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Musik als eine Welt mit Wort

Wie man klassische Kultur erleben kann

Im öffentlich-rechtlichen Medium z.B. täglich um 9:05 stundenlang, oder nur für 5, 10, 15 Minuten. Im SWR. Hier sind zwei Varianten, sehr unterschiedlich im Tonfall. Ein Glücksfall? Kultur erleben, d.h. teilnehmen können.

Erleben, ja – als Teil des Lebens, nicht einfach verlässlich vorgesetzt bekommen. Mit korrekten Angaben. Das genügt nicht. Erst recht nicht: als zu respektierendes „Kulturgut“ präsentiert. Man muss sich zugehörig fühlen, ohne dass diese angenehme Einbeziehung hervorgehoben wird. Wie es hier der Autorin gelingt, dass wir selbst zum Kind mutieren, indem wir uns unversehens in das neugierige und klug verspielte Kind Ravel versetzen. Nicht ganz ohne Befremden: fehlte es ihm etwa an Geschmack? An deutschem Gemüt, überhaupt: an Gemütlichkeit. Spüren sie nicht eine gewisse Kühle, die sie gleichwohl nicht missen möchten? Eine gewisse Perfektion der Anspielungen und historischen Ausblicke. Ist es wirklich eine andere Epoche? Oder ein gelungene Ganzkörpermaske. Wunderbar!

Das gelingt bei Reinhard Goebel ganz anders. Auch er ist nicht der perfekte Berufssprecher, es klingt nicht einstudiert und professionell geglättet, überhaupt beherrscht er sich nur für den Augenblick, für die Länge großer Musik oder wenn er eilig verdeutlichen will, was er meint: dann singt er eben mit. Diese quasi spontan produzierten Sendungen müssen als Studioprodukt sehr mühsam gewesen sein. Und die latente Spannung teilt sich beim Hören mit, eine Erfahrung, an der man nicht ohne gelegentlichen Widerstand beteiligt wird.

Die andere Variante (nach dem Muster der alten „Features“ )

Ravel enträtseln / Mit Katharina Eickhoff

Wer „Le Belvédère“, Maurice Ravels Haus in Montfort L‘ Amaury bei Paris betritt, weiß gleich, dass der Titel von Ravels „Das Kind und die Zauberdinge“ nicht bloß eine hübsche Opern-Überschrift ist. Es ist die Beschreibung seines Künstlerdaseins. Ravel selbst war ein – immer schon altes – Kind, und sein Haus in Montfort ist vollgestopft mit Zauberdingen, die in seiner genial konstruierten Musik widerhallen. Und genau darum geht es in der ersten Folge dieser Musikstundenreihe.

Die Autorin spricht selbst, damit steht sie glaubwürdig hinter dem Text, auch Zitate werden nicht von „Profis“ hineingelesen, das ist gut so. Man spürt keinen „Apparat“, kein Regie-Team. (Nichts gegen mitwirkende Profis, die sich auf „Understatement“ verstehen!)

1) https://www.ardaudiothek.de/episode/musikstunde/ravel-entraetseln-1-5/swr-kultur/14206513/ HIER

2) https://www.swr.de/swrkultur/musik-klassik/ravel-entraetselt-2-5-100.html HIER

3) https://www.ardaudiothek.de/episode/musikstunde/ravel-entraetseln-3-5/swr-kultur/14215677/ HIER

ODER : https://www.swr.de/swrkultur/musik-klassik/ravel-entraetseln-3-5-100~_refTime-1740477600_-4fd2952d6b1d7b2924306e556f97936c2c0971ef.html HIER

4) https://www.swr.de/swrkultur/musik-klassik/ravel-entraetseln-4-5-100.html HIER

5) https://www.swr.de/swrkultur/musik-klassik/ravel-entraetseln-5-5-100.html HIER

Katharina Eickhoff:

Natürlich spricht Musik für sich, aber ich glaube fest, dass jedes Werk mehr berührt, wenn es umgeben ist von Geschichte und Geschichten. Soll heißen: Ich glaube in Sachen Musik an die Kraft des Vermittelns und Erzählens, frei nach Ciceros Rhetorik: Informieren, Unterhalten, Rühren.

Bitte erst nachträglich schriftliche Unterlagen suchen… Hören – mit bloßen Ohren imaginieren.

Versuchen Sie doch, aus einer dieser Sendungen auszusteigen. Falls Sie im Auto sitzen, begeben Sie sich auf einen Parkplatz. Entspannung ist nicht! Oder merken Sie sich vor, wo und wann das im Internet zu finden sein wird… Es gibt Radio-Sendegebiete, in denen Sie vergeblich nach einem solch dichten Netz von Ideen aus Wort und Musik suchen. Dort hat sich ja der hirnrissige Gedanke durchgesetzt, dass der mündige Hörer, die mündige Hörerin, sich in einem Riesenangebot von Kostbarkeiten schon ganz allein eine Musikgeschichte mit den passenden Geschichten basteln werde. Woher denn? Das ist eine falsche Einschätzung der Mündigkeit. Sie muss nämlich gelernt sein. Ein mühsamer Prozess.

Kein Mensch ist von Natur so begabt, auch nicht die, die am Radio so klingen, als gehe ihnen alles leicht von der Hand: sie haben ihr Leben lang daran gearbeitet, dass man ihre  bienenfleißige Vor-Arbeit, ihre kräftezehrende Praxis da draußen im Blick auf ein hörendes, ansonsten passives Publikum nicht mehr störend wahrnimmt. Wie zum Beispiel Katharina Eickhoff oder Reinhard Goebel.

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Oder – ein Portrait ohne Worte !

Maurice Ravel – Musikalische Splitter

78 Min. Verfügbar bis zum 31/03/2026

https://www.arte.tv/de/videos/119953-000-A/maurice-ravel-musikalische-splitter/

Pressetext

Die farbenfrohe Rekonstruktion des Lebens durch den französischen Komponisten folgt seinem musikalischen Werdegang anhand seiner größten Erfolge, lädt aber auch zur Entdeckung weniger bekannter und persönlicher Werke ein.

Der Film ist von großer visueller Kraft, seine Schauplätze treten mit Ravels Kompositionen in Verbindung: das Geburtshaus in Monfort-l’Amaury, die Musikhäuser der Cité de la musique in Paris, das von Le Corbusier entworfene Kloster Sainte-Marie de la Tourette in Éveux. Zugleich ist er eine ebenso poetische wie aufschlussreiche Reise durch das Leben des Komponisten, die ihm mehr Gestalt verleiht als sämtliche bisher erschienenen Biografien.

Zu Wort kommen Klaus Mäkelä, Chefdirigent des Orchestre de Paris, der Pianist Bertrand Chamayou, die Koloratursopranistin Sabine Devieilhe, das Quatuor Modigliani, die Dirigentin Laurence Equilbey, musikalische Leiterin des Insula Orchestra und des Chors Accentus, die Sopranistin Marie-Laure Garnier, die Geigerin Raphaëlle Moreau und die Pianistin Célia Oneteo Bensaid.

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Reinhard Goebel: 4 mal Mozart mit seiner populärsten  Musik je 5-10 Min.

Wie gesagt: Eine ganz andere Art von Sendung: von einem methodisch unberechenbaren Fachmann, der sich die Mittel der Verständigung nicht vorschreiben lässt. Er ist Partei, will überreden. Eigentlich vorspielen, also singt er zur Not. Oder versucht das Tempo der Romance aus den halbierten „Halben“ des Finales „vor-zu-zählfühlen“.

1) https://www.swr.de/swrkultur/musik-klassik/die-kunst-des-populaeren-100.html HIER

2) https://www.swr.de/swrkultur/musik-klassik/wo-boese-geister-ihr-unwesen-treiben-100.html HIER

3) https://www.swr.de/swrkultur/musik-klassik/folge-3-der-inbegriff-der-unterhaltungsmusik-100.html HIER

4) https://www.swr.de/swrkultur/musik-klassik/folge-4-ein-guter-schluss-ziert-alles-100.html HIER

(Fortsetzung folgt)