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Wolfgangs Blick auf Bali

Ein Monument in Klängen

Bali aus der Nähe

  Bali als tönendes Gesamtkunstwerk 1995 – – – Der Einführungstext von Wolfgang Hamm und Rika Riessler, den beiden Initiatoren des Bali-Projektes in Zusammenarbeit mit dem WDR. Die CD ist der Versuch, aus der Fülle der Musik und Klänge auf Bali eine Auswahl zu „komponieren“, die die verschiedensten Genres balinesischer Musik nicht isoliert, sondern eingebettet in Klänge der Natur, Geräusche des Alltags und in die Atmosphäre religiöser Zeremonien präsentiert.

So eindrucksvoll dieses Dokument über fast 30 Jahre weiterwirkt, es ist nur ein Schwerpunkt in Wolfgang Hamms Lebensreise gewesen. Ebenso plastisch vermittelte er in zahlreichen Radiosendungen die musikalischen (und menschlichen) Erfahrungen, die er etwa aus Afrika (Guinea, Zimbabwe) aus der asiatischen Steppe (Tuva) und zuletzt – in Zusammenarbeit mit seiner Ehefrau Cristiana Coletti – aus Italien mitbrachte: ungewöhnliche Einblicke in die Kulturen der Welt. Unerhörte Musiklandschaften

Zum Glück für mich bedeutete der Abschied vom WDR im Mai 2006 kein „Ausklingen“ der Freundschaft mit einem der besten freien Mitarbeiter der Redaktion Musikkulturen…

Aus seinem Urlaub im September 2022 schrieb er in einer Mail:

Am Schönsten – und das hat dann wirklich etwas «Befreiendes» – ist es, ins immer noch warme Meerwasser einzutauchen, beim Schwimmen nur den eigenen Körper zu spüren und an nichts anderes als an Wasser, Licht, Himmel, den in der Sonne glänzenden Saum der Bucht von Agiós Prokopiós zu denken. Wenn ich dann wunderbar erfrischt unterm Schirm am Strand liege, höre ich mir oft alte Sendungen an, spüre an der Veränderung meiner (Autoren)-Stimme wie die Zeit vergangen ist, denke an frühere Zeiten mit ihren besonderen Erfahrungen in anderen Ländern und Kulturen, aber auch z.B. an meinen verehrten Kompositionslehrer Erhard Karkoschka an der Stuttgarter Musikhochschule, dem ich mal eine Porträtsendung widmete. Es ist für mich so etwas wie eine «Erkenntnis» (wahrscheinlich eher eine Binsenwahrheit):  

Die eigenen Themen und Erfahrungen wieder aufzusuchen, um sie lebendig zu halten, beeinhaltet Glücksmomente. Sich von außen immer wieder mit dem «Neuesten und Wichtigsten»  berieseln zu lassen, bringt auch «Unzufriedenheit»  mit sich … (das hat nichts mit «Egozentrik»  zu tun, ich bin viel zu sehr «Nachhalltechniker», wie sich mal mein Vetter Peter Hamm bezeichnet hat, lasse mich schnell «verführen» durch die Wichtigkeiten von außen und von Anderen in ZEIT, Talkshows, Nachrichten etc.)

„Nachhalltechniker“! Und am Ende der Mail zitierte er sein Lieblingsgedicht von Hölderlin, gemeint auch als Ermunterung für mich:

Komm! ins Offene, Freund! zwar glänzt ein Weniges heute
Nur herunter und eng schließet der Himmel uns ein.
Weder die Berge sind noch aufgegangen des Waldes
Gipfel nach Wunsch und leer ruht von Gesange die Luft.
Trüb ists heut, es schlummern die Gäng’ und die Gassen und fast will
Mir es scheinen, es sei, als in der bleiernen Zeit.
Dennoch gelinget der Wunsch, Rechtglaubige zweifeln an Einer
Stunde nicht und der Lust bleibe geweihet der Tag. (…)
Denn nicht Mächtiges ists, zum Leben aber gehört es,
Was wir wollen, und scheint schicklich und freudig zugleich.
Aber kommen doch auch der segenbringenden Schwalben
Immer einige noch, ehe der Sommer ins Land.

An dieser Stelle nur die Andeutung des Textes. Ich habe sogleich alles nachgelesen, mich wie üblich an Wikipedia wendend: hier, – was wollte mir Wolfgang damit sagen? Da ich weiß, wie sehr es ihn ergriff. Wie hat er sich diese feierliche Sprache ins tägliche Leben geholt?

Wer war Wolfgang Hamm?

Hier zur Website

Soviel noch hätte er uns zu sagen gehabt. Um so härter der Schock am Jahresende 2022, der völlig unerwartet kam.

Und am 24.01.23 die offizielle Anzeige mit diesem Foto, das im letzten Urlaub auf der griechischen Insel entstanden sein könnte:

Im Gedenken an die schönen Zeiten der Zusammenarbeit:

Und die Traueranzeige des Freundeskreises (zum 5. Februar 2023)

Bali – ein Lebensthema

Margaret Mead und eine romantische Anthropologie

Es ist wahr: alle paar Jahre (oder Jahrzehnte) kommen mir dieselben Grundthemen in die Quere, das Dorf, das Paradies, die Kindheit, die Wildnis, die Vorfahren usw., das ist nur eine Linie von vielen. Und Bali taucht immer wieder auf: seit Josef Kuckertz und Toningenieur Siegfried Burghardt 1973 von dort zurückkamen und zum ersten Mal hervorragende Stereoaufnahmen im WDR vorführten. Marius Schneider war eingeladen und sprach ein Verdammungsurteil: das habe nichts mehr zu tun mit dem, was er einst kennengelernt habe. (Ich war sicher: er meinte die kratzenden Schellackplatten der „Musik des Orients“ der 30er Jahre.) Dann kamen die Live-Aufführungen im WDR-Sendesaal, die sinnliche Nähe. Meine Reise nach Bali 1995, wo Wolfgang Hamm und Ulrike Riessler nach monatelangen Recherchen ihre Aufnahmereihe auf der Insel abschlossen. Die vielen nachfolgenden Sendungen. Die Sorge, dass die vital hämmernde Musik einem Hörpublikum andere Assoziationen vermittelt als dem, der die Luft, die Landschaft und die freundlichen Menschen in Erinnerung hat. Das kontroverse Buch von Adrian Vickers „Ein Paradies wird erfunden“. Und vieles mehr. Jetzt war es wieder der alte Film, siehe unten, auf den mich vor einem Jahr der Musikethnologe Manfred Bachmann brachte. Was ist Wahrheit, was Phantasie?

 

Quelle Adrian Vickers: Ein Paradies wird erfunden / Bruckner & Thünker Köln 1994

Margaret Mead’s Forschungsgegenstand: die Hexe Rangda! In der Tat, sie war eine Wissenschaftlerin und keine Scharlatanin. Trotzdem muss man sie nahe bei Walter Spies und den Träumen der 30er Jahre sehen, die auch in den 50ern wieder auferstanden. (Von Murnaus Film „Tabu“ 1931, der auch in „meinem“ Bielefeld die Runde machte, bis hin zur illusorischen Theorie wirklich freier Liebe in der respektgebietenden rde-Reihe 1959.)

Zu Colin McPhee hier

Kommentar

Husband and wife anthropologists Gregory Bateson and Margaret Mead ventured to the island of Bali (now Indonesia) in 1936 to document the country’s culture including such behaviors as parent-child interactions, artists at work, and ritual performances and ceremonies in which participants meditate to reach a half-conscious state in order to commune with spirits of ancestors. When possessed by these spirits, those involved may perform unusual acts such as eating glass or fire, until they are brought out of the trance by a shaman. While Mead and Bateson’s field work is still considered groundbreaking for illustrating how film could be used as a research tool, it has been criticized, particularly for not accounting sufficiently for the role of religion in Balinese culture. Named to the National Film Registry in 1999.

Die kritische Antwort aus Bali:

„THE BALINESE PEOPLE / A Reinvestigation of Character“ von Gordon D. Jensen und Luh Ketut Suryani / Singapore OXFORD UNIVERSITY PRESS Oxford New York 1992

Und eine Ergänzung (aus der Sicht des weißen Mannes):

The work of the Canadian born composer/musicologist Colin McPhee – such as Tabuh-tabuhan (meaning toccata) for 2 pianos & orchestra – has been greatly influenced by the music of Bali, on which island he stayed from 1931 to 1938. The atmosphere of that time is relived by the paintings of the Belgian painter Jean Adrien Le Mayeur de Merpres, who lived in Bali from 1931 to 1957 and who married a Balinese dancer. After his death she donated his paintings to the Indonesian government, which declared their house in Sanur a museum dedicated to the paintings.