Archiv des Autors: JR

Politik des Tages

Plus Iran

Die ZEIT vom vergangenen Donnerstag, betrifft den anstehenden Sonntagabend, mit dem „Gespräch“ im ERSTEN und im ZDF, dass man aus politischer Raison hören wird, aber ich lese, mit allerhand Zustimmung, nicht nur die Frontseite mit Mariam Lau sondern auch den „Kirchenteil“ (Glauben & Zweifeln) über Verschwörungstheorien und den Feuilleton-Bericht über den Film „Soundtrack to a Coup d’Etat“ (s.a. hier). Der vorhergehende Link zu Wikipedia zwang mich, das Buch zu holen, das aus irgendeinem Grunde unten im Übezimmer auf dem Tisch liegt, warum? Angeschafft – wann, warum? Natürlich, meine langwährende innere Bindung zur iranischen Musik… ist das Grund genug?

Bahman Nirumand. Ich habe viel zu wenig darin gelesen (seit ca. 2015), etwa nur wegen des – nicht ganz kompetenten – Kulturvergleichs zwischen Orient und Okzident?

Ich glaube das (anthroposophische) Kunstbuch zu kennen, das diese unzulängliche Charakteristik zugunsten der Gotik ausbreitet und auch mich eine Weile betört hat. Habe es wiedergefunden:

Quelle Gottfried Richter: Ideen zur Kunstgeschichte / Verlag Urachhaus Stuttgart 1957

Natürlich hatte ich immer schon einige Argumente auf Lager, weshalb die stilistischen Besonderheiten der orientalischen und der okzidentalen Musik keinen Kompromiss dulden, bin aber inzwischen viel vorsichtiger geworden, ehe ich behaupte: „das geht nicht!“ Ein Grund ist die überzeugende Existenz des Trios Joolaee: drei Personen, die in ihrer „eigenen“ , von Haus aus schon doppelgesichtigen Kultur – vollkommen zu Hause sind. Wie? Gehört das Klavier und vor allem Bach (ohne Klavier?) denn nicht uns allein. Nur…. WER sind wir?

(Fortsetzung folgt)

Fromanger, Cézanne, Michelangelo

Zugang zu einigen Bildern

(bei der Lektüre Deleuze u.a. Seite 72 bis 75)

https://www.wikiart.org/de/gerard-fromanger hier

https://www.alamy.de/fotos-bilder/gerard-fromanger.html?sortBy=relevant hier

Peter Dittmar 2006 :

Wenn Robert Walsers „Cézannegedanken“ um die Seele der alltäglichen einfachen Dinge kreisen, die er erkannte, die er zu erkennen lehrte, kommt er dem Geheimnis dieses Maler nah, der einst zu dem Schriftsteller Geoffrey gesagt haben soll: „Ich will Paris mit einem Apfel in Erstaunen versetzen.“
Das ist ihm gelungen. Und nicht nur Paris. Denn es sind noch immer die Äpfel auf seinen Stilleben, die Ansichten der Montagne Sainte-Victoire, die Badenden, aber auch die Porträts, die uns in Erstaunen darüber versetzen, wie sich scheinbar kleine Dinge in große Kunst verwandeln. Und die sich wie alle große Kunst in keiner der beliebten Stilschubladen verstauen lässt.

hier https://www.welt.de/kultur/article88748/Die-Welt-mit-einem-Apfel-in-Erstaunen-versetzen.html

https://www.meisterdrucke.de/kunstdrucke/Paul-C%C3%A9zanne/702635/Stillleben-mit-%C3%84pfeln.html hier

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Cezanne_-_Stilleben_mit_%C3%84pfeln.jpg hier

Deleuze Seite 84

https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_bei_Cascina hier

https://de.wikipedia.org/wiki/Galante_Konversation „Die väterliche Ermahnung“ hier

Cézanne Badende / Wiki (Deleuze S.87)

https://de.wikipedia.org/wiki/Tondo_Doni hier

Von der Malerei, dem Schönen und der Scham

Ist das denn nicht schön? Oder: Über Nacktheit

(Was ist wirklich gemeint?)

…ein Rätsel zu lösen? Ödipus vor der Sphinx. Warum nackt? Und der Mann im Hintergrund, warum ist seine Blöße dunkel übertüncht? (Klassisches Gemälde von Ingres)

Es ist kein Zufall, dass sie oft in den Blick kommt (sich aufdrängt), wenn es um Wahrheit geht. Und viele geben vor, dass es um die Wahrheit geht, wenn sie „in Wahrheit“ von sogenannten Obszönitäten reden wollen. Wieviele Jugendliche haben vor der Internet-Ära – wie ich – Interesse an Kunstbetrachtung entwickelt, nur um die Darstellung der Körper zu studieren, die in der Realität verhüllt oder verboten war?

Was es in etwa bedeutet: siehe Wikipedia

Bei Gilles Deleuze geht es am Anfang seiner Vorlesungen über die Malerei um die Beobachtung, dass bei Cézanne zum Beispiel der Akt des Malens „über das Chaos oder die Katastrophe“ verläuft. (Wenn auch damit nicht die Sexualität gemeint ist, sondern die Farbe als Ursprung der Welt. )

Gustave Courbet und sein Bild Der Ursprung der Welt Wikipedia

Ruskin konnte nun nach eigenem Ermessen schalten und walten, und er scheute sich nicht, Turners Skizzenbücher auseinanderzunehmen, wenn sie seiner Meinung nach thematisch zu seiner Auswahl passten. Entsetzt war er jedoch, als er auf Turners erotische Zeichnungen stieß. Mit dem Keeper der National Gallery, Mr. Ralph Wornum (1812–1877), war er der Auffassung, dass der Besitz solcher Zeichnungen ungesetzlich sei, und hat auch zugegeben, „a package“ verbrannt zu haben. Ruskin verpackte die Zeichnungen in Kisten aus Zink und benannte sie von „rubbish“ (Mist) bis „horrible“ (fürchterlich). 1905 stellte die National Gallery fest, dass sich in den nach Kategorien benannten Kisten Blätter von mehr als 150 Skizzenbüchern, jedes mit ca. 100 Seiten, befanden.

Was wir bisher noch nicht wussten über William Turner (und John Ruskin s.o.):

Quelle: Gilles Deleuze: Über Malerei / Vorlesungen März bis Juni 1981 / Herausgegeben und mit Anmerkungen versehen von David Lapoujade / Übersetzung Bernd Schwibs / Suhrkamp Beriln 2025

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Kinsey (JR 1964)

Quelle Alfred C. Kinsey: Das sexuelle Verhalten der Frau / S. Fischer Frankfurt am Main 1964

Eine Ausstellung in Düsseldorf:

„Der verbotene Blick auf die Nacktheit“

Verlag HATJE CANTZ

Museum Kunstpalast 2008/2009 Inhaltsverzeichnis:

Der Mythos von Diana: siehe auch Diana und Aktaeon in Bachs Brandenburgischem hier

Frei nach Ovid:

Quelle: Aus Ovid, Metamorphosen. Das Buch der Mythen und Verwandlungen. Nach der ersten deutschen Prosaübertragung durch August von Rode neu übersetzt und herausgegeben von Gerhard Fink, Patmos Verlag GmbH & Co. KG / Artemis & Winkler, Düsseldorf, S. 80-84 / hier wiedergegeben nach „Der verbotene Blick auf die Nacktheit“ Museum Kunstpalast HATJE CANTZ s.o.

Vielleicht näher am Original Ovid hier :

Als er kaum in die Grotte mit tauenden Quellen hineintrat;
Plötzlich, entblößt wie sie waren, zerschlugen die Brust sich die Nymphen,
Vor dem gesehenen Mann; von schleunigem Jammergeheul scholl
Rings umher das Gehölz; und sie stürzten sich all um Diana,
Schützend mit eigenem Leibe die Herrscherin: Aber sie selber
Ragte vor allen empor mit überschauendem Antlitz.
So wie mit Gluten gefärbt von der hell ausstrahlenden Sonne
Oftmals entflammt ein Gewölk, wie in Purpurschimmer Aurora:
Also erschien das Gesicht der unverhüllten Diana.
Diese, wiewohl sorgsam der Genossinnen Trupp sie umdrängte,
Stand doch quer auf die Seite geschmiegt, und beugte das Antlitz
Rückwärts, und mit dem Wunsch, bei der Hand die Pfeile zu haben,
Schöpfte sie, was sie hatte, die Flut, und beströmte des Mannes
Angesicht, und das triefende Haar, mit rächenden Wassern;
Und im Sprengen erhub sie die Graun weissagenden Worte:

Jetzo verkündige du, ich sei unverhüllt dir erschienen,
Wenn du verkündigen kannst! Und schnell, nicht mehreres drohend,
Gibt sie dem Haupt das Gehörn des uralt werdenden Hirsches,
Streckt in die Länge den Hals, und spitzt die gegipfelten Ohren;
Auch zu Füßen die Händ‘, und zu ragenden Beinen die Arme,
Wandelt sie ihm, und kleidet mit fleckigem Balge die Glieder;
Ängstlichkeit fügt sie hinzu: es entflieht der Autonoe Sprößling,
Mitten im hurtigen Lauf die eigene Schnelle bewundernd.

Aber sobald er im Wasser das Antlitz gesehn und die Hörner:
Wehe mir, weh! so begann er den Ruf; stumm haftet das Wort ihm.
Seufzer vertreten das Wort; und ihm stürzet die Trän‘ auf die Wangen,
Ach, nicht seine! hinab: nur bleibt ihm die alte Besinnung.
Was zu tun? Heimkehren vielleicht zum Königspalaste?
Oder sich bergen im Wald? Hier Furcht, dort schrecket die Scham ihn.

Ihn, den Zweifelnden, schauten die Hund‘, und der erste, Melampus,
Gab, mit dem Spürer Ichnobates, gleich laut bellend das Zeichen.
Gnosier war von Geburt Ichnobates, Sparter Melampus.
Alle nun kamen daher wie die stürmenden Winde geflogen:
Pamphagus, Dorkeus auch, und Oribasus, Arkader alle;
Auch des Nebrophonos Kraft, und der trotzige Theron mit Lälaps;
Pterelas, hurtig zu Fuß, und Agre mit witternder Schnauze;
Und Hyläus, den jüngst ein rasender Eber verwundet;
Nape, gezeugt vom Samen des Wolfs, und der Herde Gesellin
Pömenis; auch Harpya, von Zwillingssöhnen begleitet;
Und mit schmächtiger Weiche der Sikyonier Ladon;
Dromas und Stikte zugleich, und Kanache, Tigris und Alke,
Leukon mit weißlichen Zotten, und Asbolus wallend mit schwarzen;
Auch der gewaltige Lakon, und tapferen Laufes Aëllo;
Thous zugleich, und rasch mit dem cyprischen Bruder Lyciska;
Und, an der dunkelen Stirne mit schneeiger Blasse gezeichnet,
Harpalos, Melaneus auch, und die rauchgezottelte Lachne;
Auch von diktätischem Vater gezeugt und lakonischer Mutter,
Labros, Agriodos auch, und mit gellender Stimme Hylaktor;
Und die zu nennen verdreußt. Sie all, in Begierde des Raubes,
Eilen durch Fels und Geklipp, und des Zugangs mangelnde Zacken,
Schwierige Bahnen sowohl, als Ungebahntes, durchstürmend.
Jener entflieht durch Örter, wo oft zu verfolgen er pflegte;
Ach, selbst flieht er das eigne Gesind‘! Ausrufen nun wollt‘ er:
Schonet! ich bin Aktäon! Erkennt ihr eueren Herrn nicht?
Worte gebrachen dem Geist. Es erschallt vom Gebelle der Äther.

Melanchätes zuerst verwundete jenem den Rücken;
Nächst ihm Theridamas auch; Oresitrophos packte den Bug an.
Später liefen sie aus; doch den Richtsteig wählend des Berges,
Kamen im Lauf sie zuvor, da den Herrn aufhielten die andern.
Ringsher strömt das Gewühl, und dränget die Zähn‘ in die Glieder.
Und schon fehlt zu Wunden der Ort. Tief seufzt er, und winselt,
Ach, ein Getön, wenn auch nicht ein menschliches, doch wie ein Hirsch nie
Winselte; und er erfüllt die vertraulichen Höhen mit Angstruf
Demutsvoll auf die Knie gestreckt, und dem Bittenden ähnlich,
Wendet er schweigend umher, statt flehender Arme, das Antlitz.

Doch das Gefolg‘, unkundig der Tat, mit gewohnter Ermahnung
Hetzt es den reißenden Trupp, und sucht mit den Augen Aktäon;
Und als wär‘ er entfernt, so rufen sie eifernd Aktäon.
Jener kehrt nach dem Namen das Haupt. Daß er fern sei, beklagt man,
Und daß träg‘ er versäume die Schau des gebotenen Fanges.
Fern, ach, wünscht‘ er zu sein; nah weilet er! selber mit ansehn
Möcht‘ er, allein nicht fühlen, die Wut der traulichen Hunde!
Rings umstehn sie, und tauchen das Maul in den Leib, und zerreißen
Selbst den eigenen Herrn in Gestalt des täuschenden Hirsches.

Quelle https://www.projekt-gutenberg.org/ovid/metamor/meta033.html hier

Publius Ovidius Naso: Metamorphosen (Verwandlungen) In der Übertragung von Johann Heinrich Voß (1798) Die kursiv gesetzten Textergänzungen der in der Voß’schen Übertragung fehlenden Ovidstellen sind der Übersetzung von Reinhart Suchier (1889) entnommen. (in: Projekt Gutenberg a.a.O.)

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A propos Malerei (Cézanne) Markus Stegmann Museum Langmatt / Zitat

Wir leben in Zeiten, in denen es problematisch sein kann, über Nacktheit zu schreiben, über Nacktheit in Bildern, wenn diese öffentlich zugänglich sind, zumal wenn es sich um weibliche Körper handelt und ein männlicher Mensch diese Nacktheit betrachtet. Das Verhältnis der Geschlechter ist kompliziert geworden, was bekanntlich seine guten Gründe hat. Zu Zeiten von Paul Cézanne war das vollständig anders und die Thematik der Nacktheit in Gestalt des (weiblichen) Aktes ein Genre mit jahrhundertealter Tradition, zurückgehend bis ins frühe 16. Jahrhundert zu Lucas Cranach d. Ä. oder Tizian, denkt man beispielsweise an dessen Venus von Urbino (1538). Allerdings hat sich Cézanne von dieser allegorischen Auffassung des weiblichen Körpers weit entfernt und auch von jener des 19. Jahrhunderts, die den Akt schrittweise säkularisierte und in den Lebensalltag «herabholte».

Zitat / Gesamttext hier

 

„Nun sag ich dir zum ersten Mal“

Die Zeit des Gurreliedes

Ob ich sie schon von Berlin nach Köln, meinem neuen Studienort, mitgebracht hatte? Ich war stolz auf die französische Schallplatte über Neue Musik. Sprecher und Autor war Antoine Goléa. Sie begann mit dem ersten Praeludium C-dur aus dem Wohltemperierten Klavier, wohl wegen der instruktiven Entfaltung der Harmonien aus dem C-dur-Akkord („unsensibel gespielt“, meinte Freund Christian de Bruyn, der Pianist, damals schon bewundert für seine Kunst des Rubatos), und irgendwo folgte das eine Stück aus den „Gurreliedern“, als Musterbeispiel für die extremen Sprünge zwischen den einzelnen Tönen einer wirklich modernen Melodie. Das leuchtete mir ein, und ich liebte das Stück, aber nicht die grelle Stimme der Sängerin, nicht einmal das penetrante Fachmann-Organ des Moderators. Der Text, den ich nicht verstand, hätte ein übriges getan, obwohl ich Jens Peter Jacobsen verehrte seit Langeoog 1956 („Mogens“ und „Niels Lyhne“ durch Hans-Dieter Mauritz). Keine Chance, die Worte Volmer, Narr oder nichtigen Tandes usw. akustisch zu entziffern.

Nun sag‘ ich dir zum ersten Mal: »König Volmer, ich liebe dich!« Nun küss‘ ich dich zum ersten Mal, und schlinge den Arm um dich. Und sprichst du, ich hätt‘ es schon früher gesagt und je meinen Kuß dir geschenkt, so sprech‘ ich: »Der König ist ein Narr, der nichtigen Tandes gedenkt.« Und sagst du: »Wohl bin ich solch ein Narr«, so sprech‘ ich: »Der König hat recht«; doch sagst du: »Nein, ich bin es nicht,« so sprech‘ ich: »Der König ist schlecht.« Denn all meine Rosen küßt‘ ich zu Tod, dieweil ich deiner gedacht.

Erst jetzt weiß ich, dass A. Goléa schon eine gewisse Prominenz hatte. Die folgende Youtube-Aufnahme berührt mich, weil sie die typische Radio-Produktionsatmosphäre der alten Zeit der Neuen Musik wieder auferstehen lässt, die ich ab Ende der 60er Jahre ganz ähnlich noch im WDR erlebte.

Antoine Goléa Wiki hier

Rund 1 Jahrzehnt später „studierte“ ich in meiner Studentenbude (1961) Köln-Niehl Feldgärtenstraße, bloß hörend, Schönbergs „Erwartung„, immer nur hörend, wiederholt, auch sein Violinkonzert, dies dank Wolfgang Marschner, bei dem ich Winiawsky und Ravels „Tzigane“ studierte. In Berlin hatte ich mich vorher u.a. durch Musik von Stockhausen und Boulez, im „inneren Widerstand“ gegen die Polemik unseres konservativen Theorielehrers Max Baumann geübt. Ähnlich in Köln gegen die typischen Schulmusik-Professoren.

Jetzt, als ich in den ehemaligen Beständen eines verstorbenen Freundes die Boulez-Aufnahme der „Gurre-Lieder“ und allerhand Schönberg-„Stoff“ (Partituren!) reaktivierte, habe ich an die Hörweise von damals angeknüpft; zuerst mehrmals Tr.7 („Nun sag‘ ich dir“), dann Nr.6 und 7, dann 6, 7 und 8, dann 5, 6, 7, 8. Die Partitur nicht gleichzeitig – das lenkt ab! – , sondern nachträglich am Tisch, das Gehörte nachvollziehend.

Was ich schon 1975 hätte dazulernen können (Gedenkausstellung  1974):

Universal Edition Redaktion: Ernst Hilmar ISBN 3-7024-0010-9

Damals war es schwieriger, die ganze Breite der Musik zu erfassen, ohne Internet, also ohne Google, Youtube und Wikipedia und all diese Quellen, die einem damals nur mit viel Geld erschwinglich waren (das Musikhaus Tonger befand sich schräg gegenüber meinem späteren Bürohaus Carlton (WDR).

Andere Zeitsprünge

Seltsamerweise versäumte ich von Anfang an, dem Gesamtwerk „Gurrelieder“ nachzuspüren, stattdessen besorgte ich mir das „fortschrittliche“ Melodram „Erwartung“ als LP, das ich mir durch extensives Hören zu amalgamieren versuchte. Es gelang mir nicht so, wie ich erwartete.

In den 90er Jahren gab es die Gurrelieder in der Kölner Philharmonie, eine Aufführung, die ich versäumte. Aber ih erinnere mich, dass wir nachher auf der Straße den WDR-Musikchef Dr. Hermann Lang trafen und nach seinen Eindrücken befragten. Er antwortete: „Eins weiß ich jetzt: die Gurrelieder habe ich zum erstenmal gehört und ganz gewiss auch zum letzten Mal!“ Ich glaubte ihn zu verstehen und fand seine Äußerung trotzdem unangemessen. Meine Methode war eine andere, nämlich die unverdrossene Wiederholung, andernfalls blieb ein vages Schuldgefühl, weil ich die Ahnung hatte, dass mir eine Tür verschlossen war, nur weil ich untätig reagierte. Tatsächlich im Fall Gurrelieder eine Lähmung, die dem Zeitgeist geschuldet war. Wenn Schönberg, dann „richtig“!

Neue Erinnerung (im Auto, WDR 3):

https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr3/klassik-forum/audio-mitreissender-dirigent-markus-stenz-im-klassik-forum-100.html hier

hier Sabine Webers Rezension, – sie ist instruktiv, provoziert allerdings eine überflüssige Nachfrage zum „Botaniker“ J.P. Jacobsen, die sich in Wikipedia auflöst, wo allerdings von „dem jungen dänischen Geschichtsstudenten“ die Rede ist: hier

Dies zu bemerken ist überflüssig, man muss – mit Schönberg – den „verworrenen“ Text lieben lernen. Nur die Übersetzung von Nr.7 (besonders die deutsche Reimerei) ist linkisch. Auch das CD-Booklet ist übrigens nicht angenehm zu lesen.

Ich vergleiche die Anfangstakte jedes Tracks der beiden vorliegenden Aufnahmen, und sei es nur, um das Vibrato des jeweils tätigen Soprans zu prüfen: hier (Boulez) und hier (Stenz).

Es ergibt ein Extrathema: der dramatische Sopran ist für mich in jedem Fall ein Problem! Dass es eine vollkommene Leistung in dieser Stimmlage gibt, zeigt diese Salome HIER.

Vorläufiges Ziel bis Tr.8 / Lesen Sie den Text in Vergrößerung!

Damit berühre ich frappierend die Gegenwart: die Zeit ist auch heute noch das Problem. Gerade in der Musik. Ich habe es indirekt aber auch ganz unverhofft vorhin vom Nobelpreisträger Hassabis in der ZEIT bestätigt bekommen. Momentmal, ich brauche eine Sekunde! Oder zwei!! Und ohne Musik.

Quelle DIE ZEIT 30. Januar 2025 Seite 31 »Wir werden von ihnen alles bekommen« Es gibt kaum einen Wissenschaftler, der mehr von KI versteht als Demis Hassabis. Im vergangenen Jahr erhielt er den Nobelpreis. Hier spricht er darüber, was von den intelligenten Menschen als Nächstes zu erwarten ist / Das Gespräch führten Uwe Jean Heuser und Jochen Wegner

(Fortsetzung folgt)

Trump und Sennett

Der politische Schauspieler frei nach Kleist

Wieder war es die ZEIT-Lektüre, die mich an die Bücherschränke trieb, unten im Übe-Zimmer, oben im Flur, zweimal Sennett unten & oben, einmal Kleist, gleich hinter mir, seit „Menschengedenken“ (d.h. Schulzeit). Oft zitiert: Über das Marionetten-Theater, nun auf Donald Trump gemünzt. Grazie – gemünzt auf dies Brutalo-Gesicht? Oder seine lächerlichen Tanzbewegungen?

auch in Projekt Gutenberg

Peter Kümmel hat mit Richard Sennett im TV Trump’s Amtseinführung geschaut.

Der Bär tritt auf … ja – unvergesslich. Aber der „darstellende Mensch“ in der Politik, – hatte Sennett sich dessen nicht schon in den 90er Jahren angenommen? Um so interessanter…

Quelle Richard Sennett: Verfall und Ende des öffentlichen Lebens. Die Tyrannei der Intimität. Verlag Fischer Wissenschaft Frankfurt am Main Juli 1991 (1986)

Nicht vergessen: im Vorwort dankt der Autor “ Clifford Curzon und Murray Perahia für ihre Hilfe bei der Skizzierung der ersten Umrisse dieses Buches“. (Erstausgabe New York 1974)

Schade, dass er sich jetzt nicht über den Trump-Parteigänger äußert, dessen Namen ich immer aus Versehen als „Musik“ lese, während manche Leute mit einer gewissen Selbstüberwindung behaupten, er sei aber zweifellos ein Genie:

Quelle: DIE ZEIT 23. Januar 2025 Fernsehen mit Richard Sennett / Der große amerikanische Soziologe verzweifelt (nicht) an seinem Land / Von Peter Kümmel

Ja, Elon Musik, – ich habe kürzlich noch einen Youtube-Beitrag gegoogelt, der mir bestätigte, dass er ein rechter Schwachmatikus ist, der auf dem Sirius besser als auf dem von ihm angepeilten Mars aufgehoben wäre. Zumal wir Musiker diesen Planeten seit Stockhausen besonders hochschätzen. Und vor allem: je weiter desto besser.

Betr.: Sirius

Vor einigen Jahren las ich das Buch zum terrestrischen Manifest von Bruno Latour, heute noch aktueller als 2018 (nach Trumps erster Wahl), hier eine Wendung, die sich mir eingegraben hat:

Quelle Bruno Latour: Das terrestrische Manifest / edition Suhrkamp Berlin 2018

Wie immer lohnt sich auch ein gründliches Studium des Wikipedia-Artikels HIER

Daraus das Zitat:

Im Jahr 2023 bot Elon Musk Wikipedia eine Milliarde Dollar an – unter der Bedingung, dass die Seite für mindestens ein Jahr in „Dickipedia“ umbenannt wird. Im Folgejahr wiederholte er sein Angebot. Im amerikanischen Slang ist „dick“ eine vulgärer Ausdruck, der – obgleich er auch für eine mittelmäßige, eher einfältige, dümmliche Person genutzt werden kann – für das männliche Geschlechtsorgan steht. Musk rief im Dezember 2024 dazu auf, keine Spenden mehr an Wikipedia zu leisten, „bis [sie] ihre redaktionelle Balance wieder ins Gleichgewicht bringt“. Wikipedia bezeichnete er als „Wokepedia“ und kritisierte deren Ausgaben für Diversität und Inklusion. Daraufhin gab es an den Weihnachtstagen eine nennenswerte Zunahme der Spenden an die Wikimedia Foundation. Viele der Spender nannten als Anlass die Äußerungen von Musk.

Wir wissen allerdings noch nicht genug über Elon Musk, wenn wir ihn als Einzelerscheinung betrachten, die durch eine Art menschlicher Charakteristik umschrieben werden könnte. Die Besonderheit besteht zunächst allein darin, dass er über unermesslich viel Geld verfügt, das sich durch ein sozusagen obszönes Gesetz der Akkumulation angehäuft hat, ein so unglaubliches Vermögen, das ihn nach Selbsteinschätzung von den üblichen Bedingungen des Menschseins befreit. Das hat er mit anderen Menschen seines Schlages gemeinsam: sie sind absolut ohne Kultur, und verständigen sich allein über die Kategorien von Technologie, Kapital und politischer Macht. Andere Beispiele: Jeff Bezos und Mark Zuckerberg. Man hat für sie den Terminus BROLIGARCHIE eingeführt. Dahinter steckt das Wort Oligarchie , ergänzt durch die Anspielung auf „Tech-Bros“ = Kumpel.

Der darstellende Mensch als Politiker und dieser als darstellender Mensch. Unter diesem Aspekt habe ich auch einen anderen ZEIT-Artikel gelesen. „Nimmersatt Unter Donald Trump ergreift ein Trupp unermesslich reicher Männer die Macht. Doch viele der Broligarchen sind immerhin offen für Deals.“ Von Jörg Lau. Oder auch für recht lockere Selbstdarstellungen.

Ein anderer der im eben erwähnten Artikel genannten Namen ist Curtis Yarvin, dessen Wikipedia-Artikel schon vieles erzählt. Eben auch einer aus der Broligarchie:

Vielleicht distanziere ich mich schon mal im voraus für den Gebrauch schlimmer Wörter in meinem Blog… Der Song durfte seinerzeit mit Recht auch nicht in den großen Radiosendern gebracht werden. Die Ärzte sind’s, ich bin unschuldig.

Hans Zimmers Motiv

Zum Gebrauch eines kleinen Intervalls

Ich sage nicht, dass diese Motive übereinstimmen, oder gar: dass Hans Zimmer sich bedient hat. Ich bin nur der Frage nachgegangen, wieviel Zufall oder Willkür im Spiel ist, wenn man ein Plagiat wahrzunehmen geneigt ist. Ein Ton mehr, eine andere Gewichtung kann schon auf eine völlig andere Geschichte der Erfindung hinweisen.

Noch einmal: das Wort Plagiat ist absurd.

Selbst wenn man eine ähnliche Melodie bei Djivan Gasparian nachweisen könnte, dessen Musik Hans Zimmer wohl kennt, würde nicht viel besagen. Die Offenheit für solche einfachen „Bausteine“, die in der traditionellen Musik normal sind, kann in der westlichen Musik nicht als Indiz mangelnder eigener Erfindung gewertet werden. Aber es scheint mir kein Zufall, dass die enge zwischenmenschliche Bindung, die sich im afghanischen Wiegenlied ebenso wie im Film „Interstellar“ dokumentiert, nicht besser als im Rahmen eines sehr kleinen Intervalls und in zärtlichen Wiederholungen derselben Formel ausgedrückt werden kann. (Der erwähnte Gebrauch innerhalb eines Stücks der Neuen Musik ist durch die Einbeziehung des vorausgehenden Babygeschreis ein völlig anderer Fall.)

Afghanische Lieder (©JR vor 1974)

ZITAT aus Wikipedia
Die Verwendung ethnischer Instrumente, wie z. B. das Duduk in Gladiator (gespielt vom armenischen Dudukspieler Djivan Gasparyan) und Dune: Part Two (gespielt von Pedro Eustache), Flöten in Rangoon oder Taikos in Last Samurai, ist eines seiner Markenzeichen. Dazu gehören auch Kompositionen mit afrikanischen Einflüssen, wie z. B. Zwei Welten, Im Glanz der Sonne, Der König der Löwen und Black Hawk Down, aber auch Musik zu Komödien wie Besser geht’s nicht oder Tricks oder auch zu dem Action-Film The Dark Knight Rises. Er arbeitet regelmäßig mit den Regisseuren Ridley Scott, James L. Brooks, Gore Verbinski, Penny Marshall, Christopher Nolan, Steve McQueen und Denis Villeneuve zusammen. Hans Zimmer selbst bezeichnet Ennio Morricone als sein großes Idol.

https://en.wikipedia.org/wiki/Interstellar_(soundtrack) hier

In one night, Zimmer wrote a four-minute piano and organ piece that represented his idea of fatherhood. When he played it for Nolan, Nolan was pleased and explained the full plot and concept of the film, though it had not yet been written.[11] Zimmer was originally skeptical, noting that he had written a „tiny, tiny little fragile“ piece while Nolan had described an intense, epic space film. However, Nolan reassured Zimmer that the piano piece provided „the heart“ of the film.[7][8][9] The piece can be heard at the conclusion of the film.[12]

„Interstellar“ has at its core an emotional story of love between a father and his daughter. Appropriately, Hans Zimmer places the Murph and Cooper theme front and center in the score […]. Of course, since the film also includes some riveting action sequences, the score does make use of an action theme, but in typical Zimmer style, this theme serves two different functions as it is also the familial love theme. […]

In Interstellar wird das Gedicht Do not go gentle into that good night von Dylan Thomas (deutsche Übersetzung: „Geh nicht gelassen in die gute Nacht“) mehrmals zitiert. Es dient als ein Leitmotiv, das die Bestrebungen sowohl der Figuren Cooper und dessen Tochter Murphy als auch von Professor Brand und dessen Tochter Dr. Amelia Brand verdeutlicht. Zugleich steht es für den Pioniergeist der Menschheit, sich gegen das scheinbar unvermeidliche Ende des Daseins zu erheben.[57] Dieser Eindruck kann dadurch unterstrichen werden, dass der Schlüssel zur Rettung der Menschheit nicht in der Landwirtschaft, sondern in einem Bücherregal zu finden ist.[58]

Als weiteres Motiv wird im Film von Cooper gesagt, dass die Menschheit zwar auf der Erde geboren wurde, aber es heißt nicht, dass sie auch hier sterben soll. Damit wird auf den russischen Erfinder Konstantin Eduardowitsch Ziolkowski verwiesen,[59][60] von dem folgendes Zitat stammt:

„Es stimmt, die Erde ist die Wiege der Menschheit, aber der Mensch kann nicht ewig in der Wiege bleiben. Das Sonnensystem wird unser Kindergarten.“

Konstantin Ziolkowski[61]
https://de.wikipedia.org/wiki/Do_not_go_gentle_into_that_good_night hier
Noch zu Afghanistan (betr. ST-Bericht Trauerfeier Aschaffenburg):
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zur Vervollständigung der Assoziationen
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HIER bei 2:24 Hier bei 6:00

Warum ich nichts lesen wollte …

Und dann doch

Ich wollte unverhoffte Betroffenheit vermeiden. Nur heute Morgen nichts davon. Ausrede. Dann – wie so oft – fange ich doch an, zuerst den Schluss (dort könnte eine Art Resümee stehen), dann hier und dort. Bleibe stecken im Konkreten, ist das nachprüfbar? … die Skizzen – bekannt? das Handy liegt in der Nähe, so kann ich flüchten… in eigene Tätigkeit.

https://de.wikipedia.org/wiki/The_Sketchbook_from_Auschwitz hier

pdf hier http://www.creuse-resistance.fr/blog/public/dessins_de_l__horreur.pdf

Quelle DIE ZEIT 23. Januar 2024 Seite 37 (GESCHICHTE) Kein Gras soll über Auschwitz wachsen / Die Geschichte der Gedenkstätte begann gleich nach der Befreiung des Konzentrationslagers vor 80 Jahren. Die Erinnerung an das Schicksal der ermordeten Juden stand dabei zunächst nicht im Mittelpunkt / Von Judith Scholter

Klima oder Demokratie?

Habe ich es immer noch nicht verstanden?

Auf jeden Fall darf ich mich von Trump distanzieren, der sich von der Feuerwehr in Los Angeles distanziert? Kaum anders als unsereins vom Ahrtal.

Hillft es, wenn es nicht nur bei mir zu lesen ist, sondern schon in beliebigen Zeitungen auf der ersten Seite? Oder umgekehrt. Oder wir achten erst ab morgen genauer auf die Argumentation. Alle lesen es schon, auch im Vorübergehen, in der Bahnhofsbuchhandlung. Und jetzt hier:

Was denn genau?

Weiß ich nicht schon alles?

Natürlich, aber daran kann doch ich nichts ändern …  Allerdings sind Wahlen in Sicht. Man liest manche Leitartikel gründlicher, und ich sollte vielleicht auch mehr wissen als vorn draufsteht. Zuhaus bleibe ich auf Seite 25 hängen. Nicht zufällig.

…eine Steilvorlage für rechtspopulistische Mobilisierung: »Wollen Sie Leute von Klimapolitik abschrecken«, sagte Bell, »dann sprechen Sie über Elektroautos und Wärmepumpen.« Denn die können sich viele nicht leisten. Solche Fördergelder landen als Erstes bei denen, die ohnehin schon wohlhabend sind und ein ausgeprägtes ökologisches Bewusstsein haben.

Das ist umso brisanter, weil es auch einen »klassenspezifischen ökologischen Fußabdruck« gibt, wie Steffen Mau in seinem Buch Triggerpunkte festgestellt hat: Je wohlhabender man ist, desto größer der Materialverbrauch und desto höher die Emissionen.

Was? Woher willst du das wissen? (Ich setze die 2 Links.) … wo stand dies nochmal? ZEIT Seite 25.

Ich kann mir das unmöglich alles merken, sagt mein Enkel, es ist zuviel. Ja, geht mir auch so, und die Zeitung ist, wie ich den Laden hier kenne,  ab übermorgen nicht mehr griffbereit. Nur diese Zeilen noch:

Das jüngste Beispiel geben die ostdeutschen Regionen ab, die bis 2038 von der Braunkohleförderung wegkommen sollen. »Da wird ein gerechter Übergang zu neuen Industrien mit Milliarden Euro ausgestaltet, und was ist passiert?«, fragt Uekötter. »Die Leute nehmen das Geld, wählen aber trotzdem Rechtsnationalisten, die ihnen eine fossile Zukunft versprechen.«

Quelle DIE ZEIT 16. Januar 2025 Seite 1 und Seite 25

Energiewende rückgängig machen, zurück zu Atomstrom, fragwürdige Photovoltaik, Gebrüder Grimm und Windräder, siehe auch AfD-Argumentation in der Lanz-Sendung 15. Januar 2025 hier ab 1:04:50  (Jörg Urban, Amira Mohamed Ali, Martin Machowecz, Sönke Neitzel)

Fundstück aus „DIE ZEIT“ (Seite 37)

„Ich brauch keine Opposition, weil ich bin bereits Demokrat“

(Gerhard Polt)

Mit ihren zusammen fast 400 Millionen Followern auf Social-Media-Plattformen verfügen sie [Trump und Musk] über ein Heer von Claqueuren und über eine Eigenmultiplikation, die klassische Medien zu vernachlässigbaren Größen degradiert. So wenig vierte Gewalt und eine so gewaltige Selbsterhöhung hat es in einer modernen Demokratie noch nicht gegeben.

Es ist diese Entmachtung alter Autoritäten und die Entstehung einer presseunabhängigen neuen Öffentlichkeit, in der sich auch Alice Weidel selbstbewusst genug fühlt, um Worte wie »Remigration« in Mikrofone zu rufen. Das ist eine Entgrenzung: Der Begriff differenziert gezielt nicht zwischen abgelehnten Asylbewerbern, die abgeschoben werden sollten, und Migranten, die ein Bleiberecht haben. Er vermengt, was nicht zusammengehört. Mehr Mut zur Demagogie, lautet also jetzt die Devise, bei Musk wie bei der AfD.

Quelle DIE ZEIT Seite 37 : Die Rechts-Links-Schwäche / Alle schauen sorgenvoll nach rechts, zum autoritären Gehabe von Trump, Weidel und Konsorten. Übersehen wir da nicht etwas auf der anderen Seite? / Von Jochen Bittner

Zum Schluss nochmal etwas zum Feuer in Los Angeles (was man von Mike Davis schon lange wusste):

Quelle DIE ZEIT Seite 40: Prophet des Feuers / Der Stadtforscher Mike Davis wusste schon vor drei Jahrzehnten, wie es um L.A. steht – und um die, die dort leben / Von Tobias Timm

Warum ist die Partita so groß?

Ein nicht enden wollendes Vergnügen

Ich sage nicht: „zu groß“ oder „zu lang“. Ich will mich nicht bei der Jugend anbiedern. Man könnte doch einwenden, ich müsse niemanden überreden, so „große“ Werke des zweifellos „großen“ Johann Sebastian Bach frisch anzugehen, aber nicht leichtfertig, eher mit nachdenklicher, notfalls auch etwas sorgenvoller Miene…  Jedenfalls nicht irgendwie nebenbei. Es genüge auch nicht, nur hineinzuhören, ja, man muss dranbleiben!

Aber stellen Sie sich nur ein jugendliches Publikum vor, das wir gewinnen wollen, – warum schauen wir nicht nach Gleichaltrigen? – gleichaltrig mit wem? (bis wann?) – warten wir erst bis zum Übergang (welchem Übergang?) – nach anderthalb oder nach 3 Minuten? und was geschieht dann??? Sie schlägt ein neues Tempo an und ist nicht mehr zu stoppen. Gibt es etwa ein Thema, das Ihnen im Kopf bleibt? Oder werden Sie eher in einen Strudel hineingezogen, in dem Sie die Orientierung verlieren. Nein, Sie spüren, dass Sie in Schach gehalten werden, es klingt wie entfesselt, aber absolut kontrolliert, 10 Zauberfinger in unablässiger Bewegung, doch ist es kein Tanz, – Sie hören keine  Akzente, die in die Beine fahren, vielleicht schweben Sie auf und davon? Kann man verstehen , was mit uns geschieht, oder was wir während des atemberaubenden Fluges erfahren? Mir hat mal jemand gesagt, als ich mich ratlos zur Bachschen Form äußerte: Haben Sie’s auch schon mit Zählen versucht? Der  Schrecken befällt mich immer noch aufs Neue, wenn ich Analysen mit Zahlen und Bibelverweisen lese. Ja, das gibt es doch wohl zur Genüge. Bis zum Überdruss.

Immer wenn ich früher musikimmanent unter argumentativen Druck geriet, hatte ich einen probaten Notausgang: das wunderbare Büchlein von Clemens Kühn über musikalische Form, das mit einfachen Worten auf die gegebenen Bedingungen zurückführte. So wie hier bei Bachs Arie „Bereite dich, Zion“ mit dem Wort „Fortspinnung“, das zunächst auch nichts anderes besagt als: „es muss doch weitergehn…“ (Hape Kerkeling).

Clemens Kühn: Formenlehre der Musik /dtv Bärenreiter

Aber damit habe ich etwas Wesentliches der großen Form bei Bach noch nicht berührt; sie ist so nicht ohne weiteres erfassbar! Im Gegenteil, sie entzieht sich, ist nicht voraussagbar, wie etwa eine Reprise im klassischen Sonatensatz. Ich habe mich darüber schon vor 8 Jahren ausgelassen und möchte heute empfehlen, das zu rekapitulieren, ohne Eitelkeit, das Wichtigste daran ist ja gar nicht von mir! Leider! Aber lassen Sie ruhig zuerst die Musik mit Schaghajegh Nosrati auf sich wirken. (Vielleicht später noch einmal. Und immer wieder.)

Bachs barocker Bewegungsmodus

Oder wollen Sie zunächst noch Näheres über das Umfeld des Werkes erfahren? Es ist der erste Satz der Partita 4 D-dur BWV 828, dem noch 6 weitere (Tanz-)Sätze folgen. Es gibt 6 große Partiten, einzeln im Laufe vieler Jahre komponiert, Bach hat sie betont leicht annonciert: als „Galanterien, Denen Liebhabern zur Gemüths Ergötzung verfertiget“, als Gesamtwerk zusammengefasst erst 1731. Für den Konzertvortrag schlägt András Schiff eine andere Reihenfolge vor, hier ist seine Einführung.

Zurück von „den Partiten“ zu den Einzelsätzen, die innerhalb jeder Partita (oder Suite) durch die gemeinsame Tonart zusammenhängen und einer (nicht ganz) verbindlichen Folge von Tanztypen entsprechen: Allemande, Courante, Sarabande, Gigue, die durch weitere ergänzt werden können. Tanztypen: sie haben längst nicht mehr das Ziel, den realen Tanz mit seinen wiederkehrenden Figuren zu regeln, sondern beim bloßen Zuhören Vergnügen zu bereiten („Gemüths Ergoetzung“). Unterdessen sind es sogar anspruchsvolle Werke von stattlicher Länge geworden, die nicht mehr ohne weiteres als Ganzes überschaubar sind. Wer sich nicht nur scheinbar beliebigen assoziativen Gedankenketten überlassen will, geleitet durch Worte wie „Fortspinnung“ oder „Reihung“, fragt vielleicht nach Gliederung, Tonartwechsel, Wiederkehr oder dem Sinn der schier endlosen Bewegung, abgesehen von ihrem durchaus wohlklingenden Dauercharakter. Zumal in der heutigen Zeit, wo man das bloße Zeitvergehen allenfalls als „nutzbringend“ einordnet, wenn es „Chillen“ heißt, – was aber zu einer so aktiven Musik nicht passt. Sie aktiviert.

Und löst die Frage aus: Warum? Wozu?

Hören Sie (noch einmal) die Ouvertüre ab 2:35, prägen Sie sich das Thema ein, – obwohl es nichts Besonderes zu sein scheint (!), aber hier tritt solo auf -, und versuchen Sie, jeden neuen Themeneinsatz dingfest zu machen, meist unauffällig, wo auch immer er aufleuchtet in diesem 3-stimmigen Satz, und beachten Sie quasi (!) nebenbei, was rundherum geschieht. Das ist schon viel, – denken Sie nicht „Fuge“ oder „Kontrapunkt“ oder „neues Motiv“, es ist keine Denkaufgabe, kein Test, sondern ein Vergnügen, wie wenn Sie einem Rennen zuschauen, bei dem es nicht um Sieg geht, sondern um Dabeisein, Sichtbarwerden (hörbar), Mithalten, irgendwo Ankommen, gemeinsames Innehalten. Vielleicht sind es Kinder!

Vielleicht haben Sie einige Stationen bemerkt, zeichenhaft Läufe aufwärts, großer Lauf abwärts, oder wenn Sie „Kadenztriller“ passiert haben, ein insistierendes synkopisches Motiv, später wiederkehrend, klingelnde Dreiklangsberechungen, mittendrin Orgelpunkte im Bass auf Fis und auf H, zeichenhaft, aber doch unaufällig, danach starke H-moll-Kadenz bei 4’38 – ist es der goldene Schnitt in der Fuge? egal! -, atemlos akkordgestützte  Tiraden und ein letztes Mal das Fugenthema im Bass, versteckte aufsteigende Tonleiter der beiden Oberstimmen, stark sekundiert vom Bass, gemeinsamer Abstieg aller Stimmen in den letzten drei Takten.

Natürlich kann man Taktmengen notieren, geordnet nach Symmetrien, wobei bevorzugt gleich-lange Partien vermerkt werden. Dabei müsste aber auch eine Rolle spielen, dass das Gleichgewichtsgefühl leicht ausgehebelt wird, bzw. einfach keine Rolle spielt, indem die Gliederungsstationen „überspielt“ werden, und zwar vom Komponisten, der quasi keine visuellen Blöcke schaffen will, sondern ein Kontinuum.

Wieso z.B. soll in der Orchester-Ouverture das Dacapo eine wichtige formale Funktion erfüllen, während es hier beim Solo-Vortrag uns gar nicht zu fehlen scheint? Oder erfüllt hier die relativ langsame Allemande dieselbe Funktion? Man lese die etwas verlegene Behandlung des Problems bei Wikipedia anlässlich der Orchestersuiten:

Dieser erste Satz nimmt oft mehr als die Hälfte des Raums ein, was seine Bedeutung unterstreicht. Er besteht immer aus einer französischen Ouvertüre mit einem ersten Abschnitt im typischen punktierten Rhythmus, einem darauffolgenden Fugato mit umfangreichen konzertanten Passagen und einer – hier immer stark variierten – Wiederaufnahme des Anfangsabschnitts. Wiederholungszeichen am Schluss legen die gemeinsame Wiederholung des zweiten und dritten Teils nahe; da dies für den heutigen Geschmack dem ersten Satz ein zu starkes Gewicht gäbe, wird die Wiederholung heute meist weggelassen.

Oder man schaue sich die ganz andere (großartige) Lösung im ersten Satz der C-moll-Partita an.

Zu diskutieren wäre an dieser Stelle auch die Frage der Doppelpunktierung, die eine Zeit lang  darüber entschied, ob man Ahnung hatte oder noch nicht oder aufs Neue.

T.6 linke Hand, T.7 rechte. (Auch T.2!)

Allgemein: siehe Goebel Texte „Der Kopf macht die Musik“ (1986/2024) S. 152, wie wesentlich es ist, ob es um tutti oder solo geht. Ebenso erhellend Paul Badura-Skoda (1990), der sich auch schon auf Frederick Neumann bezieht und im oben zitierten Takt (T.6) für Doppelpunktierung plädiert: „Bach Interpretation“ Laaber Verlag Seite 71.

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29:14 „Burlesca“ Bachs KOMIK (Hätten Sie das bemerkt?)

Es muss nicht das alte Instrument sein!

Oder geht es hier eher um „innovatives“ Klavierspiel?

Ein Rätsel, von vielen bestaunt. Eher zickig als musikalisch. Unbegreifliche Phrasierungen, aber im Tempo hochvirtuos. Wozu?

Vielleicht doch eher dies? Ohne Extravaganzen, einfach schön.

Blick auf Nepal

Ein Film von Christian Bau und Niels Gutschow

Zum Anfang der Schluss des Video-Booklets, das – wie ich glaube – für jeden Menschen interessant ist, der über den Tod nachdenkt und dabei auch den Buddhismus oder überhaupt eine „fremde“ Weltanschauung in Betracht zieht. Der Film zeigt eine Herangehensweise, auf die man im täglichen Leben nicht ohne  weiteres stößt, oder nur ebenso selten, wie man in unserem Alltag auf eine Trauergesellschaft stößt. Und man findet darin kaum Leute, die einem ausführlich Rede und Antwort stehen würden, warum und für wen man sich in dieser Weise zum Trauern zusammenfindet. Statt zu einem Freudenfest, wie in  christlichen Traditionen zuweilen beteuert wird. Was aber glauben sie andernorts, was wissen sie dort, wie können sie weiterleben, und wo werden ihre Toten vermutet, wenn sie nicht mehr zu sehen sind? Also mit der Dauerfrage im Hintergrund: Was bleibt von uns?

©Verlag Peter Hess Institut für Klang-Massage-Therapie Ortheide 29, 27305 Uenzen / 2005 / Aktuell (2024) https://www.verlag-peter-hess.de

Quelle https://www.verlag-peter-hess.de/DVD-s-Filme/Verabschiedung-der-Toten-Rituale-der-Newar-in-Bhaktapur-Nepal.html HIER