Archiv der Kategorie: Literatur

Trump und Sennett

Der politische Schauspieler frei nach Kleist

Wieder war es die ZEIT-Lektüre, die mich an die Bücherschränke trieb, unten im Übe-Zimmer, oben im Flur, zweimal Sennett unten & oben, einmal Kleist, gleich hinter mir, seit „Menschengedenken“ (d.h. Schulzeit). Oft zitiert: Über das Marionetten-Theater, nun auf Donald Trump gemünzt. Grazie – gemünzt auf dies Brutalo-Gesicht? Oder seine lächerlichen Tanzbewegungen?

auch in Projekt Gutenberg

Peter Kümmel hat mit Richard Sennett im TV Trump’s Amtseinführung geschaut.

Der Bär tritt auf … ja – unvergesslich. Aber der „darstellende Mensch“ in der Politik, – hatte Sennett sich dessen nicht schon in den 90er Jahren angenommen? Um so interessanter…

Quelle Richard Sennett: Verfall und Ende des öffentlichen Lebens. Die Tyrannei der Intimität. Verlag Fischer Wissenschaft Frankfurt am Main Juli 1991 (1986)

Nicht vergessen: im Vorwort dankt der Autor “ Clifford Curzon und Murray Perahia für ihre Hilfe bei der Skizzierung der ersten Umrisse dieses Buches“. (Erstausgabe New York 1974)

Schade, dass er sich jetzt nicht über den Trump-Parteigänger äußert, dessen Namen ich immer aus Versehen als „Musik“ lese, während manche Leute mit einer gewissen Selbstüberwindung behaupten, er sei aber zweifellos ein Genie:

Quelle: DIE ZEIT 23. Januar 2025 Fernsehen mit Richard Sennett / Der große amerikanische Soziologe verzweifelt (nicht) an seinem Land / Von Peter Kümmel

Ja, Elon Musik, – ich habe kürzlich noch einen Youtube-Beitrag gegoogelt, der mir bestätigte, dass er ein rechter Schwachmatikus ist, der auf dem Sirius besser als auf dem von ihm angepeilten Mars aufgehoben wäre. Zumal wir Musiker diesen Planeten seit Stockhausen besonders hochschätzen. Und vor allem: je weiter desto besser.

Betr.: Sirius

Vor einigen Jahren las ich das Buch zum terrestrischen Manifest von Bruno Latour, heute noch aktueller als 2018 (nach Trumps erster Wahl), hier eine Wendung, die sich mir eingegraben hat:

Quelle Bruno Latour: Das terrestrische Manifest / edition Suhrkamp Berlin 2018

Wie immer lohnt sich auch ein gründliches Studium des Wikipedia-Artikels HIER

Daraus das Zitat:

Im Jahr 2023 bot Elon Musk Wikipedia eine Milliarde Dollar an – unter der Bedingung, dass die Seite für mindestens ein Jahr in „Dickipedia“ umbenannt wird. Im Folgejahr wiederholte er sein Angebot. Im amerikanischen Slang ist „dick“ eine vulgärer Ausdruck, der – obgleich er auch für eine mittelmäßige, eher einfältige, dümmliche Person genutzt werden kann – für das männliche Geschlechtsorgan steht. Musk rief im Dezember 2024 dazu auf, keine Spenden mehr an Wikipedia zu leisten, „bis [sie] ihre redaktionelle Balance wieder ins Gleichgewicht bringt“. Wikipedia bezeichnete er als „Wokepedia“ und kritisierte deren Ausgaben für Diversität und Inklusion. Daraufhin gab es an den Weihnachtstagen eine nennenswerte Zunahme der Spenden an die Wikimedia Foundation. Viele der Spender nannten als Anlass die Äußerungen von Musk.

Wir wissen allerdings noch nicht genug über Elon Musk, wenn wir ihn als Einzelerscheinung betrachten, die durch eine Art menschlicher Charakteristik umschrieben werden könnte. Die Besonderheit besteht zunächst allein darin, dass er über unermesslich viel Geld verfügt, das sich durch ein sozusagen obszönes Gesetz der Akkumulation angehäuft hat, ein so unglaubliches Vermögen, das ihn nach Selbsteinschätzung von den üblichen Bedingungen des Menschseins befreit. Das hat er mit anderen Menschen seines Schlages gemeinsam: sie sind absolut ohne Kultur, und verständigen sich allein über die Kategorien von Technologie, Kapital und politischer Macht. Andere Beispiele: Jeff Bezos und Mark Zuckerberg. Man hat für sie den Terminus BROLIGARCHIE eingeführt. Dahinter steckt das Wort Oligarchie , ergänzt durch die Anspielung auf „Tech-Bros“ = Kumpel.

Der darstellende Mensch als Politiker und dieser als darstellender Mensch. Unter diesem Aspekt habe ich auch einen anderen ZEIT-Artikel gelesen. „Nimmersatt Unter Donald Trump ergreift ein Trupp unermesslich reicher Männer die Macht. Doch viele der Broligarchen sind immerhin offen für Deals.“ Von Jörg Lau. Oder auch für recht lockere Selbstdarstellungen.

Ein anderer der im eben erwähnten Artikel genannten Namen ist Curtis Yarvin, dessen Wikipedia-Artikel schon vieles erzählt. Eben auch einer aus der Broligarchie:

Vielleicht distanziere ich mich schon mal im voraus für den Gebrauch schlimmer Wörter in meinem Blog… Der Song durfte seinerzeit mit Recht auch nicht in den großen Radiosendern gebracht werden. Die Ärzte sind’s, ich bin unschuldig.

Lotte in Weimar

Angekommen im 7. Kapitel…

…habe ich endlich meinen Frieden gemacht mit diesem Werk, gegen das ich immer wieder neuen Widerstand entwickelte. Als ich kapierte, dass nun Goethe selbst das Wort hat und wie täuschend ähnlich und bewundernswert souverän er getroffen ist, wusste ich, dass ich die Lektüre wohl doch nicht mehr aufgeben kann. Ich werde sogar die seltsamen Passagen über das Alter und die Jugend abschreiben, um sie mir vergleichend anzueignen oder abzuweisen, als habe ich bisher nur den Mut nicht gehabt, so groß von mir zu denken. Ist es gute Prosa? Oder soll sie dem „corrosiv angehauchten“ Altersgefühl entsprechen?

Erst heute kam ich auf die naheliegende Idee, Wikipedia zu konsultieren, nachzusehen, ob die Kapitel inhaltlich näher beschrieben seien. Hervorragend! Überhaupt alles lesenswert, gerade wo es um die Wirkung in Deutschland geht, z.B. nach den Nürnberger Prozessen, die Verwechslung der Thomas-Mann-Erfindung mit dem echten Goethe durch den britischen Botschafter. Die Richtigstellung der bekannten (und oft memorierten) Äußerung, er habe noch von keinem Verbrechen gehört, das er nicht habe begehen können.

HIER

Der Film hier

ZITAT (Ein Blick aufs Alter – damals)

Da ist mir die morgenfreundliche Laune getrübt und corrosiv angehaucht von ärgerlichem Sinnieren -! Wie stehts denn überall? Was ist mit dem Arm? Tut als brav weh, wenn ich ihn hintüberlege. Immer denkt man, die gute Nacht wirds bessern, aber es hat der Schlaf die alte Heilkraft nicht mehr, muß es wohl bleiben lassen. Und das Ekzem am Schenkel? Meldet sich auch zur Stelle mit gehorsamstem Guten Morgen. Weder Haut noch Gelenke wollen mehr mittun. Ach, ich sehn mich nach Tennstedt zurück ins Schwefelwasser. Früher sehnt ich mich nach Italien, jetzt in die heiße Brühe, daß sie die verhärtenden Glieder löse: so modificiert das Alter die Wünsche und bringt uns herunter. Es muß der Mensch wieder ruiniert werden. Ist aber doch ein groß, wunderbar Ding um diesen Ruin und um das Alter und eine lächelnde Erfindung der ewigen Güte, daß der Mensch sich in seinen Zuständen behagt und sie selbst ihn sich zurichten, daß er einsinnig mit ihnen und so der Ihre wie sie die Seinen. Du wirst alt, so wirst du ein Alter und siehst allenfalls mit Wohlwollen, aber geringschätzig auf die Jugend herab, das Spatzenvolk. Möchtest du wieder jung und der Spatz sein von dazumal? Schrieb den ›Werther‹, der Spatz, mit lächerlicher Fixigkeit, und das war denn was, freilich, für seine Jahre. Aber leben und alt werden danach, das ist es erst, da liegt der Spielmann begraben. All Heroismus liegt in der Ausdauer, im Willen zu leben und nicht zu sterben, das ists, und Größe ist nur beim Alter. Ein Junger kann ein Genie sein, aber nicht groß. Größe ist erst bei der Macht, dem Dauergewicht und dem Geist des Alters. Macht und Geist, das ist das Alter und ist die Größe – und die Liebe ists auch erst! Was ist Jugendliebe gegen die geistige Liebesmacht des Alters? Was für ein Spatzenfest ist das, die Liebe der Jugend, gegen die schwindlichte Schmeichelei, die holde Jugend erfährt, wenn Altersgröße sie liebend erwählt und erhebt, mit gewaltigem Geistesgefühl ihre Zartheit ziert – gegen das rosige Glück, worin lebensversichert das große Alter prangt, wenn Jugend sie liebt? Sei bedankt, ewige Güte! Alles wird immer schöner, bedeutender, mächtiger und feierlicher. Und so fortan!

Das heiße ich sich wiederherstellen. Schaffts der Schlaf nicht mehr so schafft es der Gedanke. Schellen wir also nun dem Carl, daß er den Kaffee bringt; ehe man sich erwärmt und belebt, ist sogar der Tag nicht einzuschätzen und nicht zu sagen, wies heute um den Guten steht. Vorhin war mir, als wollt ich marode machen, im Bett bleiben und alles sein lassen.

Quelle Thomas Mann: Lotte in Weimar / Fischer Frankfurt am Main 1990 (Seite 260f)

Etwas ziellos in meiner Bibliothek, – ah, was ich noch bedenken sollte: was Katja Mann und die Tochter Erika zu „Lotte in Weimar“ gesagt haben…

↑ Fischer Frankfurt am Main 1988 (1976)

↑ Rowohlt Reinbek bei Hamburg 1996

2 DVDs, die mich begeistern

Lebendige Geschichte – Geschichten des Lebens – Heute

Der König tanzt (2000)

Die Eiche – Mein Zuhause (2023) jpc hier

Eichelbohrer – Was? Wie bitte? Was haben beide Themenblöcke miteinander zu tun? Nichts. Außer dass sie in meinem täglichen Leben und Denken eng miteinander kooperieren.

Über die Tatsache hinaus, dass die beiden Filme schön und unterhaltsam sind, – den ersten kenne ich seit 20 Jahren -, sind sie Paradigmen übergreifender Konstruktionen, die ich erst allmählich begreife und kurz andeuten möchte. Meine Stichworte wären „Historische Strukturen“ und „Biotope“ . Wobei sie leicht zu modifizieren wären: mir hat Carl Friedrich von Weizsäckers Buchtitel einst gut gefallen: „Der Garten des Menschlichen“ (1977), wo ich allerdings im letzten, theologischen Teil ausgestiegen bin; zugleich Julian Huxley mit „Die Entfaltung des Lebens“ (1954), wo ich im letzten, evolutionistischen Teil am liebsten jede Zeile unterstrichen hätte. „Geschichte im Überblick“ von Immanuel Geiss (1986) und Christopher Clark „Von Zeit und Macht“ (2018). Und nie aus den Augen verlieren: Johann Sebastian Bach mit seinen Weltverbindungen. „Französische Suiten“ und über das „Musikalische Opfer“ Friedrich II., nebst Sohn Carl Philipp Emanuel (bei Clark ab Seite 85 mit Blick auf die Rolle von Quantz). Bei Geiss die machtpolitische Einordnung des „Sonnenkönigs“: als er in Frankreich gewaltsam die ökonomische Grundlage für ein „Goldenes Zeitalter“ ausrichtete, Vorbild Europas.

In meinem Handy die Nachricht, dass es weitere Forschung über Bachs Witwe Anna Magdalena gibt, Auskunft über das Private in jener Zeit siehe Eberhard Spree. Beiträge in seinem Blog hier.

Zur Bedeutung der französischen Musik (Wikipedia):

[Bach in Lüneburg/Celle! 1700] Von 1665 bis 1705 erlebte Celle eine kulturelle Blüte als Residenz unter Herzog Georg Wilhelm mit einem Aus- und Umbau des noch mittelalterlich geprägten Schlosses zum vierflügeligen Barockschloss. Kulturell einflussreich war Georg Wilhelms französische Gattin, Eleonore d’Olbreuse, die hugenottische Glaubensgenossen und italienische Baumeister nach Celle holte.

[Bach in Köthen] Am 9. Oktober 1710 begann Leopold seine Kavalierstour. […] Seine Reise führte ihn im Winter 1710/11 nach Den Haag, wo er in nur vier Monaten insgesamt zwölf Mal die Oper besuchte und damit seine Vorliebe für die Musik offenbarte. Vor allem die Werke von Jean-Baptiste Lully beeindruckten ihn, und er erwarb eine „rare Opera des Herrn Lully die Musik gedruckt“. Leopold selbst spielte Cembalo und Violine.

 Am Köthener Hof wirkte seit 1717 Johann Sebastian Bach als Capellmeister, dessen Ehefrau im Juli 1720 verstorben war. Am 3. Dezember 1721 ging Anna Magdalena Wilcke mit ihm die Ehe ein.

Zeitschrift „das Orchester“, Dezemberheft, nachschauen Buffardin (Johann Jacob Bach!), Türkei, Vierteltöne …

Damit soll es beginnen, sobald ich mich über die Koordinierung der kulturellen Kräfte in Frankreich kundig gemacht habe.

das – aus dem Film – eindrucksvollste Stück stammt von – Purcell / siehe auch hier

(Fortsetzung folgt)

Beim Stöbern in meiner DVD-Sammlung habe ich auch die fast vergessene wiedergefunden, die meinen eingangs präsentierten Film in einen großen wissenschaftlichen Zusammenhang stellt:

Douglas-Film GmbH (2018). Nicht vergessen! Das Wissen erhält sich nur durch regelmäßig erneuerte Versorgung mit lebendigem „Stoff“, der auch den nächsten Gang in den botanischen Garten Solingen bereichert.

Durchs Rohr schauen

Erinnerung an Adalbert Stifter

anlässlich des Planes, ein neues Fernrohr zu kaufen, nachdem ich zur Probe einmal hindurchgeschaut hatte…

da ist es ! 11.11.2023

… erinnere ich mich zuerst an Goethe, der diese künstliche Vergrößerung des Gesichtsfeldes abgelehnt haben soll, und lese stattdessen folgendes:

Der 11. Februar 1800 war in Weimar ein herrlicher, aber kalter Wintertag. Trotz des schönen Wetters saß Friedrich Schiller in seiner Stube, in der es wie üblich nach fauligen Äpfeln roch. Gerade schrieb der 40-jährige Dichter an der Bühnenfassung von Shakespeares »Macbeth«, als eine kurze Nachricht seines Freundes Goethe eintraf: »Um sieben Uhr, da der Mond aufgeht, sind Sie zu einer astronomischen Partie eingeladen, den
Mond und den Saturn zu betrachten; denn es finden sich heute Abend drei Te-
leskope in meinem Hause.«

Siehe auch hier. ZITAT:

Dass ohne instrumentelle Technik die neuzeitliche Naturwissenschaft nicht auf die
Bahn gekommen wäre, wusste Goethe genau, auch wenn er gegen sie seine eigene,
am Phänomen orientierte Naturforschung aufbot. So heißt es:
Aus dem Größten wie aus dem Kleinsten (nur durch künstlichste Mittel dem Menschen zu vergegenwärtigen) geht die Metaphysik der Erscheinungen hervor; in der Mitte liegt das Besondere unsern Sinnen angemessene worauf ich angewiesen bin, deshalb aber die Begabten von Herzen segne die jene Region zu mir heranbringen.
(Ma XVii, 922) Anm.1
Von der oft behaupteten Abneigung Goethes gegen Mikroskope und Teleskope ist
hier nicht die Rede. Von Jugend an benutzte Goethe beide Instrumente, die im 17.
Jahrhundert den Gang der Naturwissenschaften, der Astronomie, der Biologie,
der Mineralogie und Medizin nachhaltig initiierten. Besonders das Mikroskop hat
Goethe in seinen botanischen, zoologischen und mineralogischen Studien eifrig zu Rate gezogen. Anm.2

Beide, Fernrohr wie Mikroskop, sind trotz ihrer Ablehnung durch Thomas Sydenham und John Locke längst selbstverständliche Forschungsinstru- (…)

1 Goethe: Über Naturwissenschaft im Allgemeinen. Einzelne Betrachtungen und Aphorismen. Nr. 47, Fa i, 25, 100.
2 Vgl. z.B. Brief an Jacobi vom 12. Januar 1785: „Eh ich eine Sylbe μετ τ φυσικά schreibe muß ich nothwendig die physika absolvirt haben. […] Ein Mikroskop ist aufgestellt um die Versuche des v. Gleichen genannt Rußwurm mit Frühlings Eintritt nachzubeobachten und zu kontrollieren.“ (Wa iV, 7, 7-8) – Goethe kaufte 1785 das Buch des Botanikers von Gleichen (1717-1783): Gleichen, Wilhelm Friedrich von (gen. Russworm): Abhandlung über die Saamen- und Infusionsthierchen, und über die Erzeugung: nebst mikroskopischen Beobachtungen des Saamens der Thiere und verschiedener Infusionen; mit illuminirten Kupfertafeln. Nürnberg 1778. – Vgl.: ders.: Auserlesene Mikroskopische Entdeckungen bey den Pflanzen, Blumen und Blüthen, Insekten und anderen Merkwürdigkeiten. Nürnberg 1771. – Vgl. auch Goethe an Charlotte von Stein am 27. Juni 1785: „Mein Mikroskop bring ich mit, es ist die beste Zeit die Tänze der Infusionsthiergen zu sehen.“ (Wa iV, 7, 72) und an Jacobi am 14. april 1786: Botanick und Microscop sind ietzt Hauptfeinde mit denen ich zu kämpfen habe. […] Wenn dir mit Infusionsthiergen gedient wäre könnte ich dir einige Millionen verabfolgen lassen. (Wa iV, 7, 295f) Goethe arbeitet also immer noch auf den Spuren von Gleichens. Er notiert seine mikroskopischen Infusionsuntersuchungen in Fa i, 24. 46-61. – Goethe benutzt das
Mikroskop sowohl in seinen zoologisch-anatomischen wie in seinen botanisch-morphologischen Studien regelmäßig (…)

*     *    *

… dann erinnere ich mich an Adalbert Stifter, dessen „Hochwald“ (1841) ich auf JMRs dringendes Anraten im Oktober 2020 gelesen hatte, – und wieder gestern, als ich die lange Wartezeit in der Klinik (vor der Erstellung eines MRT) mit dem betreffenden Reclamheft verkürzte und darin auf folgende Stelle stieß (rote Kennzeichnung im Text von mir): zitiert hier aus Projekt Gutenberg.

*     *     *

So war diese Stelle nicht umsonst von dem Vater »wundersam lieblich und anmuthsreich« geheißen, eine warme windstille Oase, geschützt von Felsen und See, und bewacht von der ringsum liegenden heiligen Einöde der Wildniß.

Das Haus war, wie man sie noch heute in jenen Gegenden sieht, aus Holz, hatte ein Erdgeschoß und ein Stockwerk, eine ringsum laufende Brüstung und ein flaches Dach. Sonst war es viel geräumiger, als die, welche die heutigen Walddörfer bilden. Gleich neben dem Eingange lag Gregor’s Stube, der auch die Schlüssel führte, weiterhin die der Knechte, und die Kammern der Vorräthe. Im ersten Stocke war ein Speisezimmer, und zwei Zimmer der Mädchen, nebst einem Vorzimmer für die Mägde. Alles war auf das Vorsorglichste eingerichtet, nicht die kleinste Kleinigkeit, von Männern oft selten beachtet, aber für Mädchen von großem Werthe, fehlte hier, und täglich entdeckten sie neuerdings, daß der Vater oft dahin vorgesehen hatte, wohin sie selbst bisher noch nicht gedacht. Der Schmerz, die Furcht, das Ungewohnte ihrer Lage in den ersten Tagen stellte und fügte sich allgemach, und somit begannen sie schüchtern und vorsichtig nach und nach die Entdeckungsreisen in ihrem Gebiete und fingen an, für dasselbe Neigung und Herz zu gewinnen.

Ihr erstes Unternehmen über die Gränze ihres Besitzthumes hinaus und zwar über den See, war, um den Blockenstein zu besteigen, und mit dem Rohre gen Wittinghausen zu sehen. Gregor und die drei Knechte, alle bewaffnet, mußten mitfahren, dann, als sie ausgestiegen, einer mit dem Floße zwanzig Schritte weit vom Ufer harren, die übrigen sie begleiten. Gregor lächelte gutmüthig über diese kriegerischen Anstalten und ließ sie gewähren. Er führte sie um den Seebusen herum, und von rückwärts auf den Blockenstein, so daß sie, als sie nach einer Stunde seinen Gipfel erreichten, meinten, ihr Haus liege ihnen gerade zu Füßen, und ein losgelassenes Steinchen müsse auf sein Dach fallen. – Das Fernrohr wurde ausgepackt und an dem Stumpfe einer verkrüppelten Birke befestiget – – Aller Augen aber waren schon vorher in die Weite gegangen – wie eine glänzende Wüste zog der heitere Himmel hinaus über alle Wälder weg, die wie riesenbreite dunkle blähende Wogen hinauslagen, nur am äußersten Gesichtskreise gesäumt von einem Hauche eines fahlen Streifens – es waren die bereits reifenden Kornfelder der Menschen – und endlich geschlossen von einem rechts in das Firmament ablaufenden Duftsaume – – – – siehe, der geliebte kleine Würfel, wie ein blauer Punkt schwebt er auf seinem Rande! Johanna’s Herz wogte in Freude und Schmerz. – – Clarissa kniete mittlerweile vor dem Rohre und rückte und rückte; das sah sie gleich, daß es ein ungleich besseres sei, als das des Vaters, jedoch finden konnte sie damit nichts. Bis zum Erschrecken klar und nahe stand alles vor sie gezaubert, aber es war alles wildfremd. – Abenteuerliche Rücken und Linien und Vorsprünge gingen wie Träume durch das Glas – dann farbige Blitze – dann blau und blau und blau – – sie rührte die Schraube, um es zu verlängern – dann führte sie es dem Saume eines dunklen Bandes entlang – plötzlich ein schwacher Schrei – zitternd im Runde des wunderbaren Glases stand das ganze Vaterhaus, klein und zart, wie gemalt, aber zum Staunen erkennbar an Mauern, Erkern, Dächern – ja die Fenster meinte man durchaus sehen zu müssen. Johanna sah auch hinein – blank, unversehrt, mit glänzendem Dache stand es in der Ruhe des Himmels. O wie schön, wie freundlich!

Auch der alte Gregor sah durch das zaubernde, ihm unerklärbare Rohr, und in seinen Mienen war erkennbar, wie er höchlich darnach rang, das Ding begreifen zu können. Auch die Knechte ließ man hineinsehen, und freute sich an ihrem Erschrecken und Staunen. Man getraute sich fast nicht, etwas zu rücken, aus Furcht, das theure Bild zu verlieren, aber Clarissa zeigte ihnen bald, wie man es machen müsse, um es immer wieder zu finden. Sie konnten sich nicht ersättigen, immer das Eine und das Eine anzusehen. – So wie es ihren Augen, schien es auch ihrem Herzen näher, und sie waren fast zu Hause – so ruhig und so lieb stand es da, und so unverletzt. – Freude, Wehmuth, Sehnsucht stieg so hoch, daß man sich das Versprechen gab, sehr oft, ja jeden ganz heitern Tag heraufsteigen und durchsehen zu wollen. Endlich fing man doch an, auch Anderes zu suchen und zu prüfen. Der fahle Streifen am Gesichtssaume war das Erste, und deutlich zeigte sich, daß es angebautes Land mit Erntefeldern war – dann wurden die Waldberge, dann der See und endlich gar das Haus versucht. Alles war gar so schön und gar so reinlich.

Nach langem Aufenthalte auf dem Felsen beschloß man die Rückkehr, und das Rohr wurde von Gregor mit Achtsamkeit und sogar mit einer Art Scheu in sein ledernes Fach gepackt und mit der größten Obhut getragen. Auf dem Rückwege trug sich nichts Merkwürdiges zu. Sie fanden ihren Floß warten, stiegen ein, fuhren über, und der Tag endete, wie alle seine bisher erlebten Vorgänger mit einer glühenden Abendröthe, die sie nie anders, als auf den gegenüber liegenden Wäldern flammen sahen, während der See eine ganz schwarze Tafel vor ihre Fenster legte, nur zeitweise von einem rothen Blitze durchzuckt.

Dieser ersten Wanderung folgten bald mehrere und mehrere, die immer kühner und weitschichtiger wurden, je mehr sie die Ruhe und Sicherheit des Waldes kennen lernten. Von dem Vater war bereits zweimal beruhigende Botschaft gekommen; auch, wenn sie den Blockenstein bestiegen, und durch das Rohr sahen, das ihnen das liebste Kleinod geworden, – stand immer dasselbe schöne, reine, unverletzte Bild des väterlichen Hauses darinnen, so daß Johanna einmal den kindischen Wunsch äußerte, wenn man es doch auch von der anderen Seite sehen könnte. Zuweilen, wie Kinder, kehrten sie das Rohr um, und freuten sich, wenn ihr Haus, winzig, wie ein Stecknadelkopf meilenweit draußen lag, und der See wie ein kleines Glastäfelchen daneben.

Ein paar Gewitter hatten sie erlebt, denen einige traurige graue Regentage folgten. Sie brachten dieselben im Zimmer zu, an all ihren Stoffen und Kleidern schneidend, und nähend und ändernd, und da schon Tage und Wochen vergangen waren, ohne daß sich das mindeste Böse einstellte, ja da draußen Alles so schön und ruhig lag, als wäre nirgends in der Welt ein Krieg, und sogar nach des Vaters letzter Nachricht der Anschein war, als würde über Wittinghausen gar niemal etwas kommen: so erheiterten und stillten sich wieder ihre Gemüther, so daß die Erhabenheit ihrer Umgebung Raum gewann, sachte ein Blatt nach dem andern vorzulegen, das sie auch gemach zu verstehen begannen, wie es ihnen Gregor oft vorhergesagt. –

*     *     *

Zur Rehabilitierung Stifters s.a. Blog http://s128739886.online.de/das-unbehagen-an-der-klassik/ hier

Aber auch Wikipedia zu Adalbert Stifter hier, zu „Der Hochwald“ hier .

Zum Erwerb des Fernrohres:

Eros (Thanatos) Gewalt

Eine phänomenale CD : genug Stoff zum Hören, Fühlen und Weiterdenken

Cover & Einführungstext aus dem Booklet

HIER vorweg der Link zum Gespräch „Eros und Gewalt – Gehirn, Gefühl, Gesang“ mit Hannah Monyer, Walter Nußbaum und J. Marc Reichow mit ausführlichem Themenindex.

Das Gespräch ergänzt und erweitert den kurzen Essay der Heidelberger Neurophysiologin Prof. Dr. Hannah Monyer im zweisprachigen Booklet der am 8. September 2023 beim Label Genuin (https://genuin.de) veröffentlichten neuen CD der SCHOLA HEIDELBERG unter Leitung von Walter Nußbaum.

Es berührt interdisziplinär folgende Themenkomplexe: 01:50 Madrigal: Musik und Sprache – Warum Rezitation? 04:30 „Psycho-Musik?“ und Einführungstext 05:00 Vorstellung Prof. Dr. Hannah Monyer 06:05 Psychologie der Aufmerksamkeit, Abwechslung und Dichte 07:42 Bernini und das Gewaltcover 10:09 Extreme Ausdrucksmittel 10:33 Warum Begriffe wie „Neuroökonomie“ ? 12:35 Eros UND Gewalt 14:00 Versuch der Objektivierung: Vertonung und Schlüsselbegriffe 16:00 Kontrollverlust, doch rationales Komponieren? 18:00 Gewalt in Biographien und Werk 19:10 Gesualdos „Beltà“ als Beispiel 21:00 Moment und Gegenwart 21:43 Zeitstil, Rhetorik und Besonderheiten 23:00 Gesualdos Dichte … 24:00 … und Verfeinerung 24:25 Gewalt als Gefangenschaft der Liebe 26:00 Manierismus 26:50 Rollenbilder und literarische Tradition 28:45 Gesualdo „nicht polyphon“? 29:40 Für welches Publikum? 30:15 Gesualdo, als szenische Musik gehört 30:34 … am Beispiel „Tu m’uccidi“ (1) 31:10 Phantastik und Diagnose von „Ideenflucht“ 33:25 Grenzsituationen und Eifer-Sucht 34:00 Gewalt und motorischer Handlungszwang 35:00 Gewalt bei Bernini (2) 35:23 „Tu m’uccidi“ im Detail (2) 39:00 Erotischer Subtext, Tod und Orgasmus 41:15 Verlust, Kontrolle, Melancholie und Humoralpathologie 44:18 Physiologie der Liebesempfindung 51:00 Kunst als Sublimation 53:00 Claude Viviers Text über „Chants“ 54:44 Schlüsselstelle aus „Chants“ 57:00 Trauma und spirituelle Musik 58:20 Liebe, Mutterliebe, Marienverehrung bei Vivier und Gesualdo 59:30 Bedeutung von Glenn Watkins für die Gesualdo-Forschung 1:00:20 Stravinsky, Gesualdo und die Folgen 1:00:40 KlangForum Heidelberg: Netzwerk Madrigal 1:01:10 Zitat (und Bedeutung) von Glenn Watkins 1:01:30 [Farbfehler] 1:01:42 Physiologische Nachbarschaft von Hirnarealen (Frage zum Text) 1:04:00 Akzeptanz und Umschreiben des Vergangenen im Gehirn 1:06:00 Trauma und Traum 1:07:30 Was ist mit Michelangelo Rossi? 1:09:50 Beispiel „O miseria d’amante“ (mit Fotos aus den CD-Aufnahmen) 1:13:47 Intonation, reine Intonation und verwandte Probleme 1:17:30 „… Reinheit nur, … wenn man ohne Vibrato singt“ 1:18:00 Vicentino und das Archicembalo 1:20:00 „So erklärt die Neurowissenschaft …“ ? 1:23:00 Weiteres Leben, Rückzug, Schuldkomplex von Gesualdo 1:24:00 Schlusswort und Hoffnung auf die Kunst

Anregung JMR:

Volker Beck: Weltrisikogesellschaft (dt. 2008) aber siehe hier

Die zwei Gesichter des Risikos – Chance und Gefahr – werden während der Industrialisierung, beginnend mit der internationalen Handelsschiffahrt, zum Thema. Das Risiko stellt die Wahrnehmungs- und Denkschablone der mobilisierenden Dynamik einer Gesellschaft dar, die mit der Offenheit, den Unsicherheiten und Blockaden einer selbsterzeugten Zukunft konfrontiert und mehr durch Religion, Tradition oder die Übermacht der Natur festgelegt ist, aber auchden Glauben an die Heilswirkungen der Utopien verloren hat.

Während sich zwischen Gott und dem Risiko eine Kluft auftut, ist der europäische Roman eine Verbindung mit dem Risiko eingegangen. Als das Risiko auf den Plan trat, mußte Gott seine Position als Weltenlenker räumen, mit allen umstürzlerischen Konsequenzen. Die »Kunst des Romans« (Milan Kundera 1986) hat gemäß ihrer eigenen Logik die vielen Gesichter des Risikos entdeckt und seine existentielle Dimension erkundet und ausgemalt: In der Gestalt des Don Quichotte ist das Leben auf Erden, dessen Zukunft nicht der Macht der Götter oder Gottes Weisheit gehorcht, zu einem unabschließbaren Abenteuer geworden. Denn in der Abwesenheit Gottes entfaltet das Risiko seine verheißungsvolle  und schreckensvolle, schier unbegreifliche Ambiguität. Die Welt ist nicht, wie sie ist, sondern ihr Sein und ihre Zukunft setzen Entscheidungen voraus, Entscheidungen, die Nutzen und Schattenseiten gegeneinander abwägen, die Fortschritt und Verfall miteinander verbinden und, wie alles Menschliche, Irrtum, Nichtwissen, Hybris, Kontrollversprechen und am Ende gar den Keim der möglichen Selbstzerstörung in sich tragen.

Vor- und Nacharbeiten, Zettelsammlung JR

Verbindung zu „Dessiner les Passions“ bzw. Le Brun HIER

zu schön um wahr zu sein?

Hemmung in der Bildenden Kunst, die Leidenschaft hässlich darzustellen, mit verzerrtem Gesicht. Siehe Lessing: „Laokoon“. Dagegen Leonardos Fratzen (für Nahkampf-Darstellungen? aber auch das Gesicht bei seiner Zeichnung eines physiologischen Coitus-Querschnitts, hier). S.a. hier (Sütterlin: Fratzen, Monster / 2005) und hier (Haag: Porträtkarikatur im Barock / 2013)

https://www.ypsilon-psychoanalyse.de/01-2016-kreative-zerstoerung/das-todestriebkonzept hier

Weiter werde ich darauf zu sprechen kommen, […]wieso gerade bei den kulturschaffensten Menschen (KünstlerInnen, SchriftstellerInnen beispielsweise) oft ein hohes Maß an Leiden mitschwingt. Denn schließlich ist das Werk des Todestriebs nicht der Kurzschluss mit dem Tod, der Selbstmord etwa, sondern Produktivität schlechthin.

Freuds Streben nach Verwissenschaftlichung, sein Versuch, sich in den naturwissen­schaftlichen Diskurs einzureihen, erscheint nie so vergeblich wie hier und es ist auch oft kritisiert worden, worauf ich jetzt nicht weiter eingehen will [Birgit Meyer zum Wischen]. Die Biologie versagt die Unterstützung bei der Begründung der Konstruktion des Seelischen, was Freud aber nicht von seiner „Hypothese“ abbringen kann. Statt ein Scheitern zu konstatieren, kann man an dieser Stelle einen Wechsel auf die Ebene des Repräsentationsvermögens vollziehen.

Der Schritt vom Ursadismus zum ursprünglichen Sadismus kann nicht nur auf eine Angelegenheit des speziellen Organsystems der Muskulatur20 eingeschränkt werden. Er ist auf der Ebene einer Ab­fuhr durch Organsysteme nicht beschreibbar, da er nicht weniger „bewirkt“ als dass „überhaupt etwas ist und nicht vielmehr nichts“. Der ursprüngliche Sadismus ist zu iden­tifizieren mit dem Repräsentationsvermögen, das die ontologische Konstitution von Welt erst ermöglicht.21 Im Unterschied zur Metaphysik „fundiert“ die Todestriebtheorie die­ses also im Gewaltakt der Umwendung des Ursadismus. Alles, was wir tun, ist Ableistung dieses ursprünglichen Sadismus (der prinzipiell jederzeit zum Sadismus als Perversion zusammenbrechen kann). Die gesamte menschliche Existenz, die sich im Vollzug des Repräsentationsvermögens manifestiert, tritt genau hier hervor: Wahrnehmen, Den­ken, Fühlen, Handeln, usw.

Die Freud’schen Todes- und Lebenstriebe können nun nicht länger als biologische In­stinkte angesehen werden. Denn der Mensch besitzt keine rein biologischen Instinkte und Bedürfnisse. Er befindet sich stattdessen immer schon in der Ordnung der Repräsentation oder der Ordnung des Begehrens. Wenn dann versucht wird, die Konstitution des Repräsenta­tionsvermögens selbst als biologische Genese zu beschreiben, kommt es zu derart para­doxen Gebilden wie den Freudschen „Ursprungs-Erzählungen“.

Mit dem Sadismusvokabular will Freud wohl darauf hinweisen, dass alles, was wir kulturell leisten, eine Angelegenheit von Gewalt ist, was wiederum auf die Hypothek unserer Sterblichkeit zurückfällt. In diesem Sinne ist jeder Wunsch nach Gewaltfreiheit illusorisch, insofern es aller Kulturarbeit zuwi­derläuft.

https://de.wikipedia.org/wiki/Gewalt hier

https://de.wikipedia.org/wiki/Sadismus hier

https://en.wikipedia.org/wiki/Claude_Vivier hier (die Umstände seines Todes!)

https://de.wikipedia.org/wiki/Carlo_Gesualdo hier

  Detail: hier

https://www.kammermusikfuehrer.de/werke/4037 hier

https://www.perlentaucher.de/buch/glenn-watkins/carlo-gesualdo-da-venosa.html#reviews hier

https://klangforum-heidelberg.de/eros-und-gewalt hier

https://www.leopoldina.org/fileadmin/redaktion/Mitglieder/CV_Monyer_Hannah_D.pdf hier

https://de.wikipedia.org/wiki/Temperamentenlehre hier

https://de.wikipedia.org/wiki/Blutkreislauf_des_Menschen_und_der_S%C3%A4ugetiere hier

https://de.wikipedia.org/wiki/Lokalisation_(Neurologie) hier

https://de.wikipedia.org/wiki/Mesolimbisches_System hier

https://www.dasgehirn.info/denken/motivation/sucht-motivation-zu-schlechten-zielen hier

Bernini: https://de.wikipedia.org/wiki/Gian_Lorenzo_Bernini hier

https://de.wikipedia.org/wiki/Verz%C3%BCckung_der_heiligen_Theresa hier

Borromini: https://de.wikipedia.org/wiki/Francesco_Borromini hier

Rivalität zwischen Bernini und Borromini hier

Zu untersuchen (Ideen zur Psychologie):

Notwendiger Zusammenhang 1 Liebe (Begehren) und 2 Verschmähte Liebe, die umschlägt in Gewalt (Hass)

1 zielt auf Ich-Erweiterung, Alleinbesitz 2 auf Isolation, Verminderung, Entbehrung, fühlbare Leerstelle

1 Euphorie (Überschuss) 2 Verlustängste (Herabminderung)

Unerwiderte Liebe?

Man leidet ohnehin vermehrt unter der Abhängigkeit, – wenn sie jedoch auf feindselige Ablehnung trifft, schlägt sie um in Gewaltbereitschaft (Rache).

Es hat mit Machtlosigkeit, Entmächtigung zu tun. Eros als „Wille zur Macht“? Mit Sondermitteln. Wer am meisten liebt, ist am meisten ausgeliefert, zu demütigenden Konzessionen bereit. In der erfahrenen Hilflosigkeit aber auch zu unkontrollierten Gewaltausbrüchen disponiert. Man macht kaputt, was einen kaputt macht.

Die Gewaltanwendung (bis hin zur planmäßigen, nicht nur jähzornigen Tötung), etwa im Krieg, auch präventiv, hat mit dem Bewusstsein des immer im Hintergrund drohenden eigenen Todes zu tun: mein Überleben ist ein sichtbares Zeichen, dass ich vom Gesetz des allgemeinen Sterbenmüssens ausgenommen bin. Canetti hat das beschrieben. (Masse und Macht: der Überlebende).

Ich hörte einmal das zynische Touristen-Wort: Es genügt nicht, reich zu sein. Die anderen müssen auch arm sein.

Umgekehrt geht die Logik der Liebe: wer leichtfertiger liebt, muss nicht die Gedankenlosigkeit des Partners fürchten. Wer sich immer wieder der Liebe des anderen versichern muss, – um zu glauben, dass jene/r wirklich liebt/treu ist/jeder Anfechtung widersteht -, sorgt für Fahrlässigkeit auf der anderen Seite. Die verbalen Liebesbeteuerungen (als lästige Pflicht) kosten wenig. Rilke: „Seht euch die Liebenden an: wenn erst das Bekennen begann, wie bald sie lügen.“

Wer einen anderen Menschen leiden lässt, – durch scherzhafte Andeutungen, durch gespielte Missverständnisse -, entgeht der Gefahr, selber leiden zu müssen.

Wer aus dem eigenen Leiden Gedichte (Romane oder Harmoniefolgen) machen kann, erlebt als Ausgleich kreativen Lustgewinn. Gedachte (benannte) Leiden verbinden sich leichter mit ihrer Verklärung. Das wirkliche Leiden blockiert oder lähmt.

Was ist Liebe? bei Erich Fromm https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Kunst_des_Liebens hier

Vgl. Jose Ortega Y Gasset „Signale unserer Zeit“ (1963)

Erinnerung an die Lektüren 1962, 2007, 2007, 2015

Inhaltsverzeichnis (S.115 zu Proust S.138 zum Tango S.225 zu Amok)

Wolfgang Herrndorf lesen

Bio Herrndorf Wikipedia hier

https://de.wikipedia.org/wiki/Arbeit_und_Struktur hier

https://www.perlentaucher.de/buch/wolfgang-herrndorf/arbeit-und-struktur.html hier

Tobias Rüther !

DIE ZEIT 24.08.23 Seite 50 Ganz groß / Als Autor war Wolfgang Herrndorf schon vor seinem frühen Tod 2013 eine Legende. Jetzt deutet Tobias Rüther klug und detailversessen dieses Künstlerleben / Von Florian Eichel

Goethes Briefe 1823 – 1824

Umfeld „Trilogie der Leidenschaft“

Angefangen mit Martin Walsers „Ein liebender Mann“ … zunächst mit Aufmerksamkeit teilgenommen, erst nach der Marienbader Elegie (Goethes echter Text darin) die Geduld verloren und mit den folgenden Briefen an Ulrike (Walsers fingierter Text) endgültig aufgehört. Was  für eine Anmaßung, als derangierter Goethe auftreten zu wollen. Wie unglaubwürdig! – Stattdessen Neu-Bestellung (altes Exemplar verloren gegangen) des Buches „Lotte in Weimar“ von Thomas Mann, mit einem wohl gelungenen „alternativen Goethe“.  Zu wiederholen wäre auch die Lektüre der ebenfalls verschwundenen, aber aus den 50er Jahren erinnerten „Sternstunden der Menschheit“. Noch kopieren: was neuerdings Safranski zur Interpretation der Elegie in seinem Goethe-Buch beigetragen hat.

Gerade dieses gelesen in „Faustkultur“ (über „Lotte in Weimar) hier :

Auch das ist in seinen Grundzügen von Goethe her gedacht; er nämlich, Goethe, holte die Welt ein, vereinnahmte sie, hielt sie besetzt vor dem Prägegrund abstreichender Vergänglichkeit; nur so, im Licht, das gegeben wird und empfangen, war ihm Selbstfindung und Selbstbestätigung möglich. „Am Abglanz haben wir das Leben”, wusste Goethe und wollte bis zuletzt nicht nachgeben und nicht unterliegen. Thomas Mann hat es ihm gleichgetan, er bleibt mit seinem Vorbild auf so vertrautem Fuße, dass er an seiner Seite noch einmal das Spiel zu Würden gebracht hat: Er macht sich den literarischen Spaß, Goethes Lotte in Weimar zu begleiten, eine alte Dame, die, da sie merkwürdig klug geworden ist und mit dem Vergänglichen keine Probleme mehr hat, eine Devise verkünden darf, die ihr wohl gleich von beiden Herren, vom Geheimen Rat Goethe und seinem Bewunderer Mann, eingeflüstert worden sein könnte: „Der Erinnerung zu leben, ist eine Sache des Alters und des Feierabends nach vollbrachtem Tagwerk. In der Jugend damit zu beginnen, das ist der Tod.“

(26.08.23)

  Goethes Sekretär Riemer (die Vorlage)

Thomas Mann (Zitat):

Charlotte Buff-Kestner Dr. Riemer erinnert sich (bei Thomas Mann): „Er war bleich, Schweißtropfen standen auf seiner Stirn, seine Rindsaugen blickten glotzend, und sein offener Mund, dessen sonst bloß maulender Zug dem Ausdruck einer tragischen Maske ähnlicher geworden war, atmete schwer, rasch und hörbar.“

Seite 64: «Die Augen», sagte Dr. Riemer, «die Augen sind mächtig bisweilen». Seine eigenen, glasig vortretenden, zwischen denen ein Kerbzeichen bemühten Grübelns stand, zeigten an, daß er schlecht zugehört und eigene Gedankengänge verfolgt hatte. Sich über das Kopfnicken der Matrone aufzuhalten, wäre ihm übrigens nicht zugekommen, denn wie der die große weiße Hand vom Stockknauf zu seinem Gesicht hob, um irgendein leichtes Jucken an der Nase nach Art des feinen Mannes durch eine zarte Berührung des Ringfingers zu beheben, sah man deutlich an, daß auch diese Hande zitterte.

Lotte in Weimar“  (das Buch)

*    *    *

Wann es für mich begann: seit ich die Aufnahme des „Faust“ mit Gründgens kannte. Danach, im September 1958 Klassenfahrt nach Berlin, großer Buchladen in der Karl-Marx-Allee, Ost-Berlin, Gespräche mit Goethe , „Eckermann“. Ausgabe 1956. Aufbau Verlag

Goethes Gespräche (nach Marienbad 1823)

Zur Marienbader Elegie:

Schon die ersten Strophen musste ich mir vor allem in meine Sprache übersetzen. Wie konnten die frühesten Leser (Zelter, Humboldt, Eckermann) diese fremd verschlungenen Sätze auf Anhieb verstehen?

https://www.deutschlandfunkkultur.de/goethe-im-dritten-fruehling-100.html hier (Jörg Magenau)

https://www.welt.de/kultur/article1740320/Martin-Walser-verhebt-sich-nun-an-Goethe.html hier (Tilman Krause)

Bilder (privat) aus Marienbad hier

Die Nußbäume im Werther:

Die Nussbäume bei Walser:

– – – – – – – – – – s.a. hier bei 2.2.2.

Zur weiteren „Vergegenwärtigungsarbeit“:

http://www.zeno.org/Literatur/M/Goethe,+Johann+Wolfgang/Briefe/1823 hier

http://www.zeno.org/Literatur/M/Goethe,+Johann+Wolfgang/Briefe/1824 hier

Marienbader Elegie – zur Interpretation

https://www.grin.com/document/47839 hier

https://de.wikipedia.org/wiki/Marienbader_Elegie hier

https://www.projekt-gutenberg.org/zweig/sternstu/chap007.html „Sternstunden der Menschheit“ (vorgelesen durch Jürgen Hentsch hier)

https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/159037/1/1871-1622-1-PB.pdf  Ulrike Zeuch:
Goethes Trilogie der Leidenschaft

Wahlverwandtschaften (Lebende Bilder)

Eine vergessene Kunst? Oder bloß ein Spiel?

Wie mein Interesse begann

Schubert und das lebende Bild

Eine andere Beschreibung, die ich durch Zufall in Goethes „Wahlverwandtschaften“ fand und für meine Entdeckung hielt:

Damals gab es doch schon Wikipedia…

https://de.wikipedia.org/wiki/Tableau_vivant hier

Aber wohl noch nicht diese unvergleichliche Website (mit den Erläuterungen zu den lebenden Bildern ab dem Fünften Kapitel):

http://wwwhomes.uni-bielefeld.de/bseiler/Wahlverwandt/kultur.htm HIER

ZITAT aus dieser Arbeit:

Das Titelblatt der Erstausgabe

Die Aufmerksamkeit, die der Roman fand, war groß, das Urteil jedoch keineswegs nur positiv. Von den moralischen Bedenken abgesehen, wurde auch die nicht immer konsequente Erzählweise beanstandet. Wilhelm Grimm schrieb am 22. November 1809 an seinen Bruder: „Ich begreife auch, daß das ganze Verhältnis sehr langsam und sorgfältig mußte entwickelt werden, nur nicht langweilig, wie es mir durchaus ist. Ich erkläre mir es aus der Art der Entstehung des Buchs, weil es durchaus diktiert ist, wo der Faden wohl nicht streng angehalten worden, sondern ganz gemächlich abgehaspelt worden und zuweilen auf die Lehne des Schlafsessels herabgefallen ist.“

Goethe in seinem Arbeitszimmer

Auch wenn Goethe stehend und nicht sitzend diktierte, muss man wohl wirklich die oft umständliche Allgemeinheit der Aussagen auf diese Arbeitsweise zurückführen. Zur Besinnung auf plastische Einzelheiten wird man bei einem vorwärtsdrängenden Diktieren kaum veranlasst.

Zitat-Ende / der Autor:

SEILER Bernd W. Seiler, Januar 2015 hier

Zu Humboldts Kritik: Mir waren bei der Goethelektüre durchaus auch stilistische Schwächen aufgefallen, die sich aus der Praxis des Diktierens ergeben, z.B. die stereotype Verwendung des Wortes „entgegnen“ statt entsprechender Varianten. Andererseits: las er denn das Diktierte nachher nicht mehr durch? –  Mir fiel jedoch das Wort vielleicht nur deshalb auf, weil es heute so viel auffälliger klingt als  „antworten“, das ich nicht moniert hätte.

Ein anderes Thema dieses interessanten Autors:

http://wwwhomes.uni-bielefeld.de/bseiler/Lesmona/ hier

Blumenberg-Doppel

Zum textkritischen Vergleich

Aus verschiedenen Gründen ist es interessant, wenn ein Schriftsteller ein und dieselbe Episode zweimal verwendet, aber nicht als Fertigteil, sondern mehr oder weniger verändert. Er kann die Funktion den unterschiedlichen Zusammenhängen anpassen. Etwas unwahrscheinlicher ist, dass es in unfertigem Zustand demselben Zettelkasten entnommen wurde, der schon vormals als Quelle benutzt wurde. Und dieser Vorgang könnte in Vergessenheit geraten sein. Oder die Anpassung von ehedem könnte als unerheblich betrachtet worden sein. Es gibt – vermeintlich – noch keine verbindliche Formulierung. Man vergleiche etwa den Fall des Dritten Brandenburgischen Konzerts bei Bach (auch im weiteren: hier):

Bachs Kompositionspartitur ist – wie beim größten Teil seiner Konzerte – nicht erhalten. Nachdem er die daraus kopierte Widmungspartitur 1721 weggegeben hatte, griff er 1729 wieder auf sein Handexemplar zurück, um eine zweite Fassung als Einleitungssinfonia zu seiner Kantate BWV 174 Ich liebe den Höchsten von ganzem Gemüte zu schreiben.

Der Vergleich der beiden erhaltenen Versionen zeigt immer wieder Unterschiede im Detail. Bach nutzte bei der Abschrift in die Widmungspartitur vor allem die Gelegenheit, die Celli im ersten Satz weiter zu individualisieren. Da die Sinfoniafassung zum Teil von einem Kopisten geschrieben wurde, folgt sie offenbar eng der Kompositionspartitur.

Hans Blumenberg: Goethe zum Beispiel Insel-Verlag 1999 Seite 79 f

*    *    *

Hans Blumenberg: Die Sorge geht über den Fluß Suhrkamp 1987 Seite 175 f

IN WIEN

Bei seiner Ankunft in Wien schreibt Karl Friedrich Zelter am 12. August 1819 an den Altersfreund Goethe, sein Wunsch …

(Fortsetzung folgt)