Archiv der Kategorie: Philosophie

Computerspiele u.ä.

Ein philosophisches Thema?

Ich habe eine Abneigung gegen Computerspiele, vielleicht sogar gegen Spiele überhaupt. Hauptgrund: Zeitverlust, ohne erkennbaren immateriellen Gewinn. Damit bin ich zufrieden…  und werde erst stutzig, wenn ich höre, dass andere womöglich das Klavierspielen als überflüssig bewerten. Ein irritierender Gedanke. Der Hinweis auf den Ernst des Spiels läge auf der Hand, ist aber kein Argument.

https://de.wikipedia.org/wiki/Computerspiel hier

Daniel Martin Feige:

https://media.suhrkamp.de/mediadelivery/asset/755c720198454b66abad0fa507d130db/computerspiele_9783518297605_leseprobe.pdf?contentdisposition=inline HIER

Auszug:

Mit Computerspielen ist ein neues ästhetisches Medium entstanden – und die Geburt ästhetischer Medien ist seit jeher von kritischen Stimmen begleitet worden, denen der kulturelle Wandel, der mit diesen Medien einhergeht, nicht geheuer war. Schon bei der Erfindung der Fotografie und des Films wurde der Untergang des Abendlandes ausgerufen. Natürlich lässt sich aus dieser Beobachtung nicht schon eine Apologie des Computerspiels stricken. Damit würde man einer Gleichsetzung des Ungleichen das Wort reden, insofern historische Genesen unterschiedlicher ästhetischer Medien keineswegs bloße Variationen eines letztlich identischen Vorgangs sind. Eine Analogisierung kann aber zumindest den Blick dafür schärfen, kritische Reaktionen gegenüber Computerspielen vorgängig ins rechte Licht zu rücken und sich von pauschalen Verurteilungen dieses Mediums freizumachen, wie sie etwa für die unsägliche, weil von jeglicher Kenntnis des Gegenstands freie Diskussion um so genannte »Killerspiele« charakteristisch sind. Es kann, kurz gesagt, nicht darum gehen, das Computerspiel als solches und das heißt alle Computerspiele entweder als Ausdruck einer defekten Lebensform oder als wertvoll anzusehen. Denn offensichtlich sind Computerspiele sehr unterschiedlich und können zudem in ausgesprochen unterschiedlichen Hinsichten als misslungen oder gelungen, als förderlich oder schädlich angesehen werden.

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Das Buch unternimmt somit den Versuch, aus der Perspektive der philosophischen Ästhetik zu explizieren, was für Computerspiele wesentlich ist. In diesem Sinne konkurriert oder konvergiert es in seinen Thesen nur dort mit Beiträgen der Game Studies, wo diese explizit oder implizit als philosophische Thesen zu Fragen der Ästhetik oder Kunstphilosophie gelesen werden können. Das wirft die Frage auf, was eine philosophische Beschäftigung mit Computerspielen von anderen Arten der Beschäftigung mit Computerspielen und damit auch von denjenigen Beiträgen der Game Studies, die keine philosophischen Thesen entwickeln, unterscheidet. Die Antwort darauf lautet kurz und bündig: Einer philosophischen Analyse des Computerspiels in seiner ästhetischen Eigenart geht es um eine reflexive Klärung der für unser Verständnis dieser ästhetischen Eigenart unverzichtbaren Grundbegriffe. In diesem Sinne ist die bereits erwähnte Kontroverse zwischen Deutungen, die Computerspiele primär in Begriffen der Tätigkeit des Spielens erläutern, und Deutungen, die Computerspiele primär in Begriffen interaktiver Erzählungen verstehen, durchaus eine philosophisch relevante Kontroverse. Denn es scheint bei ihr darum zu gehen, was Computerspiele im Kern sind. Die Frage hingegen, was
für die sozialen Interaktionen bei Multiplayerspielen übers Internet oder im Fall der leiblichen Ko-Präsenz bei Lan-Partys relevant ist, ist dort richtig aufgehoben, wo sie ohnehin in weiten Teilen bereits diskutiert wird: in der Soziologie. Die Frage, ob der exzessive tägliche Konsum von Computerspielen einen schädlichen Einfluss auf die kognitive und soziale Entwicklung von Kindern hat, ist ebenfalls dort am besten aufgehoben, wo sie ohnehin diskutiert wird:
in der Pädagogik und Psychologie. Auch wenn die Grenzen keineswegs bei allen Fragen so deutlich liegen mögen – bei der Frage der Schädlichkeit des exzessiven Konsums von Computerspielen könnte man zum Beispiel die Rückfrage stellen, warum so etwas nicht auch beim exzessiven Konsum von Romanen oder von Musik untersucht wird und ob eine  Vorentscheidung in dieser Frage nicht subkutan eine bestimmte problematische medien- und kulturpolitische Agenda kolportiert: Die Tatsache, dass das vorliegende Buch zu vielen derartigen Fragen schweigt, ist keineswegs Ausdruck einer Borniertheit oder Ignoranz, sondern vielmehr der Tatsache geschuldet, dass die Philosophie zu solchen Fragen schlichtweg gar keine Auskunft geben kann, weil sie nicht in der Reichweite ihrer theoretischen Mittel liegen.

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Oder besorge ich mir zunächst was anderes, was mir noch zur Bewältigung der aktuellen Krise fehlt? Mal sehen: Byung-Chul Han in seinem Buch „Infokratie – Digitalisierung und die Krise der Demokratie“ (Berlin: Matthes & Seitz 2021)

Zu Computerspielen befrage ich erstmal die Enkelgeneration, ich kenne da sehr gesprächsbereite menschliche Exemplare.

So geht es los:

s.a. hier

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Nachholen (bis 22.03.2024) den Film über K-Pop:

https://www.3sat.de/gesellschaft/politik-und-gesellschaft/suedkorea-milliardengeschaeft-k-pop-102.html hier

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TUVA Bernard Kleikamp: ab 25.2.24 anschauen siehe unten LINKs rechts neben dem Foto

At WDR Folk Festival in Cologne, Germany, 4 July 1991. Gennadi Tumat was born on 25 February 1964. This video premiered on what was to be his 60th birthday, 25 February 2024

HIER und Hier

WDR Folkfestival 1991

Zu dem interessanten pansdelight blogspot hier

Das dritte Ohr (eine schlechte Vorlage)

Um es festzuhalten

Ich gehe aus von Peter Szendy, der mich schon einmal in recht skeptische Stimmung versetzt hat (siehe hier , später habe ich das Thema wohl aufgegeben, ratlos), sein neuer Aufsatz begegnete mir jetzt in dem Magazin „Musik & Ästhetik“ (Heft 109, Januar 2024, S, 5-15): „Wie viele Ohren? Oder : Der Adressat des Hörens“.

Das „dritte Ohr“ als Thema ist nicht neu, zu der Kurz-Übersicht eines sehr tüchtigen Bloggers fand ich durch google, hier, wobei mich wiederum skeptisch stimmt, dass ich alle in diesem Zusammenhang wichtigen Namen falsch geschrieben sehe, nämlich so: Theodor Reick, Joachim E. Behrendt und auch Siegmund Freud.

Da mir Szendy nach wie vor aus dem Nietzsche-Aphorismus etwas anderes herauszuhören scheint als drinsteckt, etwas „Anderes“, oder gar die „Andersheit“, möchte ich die ausschlaggebenden Texte vollständig wiedergeben, um zu prüfen, ob meine intuitive Weise des Verstehens auf einem fehlenden dritten Ohr beruht, – das mir schon bei Berendt aus der Luft gegriffen schien, nachgebildet dem „dritten Auge“ der Inder. Aus Nietzsches „Morgenröte“ (alte Kröner-Ausgabe 1952) Nr. 255:

 

Von einem dritten Ohr ist im Gespräch zwischen A und B keineswegs die Rede: „Horch“ heißt es da, als die Musik von neuem beginnt, von der B überwältigt war, während A aufklärerisch von einem Drama spricht , das B „beim ersten Hören“ wohl nicht habe sehen können oder wollen, obwohl jener, wie er sagt, „zwei Ohren und mehr hat, wenn es nötig ist“. Deshalb ermuntert er A, ihm Näheres zu erklären. Und d e r flüstert seinen Kommentar offenbar parallel zur laufenden Musik.

Es ist also Person A, die nun den Aufbau der Melodie charakterisiert, die Abfolge der Motive, die sich zu einem größeren Zusammenhang formen wollen: vielmehr er hält es für die Stimme des Komponisten, die da in der Musik zu hören ist, der Anfang „ist es noch nicht, was er uns sagen will, er verspricht bisher nur, daß er etwas sagen werde, etwas Unerhörtes, wie er mit diesen Gebärden zu verstehen gibt. Denn Gebärden sind es. Wie er winkt! sich hoch aufrichtet! die Arme wirft! Und jetzt scheint ihm der höchste Augenblick der Spannung gekommen: noch zwei Fanfaren, und er führt sein Thema vor, prächtig und geputzt, wie klirrend von edlen Steinen.“

Ich sehe das Thema im Cello vor meinem geistigen Auge, wie es aus einzelnen Gebärden entsteht. Dass Musik eine Gebärdensprache ist, gilt ja als ausgemacht, es ist ein geläufiges Bild; ich stelle mir die stufenweise ausgreifenden Gesten des berühmten Mendelssohn-Trios vor, erst die „zwei Fanfaren“ kann ich nicht zuordnen, aber sonst „passt es“ überraschend: „So verschüttet er seine Melodie unter Süßigkeiten – jetzt ruft er sogar unsere gröberen Sinne an, um uns aufzuregen, und so wieder unter seine Gewalt zu bringen. Hören Sie, wie er das Elementarísche stürmischer und donnernder Rhythmen beschwört!“ – Hören Sie es auch?

Versuchen Sie jetzt nur nicht, jede musikalische Wendung auf Nietzsches Text zu beziehen, er hat sich gewiss nicht Mendelssohn dazu vorgestellt, vielleicht eher Wagner oder etwas Eigenes, es geht lediglich um die Tatsache, dass man eine Musik so beschreiben und – herabsetzen kann, wenn man sie in jedem Punkt mit einer Absicht verbindet. Zugleich sind wir wirklich erschüttert und glauben gern, „unsere Betäubung und Erschütterung sei die Wirkung seines Wunder-Themas.“ – S.o. im wiedergegebenen Text, den Sie zur Musik hören könnten…

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Ein weiterer Nietzsche-Text, den Szendy zitiert, schlicht, weil er auch mit den Ohren zu tun hat, sei wiederum aus meiner alten Ausgabe wiedergegeben, samt dem Umfeld in  „Jenseits von Gut und Böse“ Nr 246:

Festzuhalten ist, dass der erste Nietzsche-Text sich eindeutig auf Musik bezieht, dieser zweite aber auf das Bücherlesen, und nur hier taucht explizit das d r i t t e Ohr auf. Es ist zweifellos ein innerer Sinn, mit dem wir in geschriebenen Texten auch den Klang der Sprache wahrnehmen, der den Rhythmus,  das Tempo, „den Sinn in der Folge der Vokale und Diphtonge rät, und wie zart und reich sie in ihrem Hintereinander sich färben und umfärben können: wer unter bücherlesenden Deutschen ist gutwillig genug, solchergestalt Pflichten und Forderungen anzuerkennen und auf so viel Kunst und Absicht in der Sprache hinzuhorchen? Man hat zuletzt eben ‚das Ohr nicht dafür‘ : und so werden die stärksten Gegensätze des Stils nicht gehört, und die feinste Künstlerschaft ist wie vor Tauben  v e r s c h w e n d e t . -“

Klarer kann man es kaum sagen: es ist der Klang der Sprache, der auch beim stummen Lesen eine große Rolle spielen sollte, aber nicht mit dem Klang von Musik zu verwechseln ist. Das Wort Musik kommt in diesen beiden Aphorismen nicht vor, allerdings die Musiker, da es denn doch verwunderlich ist, dass auch sie wie alle Deutschen beim Schreiben und Lesen die Ohren ins Schubfach gelegt haben. Dann folgt die ausgedehnte Eloge auf die antike Redekunst (hörbar!) und schließlich das ferne deutsche Abbild, die Predigt von der Kanzel und das schriftliche Meisterstück der deutschen Prosa, Luthers Bibel.

Szendy, der allerdings von dem Psychoanalytiker Theodor Reik die (fragwürdige) Gleichsetzung des dritten Ohres mit dem inneren Ohr übernehmen will und auch noch Conan Doyle und des Heiligen Augustinus‘ „Ohren des Herzens“ zwischenschaltet, will über das dritte Ohr als das Ohr des Anderen  und überhaupt über Andersheit reden. Von daher erhält die Aufteilung des Dialogs zwischen A und B eine Bedeutung, die bei Nietzsche nicht vorgegeben ist, und das geht so:

Hier „finde nicht einfach ein Austausch zwischen zwei Hörern darüber statt, was sie hören in dem Moment in Nietzsches Gespräch über Musik, in dem B in seiner Antwort auf A das dritte Ohr erwähnt («Ich habe zwei Ohren und mehr wenn nöthig»). Jeder Hörer trägt jeweils in sich, in ihren oder in seinen Ohren die Möglichkeit, mehr als zwei oder weniger als zwei Ohren zu haben, was es unmöglich macht, sie zu zählen.“ Wo steht das bei Nietzsche? Wo erwähnt B von sein drittes Ohr?

Einesteils eine unerlaubte Begriffsverengung von dem „Zwei-Ohren-und mehr“-Satz auf das eine, das dritte Ohr, andererseits eine absurde Begriffserweiterung von B’s Ohren-Satz auf – alle Ohren im folgenden Satz: „Jeder Hörer trägt jeweils in sich…“

Später heißt es – wiederum kurzschlüssig – es handle sich bei dem Dialog nicht etwa um einen Duolog, „weil einer der beiden Charaktere, B, mehr als zwei Ohren hat, die ihn  oder sie zu mehr als einer Person machen.“ Er hat sie nicht in dem Sinne, wie er eine Person ist, sie stehen ihm imaginär zur Verfügung. (Plötzlich beginnt er zu genderisieren oder zu pluralisieren, um es nicht zu einfach zu machen.)

(Abgebrochen am Ohrenmontag)

Vorsicht beim Bogenschießen!

D.T.Suzuki und Eugen Herrigel

Eliot Weinberger

https://de.wikipedia.org/wiki/Daisetsu_Teitaro_Suzuki hier

https://de.wikipedia.org/wiki/Eugen_Herrigel hier

Mehr über Herrigel: hier

Zurück zu und anknüpfen an JR Blog-Beitrag http://s128739886.online.de/geheime-gedanken/ hier

Die Unterstreichungen in meinem Suzuki-Büchlein von 1960 (mit Doppelstift Blau/Rot, demselben, mit dem ich parallel Adornos „Philosophie der Neuen Musik“ las) lassen keine Distanzierung erkennen, etwa ein Fragezeichen am Rand – ich war ja zweifellos Pazifist:

Hätte ich früher die „Denkwerkzeuge“ finden können, die ich 2014 entdeckte, obwohl ich Meister Eckhard und Jakob Boehme früh in der Nähe von Zen witterte und Widersprüche (fast) sorglos bestehen ließ? Welche Folgerungen ziehen Sie? Hier geht es nicht um die Verurteilung des Zen als Philosophie.

Quelle: Reiner Manstetten: Selbstlos töten im Namen des Einen. Mystik und die Ausrottung des Bösen in der Welt / in: Böhme-Studien 3 Beiträge zu Philosophie und Philologie / Mystik und Totilarismus / Weißensee Verlag Berlin 2013

Iran: allein durch Shadjarians Stimme

Wie die iranische Kultur weiterlebt

„The Voice of Iran: Mohammad Reza Shajarian – The Copenhagen Concert 2002“

(World Premiere 18. August 2006 Kollektiv Film 2002 Judith Stage)

Ich komme darauf, weil ich kürzlich in der WDR3-Sendung „KlassikForum“ Navid Kermani als Gast gehört habe. Daraufhin habe ich einen großen Auftritt des Sängers Shadjarian in YouTube gesucht…

Anfangstext:

1:04:15 Zwischentext Shadjarian:

Unser Gesang ist nah verwandt mit dem Gesang der Nachtigall und des Kanarienvogels. Unsere Ornamente sind so wie die der Nachtigall in den Gebirgstälern. Wir benutzen dieselben Techniken, aber mit der Physik unserer Stimmbänder. Ich habe zum großen Teil  mit der Nachtigallen-Stimme gearbeitet, hatte auch viele Kanarienvögel. Sie sangen für mich, und ich behielt ihre Stimme in den Ohren. Wenn ich mich in der Natur erging, lauschte ich immer auf die Stimmen der Vögel. Unsere Musik ist eine melodische Sprache, welche eine Bedeutung hat. Ist aus Sätzen gemacht, die eine Bedeutung haben. Die Motive ähneln den Wörtern der persischen Sprache. Wenn wir improvisieren, behandeln wir die Musik als eine Sprache, singen oder spielen wir, indem wir diese Motive benutzen, und mit der Symmetrie der Improvisation erschaffen wir ein Ganzes. Ein musikalisches Bauwerk (Gipfel). Wenn jemand ernstlich diese Musik kennen (lernen) will, muss er von Kind an damit gelebt habe und sie lernen wie eine Sprache. Danach hat man viel Freude damit, sie hat soviel Ausdrucksweisen und so einzigartige Qualitäten. Je besser man sie kennt, desto mehr Freude hat man daran. Es ist wie mit Hafis‘ Gedichten: Hafis benutzt dieselben Worte wie die anderen, aber er ändert ihre Ordnung und kombiniert sie in einer neuen Weise, die ihnen eine Tiefe gibt, die Himmel und Erde zusammenfügt. Der Weg, auf dem man sie zusammenbringt, ruft eine neue Bedeutung ins Leben. Unsere Musik ist wie die Dichtung des Hafis. (1:06:30)

Und wer ist Navid Kermani? Siehe Wikipedia hier

Was ist der WDR? der Westdeutsche Rundfunk Köln, Fernsehen und Radio, außerdem Konzertveranstalter in Köln und im ganzen Land, und was ist WDR 3 ? Ein Beispiel vom 25.11.23:

nur zum Lesen anklicken, dann ⇓⇓⇓

https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr3/klassik-forum/audio-leidenschaftlich-und-reflektiert—kermani-im-klassik-forum-100.html HIER ab 37:00 nach wunderschönem iranischen Gesang und Nay-Improvisation folgt ein Gespräch über JR und seine WDR-Arbeit. KEi: Moderatorin Katharina Eickhoff, NK: Navid Kermani als Gast, (Redakteurin: Susanne Ockelmann). Der Wortlaut:

KEi Ja, klassische, persische Musik mit Mohammed Reza Shadjarian, das war der Sänger, und die Nay, die persische Flöte, sie spielte Jamshid Andalibi, und das war ein Konzert, Herr Kermani, da waren Sie drin. NK Ja, dazu kam ich über Menschern… das war – glaube ich – das erste persische Konzert in Köln, damals organisiert vom WDR, der ja auch immer wieder über die Jahre tolle Sachen gemacht, das war Jan Reichow, der damalige Redakteur, der diese überhaupt diese Ethnomusik … ach, jetzt sage ich schon… Weltmusik! nach Köln gebracht hat, das war – soweit ich weiß – soweit ich mich erinnere – das erste Konzert einer ganzen Serie, die bis heute – wenn heute in der Philharmonie indische, persische Musik spielt, ich glaube, das haben wir alles dem Jan Reichow zu verdanken, der diesen Enthusiasmus hatte, der diese ganze Welt ins deutsche Radio gebracht hat, und das ist ja immer so, man kann … wenn man sich so begeistert für irgendwas, so Dinge macht und über Nacht telefoniert und Tage sich beschäftigt – das wird einem ja nicht in der Gegenwart gedankt, dass einem dann irgendjemand sagt: super, das haben Sie gut gemacht und ich weiß nicht, 20 Jahre später KEi da sitzt der Navid KermaniNK … und hören diese Musik und erinnern uns immer noch, was für ein Wahnsinn – ich kann mich erinnern, wie beglückt die Iraner in Köln waren, dass ihre Musik in so einem schönen, würdigen Rahmen gespielt wird – klar, das waren … meine Eltern … für mich – zum ersten Mal ich, als einer, der in Deutschland geboren ist, hab zum ersten Mal klassische Musik in Deutschland gehört, das war für viele, viele, und auch für Iraner in Deutschland absolut prägend, und es hat vielen Deutschen, Nur-Deutschen, wirklich die Ohren geöffnet, für die Welt! und heute ist das ja fast normal, dass man in der Philharmonie von Weltmusik hört (wie das so genannt wird). NK Ich wollte noch fragen: wie hat das eigentlich für Sie geklungen? KEi Für mich – sehr intensiv – ich hab mich gefragt, was der eigentlich singt, ich versteh ihn natürlich nicht, ist das eine Dichtung, die schon da war? NK …klassische persische Gedichte, so wie Hafis, die ganzen großen klassischen Dichter… KEi wovon hat er denn gesungen? NK oh das weiß ich auch auch nicht so, es ist nicht so, dass ich das sofort verstehe, klassische Dichtung 14. Jahrhundert, da muss ich schon sehr genau hinhören, aber wenn ich sage: da wird von der Sehnsucht gesprochen und von der Liebe, dann liege ich eigentlich immer richtig. (lacht) KEi Ja, könnte passen! Navid Kermani ist zu Gast hier im KlassikForum WDR3. (39:42)

1987 Köln und Bonn 2006

1987 im Gürzenich-Saal Köln (Vorgespräch)

v.l.n.r.:  iranischer Helfer, der Sänger Mohammad Reza Shadjarian, Kameramann und Initiator Ali Hedjrat, Tonmeister Martin Frobeen, Redakteur und Produzent Jan Reichow

Wikipedia:

Mohammad-Reza Shajarian (Persian:محمدرضا شجريان;Persian pronunciation:[mohæmːædɾeˈzɒːʃædʒæɾiˈɒːn], 23 September 1940 – 8 October 2020) was an Iranian singer and master (Ostad) of Persian traditional music. He was also known for his skills in Persian calligraphy and humanitarian activities. Shajarian started his singing career in 1959 at Radio Khorasan, rising to prominence in the 1960s with his distinct singing style. His main teachers were Ahmad Ebadi, Esmaeil Mehrtash, Abdollah Davami, and Nour-Ali Boroumand. He also learned the vocal styles of singers from previous generations, including Reza Gholi Mirza Zelli, Fariborz Manouchehri, Ghamar Molouk Vaziri, Eghbal Azar, and Taj Isfahani. He has cited legendary Persian tar soloist Jalil Shahnaz as highly influential to his development, indicating that he has often tried to mimic Shahnaz’s playing style in his singing.

Shajarian had collaborated with musicians such as Parviz Meshkatian, Mohammad Reza Lotfi, Hossein Alizadeh, Faramarz Payvar, Dariush Pirniakan, and Sohrab Pournazeri. He was recognized as a skilled singer in the challenging traditional Dastgah style. In 1999, UNESCO in France presented him with the Picasso Award and in 2006 with the UNESCO Mozart Medal. In 2017, Los Angeles Times cited him as the „Greatest living maestro of Persian classical music“.

His works also cover some songs of Iranian ethnic music, including Mazandarani music, Azeri music, Kurdish music and Lur music.

After coming out in support of the Iranian Green Movement and criticizing the Iranian government, he was banned from holding concerts and releasing music.

Was blieb?

https://www.elbphilharmonie.de/de/programm/homayoun-shajarian/20872 hier

(Zur Erinnerung, am 6.12.2023 JR)

2 DVDs, die mich begeistern

Lebendige Geschichte – Geschichten des Lebens – Heute

Der König tanzt (2000)

Die Eiche – Mein Zuhause (2023) jpc hier

Eichelbohrer – Was? Wie bitte? Was haben beide Themenblöcke miteinander zu tun? Nichts. Außer dass sie in meinem täglichen Leben und Denken eng miteinander kooperieren.

Über die Tatsache hinaus, dass die beiden Filme schön und unterhaltsam sind, – den ersten kenne ich seit 20 Jahren -, sind sie Paradigmen übergreifender Konstruktionen, die ich erst allmählich begreife und kurz andeuten möchte. Meine Stichworte wären „Historische Strukturen“ und „Biotope“ . Wobei sie leicht zu modifizieren wären: mir hat Carl Friedrich von Weizsäckers Buchtitel einst gut gefallen: „Der Garten des Menschlichen“ (1977), wo ich allerdings im letzten, theologischen Teil ausgestiegen bin; zugleich Julian Huxley mit „Die Entfaltung des Lebens“ (1954), wo ich im letzten, evolutionistischen Teil am liebsten jede Zeile unterstrichen hätte. „Geschichte im Überblick“ von Immanuel Geiss (1986) und Christopher Clark „Von Zeit und Macht“ (2018). Und nie aus den Augen verlieren: Johann Sebastian Bach mit seinen Weltverbindungen. „Französische Suiten“ und über das „Musikalische Opfer“ Friedrich II., nebst Sohn Carl Philipp Emanuel (bei Clark ab Seite 85 mit Blick auf die Rolle von Quantz). Bei Geiss die machtpolitische Einordnung des „Sonnenkönigs“: als er in Frankreich gewaltsam die ökonomische Grundlage für ein „Goldenes Zeitalter“ ausrichtete, Vorbild Europas.

In meinem Handy die Nachricht, dass es weitere Forschung über Bachs Witwe Anna Magdalena gibt, Auskunft über das Private in jener Zeit siehe Eberhard Spree. Beiträge in seinem Blog hier.

Zur Bedeutung der französischen Musik (Wikipedia):

[Bach in Lüneburg/Celle! 1700] Von 1665 bis 1705 erlebte Celle eine kulturelle Blüte als Residenz unter Herzog Georg Wilhelm mit einem Aus- und Umbau des noch mittelalterlich geprägten Schlosses zum vierflügeligen Barockschloss. Kulturell einflussreich war Georg Wilhelms französische Gattin, Eleonore d’Olbreuse, die hugenottische Glaubensgenossen und italienische Baumeister nach Celle holte.

[Bach in Köthen] Am 9. Oktober 1710 begann Leopold seine Kavalierstour. […] Seine Reise führte ihn im Winter 1710/11 nach Den Haag, wo er in nur vier Monaten insgesamt zwölf Mal die Oper besuchte und damit seine Vorliebe für die Musik offenbarte. Vor allem die Werke von Jean-Baptiste Lully beeindruckten ihn, und er erwarb eine „rare Opera des Herrn Lully die Musik gedruckt“. Leopold selbst spielte Cembalo und Violine.

 Am Köthener Hof wirkte seit 1717 Johann Sebastian Bach als Capellmeister, dessen Ehefrau im Juli 1720 verstorben war. Am 3. Dezember 1721 ging Anna Magdalena Wilcke mit ihm die Ehe ein.

Zeitschrift „das Orchester“, Dezemberheft, nachschauen Buffardin (Johann Jacob Bach!), Türkei, Vierteltöne …

Damit soll es beginnen, sobald ich mich über die Koordinierung der kulturellen Kräfte in Frankreich kundig gemacht habe.

das – aus dem Film – eindrucksvollste Stück stammt von – Purcell / siehe auch hier

(Fortsetzung folgt)

Beim Stöbern in meiner DVD-Sammlung habe ich auch die fast vergessene wiedergefunden, die meinen eingangs präsentierten Film in einen großen wissenschaftlichen Zusammenhang stellt:

Douglas-Film GmbH (2018). Nicht vergessen! Das Wissen erhält sich nur durch regelmäßig erneuerte Versorgung mit lebendigem „Stoff“, der auch den nächsten Gang in den botanischen Garten Solingen bereichert.

Tönender Atem

TAJIMA Tadashi, Shakuhachi

Die CD der Reihe World Network (WDR/Network Medien) (1995) ©1999 Text: Pof. Dr. Robert Günther und Yamaguti Osamu (s.a.hier). Zum Titelfoto: „Robert Günther sagte mir einmal, dass das Photo mit Tajima Tadashi vor dem Bambus in ihrem Garten in Köln Rodenkirchen entstanden ist. Seitdem hat dieses (eher) eine ‚ferne‘ Situation ikonisierende Photo für mich etwas ‚Familiäres‘: Ganz Fernes ist so plötzlich ganz nah.“ (Uwe U. Pätzold)

 

vermittelt durch Heinz-Dieter Reese

1. Daha no kyoku (Die Wellen schlagen) ab 0:31

2. Shika no tône (Fernes Röhren der Hirsche) ab 6:01 (CD Tr.2)

3. Tsuru no sugomori (Nistende Kraniche) ab 13:50 (24:52) CD Tr.7

Eine Empfehlung zum weiteren Studium:

https://schwabe.ch/Die-Welt-in-einem-Ton hier / Das Buch ist heute (27.11.23) bei mir angekommen: eine wunderbare weltmusikalische Unterhaltung!

Rückseite

Inhaltsverzeichnis

Aus dem Vorwort – zu den Fragen, wie man zu den Musikbeispielen kommt – und: wer ist überhaupt der zweite Autor des Buches? – hier:

Meditation als Übung des Alltags

Die Instrumente

Arme und Beine und deren Ansatz-„Scharniere“, Schultern und Hüfte, Bewegung – auch das Dehnen! – genießen. Und die Finger? In meiner Situation bedeutet die „Harfenetüde“ auch, das Strecken, Spreizen und Anspannen in der Hand wahrzumehmen.

Die Pianistin Danae Dörken in ihrem Tutorial

Was will ich in dieser Form umschreiben oder benennen? Nur nicht höher einstufen, als es anzusetzen ist, nicht wichtigtuerisch vorbereiten, nicht wie eine Andacht oder Betstunde, nur das Bewusstsein „im Auge behalten“, den Fokus wandern lassen, wenn er wandern will; beobachten, was von selbst geschieht.

Wie der Besen des Zen-Schülers: mit der Tätigkeit des Fegens zusammenwachsen lassen, eins werden, keine Good-Will-Zusatz-Muskeln des Oberkörpers einsetzen, die Banalität der Banane auf dem Frühstückstisch, die mit der Gabel auf dem Teller flüssig geknetet werden kann (nicht mit den Armen, sondern so weit weit möglich vorn, rechts herum und links herum).

Wie komme ich wieder auf Zen? Nur durch alte und erneute Lektüre, hier. Auch durch die ZEIT vom 9. November, die neben dem Schreibtisch liegt und in der ich in Pausen nachlese, was ich vorige Woche unterstrichen habe. Oder in dem dicken Buch, das hinter mir im Regal steht, das von Thomas Metzinger herausgegebene, was ich darin vor Jahrzehnten bemerkenswert fand. Fehl-Alarm bei Ikebana-Ästhetik. Aber es geht nicht um Zen. (Doch! ich komme weiter!)

In der ZEIT verweist er heute auf Karl Friston und hat die Zitationen nachgesehen, zu denen ich jetzt womöglich auch beitrage. Oder? Es geht nicht um mich.

Quelle DIE ZEIT 9.November 2023 Seite 58 Thomas Metzinger: „Meditation wird als irgend so ein Schnuller für Erwachsene betrachtet. Es geht aber um Erkenntnis“ (Interview: Johannes Gernert)

Zitate

„Einfach weitermachen, selbst wenn es nur alle drei Wochen mal ein kleines bisschen schön ist. Selbst wenn Sie oft denken: »Das ist doch alles irgendwie scheiße!« Genau in diesen Momenten einfach total stur weitermachen – die schlechten Gefühle anschauen, den Zweifel spüren, bei der Unruhe verweilen.“  [20 Minuten, zweimal täglich.]

„Und man wirft sich hin, und alle Leute gucken. Das kommt davon, wenn man 30 Jahre zweimal täglich ein Bein in so eine Position dreht, nur weil man gedacht hat, die machen das in Indien auch so. Wenn Sie langjährige Meditationslehrer anschauen: Die sitzen oft alle nur noch auf Stühlen.“

„Sie müssen nur sichergehen, dass Sie kerzengerade auf den Sitzhöckern sitzen, nicht anlehnen. Ich habe auch oft im Büro meditiert und in Zügen und Flugzeugen. Man kann auch beim Autofahren meditieren, wenn man es schon ein bisschen gemacht hat.“

„Die Aufmerksamkeit ganz sanft, aber sehr präzise immer wieder in den Moment zurückbringen. Dann loslassen und im Erleben der Bewusstheit selbst verweilen. Nach ein paar Sekunden von neuen Gedanken weggetragen werden. Sich erinnern, zurückkehren in den Moment.“

„Nehmen wir etwa die »Sammlungs-Meditation«: Sie kehren mit der Aufmerksamkeit immer zu Ihrer Atemempfindung zurück. Wenn etwas Ruhe da ist, die »Einsichts-Meditation«: einfach nur die Gedanken beobachten, wie sie entstehen und vergehen. Die richtige Art, wie man die Aufmerksamkeit lenkt, ist: sanft und präzise, mit einer fast zärtlichen Einstellung. Nicht: Ich richte den Laserstrahl meiner Aufmerksamkeit dahin und brenne diese Gedanken weg, Ganz sanft, so anstrengungslos und unperfektionistisch wie möglich. Aber genau!“

„Es geht aber nicht um Eso-Quatsch, um Sterblichkeitsverleugnung und das, was ich in dem neuen Buch »narrative Selbsttäuschung« nenne – dass man sich selbst eine scheinbar sinnvolle, aber im Grund fiktive Lebensgeschichte erzählt.“

„Der Trick besteht sozusagen darin, ganz einfach den Geist sich selbst wahrnehmen zu lassen und nicht an den immer von Neuem entstehenden Inhzalten zu kleben. Auf einem Retreat hat jemand mal gesagt: Als ob Güterzüge durch den Kopf fahren, nie enden wollende Züge. Ketten von Waggons, wie man die als Kinder immer angeguckt hat. Meine Morgenmeditation war auch wieder so, völlig für die Füße.“

„Mir geht es auch nicht anders als den meisten – da kommt kein Erleuchtungs-Giga-Bingo, und alles ist gut. Es ist viel subtiler. Das, was einen beim Meditieren ja oft vollkommen rausreißt, ist soziale Kognition. Sie haben auf der Arbeit eine soziale Position, Sie habe Ihre Familie, und die mentale Simulation dieser sozialen Situation läuft beinahe permanent. Was glauben Sie denn, warum die Leute, die diesen Weg bis ans Ende gehen wollten, warum die Einsiedler geworden sind, also alle sozialen Interaktionen minimiert haben? Oder Mönche und Nonnen. Warum Retreats im Schweigen und möglichst ohne Blickkontakt stattfinden? Es gibt dafür einfach Rahmenbedingungen.“

Vor allem komplett offline?

… … … … …

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Ja!

Die Verwechselbarkeit der Zen-Einstellung zur Natur mit einem sentimentalen Kitschgefühl hatte schon Alan W. Watts (1961) gesehen und die Toleranzgrenze zum Banalen bewusst herausgehoben:

Das Geräusch vom Scheuern / der Bratpfanne vermengt sich / mit dem Quaken der Laubfrösche. (Ryokan)

  die Formel Nianfo

Um noch einmal zu dem Philosophen Byung-Chul Hang zurückzukehren:

Das Haiku „ist nicht nach innen gekehrt. Im wohnt kein ›Tiefsinn‹ inne. Diese Abwesenheit des ›Tiefsinns‹ macht gerade die Tiefe des Haikus aus. Sie korreliert mit der Abwesenheit der seelenhaften Innerlichkeit. Die helle Offenheit, die ungehinderte Weite des Haiku entspringt dem ent-innerlichten, ent-leerten Herzen, der niemandigen Sammlung ohne Innerlichkeit.“ Han (a.a.O. Seite 80f)

Und zurück zu den Übungen am Instrument, am Musikinstrument, dessen Techniken samt und sonders ins Banale führen, in die schiere Wiederholung.

Was ist Satori? die Erleuchtung, – etwa beim Geist des Geigenspiels? Fragwürdig. Siehe Byung-Chul Han Seite 67, wo er es als Gegensatz des Hegelschen Geistes definiert, dessen Grundzug gerade die Innerlichkeit sei.

*     *     *

Physische Beispiele

Atmen – Liegen – Sitzen – Laufen – (Hängen)

Atmen: die Regel 4 – 7 – 8 = ein – halt – aus / wenn man als dritte Zahl die 11 bekommt, ist plötzlich nicht von Sekunden, sondern von Minuten die Rede und davon wie lange die Atemvorgänge wiederholt werden sollen – das ist für mich falsche Zahlenmagie.

Hängen: beim Rückweg vom Klavier Treppenstufe über dir greifen und „abhängen“! Aber vorsichtig, nur kurz verweilen, mit Zehenkontakt zur Treppe.

Schulter: z.B. https://www.liebscher-bracht.com/routinen/schulter/# hier Manche Musiker sind auch erfahrene Bewegungstherapeuten (geworden), ich halte allerdings mehr davon, professionelle Physiologen zu befragen, wenn es sich um Probleme des Körpers handelt. Zu der Übung des Kopfkreisens kann man sehr unterschiedliche Meinungen hören. Ich persönlich fand diese hier hilfreich, obwohl sie nicht aus der Physiotherapie, sondern aus der Sporterfahrung stammt. Ich glaube dem großen Klavierpädagogen Seymour Bernstein in dieser Frage eben nur bedingt… obwohl alles richtig ist, was da steht. Rot unterstreichen würde ich die Wörter „vorsichtig“ und „unter sanftem Druck“.

Bernstein: Mit eigenen Händen

Mit dem schönen Buch am Klavier aber habe ich das Gefühl, die Übungen halten mich nur auf, als trennten sie mich unnötig von der Musik. Im täglichen Leben wären sie selbstverständlich, ja, denn die Fehler, die man mit Kopf und Schultern macht, stören überall und werden schon im Kleinkindalter „erlernt“: Man zeigte damals, dass man sich richtig Mühe gibt, – nicht dass man erreicht, was man soll, mit geringstmöglichem Aufwand. Als Erwachsener will ich wissen, warum ich in vielem so linkisch geblieben, nein, geworden bin. Durch Mangel an Bewegung. An notwendiger und sinnvoller Bewegung. Mit der Geige in der Hand oder vollends: am Klavier sitzend, will ich Vergeistigung, die angeblich körperlose. Ohne Instrument aber wäre ich ganz und gar Körper, habe ich bis ins Alter den Gebrauch des Körpers zu üben. Auch wenn ich singe und spreche.

Der Irrweg: auf dieses Problem zu stoßen, wenn vor mir nicht das Buch, sondern die Noten der „Harfenetüde“ liegen. Zudem die Imagination einer meisterhaften Video-Vorführung mit mustergültigen Bewegungen: ich sollte nicht die speziellen Probleme – links und rechts eine Traube von Tönen, weitgriffig, schnelle Abfolge und jeweils in Sprünge mündend – mit dem allgemeinen der hochgezogenenen Schultern angesichts einer andauernden Schwierigkeit gleichzeitig zu lösen versuchen. Die Noten wollen klingen, produziert, gehört werden, die angezogenen Schultern arbeiten nur antiproduktiv: als Bremsklotz. Den sollte ich separat kennengelernt haben. Er gehört ins tägliche Leben. Zum Körpersein.

Der Geist erinnert sich allerdings besser an Chopin und sein Verhältnis zu den kleinen, ornamentalen Notenwerten, – in geschriebenen Werken sind sie hart erkämpft. Es kommt auf jedes Pünktchen an, auch wenn es nachher wie beiläufig erscheinen soll.

Das Zitat aus George Sands Histoire de ma vie (Paris 1855) stammt aus dem wunderbar reichen und vielseitigen Bildband von Ernst Burger „Frédéric Chopin / Eine Lebenschronik in Bildern und Dokumenten“ Hirmer Verlag München 1990  / Die Handschrift der Etüde op.25 Nr.1 ist auf Seite 146 f wiedergegeben und zwar mit folgendem Vermerk:

Die Noten gehören in allen Details zum Stoff der Meditation. Und so kann ich die Bemerkung von Ernst Burger nicht ganz unkommentiert lassen. In dem Autograph fehlt mir dies und das, was mir lieb und teuer ist. Vor allem der allererste Ton, ein Auftakt zur Melodie, das es“. Der kritische Kommentar am Ende meiner Paderewski-Ausgabe gibt mir die Lösung, – soviel Zeit muss sein! Ein Ausschnitt nur, bitte beachten Sie den Anfang des Textes und das Ende zu Takt 1.

Erster Takt der Etüde und viele praktische Anregungen zum Hören und Üben dieser Etüde op.26 Nr.1 siehe im Blog-Artikel http://s128739886.online.de/vorsaetze-beim-ueben-der-harfen-etuede/ →  hier

Täglich steige ich hinab in den Tiefkeller, wo der Flügel steht, mehr als 45 Stufen vom PC, hinab und hinauf, und nach 45 Jahren merke ich, dass ich die drittletzte Treppe ÜBER mir, das ideale Gerät zum Abhängen, bisher nicht erkannt habe. Die Übungen von Liebscher & Bracht haben mir die Augen und Arme geöffnet. Lächerlich. Auch alle Türen für Streck-Übungen. Und überhaupt das aufrechte Steigen von Stufe zu Stufe, freihändig, ohne zu schwanken.

Das alles geht doch ziemlich ins Lächerliche. So darf es auch sein, warum denn nicht? Byung-Chul Han Seite 34:

Am Treppenabgang Platz und Zeit für Kinderbilder:

Durchs Rohr schauen

Erinnerung an Adalbert Stifter

anlässlich des Planes, ein neues Fernrohr zu kaufen, nachdem ich zur Probe einmal hindurchgeschaut hatte…

da ist es ! 11.11.2023

… erinnere ich mich zuerst an Goethe, der diese künstliche Vergrößerung des Gesichtsfeldes abgelehnt haben soll, und lese stattdessen folgendes:

Der 11. Februar 1800 war in Weimar ein herrlicher, aber kalter Wintertag. Trotz des schönen Wetters saß Friedrich Schiller in seiner Stube, in der es wie üblich nach fauligen Äpfeln roch. Gerade schrieb der 40-jährige Dichter an der Bühnenfassung von Shakespeares »Macbeth«, als eine kurze Nachricht seines Freundes Goethe eintraf: »Um sieben Uhr, da der Mond aufgeht, sind Sie zu einer astronomischen Partie eingeladen, den
Mond und den Saturn zu betrachten; denn es finden sich heute Abend drei Te-
leskope in meinem Hause.«

Siehe auch hier. ZITAT:

Dass ohne instrumentelle Technik die neuzeitliche Naturwissenschaft nicht auf die
Bahn gekommen wäre, wusste Goethe genau, auch wenn er gegen sie seine eigene,
am Phänomen orientierte Naturforschung aufbot. So heißt es:
Aus dem Größten wie aus dem Kleinsten (nur durch künstlichste Mittel dem Menschen zu vergegenwärtigen) geht die Metaphysik der Erscheinungen hervor; in der Mitte liegt das Besondere unsern Sinnen angemessene worauf ich angewiesen bin, deshalb aber die Begabten von Herzen segne die jene Region zu mir heranbringen.
(Ma XVii, 922) Anm.1
Von der oft behaupteten Abneigung Goethes gegen Mikroskope und Teleskope ist
hier nicht die Rede. Von Jugend an benutzte Goethe beide Instrumente, die im 17.
Jahrhundert den Gang der Naturwissenschaften, der Astronomie, der Biologie,
der Mineralogie und Medizin nachhaltig initiierten. Besonders das Mikroskop hat
Goethe in seinen botanischen, zoologischen und mineralogischen Studien eifrig zu Rate gezogen. Anm.2

Beide, Fernrohr wie Mikroskop, sind trotz ihrer Ablehnung durch Thomas Sydenham und John Locke längst selbstverständliche Forschungsinstru- (…)

1 Goethe: Über Naturwissenschaft im Allgemeinen. Einzelne Betrachtungen und Aphorismen. Nr. 47, Fa i, 25, 100.
2 Vgl. z.B. Brief an Jacobi vom 12. Januar 1785: „Eh ich eine Sylbe μετ τ φυσικά schreibe muß ich nothwendig die physika absolvirt haben. […] Ein Mikroskop ist aufgestellt um die Versuche des v. Gleichen genannt Rußwurm mit Frühlings Eintritt nachzubeobachten und zu kontrollieren.“ (Wa iV, 7, 7-8) – Goethe kaufte 1785 das Buch des Botanikers von Gleichen (1717-1783): Gleichen, Wilhelm Friedrich von (gen. Russworm): Abhandlung über die Saamen- und Infusionsthierchen, und über die Erzeugung: nebst mikroskopischen Beobachtungen des Saamens der Thiere und verschiedener Infusionen; mit illuminirten Kupfertafeln. Nürnberg 1778. – Vgl.: ders.: Auserlesene Mikroskopische Entdeckungen bey den Pflanzen, Blumen und Blüthen, Insekten und anderen Merkwürdigkeiten. Nürnberg 1771. – Vgl. auch Goethe an Charlotte von Stein am 27. Juni 1785: „Mein Mikroskop bring ich mit, es ist die beste Zeit die Tänze der Infusionsthiergen zu sehen.“ (Wa iV, 7, 72) und an Jacobi am 14. april 1786: Botanick und Microscop sind ietzt Hauptfeinde mit denen ich zu kämpfen habe. […] Wenn dir mit Infusionsthiergen gedient wäre könnte ich dir einige Millionen verabfolgen lassen. (Wa iV, 7, 295f) Goethe arbeitet also immer noch auf den Spuren von Gleichens. Er notiert seine mikroskopischen Infusionsuntersuchungen in Fa i, 24. 46-61. – Goethe benutzt das
Mikroskop sowohl in seinen zoologisch-anatomischen wie in seinen botanisch-morphologischen Studien regelmäßig (…)

*     *    *

… dann erinnere ich mich an Adalbert Stifter, dessen „Hochwald“ (1841) ich auf JMRs dringendes Anraten im Oktober 2020 gelesen hatte, – und wieder gestern, als ich die lange Wartezeit in der Klinik (vor der Erstellung eines MRT) mit dem betreffenden Reclamheft verkürzte und darin auf folgende Stelle stieß (rote Kennzeichnung im Text von mir): zitiert hier aus Projekt Gutenberg.

*     *     *

So war diese Stelle nicht umsonst von dem Vater »wundersam lieblich und anmuthsreich« geheißen, eine warme windstille Oase, geschützt von Felsen und See, und bewacht von der ringsum liegenden heiligen Einöde der Wildniß.

Das Haus war, wie man sie noch heute in jenen Gegenden sieht, aus Holz, hatte ein Erdgeschoß und ein Stockwerk, eine ringsum laufende Brüstung und ein flaches Dach. Sonst war es viel geräumiger, als die, welche die heutigen Walddörfer bilden. Gleich neben dem Eingange lag Gregor’s Stube, der auch die Schlüssel führte, weiterhin die der Knechte, und die Kammern der Vorräthe. Im ersten Stocke war ein Speisezimmer, und zwei Zimmer der Mädchen, nebst einem Vorzimmer für die Mägde. Alles war auf das Vorsorglichste eingerichtet, nicht die kleinste Kleinigkeit, von Männern oft selten beachtet, aber für Mädchen von großem Werthe, fehlte hier, und täglich entdeckten sie neuerdings, daß der Vater oft dahin vorgesehen hatte, wohin sie selbst bisher noch nicht gedacht. Der Schmerz, die Furcht, das Ungewohnte ihrer Lage in den ersten Tagen stellte und fügte sich allgemach, und somit begannen sie schüchtern und vorsichtig nach und nach die Entdeckungsreisen in ihrem Gebiete und fingen an, für dasselbe Neigung und Herz zu gewinnen.

Ihr erstes Unternehmen über die Gränze ihres Besitzthumes hinaus und zwar über den See, war, um den Blockenstein zu besteigen, und mit dem Rohre gen Wittinghausen zu sehen. Gregor und die drei Knechte, alle bewaffnet, mußten mitfahren, dann, als sie ausgestiegen, einer mit dem Floße zwanzig Schritte weit vom Ufer harren, die übrigen sie begleiten. Gregor lächelte gutmüthig über diese kriegerischen Anstalten und ließ sie gewähren. Er führte sie um den Seebusen herum, und von rückwärts auf den Blockenstein, so daß sie, als sie nach einer Stunde seinen Gipfel erreichten, meinten, ihr Haus liege ihnen gerade zu Füßen, und ein losgelassenes Steinchen müsse auf sein Dach fallen. – Das Fernrohr wurde ausgepackt und an dem Stumpfe einer verkrüppelten Birke befestiget – – Aller Augen aber waren schon vorher in die Weite gegangen – wie eine glänzende Wüste zog der heitere Himmel hinaus über alle Wälder weg, die wie riesenbreite dunkle blähende Wogen hinauslagen, nur am äußersten Gesichtskreise gesäumt von einem Hauche eines fahlen Streifens – es waren die bereits reifenden Kornfelder der Menschen – und endlich geschlossen von einem rechts in das Firmament ablaufenden Duftsaume – – – – siehe, der geliebte kleine Würfel, wie ein blauer Punkt schwebt er auf seinem Rande! Johanna’s Herz wogte in Freude und Schmerz. – – Clarissa kniete mittlerweile vor dem Rohre und rückte und rückte; das sah sie gleich, daß es ein ungleich besseres sei, als das des Vaters, jedoch finden konnte sie damit nichts. Bis zum Erschrecken klar und nahe stand alles vor sie gezaubert, aber es war alles wildfremd. – Abenteuerliche Rücken und Linien und Vorsprünge gingen wie Träume durch das Glas – dann farbige Blitze – dann blau und blau und blau – – sie rührte die Schraube, um es zu verlängern – dann führte sie es dem Saume eines dunklen Bandes entlang – plötzlich ein schwacher Schrei – zitternd im Runde des wunderbaren Glases stand das ganze Vaterhaus, klein und zart, wie gemalt, aber zum Staunen erkennbar an Mauern, Erkern, Dächern – ja die Fenster meinte man durchaus sehen zu müssen. Johanna sah auch hinein – blank, unversehrt, mit glänzendem Dache stand es in der Ruhe des Himmels. O wie schön, wie freundlich!

Auch der alte Gregor sah durch das zaubernde, ihm unerklärbare Rohr, und in seinen Mienen war erkennbar, wie er höchlich darnach rang, das Ding begreifen zu können. Auch die Knechte ließ man hineinsehen, und freute sich an ihrem Erschrecken und Staunen. Man getraute sich fast nicht, etwas zu rücken, aus Furcht, das theure Bild zu verlieren, aber Clarissa zeigte ihnen bald, wie man es machen müsse, um es immer wieder zu finden. Sie konnten sich nicht ersättigen, immer das Eine und das Eine anzusehen. – So wie es ihren Augen, schien es auch ihrem Herzen näher, und sie waren fast zu Hause – so ruhig und so lieb stand es da, und so unverletzt. – Freude, Wehmuth, Sehnsucht stieg so hoch, daß man sich das Versprechen gab, sehr oft, ja jeden ganz heitern Tag heraufsteigen und durchsehen zu wollen. Endlich fing man doch an, auch Anderes zu suchen und zu prüfen. Der fahle Streifen am Gesichtssaume war das Erste, und deutlich zeigte sich, daß es angebautes Land mit Erntefeldern war – dann wurden die Waldberge, dann der See und endlich gar das Haus versucht. Alles war gar so schön und gar so reinlich.

Nach langem Aufenthalte auf dem Felsen beschloß man die Rückkehr, und das Rohr wurde von Gregor mit Achtsamkeit und sogar mit einer Art Scheu in sein ledernes Fach gepackt und mit der größten Obhut getragen. Auf dem Rückwege trug sich nichts Merkwürdiges zu. Sie fanden ihren Floß warten, stiegen ein, fuhren über, und der Tag endete, wie alle seine bisher erlebten Vorgänger mit einer glühenden Abendröthe, die sie nie anders, als auf den gegenüber liegenden Wäldern flammen sahen, während der See eine ganz schwarze Tafel vor ihre Fenster legte, nur zeitweise von einem rothen Blitze durchzuckt.

Dieser ersten Wanderung folgten bald mehrere und mehrere, die immer kühner und weitschichtiger wurden, je mehr sie die Ruhe und Sicherheit des Waldes kennen lernten. Von dem Vater war bereits zweimal beruhigende Botschaft gekommen; auch, wenn sie den Blockenstein bestiegen, und durch das Rohr sahen, das ihnen das liebste Kleinod geworden, – stand immer dasselbe schöne, reine, unverletzte Bild des väterlichen Hauses darinnen, so daß Johanna einmal den kindischen Wunsch äußerte, wenn man es doch auch von der anderen Seite sehen könnte. Zuweilen, wie Kinder, kehrten sie das Rohr um, und freuten sich, wenn ihr Haus, winzig, wie ein Stecknadelkopf meilenweit draußen lag, und der See wie ein kleines Glastäfelchen daneben.

Ein paar Gewitter hatten sie erlebt, denen einige traurige graue Regentage folgten. Sie brachten dieselben im Zimmer zu, an all ihren Stoffen und Kleidern schneidend, und nähend und ändernd, und da schon Tage und Wochen vergangen waren, ohne daß sich das mindeste Böse einstellte, ja da draußen Alles so schön und ruhig lag, als wäre nirgends in der Welt ein Krieg, und sogar nach des Vaters letzter Nachricht der Anschein war, als würde über Wittinghausen gar niemal etwas kommen: so erheiterten und stillten sich wieder ihre Gemüther, so daß die Erhabenheit ihrer Umgebung Raum gewann, sachte ein Blatt nach dem andern vorzulegen, das sie auch gemach zu verstehen begannen, wie es ihnen Gregor oft vorhergesagt. –

*     *     *

Zur Rehabilitierung Stifters s.a. Blog http://s128739886.online.de/das-unbehagen-an-der-klassik/ hier

Aber auch Wikipedia zu Adalbert Stifter hier, zu „Der Hochwald“ hier .

Zum Erwerb des Fernrohres:

Musiksparten?

Wie war das noch in den 90er Jahren im WDR?

Man sprach von Programmfarben, man konnte – so glaubte man – jeweils größere Publikumsmengen an das jeweilige Programm binden, wenn man einen bestimmten Musikcharakter vorgab und durchhielt, WDR 1 „volkstümlich“, später auch „rockig“, WDR 2 „Mainstream Pop“, WDR 3 „Klassisch“ + „Konzert“, WDR 4 „Schlager, Operette, Evergreen“, WDR 5 „Wort“. Unsere Abteilung, die ursprünglich den Namen „Volksmusik“ trug (später: Musikkulturen), erweiterte seit den 70er Jahren den Inhalt des Begriffes beträchtlich: nicht nur Volksliedkantaten und Blasmusik der deutschen „unterhaltenden“ Tradition wollten wir präsentieren – es gab ja in allen Ländern und Kulturen Volksmusik, auch Folklore genannt, die ganz anders klang. Auch „fremde“ Kunstmusik, die man, da sie nicht unserer Klassik ähnelte, stillschweigend zu jenem unbekannten Genre schlug, das in unserm Radio bisher überhaupt nicht vertreten war. Das alles wurde zu unserem Arbeitsfeld und konnte – unserer Einschätzung nach – in jedem Programm vorkommen, je nachdem, welcher „Farbe“ es nahekam. Geeignet für alle musikalischen Menschen, die auch ungewöhnlichere Klänge einordnen können. Ich will jetzt nicht theoretisieren, inwieweit das überhaupt in einem solchen Massen-Medium geht, – ich selbst hatte mir Gedanken gemacht über die 12 Methoden des Hörens, die es in der Menschheit gibt, und die man nicht ohne weiteres untereinander auswechseln kann -,  jedenfalls hatten wir in der Konzertreihe, die wir seit 1974 etabliert hatten, ein Publikum im Sinn, das von bestimmten Liedformen geprägt ist, angelehnt an das, was etwa damals die „Liedermacher“ präsentierten: basierend auf unseren (westlichen) traditionellen Harmoniefolgen, die übersichtlich geformte Melodien trugen, und klanglich-rhythmisch vorwiegend von begleitenden Gitarren attraktiv, aber unauffällig ins Rampenlicht gesetzt wurden. Damit waren alle Türen und Fenster geöffnet in Richtung Süd- und Nordamerika ebenso wie nach Norden oder Osten von Irland, Skandinavien, Russland bis Rumänien, Balkan, Georgien. Das war einfach gedacht, aber beliebig erweiterbar, und wurde sichtbar von einem live anwesenden Publikum honoriert. Und parallel die „schwierigeren“ Musikkulturen, die einiger Einübung bedürfen, auch des Vorbilds prägender Figuren,  wie im Fall Indien Ravi Shankar und Yehudi Menuhin. Und natürlich in einem „klassischen“ Radiosender wie WDR 3. Auch WDR 5, das neue Wortprogramm, erwies sich als geeignet, – dort wo es sich um Musik handelt, die des Wortes und der verbalen Vermittlung bedarf. TEMPI PASSATI. Die Erinnerung lohnt sich. Fangen wir doch einfach an zu rekapitulieren. Manch einen oder eine könnte es in flagranti erwischen: es gab und gibt Sternstunden mit einer bis dato völlig unbekannten Musik. WDR 3 realisierte 2023 – 20 Jahre nach der Beendigung der Matinee-Reihe – eine großartige Idee: wenigstens 1 dreistündige Sendung des frohen Gedenkens. Davon später: zunächst die Rekapitulation in schriftlichen Stichproben.

Bericht im WDR-Blatt September 1990

Beispiel einer Programmübersicht, wie sie in unserer „Blütezeit“ monatlich verschickt wurde

Programmatische Gedanken im Blatt der Kölner Philharmonie 31.10.1992

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WDR-Pressetext Oktober 2023:

Die WDR-Livemusik-Reihe „Matinee der Liedersänger“ gehört zu den großen Meilensteinen der Musikkulturen der Welt in der Geschichte des Radios. 1976 hervorgegangen aus der Reihe „Matinee der Liedermacher“ holte der WDR-Redakteur Jan Reichow regelmäßig Musikerinnen und Musiker verschiedenster Kulturen auf nordrhein-westfälische Bühnen und ins Radio.

Damit war sonntags vormittags um 11 Uhr die Welt zu Gast im WDR Funkhaus Köln, in der Ravensberger Spinnerei in Bielefeld oder im Museum Bochum (später im Bahnhof Langendreer in Bochum). Canciónes aus Südamerika mit dem uruguayischen Liedermacher Daniel Viglietti, der argentinischen Folk- und Protest-Sängerin Mercedes Sosa und dem chilenischen Geschwisterpaar Isabel und Angel Parra waren ebenso zu erleben wie Klezmer von Brave Old World, bulgarische Vokalklang-Landschaften vom Eva Quartet und korsische Gesänge der Gruppen A Filetta und Cantu u Populu Corsu. Auch die berühmten Taraf de Haidouks aus Rumänien, die Globetrotter der französischen Band Bratsch u.v.m. traten auf und brachten unterschiedlichste Eindrücke weltweiter Musikkulturen in das WDR 3 Sendegebiet.

Abrufbar hier: https://www1.wdr.de/radio/wdr3/programm/sendungen/wdr3-konzert/konzertplayer-matinee-der-liedersaenger-highlights-100.html LINK

Facebook Oktober 2023

Stille

Über die Stille reden

https://de.wikipedia.org/wiki/Stille hier

Barbara Bleisch

einige Sekunden ab 23:33

https://de.wikipedia.org/wiki/4%E2%80%B233%E2%80%B3 nichts (4:33)

Stille am Schreibtisch – Moment der Erinnerung 1972

  ← „Über das Wesen des Musikwerks“ und „Stille und Pause in der Musik“↓

 

Wer war Zofia Lissa? https://mugi.hfmt-hamburg.de/receive/mugi_person_00000497 hier

Das Buch schlug sich beim Herausnehmen von selbst auf, ein Zettel lag darin mit der folgenden Notiz (vielleicht Urlaub in La Orotava auf Teneriffa beim Wiederlesen dieses Essays):