Besitzergreifung mit gerade 14 Jahren – Lesespuren
Was davon habe ich verstanden und behalten ??? Ohne die Musik hören zu können – oder zu vermissen?? Zarlino hier und dort in einer Reihe neuer Namen… Aber heute stehen fast alle in meinem Bücherschrank, abgesehen von Glarean und Zacconi. Im Zeitalter des Internets hätte ich nicht einmal der Nachschlagewerke Riemann (alt und neu), Groves (zweimal), MGG (alt und neu) bedurft, deren Anschaffung sich über „meine“ Jahrzehnte verteilt.
Zarlino 1573
Nun stellt sich heraus, dass niemand, der dieses Werk nicht besitzt, unglücklich sein muss. Denn er kann darüber im Internet nachlesen, ja, er kann es insgesamt digital durchblättern, nämlich hier.
Damit nicht genug: er/sie kann es ingesamt in deutscher Übersetzung abfragen, und zwar hier. Im Folgenden sehen Sie als Beleg nur ein Teil der Inhaltsangaben (Weiteres siehe an Ort und Stelle):
Das Buch habe ich erworben, nachdem ich, aus Berlin kommend, nach Köln-Niehl gezogen war, gewillt, in der Domstadt richtig Fuß zu fassen, zumal mir das in Berlin nicht besonders gelungen war. Etwa so wie Jürgen Becker sein engeres Umfeld in dem Buch „Felder“ bestätigte und durch gute, wirklichkeitsnahe, bewusst ausdruckslose Sätze dokumentierte, so wollte ich es auf meine Weise tun. Und aus welchen Gründen auch immer – ist es mir nicht gelungen, vielleicht weil ich sonst keine Vorbilder hatte außer Benn, Proust und Musil. Und keine Heimat in Köln. Oder richtiger: weil ich die Musik hatte, die Instrumente, und zwar mit der Dauerforderung: Du sollst üben! Und zwar in Richtung virtuose Technik. Und vor allem: nie ausdruckslos.
Es ist schön, den ganzen Formenreichtum vorüberstreichen zu lassen, der im Laufe eines Lebens entsteht, Bild für Bild, sehenden Auges und in der Imagination versunken. Zurückkehrend das eine Bild zur Wirkung aufsteigen zu sehen, von dem du ausgegangen bist und bei dem du verweilen möchtest. Ein Stück Welt als Abbildung, die zu dir spricht und keiner Worte bedarf. Es hat Ähnlichkeit mit einem differenzierten Klang. (JR)
Wer erinnert sich noch an ihn im WDR? Wo finde ich eine Gedenksendung für den ideenreichsten Musikchef, der je fürs Kölner Radio gearbeitet hat? Der u.a. dafür gesorgt hat, dass der WDR zum größten und vielseitigsten Musikveranstalter in NRW geworden ist?
Für Hans Martin Müller, der seinerzeit als Solo-Flötist viele Jahre im WDR Sinfonieorchester gewirkt hat, bleibt er unvergessen, und er hat jetzt dafür gesorgt, dass der 22. Oktober 1924 als besonderer Tag ins Bewusstsein vieler Menschen rückt, die kaum bemerkt haben, dass im Radio-Programm und Im Konzertleben fast alle seine Spuren verwischt sind. Eine der bemerkenswertesten – pars pro toto – hinterließ die Reihe „Nachtmusik im WDR“, die Krings 1972 gründete: jahrzehntelang sorgte sie live für Sternstunden mit einer global ausgerichteten Auswahl.
Krings (ganz links) nach einer der Veranstaltungen „Alte Liturgien in Romanischen Kirchen Kölns“ (Foto WDR)
Die letzte, ganz kurze Info ist die einzige Spur seines Lebens, die sich im angeblich allumfassenden Internet leicht finden ließ. Dazu eine Auflistung aller Schallplatten, für die er verantwortlich zeichnete: hier. Ab 1960 bis 1987 bzw. indirekt weiter bis 1999, nach seinem Tode.
Von der schwierigen WDR-Wende der 60er Jahre in der Praxis Alter Musik berichtet die Chronik „50 Jahre Alte Musik“:
Quelle Thomas Synofzik: Collegium musicum und Collegium aureum /oder: Vom Rundfunk zur Schallplatte / Aus: 50 Jahre Alte Musik im WDR 1954-2004 / im Concerto Verlag mit dem Westdeutschen Rundfunk
Völlig neue Horizonte in der Weltmusik öffnete Krings 1969 mit seinem programmatischen Blick auf die Zukunft der Volksmusik, wenngleich es noch etwas vorsichtig anklang: „Durch die Zusammenarbeit mit dem Kölner Institut für vergleichende Musikwissenschaft ergaben sich verschiedene Anregungen mit Musik aus aller Welt.“ WDR-Aufnahmereisen u.a. nach Korea, Bali, Indien und Afghanistan (1974) setzten bald Maßstäbe. Krings gab der Musikethnologie eine Stimme, Marius Schneider und Josef Kuckertz traten durch Radiosendungen an die breite Öffentlichkeit.
Quelle Zwanzig Jahre Musik im Westdeutschen Rundfunk / Eine Dokumentation der Hauptabteilung Musik 1958-1968 / WDR Köln
Performing on period instruments from around 1900 the Originalklang-Project of the Mahler Academy Orchestra brought to life the sound of Vienna at the turn of the century. 47 students of the Gustav Mahler Academy, who were selected from over 800 applicants, met outstanding musicians from Europe’s top ensembles in South Tyrol. Together they learned historic playing techniques of the fin de siècle and played on the very instruments that Gustav Mahler bought for the Vienna Court Opera during his directorship. On September 8, 9 and 10, 2022, Mahler’s Ninth Symphony was being performed on period instruments in Toblach, Bolzano and Ferrara The Originalklang-Project was created by conductor and curator of the Gustav Mahler Academy Philipp von Steinaecker who also directed the performances. The academy worked closely with Prof. Dr. Clive Brown, the leading specialist in the field of performance practice of romantic music. Mahler Academy Orchestra – Originalklang-Project
Vorwort zur Bärenreiter-Ausgave des Mendelssohn-Violinkonzerts (hier)
Mendelssohns Violinkonzert op. 64 ist ein zentrales Werk des 19. Jahrhunderts, das zum einen noch dem klassischen Stil eines Beethoven verbunden ist, zum anderen aber auch den Weg zum romantischen Ausdrucksideal eines Brahms weist. Seit langem ist bekannt, dass Mendelssohn das Werk nacheinander mit drei Solisten aufführte: Ferdinand David, der während des Entstehungsprozesses eng mit dem Komponisten zusammenarbeitete und die Premiere spielte, Joseph Joachim, das ‚Wunderkind‘, und Hubert Léonard, ein junger belgischer Virtuose, über den wir wenig wissen.
Korrekturfahnen zum Violinkonzert in e-Moll galten lange als verschollen; so konnte man es als kleine Sensation bezeichnen, als kürzlich doch ebensolche zur Solo-Violinstimme zusammen mit einem Brief von Mendelssohn an Léonard gefunden wurden.
Der Brief informiert uns, dass der Komponist Léonard zu sich nach Hause in Frankfurt einlud, um ihn kennenzulernen. Es war bereits bekannt, dass Mendelssohn David Korrekturfahnen gab; aber nun wissen wir, dass auch Léonard ebensolche erhielt.
Die jüngst entdeckten Korrekturfahnen bezeugen, wie Léonard das Konzert zusammen mit Mendelssohn an jenem Abend im Februar 1845 spielte. Sie enthalten Strichbezeichnungen und Fingersätze und zeigen, wie Léonard Lagenwechsel ausführte und wo er leere Saiten einsetzte; sie umfassen darüber hinaus modifizierte Dynamik-Angaben sowie zusätzliche Legato-Bögen.
Wir können davon ausgehen, dass all dies in Mendelssohns Sinne erfolgte. Dass der junge Geiger einen positiven Eindruck auf Mendelssohn machte, wird in den Briefen des Komponisten nach dem gemeinsamen Abend bestätigt; Mendelssohn lobt Léonards Spiel sehr und stellt in Aussicht, ihn dabei zu unterstützen, in Deutschland Arbeit zu finden.
Bärenreiters revidierte Ausgabe von Mendelssohns Violinkonzert – lediglich die Orchesterstimmen sind unverändert geblieben – schließt ein separates Heft zur Aufführungspraxis ein. Herausgeber ist der ausgewiesene Experte für romantische Aufführungspraxis Clive Brown.
SPIEGEL-Gespräch unbedingt lesen:
Steinaecker: Klassische Musik, der viele Menschen ihr ganzes Leben verschreiben, ist keine Materie, die man in einer gemütlichen Viertelstunde vermitteln kann, leider wird das trotzdem häufig versucht. Ich bin kein Experte, aber das erste Ziel in der Musikvermittlung ist immer die Niedrigschwelligkeit, immer geht es darum, vor allem niemanden abzuschrecken. Ich denke, dass man damit die meisten Leute total unterschätzt, die beteiligten Musiker fühlen sich damit auch unwohl. Sie wissen ja, dass es um komplexe Sachen geht, müssen aber so tun, als ob sie doch ganz einfach wären.
SPIEGEL: Man behandelt Erwachsene wie Kinder?
Steinaecker: Genau, wie kleine Kinder, denen man ein Spielzeug hinreicht und sagt: »Hier, wenn du an diesem Rädchen drehst, passiert das und das«. Das ist einfach unangemessen. Klassische Musik verhandelt die großen Fragen der Menschheit. Musik ist eine Sprache, die sich nicht einfach so in Worte übertragen lässt, und das soll ja auch so sein.
SPIEGEL: Was also bringt Musik dem Menschen?
Steinaecker: Vor dem Auftritt von Sigmund Freud und seinen psychologischen Traumdeutungen war die klassische Musik und Musik überhaupt die Möglichkeit, das Unbewusste sprechen zu lassen. Seit Freud nehmen wir das anders wahr. Das Unbewusste ist weitgehend erforscht, folglich spielt Musik heute eine andere Rolle für uns. Hochkomplex bleibt sie, aber das ist kein Problem, wie alle immer denken, sondern es ist großartig. Komplexe Sachen reizen das menschliche Interesse, sie beschäftigen uns, sie wecken Neugierde und machen Lust. Dafür müsste man den Leuten ein Gefühl geben. Es geht darum, dass da in der Musik Großes verhandelt wird, das sich nicht von jetzt auf gleich verstehen lässt. Aber wer dem nachgeht, wird belohnt.
Zwei Sternstunden: Schubert, Müller, die Geschichte, der Film, der Liederzyklus, der Gesang
Sendung 9. Juni 2024 (W bis 2029)
https://www.ardmediathek.de/video/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzIwNjE5NzA HIER
Der Film begleitet Julian Prégardien auf seiner Reise zu den Ursprüngen des Liederzyklus und beim Austausch mit verschiedenen Persönlichkeiten. Ein Psychiater erklärt das Phänomen der unerfüllten Liebe, eine Gender-Expertin gibt Einblicke in die Perspektive der angebeteten Frau und ein Schubert-Kenner vermittelt die Künstlerwelt des Komponisten zwischen Genie und Wahnsinn. Neben den Pianisten Kristian Bezuidenhout und Daniel Heide verzaubert die Puppenspielerin Manuela Linshalm das Publikum mit ihrer zeitbasierten Interpretation der romantischen Erzählung. Es ist eine Suche nach einer immer neuer Inspiration für ein Werk, das Julian Prégardien als Sänger besonders viel bedeutet und für das er seine Freude mit vielen Menschen teilen möchte. Ein Film von Nanna Schmidt.
https://www.ardmediathek.de/video/kulturmatinee/julian-pregardien-singt-schuberts-schoene-muellerin/swr/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzIwNTQ1Mzc HIER
„Die schöne Müllerin“ Gesamtaufnahme SWR
Der Film zeigt auch, dass man den Dichter genauso ernst nehmen muss, wie Schubert es tat.
Siehe auch Christian Gerhaher zum gleichen Thema hier im Blog
Als blutige Laien in der Kunstbetrachtung haben wir immer ein schlechtes Gewissen, wenn wir ein Gemälde oberflächlich nach seiner Lebensähnlichkeit beurteilen; andererseits beginnt man sofort zu spotten, wenn einer dagegenhält mit Bemerkungen zum strukturellen Aufbau des Werkes. Ich erinnere mich, dass zeitweise ein impressionistisches Kalenderbild an der Wand über dem Schreibtisch meines Vaters hing, in das ich mich „verliebte“, während er, der sich gerade Hamanns große dickleibige Kunstgeschichte zugelegt hatte, offenbar einen rein sachlich-ästhetischen Zugang suchte. Die farbenfroh schöne Frau von Renoir oder Monet hatte sogar einen Namen, sie war einmal „real“ (gewesen). Als mein Freund zu Besuch kam, führte ich ihn wie zufällig zum Porträt, beiläufig murmelnd „findichschön“, worauf er knallhart entgegnete: „hat viel Holz vor der Hütten“, und damit war sie schlagartig entweiht. Ja, entweiht. Alerdings hatte ich schon ein ungutes Gefühl, wenn ich auf dem Cover meiner ersten Concert Hall Schallplatten las: „Hohe Lebensstunden weihet mit Musik“. Auch Musik sollte etwas mit dem wirklichen Leben zu tun haben. Einmal legte ich ein Bild auf das Notenpult und versuchte, auf der Violine die irgendwie geforderten oder unterstellten „überströmenden Gefühle“ zum Ausdruck zu bringen. Da trat überraschend mein Vater ins Zimmer trat und rief „das ist viel zu schnell“, während ich eiligst mit dem Geigencorpus das kompromittierende Bild verdeckte. –
Eines Tages kam meine 5 Jahre ältere Cousine auf der Durchreise mit ihrer Freundin zu uns, beide Kunststudentinnen in Basel, wir schauten gemeinsam den Prachtband „Europäische Meisterbilder“ an, – einige kannte ich allzugut -, mir schwante Unheil, plötzlich hielten sie inne, allerdings nicht dort, wo ich mich auskannte: sondern beim Jesus am Kreuz. Sie bewunderten die „Formauffassung“, die (attraktive?) Freundin legte den Finger auf die Reihe fein ausgearbeiteter Bauchfalten, oberhalb des Lendentuches. Mir stockte der Atem, und sie sagte: „wie fein ausgearbeitet!“ Gott sei Dank, beide waren vom Fach und bemerkten nicht die Röte in meinem Gesicht.
So etwa begann meine Pubertät, von der ich wenig wusste. Meine Mutter bemerkte nur verdächtig oft: „Die Flegeljahre bleiben bei ihm aus!“ Hat mich die Klassik gezügelt? Eine unendlich lange Zeit verging, ehe ich die Mentaltät der 50er Jahre in all ihrer Verklemmtheit durchschaute, die 6oer Jahre, die ich als Befreiung erfuhr, auch kunstästhetisch umsetzte. Erste Erleuchtungen (nach André Malraux‘ „Das Imaginäre Museum“ 1963): das Bändchen vom „Sehen der Welt in der Bilderwelt“ von John Berger (1974).
Derlei Dinge gingen mir durch den Kopf, als ich heute einer Anregung von Wilfried Schaus-Sahm folgte und mich mit der folgenden Betrachtung von Kia Vahland beschäftigte.
https://www.stadtmuseum-duisburg.de/leonardo-da-vinci-und-die-frauen/ hier
https://www.nationalgeographic.de/geschichte-und-kultur/2019/09/die-malerei-leonardo-da-vincis-ist-weiblich hier
https://de.wikipedia.org/wiki/Anbetung_der_K%C3%B6nige_aus_dem_Morgenland_(Leonardo_da_Vinci) hier
https://de.wikipedia.org/wiki/Bildnis_der_Ginevra_de%E2%80%99_Benci hier
https://de.wikipedia.org/wiki/Cecilia_Gallerani hier
https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Verk%C3%BCndigung_(Leonardo_da_Vinci) hier
Zitat Vahland: vom Kuss
3:44 „Leonardo da Vinci hat ganz außergewöhnliche Frauen gefunden, die einen heute noch überraschen. Er malt erstmal natürlich viele Marien, da wissen wir nicht, wer die Modelle sind. Dann aber malt er noch als junger Mann Ginevra de‘ Benci (…). Er möchte, dass sich die Leute in seine Bilder verlieben. Er erzählt eine Geschichte, wie die Leute Bilder mit weiblichen Heiligen zurückbringen in die Werkstatt und ihn bitten, die Heilgenscheine zu übermalen, damit sie die Bilder besser küssen können. Und das ist ganz genau in Leonardos Sinn. Das heißt, er nutzt die Stärke der Frauen, er nutzt die Verführungskraft der Frauen, um seine Kunst, um die Malerei zu stärken. Die Malerei ist so verführerisch wie die Frauen, die er malt. Und stark, so unabhängig und so klug wie diese. Dafür müssen es natürlich selbständige Objekte sein und keine Objekte, über die man einfach verfügt. Und die Frauen auf den Bildern liefern sich den Betrachtern nie aus. Das sind immer ganz, ganz eigenständige Wesen. Denn sie stehen für Leonardo auch für die Malerei an sich. Schon seit der Antike ist das Bild einer schönen Frau auch das große Meisterwerk eines Malers, an dem er seine Kunst zeigt, und so ist es eben auch bei Leonardo da Vinci. Denen gehört seine Sympathie, auf die lässt er sich ein, mit denen tritt er in einen Dialog.“ 5:11
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(Abstrakte) Kunst in der Realität, was nicht unbedingt bedeutet: die neue Irrealität dank Caspar David Friedrich. Jedoch auch Düsseldorf (20 Minuten entfernt, nächste Woche):
https://www.kunstpalast.de/de/event/tony-cragg/#Ausstellung hier
Video mit Cragg – siehe bei 6:40 von Menschen, – „die streicheln meine Arbeit„.
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13.04.24 Noch etwas ganz Neues aus dem Kunstpalast in Düsseldorf: ! Blumen ! HIER .
16.04.24 Ich war dort, im Kunstpalast Düsseldorf Ausstellung Tony Cragg, hier „Die Welle“:
Eine Zeichnung ist ein (Ab-)Bild, das ein Motiv (Sujet) in vereinfachender Weise mit Linien und Strichen darstellt. Dies unterscheidet Zeichnungen von der Malerei, welche ein Motiv durch den flächenhaften Einsatz von Farben und Tonwerten darstellt.
Linie
Grundtechnik der Zeichnung ist das Zeichnen einer Linie. Die Konturlinie oder Umrisslinie markiert die Grenzen, den Umriss, eines Gegenstandes und charakteristische Kontraste, wie sie sich zum Schatten ergeben. Ohne jede Schattierung lassen sich so die Grundzüge eines Gegenstandes festhalten, beispielsweise die Umrisse einer Frucht, die sich von ihrem Hintergrund abgrenzt, und Falten, die ja nichts weiter sind als kontraststarke Schatten. Die Binnenlinie zeigt die Struktur eines Gegenstandes innerhalb seiner Kontur. Auch bei nicht-gegenständlicher Darstellung ist die Linie das hervorstechende Merkmal, auch wenn in der modernen Zeichnung die Grenzen nicht immer eindeutig zu ziehen sind.
Die Linie als das spezifische Charakteristikum der Zeichnung hat historische Entwicklungen durchlebt: Obgleich die Linie als individuelles Markenzeichen jedes Zeichners anzusehen ist, gab es in der Renaissance einen allgemein anerkannte Linientyp, die „schöne“ Linie, die rund, schwingend oder kurvig war. Darüber hinaus existierten gerade und starre Linientypen im Bereich des architektonischen Zeichnens. Der volle Linienreichtum entstand mit dem Impressionismus, weil sich die Beziehung zum beschreibenden Gegenstand lockerte. Eine „Befreiung der Linie“ hin zur gegenstandslosen Zeichnung erfolgte erst im 19. Jahrhundert, etwa im Werk von Honoré Daumier. Die bis dahin dominante schön-kurvige Linie wurde nun um bisher als nicht bildwürdig erachtete eckige, sperrige und ruinöse Linientypen ergänzt. Neue Ausdrucksmöglichkeiten der Linie fanden sich überdies im Werk von Paul Klee und der expressiven Zeichnung Pablo Picassos.
Schraffur
Die Schraffur setzt den zeichnerischen Gedanken der Linie in der Fläche fort. Sie wird eingesetzt, um in der Zeichnung räumliche Effekte (Plastizität) und unterschiedliche Tonwerte darzustellen. Dazu werden in gleichmäßigen Abständen dünne Linien in einem Winkel schräg zur Hauptlinie gezogen. In der reinen Zeichnung ist es verpönt, dabei die Linien so eng zu ziehen, dass sie verschmieren – zum Beispiel durch einen schräg gehaltenen Bleistift – weil damit die Grenze zu Malerei als einem flächigen Arbeiten überschritten wird. Man nennt das „schummern“. Mittlerweile ist aber auch dieses flächige Arbeiten mit Graphit und Kohlestiften weit verbreitet.
Weitere Abstufungen in den Tonwerten lassen sich durch eine zweite Schraffur erzeugen, die leicht versetzt über die erste Schraffur gesetzt wird und deren Linien kreuzt. Man spricht deshalb auch von Kreuzschraffur. Mit dem Mittel der Kreuzschraffur lassen sich bei gleichbleibender Linienstärke viele verschiedenen Schattierungen und Tonwerte erzeugen. Besondere Bedeutung hat die Kreuzschraffur beim farbigen Arbeiten, weil durch verschiedenfarbige Schraffuren neue Farben erzeugt werden können.
Quelle Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Zeichnung_(Kunst) hier
Zunächst wollte ich nur Näheres über die Linie wissen, nachdem ich die interessanten Ausführungen von Heinrich Wölfflin gelesen hatte, dann über Dürer, der mich immer angezogen, aber auch abgestoßen hat. Was ganz sicher an der Fremdartigkeit seiner Lebenswelt lag (ohne dass ich dieses psychologische Thema vertiefen wollte). Nun halte ich es in Bewegung:
wbg – was ist inzwischen aus der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft geworden? Siehe hier.
„The Voice of Iran: Mohammad Reza Shajarian – The Copenhagen Concert 2002“
(World Premiere 18. August 2006 Kollektiv Film 2002 Judith Stage)
Ich komme darauf, weil ich kürzlich in der WDR3-Sendung „KlassikForum“ Navid Kermani als Gast gehört habe. Daraufhin habe ich einen großen Auftritt des Sängers Shadjarian in YouTube gesucht…
Anfangstext:
1:04:15 Zwischentext Shadjarian:
Unser Gesang ist nah verwandt mit dem Gesang der Nachtigall und des Kanarienvogels. Unsere Ornamente sind so wie die der Nachtigall in den Gebirgstälern. Wir benutzen dieselben Techniken, aber mit der Physik unserer Stimmbänder. Ich habe zum großen Teil mit der Nachtigallen-Stimme gearbeitet, hatte auch viele Kanarienvögel. Sie sangen für mich, und ich behielt ihre Stimme in den Ohren. Wenn ich mich in der Natur erging, lauschte ich immer auf die Stimmen der Vögel. Unsere Musik ist eine melodische Sprache, welche eine Bedeutung hat. Ist aus Sätzen gemacht, die eine Bedeutung haben. Die Motive ähneln den Wörtern der persischen Sprache. Wenn wir improvisieren, behandeln wir die Musik als eine Sprache, singen oder spielen wir, indem wir diese Motive benutzen, und mit der Symmetrie der Improvisation erschaffen wir ein Ganzes. Ein musikalisches Bauwerk (Gipfel). Wenn jemand ernstlich diese Musik kennen (lernen) will, muss er von Kind an damit gelebt habe und sie lernen wie eine Sprache. Danach hat man viel Freude damit, sie hat soviel Ausdrucksweisen und so einzigartige Qualitäten. Je besser man sie kennt, desto mehr Freude hat man daran. Es ist wie mit Hafis‘ Gedichten: Hafis benutzt dieselben Worte wie die anderen, aber er ändert ihre Ordnung und kombiniert sie in einer neuen Weise, die ihnen eine Tiefe gibt, die Himmel und Erde zusammenfügt. Der Weg, auf dem man sie zusammenbringt, ruft eine neue Bedeutung ins Leben. Unsere Musik ist wie die Dichtung des Hafis. (1:06:30)
Was ist der WDR? der Westdeutsche Rundfunk Köln, Fernsehen und Radio, außerdem Konzertveranstalter in Köln und im ganzen Land, und was ist WDR 3 ? Ein Beispiel vom 25.11.23:
nur zum Lesen anklicken, dann ⇓⇓⇓
https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr3/klassik-forum/audio-leidenschaftlich-und-reflektiert—kermani-im-klassik-forum-100.html HIERab 37:00 nach wunderschönem iranischen Gesang und Nay-Improvisation folgt ein Gespräch über JR und seine WDR-Arbeit. KEi: Moderatorin Katharina Eickhoff, NK: Navid Kermani als Gast, (Redakteurin: Susanne Ockelmann). Der Wortlaut:
KEi Ja, klassische, persische Musik mit Mohammed Reza Shadjarian, das war der Sänger, und die Nay, die persische Flöte, sie spielte Jamshid Andalibi, und das war ein Konzert, Herr Kermani, da waren Sie drin. NK Ja, dazu kam ich über Menschern… das war – glaube ich – das erste persische Konzert in Köln, damals organisiert vom WDR, der ja auch immer wieder über die Jahre tolle Sachen gemacht, das war Jan Reichow, der damalige Redakteur, der diese überhaupt diese Ethnomusik … ach, jetzt sage ich schon… Weltmusik! nach Köln gebracht hat, das war – soweit ich weiß – soweit ich mich erinnere – das erste Konzert einer ganzen Serie, die bis heute – wenn heute in der Philharmonie indische, persische Musik spielt, ich glaube, das haben wir alles dem Jan Reichow zu verdanken, der diesen Enthusiasmus hatte, der diese ganze Welt ins deutsche Radio gebracht hat, und das ist ja immer so, man kann … wenn man sich so begeistert für irgendwas, so Dinge macht und über Nacht telefoniert und Tage sich beschäftigt – das wird einem ja nicht in der Gegenwart gedankt, dass einem dann irgendjemand sagt: super, das haben Sie gut gemacht und ich weiß nicht, 20 Jahre später KEi da sitzt der Navid Kermani… NK … und hören diese Musik und erinnern uns immer noch, was für ein Wahnsinn – ich kann mich erinnern, wie beglückt die Iraner in Köln waren, dass ihre Musik in so einem schönen, würdigen Rahmen gespielt wird – klar, das waren … meine Eltern … für mich – zum ersten Mal ich, als einer, der in Deutschland geboren ist, hab zum ersten Mal klassische Musik in Deutschland gehört, das war für viele, viele, und auch für Iraner in Deutschland absolut prägend, und es hat vielen Deutschen, Nur-Deutschen, wirklich die Ohren geöffnet, für die Welt! und heute ist das ja fast normal, dass man in der Philharmonie von Weltmusik hört (wie das so genannt wird). NK Ich wollte noch fragen: wie hat das eigentlich für Sie geklungen? KEi Für mich – sehr intensiv – ich hab mich gefragt, was der eigentlich singt, ich versteh ihn natürlich nicht, ist das eine Dichtung, die schon da war? NK …klassische persische Gedichte, so wie Hafis, die ganzen großen klassischen Dichter… KEi wovon hat er denn gesungen? NK oh das weiß ich auch auch nicht so, es ist nicht so, dass ich das sofort verstehe, klassische Dichtung 14. Jahrhundert, da muss ich schon sehr genau hinhören, aber wenn ich sage: da wird von der Sehnsucht gesprochen und von der Liebe, dann liege ich eigentlich immer richtig. (lacht) KEi Ja, könnte passen! Navid Kermani ist zu Gast hier im KlassikForum WDR3. (39:42)
1987 Köln und Bonn 2006
1987 im Gürzenich-Saal Köln (Vorgespräch)
v.l.n.r.: iranischer Helfer, der Sänger Mohammad Reza Shadjarian, Kameramann und Initiator Ali Hedjrat, Tonmeister Martin Frobeen, Redakteur und Produzent Jan Reichow
Wikipedia:
Mohammad-Reza Shajarian (Persian:محمدرضا شجريان;Persian pronunciation:[mohæmːædɾeˈzɒːʃædʒæɾiˈɒːn], 23 September 1940 – 8 October 2020) was an Iranian singer and master (Ostad) of Persian traditional music. He was also known for his skills in Persian calligraphy and humanitarian activities. Shajarian started his singing career in 1959 at Radio Khorasan, rising to prominence in the 1960s with his distinct singing style. His main teachers were Ahmad Ebadi, Esmaeil Mehrtash, Abdollah Davami, and Nour-Ali Boroumand. He also learned the vocal styles of singers from previous generations, including Reza Gholi Mirza Zelli, Fariborz Manouchehri, Ghamar Molouk Vaziri, Eghbal Azar, and Taj Isfahani. He has cited legendary Persian tar soloist Jalil Shahnaz as highly influential to his development, indicating that he has often tried to mimic Shahnaz’s playing style in his singing.
Shajarian had collaborated with musicians such as Parviz Meshkatian, Mohammad Reza Lotfi, Hossein Alizadeh, Faramarz Payvar, Dariush Pirniakan, and Sohrab Pournazeri. He was recognized as a skilled singer in the challenging traditional Dastgah style. In 1999, UNESCO in France presented him with the Picasso Award and in 2006 with the UNESCO Mozart Medal. In 2017, Los Angeles Times cited him as the „Greatest living maestro of Persian classical music“.
His works also cover some songs of Iranian ethnic music, including Mazandarani music, Azeri music, Kurdish music and Lur music.
After coming out in support of the Iranian Green Movement and criticizing the Iranian government, he was banned from holding concerts and releasing music.
Was blieb?
https://www.elbphilharmonie.de/de/programm/homayoun-shajarian/20872 hier
Eichelbohrer – Was? Wie bitte? Was haben beide Themenblöcke miteinander zu tun? Nichts. Außer dass sie in meinem täglichen Leben und Denken eng miteinander kooperieren.
Über die Tatsache hinaus, dass die beiden Filme schön und unterhaltsam sind, – den ersten kenne ich seit 20 Jahren -, sind sie Paradigmen übergreifender Konstruktionen, die ich erst allmählich begreife und kurz andeuten möchte. Meine Stichworte wären „Historische Strukturen“ und „Biotope“ . Wobei sie leicht zu modifizieren wären: mir hat Carl Friedrich von Weizsäckers Buchtitel einst gut gefallen: „Der Garten des Menschlichen“ (1977), wo ich allerdings im letzten, theologischen Teil ausgestiegen bin; zugleich Julian Huxley mit „Die Entfaltung des Lebens“ (1954), wo ich im letzten, evolutionistischen Teil am liebsten jede Zeile unterstrichen hätte. „Geschichte im Überblick“ von Immanuel Geiss (1986) und Christopher Clark „Von Zeit und Macht“ (2018). Und nie aus den Augen verlieren: Johann Sebastian Bach mit seinen Weltverbindungen. „Französische Suiten“ und über das „Musikalische Opfer“ Friedrich II., nebst Sohn Carl Philipp Emanuel (bei Clark ab Seite 85 mit Blick auf die Rolle von Quantz). Bei Geiss die machtpolitische Einordnung des „Sonnenkönigs“: als er in Frankreich gewaltsam die ökonomische Grundlage für ein „Goldenes Zeitalter“ ausrichtete, Vorbild Europas.
In meinem Handy die Nachricht, dass es weitere Forschung über Bachs Witwe Anna Magdalena gibt, Auskunft über das Private in jener Zeit siehe Eberhard Spree. Beiträge in seinem Blog hier.
Zur Bedeutung der französischen Musik (Wikipedia):
[Bach in Lüneburg/Celle! 1700] Von 1665 bis 1705 erlebte Celle eine kulturelle Blüte als Residenz unter Herzog Georg Wilhelm mit einem Aus- und Umbau des noch mittelalterlich geprägten Schlosses zum vierflügeligen Barockschloss. Kulturell einflussreich war Georg Wilhelms französische Gattin, Eleonore d’Olbreuse, die hugenottische Glaubensgenossen und italienische Baumeister nach Celle holte.
[Bach in Köthen] Am 9. Oktober 1710 begann Leopold seine Kavalierstour. […] Seine Reise führte ihn im Winter 1710/11 nach Den Haag, wo er in nur vier Monaten insgesamt zwölf Mal die Oper besuchte und damit seine Vorliebe für die Musik offenbarte. Vor allem die Werke von Jean-Baptiste Lully beeindruckten ihn, und er erwarb eine „rare Opera des Herrn Lully die Musik gedruckt“. Leopold selbst spielte Cembalo und Violine.
Am Köthener Hof wirkte seit 1717 Johann Sebastian Bach als Capellmeister, dessen Ehefrau im Juli 1720 verstorben war. Am 3. Dezember 1721 ging Anna Magdalena Wilcke mit ihm die Ehe ein.
Damit soll es beginnen, sobald ich mich über die Koordinierung der kulturellen Kräfte in Frankreich kundig gemacht habe.
das – aus dem Film – eindrucksvollste Stück stammt von – Purcell / siehe auch hier
(Fortsetzung folgt)
Beim Stöbern in meiner DVD-Sammlung habe ich auch die fast vergessene wiedergefunden, die meinen eingangs präsentierten Film in einen großen wissenschaftlichen Zusammenhang stellt:
Douglas-Film GmbH (2018). Nicht vergessen! Das Wissen erhält sich nur durch regelmäßig erneuerte Versorgung mit lebendigem „Stoff“, der auch den nächsten Gang in den botanischen Garten Solingen bereichert.