschen: Würden sie so etwas hinnehmen? Gemessen an der Bevölkerungszahl wären das 10.000 ermordete und 1000 entführte Deutsche. Mich stört die Doppelmoral: Unsere Kritiker setzen Israel und Palästina gleich, fragen nicht, wer den Krieg begonnen hat. Wir kämpfen aber nicht gegen Palästinenser, sondern gegen die Hamas und den Islamischen Dschihad. Wir kämpfen nicht gegen die Iraner, sondern gegen das Mullah-Regime. Nicht gegen den Libanon, sondern gegen die Hisbollah. Am meisten ärgert mich die Forderung nach »verhältnismäßiger« Gegenwehr. (Wieso?) Was wäre denn verhältnismäßig? Sollen wir es machen wie die Hamas? Sollen wir ein Musikfestival im Gazastreifen stürmen, Frauen vergewaltigen und Kinder enthaupten? Vielleicht am Ramadan? Ohne Vorwarnung?

QUELLE »Sie lachen, während sie uns töten« Arye Sharuz Shalicar ist Sprecher der israelischen Armee. Hier berichtet er über die Gräueltaten der Hamas, warum ihm die Bilder nicht aus dem Kopf gehen – und wie es ist, sich für die militärische Gegenwehr rechtfertigen zu müssen / Seite 62

Analyse eine neuen Welt in Aufruhr, mit Hilfe der alten Theoretiker

(Thukydides, Machiavelli, Clausewitz, Herfried Münkler)

Auf die Frage – nachdem es Hoffnung gab, den nahöstlichen Raum weiter zu befrieden – woher dieses Interesse kommt an CHAOS und UNORDNUNG…

Einige haben die Annäherung zwischen Israel, Saudi-Arabien sowie den Golfstaaten in Gestalt der sogenannten Abraham-Abkommen als Befriedung des Raumes angesehen und dabei den Iran und die Palästinenser außer Acht gelassen. Die aber wären die Verlierer der Befriedung des Raumes gewesen; also haben sie nach Möglichkeiten gesucht, diese Entwicklung zu stören, zu zerstören und dabei sind sie wohl erfolgreich gewesen. Dass auch der russische Präsident Putin ein Interesse an der Eröffnung eines zweiten »Kriegsschauplatzes« hat, weil der den Westen zusätzlich in Anspruch nimmt, spielt sicherlich auch eine Rolle. Politische Akteure, die mit den bestehenden Verhältnissen unzufrieden sind, profitieren von Chaos und Unordnung – also befeuern sie diese.

Zur Prognose, dass es künftig fünf Machtzentren geben werde…

Die Kandidaten auf der demokratischen Bank werden die USA und die EU sein, auf der autoritären Bank Russland und China – und Indien als »Zünglein an der Waage«. Warum fünf? Sie müssen Ordnungsaufgaben übernehmen, die für sie nicht bequem sind und Anstrengung bedeuten – etwa dafür zu sorgen, dass eine Organisation wie Hamas nicht ganze Regionen in Brand setzen kann. Dafür bekommen sie etwas zurück: Einfluss. Die fünf wollen unter sich bleiben und keine anderen dabei haben, mit denen sie Macht teilen müssen. Historisch haben solche Fünferkonstellationen eine gewisse Stabilität, in der Regel zwei gegen zwei, und einer ist das Zünglein an der Waage. (…)

Die Kategorien, mit denen Sie die Lage bedenken, sind die ganz alten: Macht, Polarität, Einflusszone (…).

Vermutlich besitzen Kategorien, die sich über Jahrhunderte bewährt haben, eine höhere Erklärungskraft, auch angesichts einer sich schnell wandelnden Welt, als Theorien, die in gerade stattfindende Entwicklungen hineingeschrieben werden, von denen man aber annehmen kann, dass sie nur intellektuelle Widerspiegelungen einer augenblicklichen Lage sind. Es kommt nicht von ungefähr, dass ich mit Thukydides oder Machiavelli Theoretiker nehme, die als Politiker gescheitert sind und die unter dem Gesichtspunkt ihres Scheiterns schrieben. Sie treten nicht mit dem Gestus der Selbstverliebtheit in ihre eigenen Ideen auf, wie so mancher, der zuletzt hoch im Kurs stand und angesichts der jüngsten Entwicklungen – Russland, Türkei, Hamas – jetzt vor einem Scherbenhaufen steht. (…)

Man hat den Raum vom Westbalkan bis zum Kaspischen Meer, von der ukrainischen Nordgrenze bis über die türkische Südgrenze hinaus bis nach Israel nicht als einen postimperialen Raum betrachtet, sondern gedacht, man könne ihn gut in Ordnung halten. Aber postimperiale Räume bringen revisionistische Akteure hervor. (…)

Ich schätze die Klassiker einer Theorie, die stark mit geschichtlichen Erfahrungen argumentiert – bei Thukydides, vor allen Dingen bei Machiavelli, aber auch bei Clausewitz, der sich mit den Hoffnungen der Aufklärung über das Verschwinden der Kriege auseinandersetzt. Bei diesen Autoren spüre ich eine Weigerung, sich täuschen zu lassen durch Wunschdenken. Denn indem man sich der Geschichte vergewissert, tritt sie als tatsächliches Geschehen an die Stelle des Gewünschten. Ich sage nicht, alles wiederhole sich eins zu eins, aber Grundkonstellationen sind bereits in der Vergangenheit immer wieder aufgetreten und werden das wohl auch in Zukunft tun. Ansonsten müsste man plausibel nachweisen, warum sich das, was sich in zweieinhalbtausend Jahren wiederholt hat, nicht mehr wiederholen wird. Für diese Erwartung gibt es keinen Grund. Mit Schopenhauer kann man sie als »ruchlosen Optimismus« bezeichnen.

Quelle: alle wörtlichen Zitate stammen aus einem Gespräch mit dem Historiker Herfried Münkler, DIE ZEIT 12. Oktober 2023 Seite 58 »Der Worst Case war nicht vorgesehen« / Gespräch Thomas E. Schmidt mit dem Politologen H.M. über Israel, Russland und das Chaos in der Welt. Wie es zwischen den großen Mächtigen ohne Kriege weitergehen könnte, beschreibt er in seinem Buch »Welt in Aufruhr«.

Eine philosophische Antwort auf die Situation in Palästina / Israel:

HIER

Für die Philosophin Susan Neiman steht fest, dass das Festhalten an der Würde aller Menschen die einzig richtige Antwort auf die Situation in Israel ist. Das bedeute, das Leid aller ernst zu nehmen. Zugleich dürfe erfahrenes Leid nicht zur Richtschnur eines politischen Handelns werden, das von Rachewünschen getrieben ist.

Gern mit Sprachglossen unterwegs

Gestern bei der Lektüre der Süddeutschen Zeitung hatte ich ein seltsames Déjà-vu, als ich auf die immer gern gelesene Sprachglosse von Hermann Unterstöger stieß, der sich oft durch Leserbriefen anregen lässt. Ich dachte nicht ohne Stolz: etwas ganz Ähnliches habe ich vor langer Zeit mal geschrieben, bezog mich allerdings auf einen viel früheren Artikel, Monate zurück, bevor mir noch sämtliche Inhalte durch den Absturz des WordPress-Programms verlorengegangen und auf einem Wörter-Buchstaben-Heuhaufen gelandet waren, aus dem ich nichts mehr rekonstruieren konnte, – so dass ich am 11.11.2014 wieder bei Punkt Null neubeginnen musste. Wie man sieht: noch war ich voller Hoffnung unterwegs, noch glaubte ich, die alten Artikel könnten einmal wieder verfügbar sein:

„wieder verfügbar“???? Mitnichten!

Sehen Sie den Artikel vom 13. Dezember 2014 mit Bezug auf einen weit früher geschriebenen:

hier an Ort und Stelle

Ob mich diese Tatsache berechtigt, einen halben Artikel aus der Süddeutschen wortwörtlich wiederzugeben? Ich hoffe, ich entgehe als nützlicher, keineswegs eigennütziger Blogger der strafrechtlichen Verfolgung??? Am Pfingstsonntag frühmorgens um 4.30 Uhr, wo man sowieso nicht ungestraft ruhelos unterwegs ist…

SZ 27.05.2023

Menschen meiner Kindheit

Großeltern Hoberg (Nachbarhaus auf der Lohe) 1946

1944

Die Bank ist dieselbe wie oben, von der vorderen Seite gesehen, neben der Haustür. Das Hoftor zur Fohr, die am Ackerland vorbei zu „Hobergs Busch“ hinunterführt, einem kleinen Waldstück und einer Viehweide.

Heinrich Arnhölter & „ich“, im Hintergrund links das Nachbarhaus Hoberg, rechts in der Ferne das Wiehengebirge (Porta Westfalica).

Der unvergessliche Ausblick, unterhalb des Hauses, heute:

Die Porta (unsichtbar) und das Kaiser-Wilhelm-Denkmal (Opas Zeit)

damals, nach dem 2. Krieg

damals, nach dem 1. Krieg

Und es wundert mich, dass wir heute so fröhlich sind (frei nach Angelus Silesius):

Zum Glück keine Kristallkugel

(Farbfotos: E.Reichow)

End-Täuschung

Isenheimer Altar und anderes

Neu war mir der Altar damals nicht. Auch nicht am Tag meiner Konfirmation, als sogar aus Hamburg Verwandte eintrafen und ein großes, in Packpapier gehülltes Gemälde im Kinderzimmer abstellten. Wie lieb sie sind. Mein Herz klopfte, denn meine größte Hoffnung schien in Erfüllung zu gehen: das große bekannte Bach-Portrait von Haussmann. Wer beschreibt meine Enttäuschung, als sich bei der Enthüllung herausstellte – nein, der Komponist Schütz wäre zur Not akzeptabel gewesen – aber das Engelskonzert des Isenheimer Altars, das ging gar nicht, diese falsche Bogenhaltung und diese manierierte Verklärung einer dürftig zirpenden Musik. Kein Zufall, dass dieses repräsentative Bildwerk sich nicht über die Zeit meiner Jugend hinweg erhalten hat. Aber gemerkt habe ich’s mir, in Berlin und in Köln habe ich oft Museen besucht, alte Meister studiert (vielleicht in Anlehnung an Proust). Als Reproduktion zweifellos unzulänglich.

Kunst 1962

Irgendwann Ende der 60er Jahre – im Zuge der Begeisterung für Elsässer Wein – haben wir auch realiter vorm Isenheimer Altar in Colmar gestanden, ich weiß nichts von Erschütterung, aber die Bedeutung des Augenblicks war mir sicher klar. Und nun heute beim Aufblättern der Morgenzeitung: was für ein Zeitsprung über 60 Jahre rückwärts und weiter! Hinein in die farbige Realität des Mittelalters! Restauriert, natürlich wusste ich es längst aus anderen Medien. Aber im Solinger Tageblatt, das mich weiterhin – trotz meines Einspruchs –  mit den hirnlos zusammengestellten Sprüchen der Herrnhuter Brüder ärgert, – ein solcher Blickfang auf der heutigen Kulturseite!

und in Colmar mehr: hier

Und in Solingen wie immer AUCH dies:

  Original: 

Ich hoffe, dass bei den Herrnhutern auf der Rückseite des Kalenderblattes eine Erläuterung zu lesen ist. Denn: Auch wenn man die Bibel Vers für Vers als „Gotteswort“ liest, stehen doch die meisten Verse in einem dichten Zusammenhang, der dazugehört und vermittelt werden muss. Selbst stock-ungläubige Philologen verlangen danach. Deshalb hier das Original neben der privativen  Verfälschung.

Es war in Portugal an der Algarve 2010 oder 2011 – soweit ich weiß – als ich mich mit Beethovens Cellosonate op. 102 beschäftigte. Die Erinnerung saß „tief“. Siehe hier. Alban Gerhardt?

Ach, die Erinnerung trügt. Hier erkenne ich deutlich vor der Person, die ich sein könnte, die Intonationslehre von Doris Geller. Doch das ist nicht der Punkt: den erwähnten Beethoven hatte ich dort ja ebenfalls studiert, später jedoch erinnerungstechnisch vollkommen verdrängt, was jetzt nur mühsam zum Vorschein kam: soso, Webern hat er auch gespielt? Ich habe sogar die Ablaufzeiten beim Beethoven korrigiert, also oft gehört, und erinnere mich einfach nicht an den Ablauf, an die Thematik dunkel, genauer nur daran, dass die Interpretation sehr gut war? Ja, und der Name war falsch, ich wollte nur, dass es Alban Gerhardt gewesen sei. Das ist aber gar nicht so selten: Enttäuschung über sich selbst (statt über andere).

Und der Blick in den zweiten Band der Beethoven-Interpretationen (Riethmüller, Dahlhaus, Ringer, neu wieder im Laaber Verlag) verrät mir auch den Grund (die Ausrede). Es wäre interpretationstechnisch wirklich ein Thema gewesen!!! Ein Vergleich. Aber doch nicht in Portugal…

Text: Hermann Danuser

Die Aufgabe wartet noch. (Hier z.B. – live 1989! ) Dies nur als An- und Vorsatz. Aber: Muss es sein?

Ähnlich geht es mir heute mit einem philosophischen Buch, in dem ich nicht vorankomme. Soll ich darauf bestehen – oder anderen Verlockungen nachgeben? Solchen, die direkt zu eigener Praxis führen? Z.B – der neue Band Musik & Ästhetik mit unterschiedlichsten Angeboten, – ich gehe sie durch und bin gefesselt von Notenbeispielen: warum ausgerechnet Richard Strauss? Weil ich mich dann ans Klavier begeben darf. Auch ein Salome-Klavierauszug liegt dort griffbereit, vielleicht sogar „Ariadne“? Nicht zum Spielen, nur zur Realisierung der Akkordfolgen… (Ist es ein Zufall? Strauss habe ich in Berlin gehört, 1960, die Zerbinetta-Arie von Ilse Siekbach mit meinem Vater am Flügel, „Großmächtige Prinzessin“ in – Bielefeld, etwa 1955).

Autor: Robert Christoph Bauer (Bio u.a. hier) / Tatsächlich: diese Arbeit zu studieren, ist von A bis Z ein Vergnügen, wenn man es liebt, harmonisch ins Detail zu gehen. Warum? (Im Andenken meines Vaters, der mir einiges im „Louis-Thuille“ gezeigt hat.)

*     *     *

Habe heute (7.7.22) in aller Frühe die CD von Nicolas Altstaedt vollständig gehört (2007) und dabei – das sei zugegeben – die neue ZEIT durchgeblättert. Mein Eindruck von damals hat sich bestätigt, ein fabelhafter Cellist, aber es gibt nichts „Auffälliges“ im Beethoven-Werk, abgesehen von der Dynamik. Zuviel C-dur (a-moll usw., gewiss). Sehr ungeschickt in der Programmfolge: wenn man nicht aufpasst, setzt in Tr. 5 der Webern ein, G-dur-Akkord, und man zweifelt keinen Augenblick: Beethoven geht weiter, endlich harmonisch spannender. Pure Irritation, es ist ein früher Webern, aus dem Jahr 1899 (da war er kaum 16 Jahre), danach folgen die Stücke Op.11 (1914) und eine Cello-„Sonate“ von nicht 2 Minuten Länge, aus demselben Jahr, aber vom Komponisten offenbar keiner Opuszahl gewürdigt. Das alles schreit nach Kommentar, stattdessen ein ziemlich unergiebiges Gespräch mit Norbert Ely, – wenn man absieht von der Bemerkung zur Bach-Suite: ob man es überhaupt bemerkt hätte, dass da in Scordatur gespielt wird? (Ist doch egal, sagen Sie, wenn es nur klingt???) Aber man schämt sich, wenn man nicht bemerkt hat, dass da eine (nachträglich aufgenommene) zweite Stimme hinzugefügt wurde (in Gigue und Gavotte 2). Dann Ligeti, um die Moderne noch einmal zu Wort kommen zu lassen, allerdings auch hier „ein eher untypisches, frühes Stück“. Ich habe damals mit offenen Augen geschlafen, wollte wohl eher nebenbei den Beethoven knacken, hörte durchaus imponierendes  Cellospiel, habe mich aber nicht mal so aufgeregt, dass ich mich daran erinnere. Vom Bach blieb erst recht nichts haften. Gerade auch nicht die – übertrieben im ppp, extrem „transzendierende“ – Sarabande.

So geht es einem 10 Jahre danach. Man wird radikaler. Oder das Gegenteil. Bin ich vielleicht nur deshalb niedergeschlagen, weil ich nachts – statt Frühlingsluft an der Algarve – die Lanz-Sendung in Solingen-Ohligs erlebt habe? den Moderator endlich relativ kleinlaut, um so erschütternder Habeck (Globalisierung!) und Theveßen (USA am Ende?). Ich kann das nur empfehlen, wenn man eine gewisse psychische Stärke aufbauen bzw. der Gefahr ins Auge schauen will. HIER. Ein Jahr lang verfügbar, bis 6.7.23. Wie wird es dann um uns stehen?

*     *     *

Ariadne auf Naxos : es ist nur ein kompositorisches Detail, um das es geht. Um es dingfest zu machen, höre ich hier hinein ab 5:05 den Text beachten: „da mischt sich im Herzen leise betörend“.  Dann etwas großräumiger den Zusammenhang erfassen. Als nächstes denselben Text  hier nach 5:20 aufsuchen, die Noten beachten, also die Stelle zwischen Ziffer 115 und 116 identifizieren, „da mischt sich im Herzen leise betörend“, es ist genau diese Stelle, die im Aufsatz von Robert Christoph Bauer behandelt wird, Seite 45 f, Beispiel 3 und Beispiel 4.

Auf der Seite vorher geht es um die Stelle fünf Takte nach Ziffer 107, in unserm Youtube-Beispiel ab 2:55 (nach den Worten „ohne Grenzen!“) folgt „Eine kurze Nacht, ein hastiger Tag, ein Wehen der Luft, ein fließender Blick verwandelt ihr Herz! Aber sind wir denn gefeit gegen die“ Ziffer 108  „grausamen, entzückenden …“

Damit hätte man als Musiker die Werkzeuge in der Hand, den Text Seite 44 zu verstehen. Zugegeben: leicht ist es nicht. Hier der entsprechende Text von Robert Christoph Bauer:

Ich hätte wohl nur genauer bedenken sollen, was ich da unterstrichen haben (über „Umkehrungsakkorde“). Die Frage bleibt, was der Autor mit einem „kurzen, unaufgelösten E-Dur-Quartsextakkord“ meint. Meint er den (unmittelbar vor Ziffer 108) auf Fis stehenden in H, der Dominante von E-dur? (Nein, siehe Nachtrag 28.7.22 hier).

Mir scheint hier lösen sich Rätsel auf, die ich 1955, als mein Vater mit der Sängerin genau dieses Koloraturkunststück probte, nur  dunkel ahnte. Die Musik der permanenten Modulation verwirrte mich nicht weniger als der Text über „flatterhafte“ Liebe…

*    *    *

Zwei andere Artikel des Journals „Musik und Ästhetik“ Juli 2022 habe ich mit besonderem Interesse gelesen, den über Neue Musik (von Clytus Gottwald) und den über Alte Musik (von Jörg-Andreas Bötticher). Den einen Autor (Generation Altväter) kannte ich, weil ich gegen ihn 1985 polemisiert habe, als er sich im Adorno-Slang über den Boom Alter Musik mockierte; den andern (Generation Nachwuchs) kannte ich nicht, obwohl er sich auf neue Art zur Alten Musik bekennt. Beide aus Insider-Perspektive sprechend, der eine nach wie vor hochtrabend-wichtig („Schlüsselloch“), der andere nachsichtig-kompetent („Sympathieträger“). Letzterer vorbehaltlos zu empfehlen, obwohl er Sloterdijk (statt Adorno) zitiert; manches konnte man ahnen, aber nicht, dass der jetzt eine Traurede für Christian Lindner und Zweitfrau auf Sylt halten würde. Den Böttcher-Beitrag empfehle ich Musiker:innen jeglicher Couleur (ich selbst werde als nächstes seinen MGG-Beitrag über Generalbass lesen, passend zum oben hervorgehobenen Strauss-Artikel).

MGG-Beitrag 1995 mit seinem Mentor und Kollegen Jesper B. Christensen, unerhört instruktive Notenbeispiele!

Zur Erinnerung, – ich dachte damals, es sei schon spät, aber es war noch früh genug für einen teils polemischen teils pädagogischen Artikel (aus den Anfängen der Zeitschrift Concerto 1984):

Finale dieses Artikels (12.07.22)

Wochenendbesuch in Bielefeld (im Anschluss an die Lohe bei Bad Oeynhausen): anders als die Melancholie einem einflüstert, – alles ist schöner geworden. Ohne Ironie: wirklich! Ich werde einen Teil des Schulwegs nachzeichnen, aber er endet nicht an der ehrwürdigen Schule, sondern im herrlichen Museum, gleich dahinter. Allerdings bringen wir es nicht übers Herz, Zeit für die Ausstellung zu opfern, wunderbar: dem Thema Wasser gewidmet. Ich weiß: Bielefeld hatte die Teiche am Tierpark Olderdissen und einen Bach namens die „Lutter“, der damals irgendwo unterirdisch verfrachtet war; man wusste davon, aber man sah sie nie (vgl. hier). Und bis heute wusste ich nichts Weiteres, abgesehen von dem, was sich in der Nähe unserer Schule verändert hat (mehr darüber hier).

Blick zur Neustädter Kirche (längs der Lutter!)

Die Perspektive spielt verrückt. Die Kastanie aber war damals schon riesig.

   

Hier, nicht weit von der gewaltigen Kastanie, stand in der Anfangszeit ein Bismarck-Denkmal, das irgendwann von Schülern der Oberstufe farblich verunstaltet wurde. Skandal à la Feuerzangenbowle! Später stand dort die Kopie der Rodin-Skulptur „Der Denker“, neben der ich mich einmal, ironisch-komisch geduckt, in ähnlicher Pose ablichten ließ, als es um ein Foto für die Wahl des Schulsprechers 1958 ging. Dieses Foto wurde nicht dafür verwendet, aber gewählt wurde ich tatsächlich, obwohl die Chancen für einen Altsprachler nicht optimal standen. Die Kunsthalle Bielefeld ist der Firma Oetker zu verdanken, die mir – ein nicht ganz vergleichbarer Vorgang – schon ab 1960 mit einem monatlichen Zuschuss von 200.- DM beim Studium half. Den Ort wählte ich in größtmöglicher Entfernung vom Heimatort: nicht in Detmold, was im doppelten Sinne nahelag, sondern in Berlin. Erst 1962 (wegen der Geige) in Köln (statt des angestrebten Wunschziels Wien), was letztlich eine neue Weichenstellung fürs ganze Leben brachte.

s.a. hier – Einen Widerspruch gibt es noch aufzulösen: die Kopie der Rodin-Skulptur soll es – dort in der Nähe des Gymnasiums – gar nicht gegeben haben, als ich noch zur Schule ging (vgl. hier). Sondern erst 1966. Spielt mir die Erinnerung einen solchen Streich? Ist auch hier eine Ent-täuschung fällig? Fortsetzung folgt vielleicht…

(Alle Fotos JR, Portugal: E.Reichow)

Epilog 

Plakat

CD Cover

Was steht auf dem Plakat – rund um das Bild – geschrieben?

I am convinced that almost all great men who, because of their accomplishments, are
recognized as leaders even of small groups share the same ideals. But they have little
influence on the course of political events. It would almost appear that the very domain of
human activity most crucial to the fate of nations is inescapably in the hands of wholly
irresponsible political rulers.
Political leaders or governments owe their power either to the use of force or to their
election by the masses. They cannot be regarded as representative of the superior moral
or intellectual elements in a nation. In our time, the intellectual elite does not exercise any
direct influence on the history of the world; the very fact of its division into many
factions makes it impossible for its members to co-operate in the solution of today’s
problems. Do you not share the feeling that a change could be brought about by a free
association of men whose previous work and achievements offer a guarantee of their
ability and integrity?

Es handelt sich um einen Ausschnitt aus dem Brief, den Albert Einstein 1931 an Sigmund Freud geschrieben hat. Das Plakat oben stammt aus der Bielefelder Kunsthalle. Design: Goshka Macuga „Pavillon for [an] International Institute of Intellectual Co-Operation“ (2016). Mehr dazu hier.

Die musizierende Gruppe aus dem Iran hat damit zunächst nichts zu tun. Ich habe mich bei der Betrachtung des Plakats ihrer erinnert (ebenso wie des Abendmahls von Leonardo da Vinci). Wunderbare Melismen, die einstimmig wirken, aber durch die aufeinanderfolgenden Einsätze der Stimmen ein vielstimmiges, parallel und zugleich in sich verschoben ablaufendes Muster schaffen. Ich möchte nicht, dass solche Musik je in Vergessenheit gerät: Hossein Alizadeh.

Razé No

Und wünsche mir, dass ihr Geist nicht im Widerspruch steht zu dem, der im Briefwechsel zwischen Albert Einstein und Sigmund Freud 1932 zum Ausdruck kam. Mir geht es um Tr.3 (Homayun), aber Tr. 10, der hier greifbar ist, vermittelt auch einen schönen ersten Eindruck.