Wahlmanöver allerorten – und was fehlt?

Vom leidigen Thema Klima und wachsender Respektlosigkeit

Können wir uns das leisten, – kurz vor Fristablauf alle Kalender und Uhren wegzuwerfen?

12.02.25 Florian Harms (t-online Tagesanbruch) LESEN!

https://www.t-online.de/nachrichten/tagesanbruch/id_100598838/bundestagswahl-warum-spielt-die-klimakrise-im-wahlkampf-keine-rolle-.html HIER

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Zu den Quellen !

Individualismus mit Platon bei Lanz

LANZ Die These ist: In einer freiheitlichen Demokratie, in der Freiheit immer wichtiger wird, sich in einen regelrechten Freiheitsrausch hineinsteigert, führt das dazu, dass eine Art Hyper-Individualisierung entsteht, sich irgendwann niemand mehr irgendetwas von einer wie auch immer gearteten Autorität sagen lässt, – und man liest das und zuckte zusammen, wie die Sanitäter, die hier schon saßen und erzählte, nur noch Respektlosigkeit, man denkt an Polizeibeamte, die sagen, von uns lässt sich kein Mensch mehr was sagen, Politiker, Journalisten, die alle sagen …. weil es sofort als ein letzter ultimativer Angriff auf das Freiheitsempfinden ausgelegt wird … und kippt in irgendetwas Autokratisches – Plato – Stuttgart -Wutbürger

die Zumutung, Toleranz für das Andere zu entwickeln 59:25

Holocaust und NS-Zeit   Angriff auf die eigene Identität   /  REMIGRATION das Wort meinte immer „ethnische Säuberung“ 1:03:10

→   →   →   → https://www.zdf.de/gesellschaft/markus-lanz/markus-lanz-vom-11-februar-2025-100.html hier

In der LANZ-Sendung also ab ca. 55′ Gespräch zum Thema mit Justus Bender

Bericht über das Bender-Buch vor 8 Jahren:

https://www.deutschlandfunk.de/rechtspopulismus-das-phaenomen-afd-100.html  /   hier  Moritz Küpper | !

„Was will die AfD?“, fragt (…) Justus Bender, Redakteur bei der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, in seinem Werk. (…) Denn: Berichterstattung über die AfD ist anders, weiß Bender:

„Das Buch beginne ich als Ich-Erzähler und das ist erst einmal vielleicht ungewöhnlich, denn es geht in dem Buch ja nun wirklich nicht um mich, sondern es geht um die AfD. Aber ich hab diese Form gewählt, weil ich finde, dass bei dem Thema AfD immer ein Elefant im Raum steht – und das ist der Vorwurf, man sei Lügenpresse oder man sei als Journalist irgendwie, würde man Befehle empfangen aus dem Kanzleramt. Und deswegen habe ich in dem Buch erstmal sozusagen meine eigene Situation beschrieben, wie ich beschimpft werde aus der Partei, wie ich mich bemühe, die Themen richtig einzuordnen.“

Frei von der Zudringlichkeit der Toleranz und der Solidarität

Eine vertrauensbildende Maßnahme, wenn man so will. Ohnehin ist Benders analysierender, nüchterner Stil wohltuend, gerade bei den hitzigen, oft reflexhaften und zumeist von Provokation- und Gegenprovokation durchsetzenden Diskussionen rund um die AfD. Bender geht den Fragen nach, warum die rechtspopulistische Partei entstehen konnte, welche Strategie sie verfolgt, er versucht aber auch Motivation und Gedankenwelt der AfD-Mitglieder zu ergründen:

„Einen AfD-Anhänger kann zum Beispiel auch der Schulunterricht stören, in dem Kinder lernen, dass es unmoralisch ist, eine Irritation zu empfinden, wenn zwei schwule Männer sich küssen. Der Rechtsextremist würde sagen: Die Irritation ist richtig, weil Homosexualität eine verwerfliche, ‚unnatürliche‘, den ‚Volkskörper schädigende‘ Praxis ist. Menschen, die so reden, gibt es wahrscheinlich auch in der AfD, ich habe es aber fast nie gehört. Meiner Erfahrung nach würden die allermeisten AfD-Anhänger anders argumentieren. Sie würden sagen: Lasst meinem Kind seine Irritation, die Obrigkeit hat nicht zu entscheiden, welche Empfindung genehmigungspflichtig sind. AfD-Anhänger wollen frei sein von der, wenn man so will, Belastung durch Andere. Sie wollen frei sein von der Zudringlichkeit der Toleranz und der Solidarität.“

Dem Volkswillen unterordnen

Doch dieser vermeintliche Freiheitsdrang hat Konsequenzen. Für Bender war der Hinweis auf den Philosophen Platon und dessen Buch „Der Staat“ augenöffnend, um die AfD zu verstehen. Denn Platon schildert den Niedergang einer Demokratie durch den Freiheitsdrang seiner Bürger. Alles solle sich dem Willen des Volkes unterordnen, hieß es damals – und heute, bei der AfD:

„Es kann aber in dem Moment kippen, wo ein Volkstribun auftritt, also ein Populist, der diesen Menschen verspricht: Ich beseitige das Establishment für Euch, ich beseitige die Oligarchie der Eliten, die Euch unterdrücken. Und wenn dann dieser jemand erstmal sozusagen die Institutionen unserer Demokratie beseitigt hat, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die anderen Medien, die pluralistische Parteiendemokratie, die repräsentative Demokratie ersetzt durch Volksentscheide, dann bekommt man ein Problem, denn dann gibt es in diesem System nur noch einen Volkstribun und das Volk und es gibt nicht mehr ein Hin und Her aus Meinungen, es gibt keine Kompromisse mehr, es gibt keine Koalitionen mehr.“

Ebenfalls spannend ist, wie Bender die Konsequenzen einer solchen Haltung weiterdenkt – und ein Szenario skizziert, wie die AfD – wenn sie an die Macht käme – die deutsche Politik und letztendlich das Land verändert würde: „Es ist jetzt Herbst 2027. Die Umgestaltung der Bundesregierung der Bundesrepublik ist in vollem Gange. Bundeskanzler Poggenburg regiert mit zwei Mitteln. Gemäßigte Reformen, die Gegenstand seines Koalitionsvertrages mit der Union sind, setzt er über die Bundestagsmehrheit mit der Koalition durch. Wenn der Union aber ein Vorhaben zu gewagt ist, verweist er auf die Möglichkeit eines Volksentscheides. Manchmal genügt diese Drohung und die Union fügt sich dem Willen Poggenburgs.“

Der frühe Durchblick in PLATONs Politeia „DER STAAT“ nach Wikipedia

Der Untergang der Demokratie

Als letztes Stadium geht aus der Demokratie die Tyrannenherrschaft hervor. Das Hauptmerkmal der demokratischen Gesinnung, der unbeschränkte Freiheitswille, wird den Demokraten letztlich zum Verhängnis, da sich die Freiheit zur Anarchie steigert. Der demokratische Bürger ist nicht gewillt, eine Autorität über sich anzuerkennen. Die Regierenden schmeicheln dem Volk. Niemand ist bereit sich unterzuordnen. Ausländer sind den Stadtbürgern gleichberechtigt, Kinder gehorchen nicht, sie respektieren weder Eltern noch Lehrer, und sogar Pferde und Esel schreiten frei und stolz einher und erwarten, dass man ihnen aus dem Weg geht.[76]

Dieser Zustand der höchsten Freiheit schlägt schließlich in die härteste Knechtschaft um. Den Ausgangspunkt der Wende bildet der Gegensatz zwischen Armen und Reichen, der weiterhin besteht, aber nun nicht mehr wie in der Oligarchie von der herrschenden Doktrin legitimiert wird. Die Vermögensunterschiede stehen im Gegensatz zum demokratischen Gleichheitsdenken. Die Masse der relativ Armen ist sich ihrer Macht im demokratischen Staat bewusst. Gern folgt sie einem Agitator, der eine Umverteilung des Reichtums fordert, die Reichen einer oligarchischen Gesinnung beschuldigt und entschlossene Anhänger um sich schart. Dadurch sehen sich die Besitzenden bedroht, sie beginnen tatsächlich oligarchische Neigungen zu entwickeln und trachten dem Agitator nach dem Leben. Dieser lässt sich nun zu seinem Schutz vom Volk eine Leibwache bewilligen, womit er sich eine Machtbasis verschafft. Die Reichen fliehen oder werden umgebracht. Der Weg zur Alleinherrschaft des Agitators, der nun zum Tyrannen wird, ist frei.[77]

Die Entwicklung der Tyrannis

In der Anfangsphase seiner Herrschaft tritt der neue Tyrann volksfreundlich auf. Er verhält sich milde, erlässt Schulden, verteilt konfisziertes Land und belohnt seine Anhänger. Nachdem er seine Herrschaft stabilisiert und einige Gegner beseitigt hat, ist sein nächster Schritt, einen Krieg zu beginnen. Damit lenkt er die Aufmerksamkeit auf einen äußeren Feind, demonstriert seine Unentbehrlichkeit als Befehlshaber und verhindert, dass sich eine Opposition gegen ihn formiert. Mögliche Gegner räumt er aus dem Weg, indem er sie an die Front schickt. Jeder Tüchtige, ob Freund oder Feind, erscheint ihm als Gefahr, die beseitigt werden muss. Da sich in der Bürgerschaft zunehmend Hass auf den Tyrannen ansammelt, verstärkt er seine Leibgarde mit Söldnern und ehemaligen Sklaven, die ihm persönlich ergeben sind. Der Unterhalt dieser Truppe verursacht hohe Kosten. Zu deren Deckung werden zunächst die Tempel geplündert, dann Steuern erhoben. Das Volk ist aus der maßlosen Freiheit in die übelste und bitterste Sklaverei geraten. Bei den Tragödiendichtern findet der Tyrann allerdings Beifall, denn sie bekommen von ihm Honorare und Ehren.[78]

Platon, Politeia 566d–569c  (Ende)

PLATO 8. Buch  Original deutsche Übersetzung Prantl 1857 bei GUTENBERG HIER

Nun sind die Formen der Ungerechtigkeit, d. h. die vier schlechten Staatsverfassungen zu betrachten, nemlich: Timokratie, Oligarchie, Demokratie, Gewaltherrschaft; einer jeden aber muß auch im Individuum eine Beschaffenheit der Seele entsprechen, und es ist daher in dieser doppelten Beziehung der Uebergang zum Schlechten und das Auftreten desselben zu betrachten ( achtes Buch, c. 1 u 2).

All solcher Uebergang liegt in einer Zwietracht des Herrschenden, und wenn bei der Geburt der Herrschenden nicht die richtigen Zahlen-Verhältnisse eingehalten wurden, tritt in Folge hievon eine Abweichung von der richtigen Erziehung ein. So geht die beste Verfassung zunächst in die Timokratie über, indem durch Vermischung des schlechten Metalles mit dem edlen Kampf entsteht und zur Schlichtung desselben Privat-Besitz eingeführt wird (c. 3); ein solcher Staat ist noch mit dem guten verwandt in der Stellung der Herrscher und in der Einrichtung gemeinschaftlicher Bürgermahlzeiten, aber streift bereits an das Oligarchische durch Ueberwiegen des Muthigen und durch Wertschätzung des Besitzes (c. 4) Der dieser Verfassung entsprechende einzelne Mensch ist kriegerisch und nimmt von einer ursprünglich guten Jugend an stets in Geldsucht und Ehrliebe zu (c. 5). Der Uebergang von da in die Oligarchie beruht im fortwährenden Wachsen der Gewinnsucht und des Gelderwerbes, wornach Alles, zuletzt selbst die Theilnahme am Herrschen, bemessen wird; ein solcher Staat verschmäht das Wissen und wird in zwei Parteien, Reiche und Arme, gespalten, welche mit allen Mitteln sich gegenseitig bekämpfen (c. 6 und 7).

Der ihm entsprechende Einzeln-Mensch wendet sich aus Furcht vor äußeren Nachtheilen dem Begehrlichen zu und wird durch die zur Ansammlung von Schätzen angewendeten Mittel gefährlich, entbehrt aber auch jeden Sinnes für wahren Ruhm (c. 8 u. 9). Der Uebergang von da in die Demokratie tritt ein, wenn durch Unersättlichkeit der Einen die Andern verarmt sind und verletzt werden, worauf, da beiderseits es an Kraft zum Guten fehlt, bei dem leichtesten Anstoße von Außen die Armen die Oberhand gewinnen (c. 10); ein solcher Staat bewegt sich in dem bunten Belieben der Einzelnen und entbehrt des staatlichen Pflichtgefühles und vermag keinen eigentlich Tüchtigen zu wählen (c. 11). Der ihm entsprechende Einzeln-Mensch wendet sich bereits auf Luxus-Bedürfnisse, zumal durch Beihülfe äußerer Einflüsse, und gelangt hiedurch zu einer Verrückung aller Begriffe und einer inneren Anarchie, welche in dem Eintagsleben der Vergnügungen und des Beliebens erscheint (c. 12 und 13). Von hier aus findet endlich der Uebergang in die Gewaltherrschaft statt, indem durch Unersättlichkeit des Beliebens alle Gränzen überschritten werden und diejenigen, welche herrschen sollten, sich zu Sklaven Anderer herabwürdigen (c. 14); indem nemlich die Selbstsüchtigen und die Klasse der Besitzenden und die Masse des Volkes sich feindlich gegenüberstehen, das Volk aber von dem durch die Gewinnsüchtigen ihnen mitgetheilten Raube abhängt, entsteht Kampf und Argwohn gegen die Besitzenden, und das Volk stellt Einen aus seiner Mitte an die Spitze, welcher, sobald er Menschenblut gekostet, zum Wolfe wird und als Gewaltherrscher eine Leibwache verlangt (c. 15 u. 16); dieser Herrscher eines Staates ist Anfangs noch mild, hält aber das Volk um der Abhängigkeit willen im Kriegszustande, dann aber verfeindet er sich mit den Unabhängigen und Tapfern und befreundet sich mit den schlechten Sklaven, welche er freiläßt und in seine Umgebung einreiht, was dann selbst von Dichtern gepriesen wird; zu seinem Aufwande schont er nicht die Tempel und zuletzt nicht das Volk selbst, welches sein eigener Vater ist, und widersetzt sich ihm dieser, so schlägt er ihn (c. 17–19).