Eine Ahnung
Typisch ist es, – wenn man dieses Heft aufschlägt -, man ist gebannt und hat doch keine Ahnung, was einen sonst noch erwartet, wenn man weiterblättert: es sind eben Denkzettel, genauso fesselnd in den Bildern wie in den Texten. Ich habe dieses ausgewählt, weil es Verbindung zu meiner Vergangenheit mit arabischer Musik aufzunehmen scheint. „Luft von anderem Planeten“, wie bei Schönberg. Ich hätte aber gleichermaßen auf das Innere einer Tiefgarage oder auf eine Spielzeuglokomotive treffen können: immer bin ich jeweils mindestens 10 Minuten beschäftigt, ohne dass mir die Zeit lang wird. Das ist Rainer Prüß. Ich bin ihm dankbar, dass ich hier eine Kostprobe wiedergeben darf.
Natürlich gilt das © -Zeichen vor Rainer Pruess. Und es ist nicht das erste Mal, siehe z.B. hier. Oder geben Sie seinen Namen in die „Suche“ rechts oben ein, auch mit -ss statt -ß. Es lohnt sich. Und – Achtung! – die beste Ansicht haben Sie im Computer, nicht im Handy, wo die beiden an sich nebeneinander stehenden, zusammenhängenden Seiten auseinander treten und untereinander rücken…
Der Denkzettel macht Lust, in den Koran zu schauen, wenn nicht dessen Schriftzüge auf deutsch gar so prosaisch ausssähen:
Jetzt müsste ich noch den arabischen Text finden… Oder verstehe ich auch so, was Rainer Prüß recht deutlich beschreibt? – Ich entdecke: am oberen Rand habe ich mangelhaft kopiert:
wie konnte mir das entgehen??? Und ich glaube verstehen zu können, was er mir allgemein über Schriftzüge erklärt? Schriftzeichen! Ich muss besser sehen lernen, das ist klar. Und immerhin habe ich eine ganze Weile über den Blickwinkel des Windmühlenfotos sinniert.
Da ist das ehrwürdige Buch, – werde ich darin, wenn ich es „von hinten“ angeblättert habe, nach der Einleitung überhaupt die erste Sure identifizieren können? Und wer sagt mir überhaupt, mit welchem Text die Inschrift an der alten Moschee-Wand beginnt. Immerhin, der Schriftzug, der Allah bedeutet, müsste auch hier zu erkennen sein, wenn mich Rainer recht geleitet hat…
Freund Mauritz aus Luxor hat mir weitergeholfen:
Den Bericht über „Gottes schönste Namen“ findet man hier, über die Yeni Cumi Moschee ebenfalls in Wikipedia , von dort stammt auch der folgende Blick in die Kuppel (Foto Erol Gülsen):
Noch etwas anderes fiel mir inzwischen auf, und zwar anlässlich der Schrifttype, in der leicht leserlich der „profane Denkzetteltext“ gesetzt ist, genannt „Rotis“, – nach dem Schweizer Wohnort des Erfinders Otto Aicher. Der unbeirrte Blick ins Wikipedia-Lexikon zeigt jedoch, dass dieser interessante Mann in einem urdeutschen Dorf bzw. Weiler gewirkt hat, Rotis, – heute ein Ortsteil von Leutkirch im Allgäu.
Was mich im neuen Denkzettel besonders beschäftigte, war das wunderschöne Foto einer gewundenen Treppe von etwa 50 Stufen; in geheimnisvolles Dunkel getaucht, hinauf an dem Steilufer eines Flusses, scheint sie dort oben auf eine Altstadtpromenade zu führen; ins Auge fällt jedoch die genau hier aufgestellte blaue Europafahne mit dem Sternenkranz. Bezeichnet sie eine Landesgrenze? Entrevaux, Alpes-de-Haut-Provence, verrät das Inhaltsverzeichnis. Nie gehört. Wikipedia bietet die folgende, ganz andere Perspektive des Städtchens von oben.
Merkwürdigerweise inspiriert den Freund gerade der andere eindrucksvolle Blick: mit der winzigen Europafahne am Ziel eines beschwerlichen Weges, den wir vielleicht entspannt und bezaubert betrachtet haben, zu einem politischen Text, der die Vision eines künftigen Europas beschwört. Was mich wieder einmal auf die überraschenden Koinzidenzen verweist, die sich jetzt durch den weltweiten Umbruch der Machtausübung häufen und jede selbstbezogene beschauliche Versenkung in Kunst, Musik, Natur unterminieren. So auch, bei Rainer Prüß in graphischer Verdichtung, – der europäische Gedanke.
Wann habe ich das zum Thema gemacht: Sobald man das Individuum hervorhebt, ist es ein notwendiger Schritt zu bedenken, dass kein Individuum für sich allein existiert. Das war hier. Und gleich danach das Stichwort GEMEINWOHL aus dem Lexikon der Philosophie, das war im November 2021.
Und zuletzt am 7. März dieses Jahres bei der Lektüre der neuen ZEIT und eines Artikels von Harald Welzer hier.
Das nenne ich Koinzidenzen. (Zitat) In Zeiten der Verunsicherung, in denen sich private Ungewissheiten und eilige Vergewisserungen untrennbar mit politischen Bewegungen und Bedrohungen zu verquicken scheinen. Wie nie vorher in 70 Jahren.
Oder bei Rainer Prüß zu Europa s.o.: Föderalismus heißt kenntnisreich regional handeln und für das Ganze gemeinsam denken. (…) „Gemeinsam“ setzt Einzelne voraus, die sich zusammentun.
So einfach ist das.