Archiv der Kategorie: Klima

Wer kann sich so radikal ändern?

Und wieviel Zeit bleibt?

Ich überlegte, warum ich selten mit Ausdauer darüber nachdenke, während es doch ständig im Untergrund schwelt. Zuletzt hier? Immer nur, wenn die Zeitungen es zum Thema machen, in der Hoffnung, dass es etwas zu hoffen gibt. Wie ärgerlich ist der Pauschal-Knüppel „Lügenpresse“, das allgemeine Schimpfen ist am leichtesten, die guten Beispiele fände man leichter individuell in der seriösen Presse, aber die Leugner kommen lieber mit einer (scheinbar) perfekten wissenschaftlichen Mimikry daher. Man weiß, es ist falsch, aber man würde viel Zeit mit Theorien zur Großmachtpolitik verlieren, wenn man es widerlegen wollte. Und es erledigt sich von selbst. Anders als in der Klimapolitik, wo man von einem Politiker folgende Entgegnung lesen kann:

Die Wis­sen­schaft ist sich sehr wohl ei­nig. Das ist jüngst im Welt­kli­ma­be­richt be­stä­tigt wor­den, dass der Mensch ei­nen er­heb­li­chen An­teil an der Erd­er­wär­mung und dem Kli­ma­wan­del hat.

Die­se Auf­fas­sung tei­le ich nicht. Schau­en Sie sich die Fach­ka­pi­tel in Un­er­wünsch­te Wahr­hei­ten von Vah­ren­holt und Lü­ning an, zwei ex­zel­len­ten Ken­nern der Ma­te­rie. Hier wird un­ter an­de­rem aus­ge­führt, dass der Bei­trag der Son­ne zur Erd­er­wär­mung nach wie vor nicht ge­klärt ist. Es gibt al­ter­na­ti­ve Hy­po­the­sen. Wis­sen­schaft ist kei­ne De­mo­kra­tie, wo ei­ne Mehr­heit ent­schei­den könn­te, was rich­tig ist. Wis­sen­schaft ist ei­ne Fra­ge von ra­tio­na­ler Be­weis­füh­rung. Ei­ne sol­che ra­tio­na­le Be­weis­füh­rung liegt nicht vor.

Man kann sich aber auch in umgekehrter Richtung leicht orientieren, nämlich unter Vahrenholt und Lüning, schon weiß man, dass sie als Kronzeugen auf tönernen Füßen stehen. Man muss nicht die gesamte Literatur des Für und Wider studieren, um es beurteilen zu können. Man kennt Leute, die das getan haben. Und der (AfD-)Politiker beruft sich bezeichnenderweise nur auf das eine gemeinsame Buch genau dieser beiden Autoren. Es reicht.

Zur seriösen Presse zählt zweifellos auch die ZEIT, was mich nicht verpflichtet, einem Artikel zu folgen, der mir wenig Hoffnung lässt. Denn dies liegt auch nicht in der Absicht des Autors, der uns alle Werkzeuge des Widerspruchs selbst in die Hand gibt:

Ich muss wenigstens die einzelnen Schwerpunkte aufzählen, die Fragestellungen, vielleicht lässt man sich verlocken, es ganz genau nachzulesen (man kann!) und individuelle Folgerungen zu ziehen. (Artikel von Jens Beckert.)

Warum zögert die Wirtschaft?

Hinzu kommt die mangelnde Transparenz der Märkte. Was ist eine nach ethischen Maßgaben produzierte Jeans? Wann ist eine Finanzanlage nachhaltig? Skandale um das sogenannte Greenwashing zeigen auch: Für die Nachfrageseite ist nicht erkennbar, was an weit entfernt liegenden Enden von Lieferketten tatsächlich geschieht. Eine Änderung klimazerstörender Produktionsweisen ist durch ein den Individuen aufgebürdetes Konsumverhalten am Markt nicht zu erreichen.

Warum zögert der Staat?

Und warum zögert das Staatsvolk?

Überall droht eine Absenkung des Lebensstandards. (…)

Beschränkung steht im Widerspruch zu einem ökonomischen System, das auf Konsum als Motor baut, und einem politischen System, das den Konsum der Bevölkerung als Steuergrundlage benötigt.

Und welche Spielräume bleiben?

Die während der letzten 300 Jahre entstandenen Strukturen der kapitalistischen Moderne zerstören die biologische Nische, in der menschliche Kultur stabil bestehen kann, und verhindern zugleich eine hinreichende Reaktion auf die Krise.

(folgt)

DIE ZEIT gibt keine Ruhe (17.11.2022)

NEU 28.11.22

JULIA FISCHER (nicht nur eine große Künstlerin):

siehe HIER

Kalenderjahr 1981

Frühling 2022

  Ende August 2022

Der Frühling war wie immer. In diesem Dickicht steht auch der Blutahorn, den ich 1981 gepflanzt habe, nebst 25 anderen Bäumchen. Die Wasserkatastrophe vom Juli des Vorjahres 2021 hatten wir inzwischen begriffen, von der Dürre dieses Sommers wussten wir noch nichts. Aber ahnungslos waren wir seit 40 Jahren nicht mehr. Der Kalender für meine Mutter war eine Gemeinschaftsarbeit der Familie. Der zitierte Spruch ist bei Luther nicht nachweisbar, klingt aber grundsätzlich optimistisch, mein „Ja, aber“ war allerdings von Kindheit auf bekannt und sollte weiterhin zum Zweifel ermutigen. Auf dem zweiten Bild oben sieht man den Blutahorn, den ich pflanze, deutlich hervorragen, im Dickicht steht auch ein späterer Gingko-Baum (1 Zweig schafft den Weg vorne hinaus).

Auf dem Kalenderbildfoto unten wird der rote Baum gerade gesetzt (Blickrichtung damals vom Tal aufwärts), die alte Eiche, oben rechts hinter dem Pflanzer, liegt heute am Boden und bietet ein eigenes Biotop. Ich könnte behaupten: hier stirbt nichts. Ja, aber das hätte ich auch schon damals sagen können. 40 Jahre sind keine lange Zeit. Ich hätte besser einen Goethe-Spruch gewählt. Hier? Oder Hafis!

Kalenderblatt 1981

Spiegel 15.11.1981

Wir hatten auf unsere Weise alles getan, um unterhalb unseres Grundstücks einen Wald entstehen zu lassen. 1976 schauten Besucher:innen – unter ihnen im gestreift gesäumten Kleid meine Mutter – ziemlich ratlos, ja kritisch in die Sumpflandschaft, die vom Viehbach geprägt und mir besonders lieb war. In Kürze wuchs dort – von selbst und mit Nachilfe – ein Erlenwald. Am Abhang pflanzte ich rundum ein Gemisch von Bäumen; Weißbuchen, Ahornarten, Ebereschen, Weiden, mit manchen hatte ich kein Glück, z.B. Pappeln am Abhang knickten nach 5 Jahren rasanten Wachstums in der Mitte ab.

Um ganz genau zu sein: Wo standen sie damals?

Genau: Dort unten auf dem helleren Fleck… Vor meinem inneren Auge aber stand wohl ein ganz anderes Bild (Dauerlektüre seit 1974):

Um nicht die vielen Bücher aufzuzählen, deren Titel mit dem Wort „Rettet…“ begann (…den Wald, die Natur, die Wale). Was mich interessierte (abgesehen von Musik, Sprache, Philosophie), war alles, WAS LEBT. Emanuele Coccia kam mir recht. Siehe hier.

Hin & zurück / Augenblicke wie für Raumfahrer…

zwischen Boppard und Kaltenengers

Blumen für Mainz

Reiselektüre gestern auf der Fahrt nach Mainz (und zurück) ein Artikel in der ZEIT, der auch nicht gerade behaglich stimmt; Nietzsche ermunterte schon mal, unsere kleine Welt sub specie aeternitatis zu sehen. Ja, warum auch nicht, – es dient natürlich kaum dem augenblicklichen Wohlbefinden. Eher ein Blick in die – durch die Natur vorgegebene – Ausweglosigkeit:

»Leben hat den Drang, zu erobern« Ein ZEIT-Gespräch mit dem Astronomen und Nobelpreisträger Didier Queloz. Was aus seinen Äußerungen bewegt mich so, dass ich es an dieser Stelle notieren muss? Warum als erstes gerade die Titelzeile? Es kann ja nichts Tröstliches werden… (Meine Mutter hatte damals, als sie in den Sumpf des Lebens schaute, noch fast 30 Jahre zu leben, mein Vater war schon über 20 Jahre tot.)

Queloz:

Mit dem Leben ist es so: Solange es nur in einer kleinen Nische auf einem Planeten existiert, wird es nicht überdauern; denn wenn sich die äußeren Bedingungen dieser Nische ändern, ist es vorbei. Das heißt, um zu leben, muss sich Leben auf seinem Planeten ausbreiten. Leben hat den Drang, zu erobern. Philosophisch überspitzt könnte man sagen: Das Leben wird zum Gott des Planeten, es formt ihn so, wie es ihn braucht. (…) wir haben den Planeten in unserem Sinne geformt, wobei wir es soweit getrieben haben, dass uns alles andere Lebendige kaum kümmert. Dabei sind wir eng verwoben mit der Erde, mit ihren Bedingungen und Ressourcen. Manche Leute glauben, man könne vor dem Klimawandel auf andere Planeten fliehen. Das ist Unsinn. Wir sind ein Produkt dieses Planeten, sobald man ihn verlässt, stirbt man. (…)

(ZEIT: Welche Folgen hätte wohl die Entdeckung fremden Lebens auf einem fernen Planeten?)

Das würde ein völlig neue Dimension eröffnen, indem es die Annahme infrage stellt, dass der Mensch einzigartig sei. Wir haben in dieser Hinsicht ja schon einige Bescheidenheit gelernt. Wir wissen, dass die Erde nicht mehr das Zentrum des Alls ist, sondern nur ein Stern unter vielen. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich irgendwann herausstellt, dass wir nur eine von vielen möglichen Lebensformen sind. Es könnte auch sein, dass wir noch etwas anderes feststellen – nämlich dass Leben immer nur eine begrenzte Zeit dauert.

Quelle DIE ZEIT 8. September 2022 Seite 37 »Leben hat den Drang, zu erobern« Didier Queloz / Interview: Stefan Schmitt und Ulrich Schnabel / siehe auch hier.

Dürre in Deutschland

Für alle, die es satt sind, Katastrophenmeldungen zu lesen: zuerst an den Schluss scrollen!

Hart aber fair im Ersten am 29.8.22

abrufbar:

HIER  https://www1.wdr.de/daserste/hartaberfair/videos/video-die-jahrhundert-duerre-erleben-wir-gerade-unsere-zukunft-102.html

Die Teilnehmer der Diskussion:

  • Mona Neubaur (B‘90/Grüne, NRW-Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie)
  • Sven Plöger (Meteorologe, ARD-Wetterexperte)
  • Carla Reemtsma (Klima-Aktivistin; Sprecherin und Mitorganisatorin der „Fridays for Future“-Demos)
  • Werner Marnette (langjähriger Industriemanager und ehemaliger CDU Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein)
  • Alexander Held (Forstwissenschaftler und Feuerökologe; Waldbrandexperte)

Einige Text-Nachschriften JR ohne Gewähr (in Auszügen – warum? insbesondere die wichtigen Beiträge von Carla Reemtsma sind akustisch oft nicht nachvollziehbar, weil allzu eilig gesprochen; man muss manches raten. Ich empfehle auf jeden  Fall, auch das Original zu hören!)

Beiträge Reemtsma ab 7:12 / 16:57 /  30:47 / 46:43 (fehlt noch) /

Plasberg: … ABER DAS AUSMASS UND DIE LÄNGE DER DÜRRE IN DIESEM JAHR, HAT SIE DAS ÜBERRASCHT? 7:12

Reemtsma:  Die Heftigkeit, mit der uns grade Wetterphänomene, Klimaextremlagen treffen, und sei es hier irgendwo in Europa, seien es die Waldbrände, sei es die Dürre, sei es die Wasserknappheit, seien es aber auch Extremwetterlagen wie grade der Monsun in Pakistan, das tritt alles gerade in einer Häufung auf und in einer Schwere, die selbst die weitesten Klimaforschungen so nicht prognostiziert haben, sondern übertrifft nochmal mehr oder weniger die schlimmsten Erwartungen. Was wir grade erleben, ist nicht wo alle von sagen, erleben wir grade unsere Zukunft, nein, wir erleben unsere Realität und wir erleben unsere Gegenwart, mit der wir JETZT, auf die wir jetzt Antworten finden müssen. Und davon sind wir meilenweit entfernt.

Plasberg: HAT ES SIE ÜBERRASCHT? IN DIESEM JAHR?

Nein. Also: das Ausmaß ist erschreckend, was wir irgendwie erleben mit über 10.000 Hitzetoten auch alleine in Deutschland, wir haben mit diesem Hitzesommer tatsächlich die tödlichsten Naturkatastrophen in Europa seit Jahrzehnten gehabt, das mehrmals jetzt auch schon hintereinander. Das ist furchtbar, und das zeigt aber auch, dass wir als Gesellschaft überhaupt gar nicht in der Lage sind, angemessen auf diese Krise zu reagieren, in der wir sind und [stattdessen]eine politische Verantwortungslosigkeit erleben.

Plasberg: DIE POLITIK IST N BISSCHEN BESCHÄFTIGT …z.B. mit GAS — sind das mildernde Umstände bei Ihnen?

Reemtsma: Definitiv nicht! Die Politik versagt grade auf beiden Seiten, wir erleben einerseits mit genau den aufgezeigten Folgen der Klimakrise, von denen wir eben gesprochen haben, dass es nicht um Jahrzehnte oder Jahre geht, und – wir können die Klimakrise nicht aufschieben, deswegen können wir auch den Kampf gegen die Klimakrise nicht aufschieben. Und gleichzeitig trifft genau das, was die Regierung im sozialen Bereich macht: sie müsste sich darum kümmern, dass Menschen Möglichkeiten haben, einerseits nicht ihre Sorgen vor der nächsten Lebenskostenabrechnung zu haben und Möglichkeiten haben, z.B. beim Klimaschutz unterstützt zu werden. Was macht es, dass sie eine sozial gerechte Maßnahme, die auch den Klimaschutz fördert, dass man das 9-Euro-Ticket, ohne Nachfolge auslaufen lässt, dass mit der Gas-Zulage und Milliarden an Gas-Konzerne (lacht) umverteilt, und wir gerade Umverteilung an fossile Klimakillerkonzerne erleben – und das ist eine Politik, die macht beide Krisen schlimmer und ist maximal verantwortungslos. 9:30

Plasberg (rhetorisch:) WANN TRETEN SIE ZURÜCK; FRAU NEUBAUR? SIE SIND ZWAR GRADE ERST IM AMT…

*     *     *

Werner Marnette: Natürlich habe ich das Gas gern genommen, weil wir einen Beitrag zum Klimaschutz erbringen wollen. Wir haben beispielsweise – darf ich das noch ausführen – vom Koks auf Erdgas umgestellt, vom schweren Heizöl auf Erdgas umgestellt, weil das besonders klimafreundlich ist, Erdgas ist ja C, 1 Kohlenstoff-Atom und 4 Wasserstoff-Atome – das ist doch ein Riesenfortschritt gewesen! (Einwurf Plöger „… auch schon blöd…“) (Plasberg: „soviel zum Chemieunterricht… Frau Reemtsma!“)

16:57 Reemtsma:  Und womit Sie, gerade als Unternehmer und gerade in dieser Zeit und als Leiter des Kreises Energiepolitik – BDI Verband der Industrie – gemacht haben – um es zu sagen: Sie haben uns in genau diese Abhängigkeit von billigem russischen Gas gebracht, und das hat uns jetzt in diese Situation geführt, und das ist nach dem Krieg und in der Klimasituation eindeutig klar: das größte Sicherheitsrisiko ist unsere Abhängigkeit von fossilen Energieträgern, von Gas, aber auch von Kohle und Öl. Die einzige Antwort kann der massive Ausbau von erneuerbaren…

Plasberg: Im Augenblick nicken hier alle, Frau Reemtsma – Frau Neubaur nickt.

Werner Marnette: Ich würde Ihnen das nochmal gerne erklären, was damals gemacht worden….

Plasberg: Sie müssen, glaube ich, einem jungen Menschen nicht erklären, der so im Stoff ist, wie Frau Reemtsma… müssen Sie nicht erklären…

Werner Marnette: Man muss ja auch n bisschen bei den Fakten bleiben, ich glaube, ich habe mich kräftig gegen die damalige Kartellsituation gewehrt, und ich war auch einer derjenigen, die sich damals heftigst gegen die Fusion von EON und RUHRGAS gekämpft hat.

Plasberg: Wir haben Sie eingeladen, weil Sie immer eigene Gedanken auch gepflegt haben… ich würde jetzt gerne die Vergangenheit Vergangenheit sein lassen, weil es gibt ja genug für die Zukunft zu tun. Und wir sind ja noch ein bisschen bei der Vermessung der Katastrophe. 18:29

Aber zur Vermessung der Katastrophe gehört ein Blick in den Wald. [etc.]

*     *     *

30:47 Plasberg: Stichwort KOHLEKRAFTWERK Haben Sie Verständnis, dass Grüne in dieser Situation nicht grüne Politik aus dem Lehrbuch machen können?

Reemtsma: Wofür ich Verständnis habe, ist dass wir im Moment dieser Krisen und auch im Zusammenkommen dieser Krisen, wie wir grad eben gehört haben, ja auch miteinander zusammenhängen, man pragmatisch darüber nachdenken muss, was können Antworten sein. (also Kohlekraftwerke) Das heißt aber nicht, dass Antiklimamaßnahmen, wie beispielsweise …also, die bleiben, auch wenn sie pragmatisch sind, Antiklimamaßnahmen, und man muss dann in dem Moment um so entschlossener sagen, o.k. wo sind die Möglichkeiten, wo wir einsparen können, wo wir reduzieren können, wo wir verzichten können, auf Energie verschwendet wird, z.B. in zu großen industriellen Prozessen, die wir nicht brauchen. Aber auch ganz besonders in der Regierung, was wir erleben, dass wir da, wo wir beispielweise Klimaschutzgesetzgebungsprozesse haben, um so mehr tun müssen. Und was wir gerade erlebt haben: die Regierung hat ihre Ziele verfehlt, sowohl im Bereich Bauen als auch im Bereich Verkehr, und ihre eigenen Klimaziele sind zu nbiedrig. Dann war sie angefordert, o.k. Zu sagen, wir mach jetzt Sofortprogramme, um das auszugleichen, um aufzuzeigen, wie können wir diese Klimaziele einhalten, und Volker Wissing hat es geschafft, ein Sofortprogramm für den Verkehrsbereich vorzulegen, der zwanzig mal mehr machen müsste, um tatsächlich  das auszureichen, also er schafft es 14 Millionen Tonnen CO2 einzusparen bis 2030, und er müsste über 260 Millionen einsparen.

Und der regierungseigene Expertenrat hat nach Schritt 1 der Prüfung 8 gebrochen, nur weil sie gesagt haben, dass es nicht mal im Ansatz ausreichen würde, was grad gemacht wird. Und das ist eine Regierungspolitik, die grad in Zeiten der Klimakrise, wie wir grad auch gesehen und immer wieder gehört haben, wirklich aufzeigt: wir können nicht den Kampf gegen die Klimakrise aufschieben, –  wo ich mich frage, was machen die Grünen gerade in der Regierung besser und wie können sie es noch verantworten, in dieser Regierung zu sein, wenn sie es nicht mal schaffen, einem der relevantesten Ministerien im Bereich Klima, dem Verkehrsminister da irgendwelche roten Linien aufzuzeigen. (Beifall)

(folgt MONA NEUBAUR ab 32:46 ich würde Ihnen zustimmen: der Verkehrsminister müsste seine Hausaufgaben machen … etc.)

47:23 REEMTSMA: Es ist nicht so, dass wir den Energiebedarf nicht aus den erneuerbaren Energien decken können, es gibt die Studien, es gibt die Technologien, die genau das aufzeigen, wie das funktioniert. Sowohl im Bereich der Gebäude, als auch im Bereich der Industrie, als auch (Plasberg: In welchem Jahr sind wir jetzt, Frau Reemtma?) – 2035. ( Marnette: Machen wir Frieden hier untereinander, ich lad Sie mal nach Hamburg ein, und dann gehen wir durch die Zahlen einverstanden?!). Nee, ich würd aber relativ gern mit Ihnen nochmal kurz über die Atomkraft sprechen (gerne!) – Sie sprechen von horrenden Energiepreisen und sagen: naja, unsere Antwort sollte mal jetzt der Atomstrom sein, und von der Klimakrise und unsere Antwort sollte die Kohle sein. Beides sind keine Antworten! Kohle bringt uns einfach mitten in die Klimakrise rein, das wissen wir alle, und das führt dazu, dass zum Beispiel dann die Pegel niedriger werden, was wieder die Versorgungssicherheit der Industrie gefährdet. Die Atomkraft ist die allerteuerste Art; Energie zu produzieren, wo selbst die großen Industriekonzerne sagen: die wollen das überhaupt nicht, wir wollen diese Kraftwerke loswerden, weil das die allerteuerste Art ist, Energie zu produzieren, die ist ungefähr 5mal so teuer pro Gigawattstunde  zu produzieren [??]  (Plasberg: darf ich Ihnen eine kleine Frage stellen? Die „Friday for Future“ weisen energisch auf Probleme hin, sagen aber „Lösungen muss die Politik bringen“, Politik braucht die Unterstützung von Menschen, das ist so in der Demokratie, Herr Putin braucht das nicht. Das ist asymmetrische Kriegsführung. Weil, der kann einfach anordnen, Frau Neubaur muss gewählt werden, muss wiedergewählt werden, muss sich die Legitimation abholen. Wenn Sie sagen, 2035 ist es soweit, was sagen Sie dann zum Beispiel – hatten wir letzte Woche – einer 80jährigen Frau, die sagt, sie hätte nie mehr darüber nachgedacht, Existenzangst zu haben, weil dsie hat n Krieg mitgemacht, sie hat Existenzangst, weil sie liest, Strom 1000% teurer, Vorauszahlungen erhöht, Gas auch, das sind Menschen, die wollen jetzt Antworten haben, niemand betwewifelt Ihre Ziele, aber ist es nicht etwas vermessen von Politik, so über die momentanen Erfordernisse hinwegzugehen?) 49:16

Reemtsma: Wenn wir Klimaschutz machen, dann müssen wir nicht über die momentanen Erfordernisse in der Preiskrise hinweggehen. Es gibt Instrumente, die Antworten auf beides sind, und das 9-Euro-Ticket ist das beste Beispiel, wo die Politik sich gerade aktiv dagegen entscheidet, eine soziale Entlastungsmaßnahme auslaufen zu lassen ohne Nachfolger, die Menschen hilft kein Klimaschutz und direkt Entlastung bietet. Und das ist ein Beispiel, das zeigt, wie verantwortungslos Regierung, wenn beide Sache zusammenkommen, ist, wo klar ist, wir können nicht die eine oder die andere aufschieben. Wir können die Klimakrise nicht aufschieben, das zeigt dieser Sommer mit seiner gesamten Realität. Und natürlich können wir die Existenzängste von Bürgerinnen und Bürgern, die sich fragen, wie kann ich meine Heizkosten bezahlen, auch nicht aufschieben. 49:59

Dann darf die Antwort aber nicht sein: Milliarden an fossile Konzerne umzuverteilen, in Form von nem Tankrabatt, in Form von ner Gasumlage, in Form von nem Dienstwagenprivileg, anstatt beispielsweise Übergewinnsteuer einzuführen, 50:14

(Fortsetzung folgt)

Die vorhergehende ARD-Sendung „Die große Dürre“ ist ebenfalls in der Mediathek abrufbar: HIER

Deutschland bereitet sich auf Dürren vor, Bauern kämpfen gegen die Trockenheit, Notfallpläne werden erarbeitet. Wie lange reicht unser Wasser noch? Dieser Frage geht Filmemacher Daniel Harrich gemeinsam mit einem Forscherteam nach.

31.08.22 Solingen-Ohligs / Heute Nacht, als ich aufwachte, habe ich dem Regen zugehört. Keine Musik konnte schöner sein.

Zufall: am Abend des gleichen Tages las ich in der Süddeutschen einen Artikel, den ich hilfreich fand, obwohl er auf Anhieb nur leichtfertig wirkte:

Autor: Philipp Bovermann

Blinder Alarm?

Vorrangig

Was heute noch zu lesen wäre:

Hier ( https://www.t-online.de/nachrichten/id_92392508/klimakrise-was-sich-kein-politiker-zu-sagen-traut.html )

ZITAT

Das Grünbuch Öffentliche Sicherheit sagt schon 2030 für Deutschland ein Szenario voraus, wie wir es im vergangenen Sommer in Griechenland gesehen haben: mit massiven Hitzewellen und Waldbränden, sodass man tagsüber kaum noch das Haus verlassen kann, und mit Problemen bei der Trink- und Löschwasserversorgung. Nach allem, was wir in den vergangenen Jahren gesehen haben, halte ich das für plausibel. Deshalb geht es jetzt darum, uns einerseits so gut wie möglich auf die vorhersehbaren Risiken vorzubereiten und andererseits die Erderhitzung so stark wie möglich zu begrenzen, um unsere Wirtschaft und unsere Infrastruktur an die Veränderungen anzupassen. Beides ist möglich. Wir haben es nur noch nie ernsthaft versucht.

Und was morgen noch zu hören wäre –

eine Diskussion zur „Lage der Nation“ z.B. ab 47:05 (Harald Lesch):

HIER (https://www.zdf.de/gesellschaft/markus-lanz/markus-lanz-vom-17-august-2022-100.html)

Oder ein Gespräch auf der Höhe der aktuellen Probleme –

Hier (https://www.psychologie-heute.de/gesellschaft/artikel-detailansicht/42148-wie-kann-es-sein-dass-ihr-nicht-mitbekommt-was-hier-passiert.html)

„Wie kann es sein, dass ihr nicht mitbekommt, was hier passiert?“ Die britische Psychoanalytikerin Sally Weintrobe sieht unsere Kultur als Motor für unseren achtlosen Umgang mit dem Klima – und uns selbst. Von

ZITAT

Nehmen Sie die aktuellen Hitzewellen in Europa. Die Mainstream-Medien im Vereinigten Königreich verbinden sie mit dem Klimawandel, aber auf eine Weise, die die Dringlichkeit der Lage unerwähnt lässt. Es wird über die Hitze berichtet und auf künftig notwendige Handlungen verwiesen – obwohl diese genau jetzt stattfinden müssten.

Selten wird die Nutzung von fossilen Brennstoffen als grundlegende Ursache der steigenden globalen Erwärmung erwähnt. Die große Fülle an Ergebnissen zum Weltklima wird nicht einbezogen, über die die Wissenschaft seit Jahrzehnten berichtet. Den Menschen wird nicht geholfen, Verbindungen herzustellen, um die politischen Kräfte und finanziellen Interessen besser zu verstehen, die diese Dringlichkeit befördern.

Grundsätzlich wird heruntergespielt, wie ernst die Situation ist. Klima-Nachrichten werden in Verbindung mit anderen Nachrichten verbreitet, die die Aufmerksamkeit zerstreuen. Auf jede erdenkliche Weise wird verharmlost, wie groß der Druck ist, dem wir uns gegenübersehen, und die Sicht befördert, dass wir einfach so weitermachen können wie bisher. Auch über die Klimazerstörung im globalen Süden wird nicht berichtet, so, als würden die Menschen dort nicht zählen

Sally Weintrobe

Über Klimawandelleugnung siehe Wikipedia HIER

Wasserstoff als Hoffnungsträger? Siehe hier (kurz zu Mobilität) und hier (ausführlich wwf).

Dipesh Chakrabarty

Das neue Buch (in Arbeit)

so fing es an: SZ 22.07.22

Das Buch bei Perlentaucher HIER

„Europa als Provinz“ (Wikipedia), in der NZZ hier, in der FAZ hier (leider mit Sperre)

NZZ: Chakrabarty verkörpert die intellektuellen Tugenden einer zeitgenössischen, globalisierten Generation aus der ehemals Dritten Welt in Reinform…

Ich erinnere mich an meine frühere Idee zur globalen Musikgeschichte: nicht da draußen liegt die „exotische“ Musik, sondern unsere Musik ist der exotische Sonderfall: Wundersamste Blüte der europäischen Provinz.

Statt aber selbst einen Versuch zu unternehmen, Inhaltliches mitzuteilen aus dem Buch, das ich nicht kenne, sondern erst zu lesen beabsichtige, und statt weiter zu beschreiben, was mich bewegt hat, gerade dieses – nicht ganz billige – Buch zu kaufen, referiere ich lieber durch Kopie das, was der Autor selbst uns im ersten Kapitel mit auf den Weg gibt.

Da Chakraborty – wie auch der nachfolgende Blick ins Register zeigt – sich nicht nur im Abschlussgespräch auf Bruno Latour bezieht, habe ich nachgeschaut, wie oft ich diesem Denker im Verlauf meiner Lebenslektüren „notgedrungen“ begegnet bin, und damit glaube ich, auch hier auf dem richtigen Weg zu sein:

s.a. Kant, Heidegger (!) und Marx

Artikel in diesem Blog:

Ohne mir damit selbst auf die Schulter klopfen zu wollen: ich wurde gefragt, warum ich vorweg Sicherheiten suche, wenn ich mir Lesestoff vornehme. Ganz einfach: ich will mich nicht irren. Und damit schließe ich die verbalen Vorbereitungen. Beinahe. Seite 254 seines Buches (Unterkapitel „Latours Weitblick“) schreibt Chakrabarty:

Bruno Latour entwickelte sein kunstvolles Denken bereits lange bevor viele von uns sich des Problems bewusst wurden, auf das er reagierte: das Problem, vor das die unhaltbare Entgegensetzung von Natur und Wissenschaft auf der einen und von Kultur und Gesellschaft auf der anderen Seite das moderne Denken gestellt hat.

Novemberabend

Krüdersheide

Fotos JR

Es mag noch so dunkel drohen, die Welt da draußen ist schön. Und drinnen auch.

Kontrastthema zuhaus

Erinnerung an dies und das.

Zufällig gerade heute noch an folgendes HIER (noch 6 Tage)

Und dieses gab es damals dazu noch zu lesen DW hier.

Vor kurzem erlebten wir eine Energie-Diskussion bei Markus Lanz, die eine Überprüfung verdient: hier (bis 4.11.2022 abrufbar). Wird der hochgeschätzte Harald Lesch dem Atom-Befürworter Thelen widersprechen?

Harald Lesch, Wissenschaftsjournalist
Er skizziert die Dimension der Klimakrise und deren weitreichenden Auswirkungen für die Erde und die Menschheit. „Wir können mit der Natur nicht verhandeln“, mahnt er.

Frank Thelen, Unternehmer
„Uns fehlt der Mut, wirklich neu zu denken“, sagt der Investor mit Blick auf die Herausforderungen der Energiewende. Er erläutert seine Zukunftsvision.

Verschwörung X

Kondensstreifen und anderer Zauber

Die folgenden Fotos habe ich im September 2019 in Südtirol gemacht, in diesem Jahr habe ich vergeblich Ausschau gehalten, – Corona hat den Flugbetrieb minimiert.

Ich hatte damals noch nicht davon gehört, dass sich auch Verschwörungstheoreriker dieses Phänomens annehmen, heute gab es mal wieder allerhand Aufklärung bei Lesch & Steffens, allerdings findet man im Fall der Kondensstreifen in einer anderen Quelle ein etwas anderes Ergebnis: HIER.

Ich will kein Misstrauen säen, aber etwas hat sich in den Sendungen der beiden Autoren verändert. Sie versuchen die Inhalte anders zu „verkaufen“, vermutlich im Bemühen um noch größere Volksnähe, sie inszenieren sich, bemühen sich in kurzen Dialogen als Selbstdarsteller. Unnötig. Schon glaubt man ihnen nicht mehr aufs Wort und schaut zur Kontrolle – ins Internet. (Nein, Quatsch!) Die Forscherin Giulia Silberberger (ab 17:30) blieb natürlich, Pluspunkt, dass sie beiläufig ihre private Erfahrung mit Zeugen Jehovas einbrachte. (Unter Verschwörern werden Neulinge mit Liebe überschüttet, Zweifler mit „hate bombing“. Ich denke zurück an unsere Begegnung am Völser Weiher hier . Die eigene Anfälligkeit für wirre Fakten, wenn die Übermittlerinnen „nett“ sind, aus Ostberlin kommen und Angst haben.

Gestern sah ich ein Buch ihres Vordenkers Sucharit Bhakdi als Nr.1 Sachbuch auf der SPIEGEL-Bestsellerliste). Ein anderes (von Harari) würde ich sofort kaufen; es ist nicht etwa schlecht, weil es auf dieser Liste steht. Ansonsten sehr aufschlussreich auch die Reaktionen der Zuschauer im Anhang des obigen Youtube-Videos. Viele „überlegene“, leicht gönnerhafte Konsumenten. (Extern hier)

*     *     *

Heute Lektüre beendet: Charles Taylor. „Multikulturalismus und die Kultur der Anerkennung“. Hervorragend! Problematik der Rechtslage von Minderheiten auch in vernünftigen Demokratien. Einleuchtendes Beispiel Kanada (Quebec). Man ist begierig die anschließenden, im Buch abgedruckten Kommentare zu lesen. Und am Ende Jürgen Habermas. Siehe hier „Mensch und Menge“. Und nochmals – eingedenk der Anregung – Süddeutsche Zeitung / Thomas Steinfeld vom 23. September.

Nachtrag 22.10.2020

Zitat aus dem abschließenden Essay des Taylor-Buches von Jürgen Habermas (S.149):

Juristen haben den Vorzug, normative Fragen im Hinblick auf Fälle zu diskutieren, die zur Beschlußfassung anstehen; sie denken anwendungsorientiert. Philosophen entziehen sich diesem dezisionistischen Druck; als Zeitgenossen klassischer Gedanken, die sich über mehr als zweitausend Jahre erstrecken, verstehen sie sich ungeniert als Teilnehmer am ewigen Gespräch. Um so mehr fasziniert es, wenn dann doch einmal einer wie Charles Taylor versucht, seine Zeit in Gedanken zu fassen und philosophische Einsichten für politisch drängende Fragen des Tages fruchtbar zu machen. Sein Essay ist ein ebenso seltenes wie brillantes Beispiel dieser Art, obwohl (oder besser: weil) er nicht die modischen Pfade einer „angewandten Ethik“ beschreitet.

Kapitelüberschrift: Immigration, Staatsbürgerschaft und nationale Identität.

 

Aus dem Kommentar von Michael Walter (Seite 93) stammt die zusammenfassende Beschreibung der zwei Liberalismus-Formen:

Meine Frage gilt den beiden Arten von Liberalismus, die Taylor beschrieben hat und die ich hier noch einmal kurz skizzieren möchte. Die erste Art von Liberalismus („Liberalismus 1“) setzt sich so nachdrücklich wie möglich für die Rechte des Einzelnen ein und, gleichsam als logische Folge hiervon, auch für einen streng neutralen Staat, also für einen Staat ohne eigene kulturelle oder religiöse Projekte, ja sogar ohne irgendwelche kollektiven Ziele, die über die Wahrung der persönlichen Freiheit und körperlichen Unversehrtheit, des Wohlergehens und der Sicherheit seiner Bürger hinausgingen. Die zweite Art von Liberalismus („Liberalismus 2“) läßt zu, daß sich ein Staat für den Fortbestand und das Gedeihen einer bestimmten Nation, Kultur oder Religion oder einer (begrenzten) Anzahl von Nationen, Kulturen und Religionen einsetzt – solange die Grundrechte jener Bürger geschützt sind, die sich in anderer Weise (oder gar nicht) engagiert oder gebunden fühlen.

Taylor gibt der zweiten Art von Liberalismus den Vorzug, auch wenn er diese Wahl in seinem Essay nicht ausführlich begründet. Man muß beachten, daß der Liberalismus 2 permissiv und nicht in jeder Beziehung festgelegt ist: Liberale der zweiten Art, so schreibt Taylor, „sind bereit, die Wichtigkeit bestimmter Formen der Gleichbehandlung abzuwägen [ohne dabei irgendwelche Grundrechte in Frage zu stellen] gegen die Wichtigkeit des Überlebens einer Kultur, und sie entscheiden dabei bisweilen [Hervorhebung von mir] zugunsten der letzteren“. Dies bedeutet offenbar, daß Liberale der zweiten Art sich manchmal auch für den Liberalismus der ersten Art entscheiden. Der Liberalismus 2 hält sich verschiedene Optionen offen, und eine von ihnen ist der Liberalismus 1.

Das scheint mir richtig zu sein. (…)

[Taylor] würde, so vermute ich, die Ausnahme machen, die die Bewohner von Quebec verlangen: er würde Quebec als „eine Gesellschaft mit besonderem Charakter“ anerkennen und zulassen, daß sich die Provinzregierung für den Liberalismus 2 entscheidet und dann (innerhalb bestimmter Grenzen: sie kann Plakatwerbung in französischer Sprache verlangen, aber sie kann englische Zeitungen nicht verbieten) im Sinne der Bewahrung der französischen Kultur aktiv wird. Aber genau das bedeutet ja eine Ausnahme machen; die kanadische Bundesregierung würde sich das Projekt von Quebec oder ein anderes ähnliches Projekt nicht zu eigen machen. Gegenüber allen ethnischen Gruppen und Religionen in Kanada bleibt sie neutral; sie verteidigt also einen Liberalismus der ersten Art.

Ich habe so ausführlich zitiert, weil ich eine andere Form des Sonderweges im Sinn habe, die mich anhand einer wissenschaftlichen Arbeit beschäftigt: Prinzip „Breton Girl“ Folk mit impliziter Ideologie dessen, was schottisch ist, Cape Breton, Nova Scotia. (JR)

Nach dem Waterloo der politischen Diskussion

Trump und 1 Ende der Geduld (eine Sternstunde)

hier kein Start, nur Scan-Foto !

ZDF-Sendung gestern: MARKUS LANZ [aus Südtirol, gesehen in Südtirol, Völs, Moarhof ]. Zu Gast: Journalist Elmar Theveßen, Politiker Jürgen Trittin, Autorin Julia Ebner und Zukunftsforscher Matthias Horx (in wiki auch Fehlprognosen), website hier

HIER (Sendung abrufbar bis 30. Oktober)

3:35 Wie reagiert denn Amerika auf das, was da gestern passiert ist? Man sagte: „brennende Müllkippen“, „die würdeloseste Präsidentschaftsdebatte, die ich je gesehen habe“ (E.Th.)

9:16 Jürgen Trittin über die Widersprüchlichkeit der USA

10:12 Wer sind die „Proud Boys“? J.Ebner: „rassistisch, frauenfeindlich, homophob“

19:57 Matthias Horx über den Zustand Amerikas: für uns sehr lehrreich, weil unsere Populisten ein Schatten dieser Bösartigkeit sind, diese negative Energie wird dort [offen] sichtbar.

22:23 Trittin über John Biden, „den Platzhalter, der keinen Schaden anrichtet“ Florida als entscheidender Staat 26:42 Verabschiedung Elmar Theveßen

26:58 „Proud Boys“ Was ist „QAnon“? Bewegung, jetzt auch in Deutschland 29:32 (J.Ebner) 39:57 Bodo Schiffmann mit 2 Ausschnitten (komplett umgedreht) „Quarantäne-Lager hat man früher als KZ bezeichnet“ 43:11 Darüber M. Horx 44:55 Ebner: soziale Medien, die verschwörungstheoretische Inhalte derart pushen, dass sie zu dieser Bedeutung kommen…

(Für mich besonders interessant nach der Begegnung am Völser Weiher hier „Bloße Meinungen“.)

45:24 Dazu Trittin / Wann beginnt dieser Niedergang des Amerikas, das wir in unserer Kindheit erlebt haben? Verschwinden der Mittelklasse. Beispiel Kanada ! Verhältnis zu Autoritäten. EUROPA. 59:30

59:30 Horx „in die Zukunft schauen“ Beispiel: Tourismus in Venedig. Erlebnisse in dieser Krise, „stresshafte Zeit VOR Corona“, Überbeschleunigungsphänomene.

1:07:44 J.Ebner: Verhalten mit Corona ändern… Makroeinflüsse / Horx: der allzu große Technologieglauben – was kommt letzten Endes: Solidarität. Re-greening. Rückschau vom Jahr 2050 aus… China (bis 2030) – den Planeten wirklich wieder ernsthaft begrünen? das ist das wahrscheinlichste Szenario, darauf läuft das hinaus? Horx: Ja!

Gruß aus Südtirol – Zwei Seiten eines Dings

20. September 2020 Blick morgens von Obervöls/Moarhof auf den Schlern

1. Oktober 2020 Blick mittags von der Seiser-Alm auf den Schlern

Fotos: JR & E.Reichow

Zu den Standorten der Fotos:

Politexpress

Vorbildliches Gespräch, viel zu schnell

Nein, ich bin kein Fan von Friedrich Merz, aber bin enthusiasmiert, wenn sich Leute lebendig, informiert und geistesgegenwärtig miteinander unterhalten. Ein verbreiteter Fehler der heutigen Jugend: sie spricht zu schnell. Und ich wette, dass es nicht an meinen Lebensjahren liegt, wenn ich sie nicht verstehe. Es ist nicht nur die Geschwindigkeit, sondern die Artikulation. Daher diese Recherche. Was passiert da rhetorisch? Vergleichbar, wenn ich CD-Booklettexte lesen will, und ich muss sie erst kopieren und vergrößern, um sie zu entziffern. Aber da es gibt offenbar kein Kalkül im Hintergrund. Im vorliegenden Fall wäre es zunächst wünschenswert, man könnte die Gespächsanteile der „Klimaaktivistin“ Luisa Neubauer technisch verlangsamen, und wenn die Stimme dabei eine tiefere Färbung annähme, wäre es auch nicht zu ihrem Schaden. Aber mir scheint es taktisch berechnet, den endlosen Strom gleichmäßig (eintönig und irritationsfrei) fließen zu lassen und kleine Holpereien unkorrigiert zu lassen. Es wirkt emotionsfrei und druckreif. Im Druck kommt vielleicht etwas Formelhaftes zum Vorschein. Was ja in Ordnung sein kann, wenn es sozusagen als Zitat am richtigen Platz wirkt.

Mir ist aber schon in der Schule bei klugen Mitschülern etwas Automatenhaftes aufgefallen, etwas emotionsfrei Abrufbares, wie später zum Beispiel bei Adorno. Es ist also nicht abwertend gemeint, wenn ich etwa bei Greta Thunberg an ihn denke, was jedenfalls unpassend ist, sowohl für ihn wie für sie. Man verlässt sich eben gern auf die Kraft der reinen Argumentation, misstraut einer pathetischen Deklamation und jeder Schauspielerei. (Daher die zwiespältige Wirkung der sogenannten „Wutrede“.) Rhetorik hat einen schlechten Ruf, war aber in früheren Zeiten ein wichtiges Schulfach. – Auf einem anderen Blatt steht der Einsatz der Mimik, wobei Merz zweifellos ein interessanteres Studienobjekt wäre als die makellose Neubauer.

  HIER abrufbar

Angefangen beim grünen Anzug, den Merz einmal trug:

 Screenshot JR

28:50 NEUBAUER: Ja, ehrlicherweise … die Titelgeschichte dazu war ja, dass Sie jetzt sich irgendwas mit den Grünen vorstellen können, da muss ich ehrlicherweise sagen – also das will ich Ihnen lieber gar nicht anlasten – aber ein Jahr vor der Bundestagswahl in einer Zeit, wo so viele Sachfragen, Inhaltsfragen im Raum stehen, und Sie, bei allem Respekt, mandatpolitisch gesprochen überhaupt nichts sind, finde ich diese Farbenspielerei politisch fast unachtsam (Lanz: haben Sie denn grad gesagt: Sie, die Sie mandatsmäßig gar nichts sind?) das ist ja de facto, wo wir gerade sind, ehm, und an der Stelle stellt sich natürlich die Frage, (Lanz lacht demonstrativ amüsiert „nicht schlecht!“) dahinter Ökologie und Wirtschaft, wie kann das zusammengehen, ja, und da bin ich …. so ein bisschen … ach ja, ich weiß auch nicht, sagen wir: vielleicht ein bisschen skeptisch, weil, eine Sache, die wir nicht brauchen, noch mehr Politiker, die sagen, sie fänden die Sache mit dem Klima finden wir gut, und denken das aber nicht zuende, und attestieren sich praktisch selbst Klimafreundlichkeit, was nicht funktioniert, wir sprechen von der wissenschaftlichen Herausforderung, oder vor allem einer Herausforderung mit einer wissenschaftlichen ehm Basis, und das heißt, wenn Sie das jetzt ernst meinen, wunderbar, ehm … bisher hat weder die CDU, noch, soweit ich das überblicke, Sie irgendwas vorgelegt, bevor man darauf schließen lassen könnte, dass das Thema bei Ihnen in guten Händen ist, ehm wir sprechen von dem CO2-Budget für Deutschland, von der Wirtschaft ?? glänzen das ist einfach ne große Herausforderung, und das sind gigantische Themen, und da muss man wirklich wirklich fundierte, weitreichende weitblickend und ernstgemeinte, wissenschaftlich fundierte Antworten zu liefern, und das ist viel zu tun.

LANZ: Herr Merz, Sie sind ein Schnelldenker und auch Schnellredner, 1 Minute Zeit, um Luisa Neubauer jetzt davon zu überzeugen, dass Sie der Richtige für Schwarz/Grün sind.

MERZ: Also zunächst mal geht’s mir persönlich auch um diese Themen und gar nicht um irgendwelche taktischen oder andere eh Spiele. ehm Wir müssen einfach die Herausforderung annehmen, und wir tun es ja auch. Wir haben ja auch in der Umweltpolitik viel erreicht (Lanz: … ich lass jetzt nicht locker, Sie müssen schon konkret werden) .. ja, mach ich ja. Wir haben doch den CO2-Ausstoß in den letzten 30 Jahren um 40 Prozent gesenkt, und zwar mit einem marktwirtschaftlichen System. Deutschland hat die Klimaziele bis heute erfüllt, wissend, dass die zweite Hälfte des Marathonlaufs die schwierigere Hälfte ist. (LANZ Jetzt müssen Sie, den zweiten Teil müssen Sie auch dazu sagen! wir haben sie gerade noch erreicht, weil Corona gekommen sit) MERZ: Der zweite Teil (das haben Sie grade noch erreicht, weil Corona gekommen ist) nein nein, zum Jahreswechsel 19/2o hat von Corona noch keiner gesprochen, und da haben wir das über das Europäische Handelssystem Emissionshandelssystem 38 % erreicht, und 40 sollten es sein. Aso, so, und Klimapolitik fängt ja nicht erst heute an, sondern hat vor 30 Jahren angefangen, die CDU hat den ersten Umweltminister gehabt, die CSU den ersten Landesumweltminister, so, das ist also nicht so, als ob die Union … (LANZ: Sie wollen der erste Umweltkanzler werden?) die ham wa schon, wir haben mit Angela Merkel, die ja auch viel gemacht hat in diesem Bereich etc. etc. 31’41

Die Union hat das Thema Klimapolitik nicht erst gestern gesehen. So, jetzt müssen wir das weiterentwickeln, jetzt sage ich mal aus meiner Sicht, es sind zwei Punkte, Frau Neubauer, wir müssen das mit marktwirtschaftlichen Instrumenten machen, nicht indem wir das System in Frage stellen, sondern wir müssen das marktwirtschaftlich machen, und wir müssen natürlich wissenschaftlich natürlich die Klimaforscher ernstnehmen, aber wir müssen auch die Ökonomen ernstnehmen, das sind auch Wissenschaftler, die uns auch Vorschläge machen, wie wir zum Beispiel unsere Volkswirtschaft weiterentwickeln, und das ist eine schwierige Aufgabe, die ist hoch komplex, aber ich glaube, wir trauen uns das in diesem Lande zu. Wir können uns das zutrauen, das Problem zu lösen. LANZ: Sie mit den Grünen. MERZ: Na ja, gut, die Grünen sind ja ohnehin jetzt schon in einigen Landesregierungen dabei, sie werden am Freitag im Bundestag dem Kohleausstiegsgesetz zustimmen. Ja? so also das heißt ja, wir sind ja in der Verantworung mit den Gründen zum Teil schon zusammen. Volker Bouffier, der schwarze Sheriff  regiert seit sechs Jahren erfolgreich mit den Grünen. Also es ist keine Erfindung von Friedirch Merz. 32:41 NEUBAUER: Darf ich da ganz kurz (klar!) Also es ist nett, dass Sie nach gestern blicken und sagen, dass wir da schon Klimaschutz gemacht haben, das zählt heute in dem Sinne nicht mehr, weil die Herausforderungen, das wissen Sie ja selbst, vor uns liegen. Jetzt fragen wir, deutsche Klimaziele, wunderbar, die sind nicht pariskompatibel, wenn Sie also sagen, ich möchte Klimaschutz umsetzen, dann heißt das in erster Instanz: deutsche Klimaziele anheben, damit die pariskompatibel sind, das ist Klimaschutz international, die Abkommen müssen eingehalten werden. Sie wollen das Ganze marktwirtschaftlich regeln, – machen Sie das, aber das bedeutet, der CO2-Preis oder eine CO2-Bepreisung müsste relativ sofort 50, 60, 70 Euro (LANZ: Genau! Ganz kurz dazwischen: wären Sie dazu bereit?) MERZ: Eh, ich habe das Sachverständigengutachten, das Sondergutachten, das dazu gemacht worden ist, mit Interesse und Zustimmung gelesen, ich hätte mir gewünscht, dass in dem Klimapaket, dass sich die Koalition beschlossen hat, etwas weniger Details und kleinklein gemacht worden wäre und etwas stärker auf die CO2-Bepreisung ausgerichtet gewesen – NEUBAUER: – 50 Euro, ja oder nein? MERZ: das ist nie, passense mal auf, morgen sagen Sie dann 60 Euro, ja oder nein?  und übermorgen sagen Sie dann 150 Euro ja oder nein. NEUBAUER: (? alle durcheinander ?) MERZ: … heute ist zu niedrig, um das Ziel zu erreichen. (33:48) O.k., O.K. Wohin soll er denn gehen? MERZ: er muss so gesteuert werden, dass zwei Ziele erreicht werden. Wir müssen eine wirklich nachhaltige Reduktion des CO2-Haushaltes erreichen, und wir müssen gleichzeitig dafür sorgen, dass sich die Familie ein Auto leisten können, den Job behalten und auch noch Lebensmittel kaufen … NEUBAUER: Ne, jetzt verwechseln Sie aber zwei Sachen: das ist ne Gestaltungsfrage, und das ist die Frage: wie wird das verteilt? Die Frage von ehm Gestaltung von Gerechtigkeit kann ja nicht die Ob-Frage „machen wir das überhaupt?“ aushebeln oder auch nur einschränken. Während das CO2?? für Deutschland, das wissen Sie ja sicherlich, 6.7 Gigatonnen das ist gesetzt! Daran muss man sich orientieren, das ist der Ma… Rahmen, in dem wir handeln können. Sie wollen Ihre (M: unsere!) marktwirtschaftliche Ordnung nicht gestört wissen, das ist okay, gibt es bisher keine marktwirtschaftliche Ordnung, die innerhalb der planetaren Grenzen funktionieren kann, sie ist darauf angelegt, auf einem endlichen Planeten immer zunehmend Ausbeutung bei Ökosystemen, Menschen und Tieren zu betreiben, da muss man ganz schön tief eingreifen, systemisch eingreifen, um das zu adjustieren, dass das überhaupt nur tragfähig sein kann. Und wenn wir von der Preisfrage sprechen, wunderbar, es stimmt, es ist wirklich teuer, Wirtschaften zu dekarbonisieren, das muss ja aber kommen, es ist wirklich teuer, große Transformationen anzustoßen, es ist wirklich teuer, Klimaschutz zu leisten und in dem Maß umzusetzen in der Tragweite umzusetzen, wie wir das brauchen. Was wir uns aber nicht leisten können, ist in die großen, planetaren, globalen Klimakrisen, ökologischen Krisen, ??? Krisen, Gerechtigkeitskrisen reinzurasen. Und das ist auch für eine Ökonomie unbezahlbar, ich spreche auch mit Blick auf Davos, da war ich im Januar, ein Wirtschaftsforum, das sich mit dem Klima beschäftigt hat, aus ?? Perspektive heraus, Wirtschaften, die ungestört, ungehindert in planetare Katastrophen hineinrasen, sind nicht mehr zu retten, auch finanziell nicht. Das heißt, das Günstigste, was man jetzt machen kann, ist radikaler Klimaschutz, und zwar tiefgreifend. (35:45)

MERZ: Ja, kein Widerspruch dazu, vielleicht ein Aspekt, Frau Neubauer, das können wir natürlich in Deutschland machen, nur wir machen 2 % der Emissionen auf dieser Welt aus, 98 % sind nicht in Deutschland, wir müssen auch n bisschen ein Auge drauf haben, wie das in Amerika läuft, was mich sehr beschwert, sie Amerikaner haben dafür kein Gefühl, kein wirklich gutes jedenfalls, was in Russland passiert, was in China passiert, was leider auch in Australien passiert, also die Kohleverbrennung auf dieser Welt nimmt ja zu, wir steigen aus, in dem Rest der Welt nimmt sie drastisch zu, (LANZ; aber was folgt daraus?) was folgt daraus, wie können wir alternative Energien so entwickeln, ich geh noch einen Schritt weiter, da werden Sie wahrscheinlich nicht einverstanden sein, ich glaube, dass wir irgendwann mal die Frage ernsthaft diskutieren müssen, wie wir den CO2 aus der Luft wieder rauskriegen, nur mit Vermeidung alleine wird’s wahrscheinlich nicht gehen. Wir müssen das Zeug irgendwo zurückgewinnen, abscheiden, möglicherweise sogar eh eh eh längerfristig lagern, vielleicht wiederverwenden, also das ganze Thema ist technologisch überhaupt noch nicht ausgereift, und Sie werden es nur hinbekommen, wenn Sie den Menschen einen Anreiz geben, sich so klimafreundlich wie möglich zu verhalten und wenn sie gleichzeitig mit modernsten Technologie (LANZ: aber wie macht man das?) Na ja, also zum Beispiel über einen CO2-Preis, ich bin ja nicht dagegen (LANZ: Genau, aber ich würd Sie gern jetzt noch einmal festnageln) ich nenne Ihnen hier jetzt keinen Preis, weil ich meine, der Preis kann nächstes Jahr schon wieder 10 Euro (LANZ: heute!) nein, also heute wäre ein Preis von 50 Tonnen eh Euro pro Tonne sicherlich ein besserer Preis um die Wirkungen…, der Sachverständigenrat hat das ja auch so vorgeschlagen. Ich hab mit dem Vorsitzenden darüber eine lange Diskussion gehabt, warum habt ihr das so gemacht? Die haben das sehr genau ausgerechnet, ich glaube, dass das in die richtige Richtung geht, und der Sachverständigenrat war ja auch etwas enttäuscht darüber, dass die Vorschläge von der Bundesregierung nicht alle übernommen worden sind…

NEUBAUER: Vielleicht kann man das Ganze wissenschaftlich noch ein bisschen einordnen, weil dass Klimaschutz international noch ein bisschen eingeordnet werden muss, keine Frage. Deutschland ist in Europa der größte Emittent, sieben der 10 größten CO2-Quellen in Europa sind deutsche Kohlekraftwerke. Wenn wir also zum Beispiel – Sie haben vorhin die Relevanz von Europa angesprochen – sagen, die Liste von Kontinenten, die jetzt vorlegen können, was Klimaschutz betrifft, ist relativ kurz. Wenn Deutschland nicht in die Gänge kommt, können wir uns das für Europa knicken. Das heißt, an der Frage ist Deutschland richtig gefragt. Dann muss das europäisch koordiniert werden, das ist genau richtig, heißt aber nicht, dass …(LANZ: auch was Trassen angeht…) genau! aber das heißt nicht, dass wir ? In Brüssel irgendwie unsere Emissionen reduzieren werden, sondern dass wir dafür sorgen müssen, dass das, was wir in Deutschland machen, tiefgreifend und erfolgreich genug ist und gleichzeitig europäisch koordiniert, und erst dann könnte das eine Vorbildfunktion sein für den Rest der Welt, welchem Land der Welt möchten wir denn bitteschön sagen, dass wir das Klimaschutz möchten, wenn eins der reichsten Länder, Deutschland, es nicht kann. Und wir müssen uns mal dem bewusst werden, in Deutschland werden Klimaziele, Pariser Klimaziele, nicht erreicht, weil man es nicht möchte! Wir wissen, wir können nach Corona Krisen ernst nehmen, man kann auch die Wissenschaft ernst nehmen, aber es wird ja aktiv blockiert, am Freitag soll im Bundestag ein besagtes ? Bundesgesetz verabschiedet werden, das ist ein Kohlegesetz, das im Endeffekt zementiert, dass wir Paris nicht mal mehr einhalten wollen, bevor wir es überhaupt versuchen. Und Stichwort CCS-Technologie – Sie kennen ja die Berichte – da ist natürlich eingerechnet, dass das notwendig ist, aber es ist auch wieder nur eine Sache, die zusätzlich passieren muss zu dem radikalen Klimaschutz, der effektiven Reduktion, zu Instrumenten, die marktwirtschaftlich funktionieren, die aber natürlich begleitet werden müssen, von dem Ende vom Verbrenner, von dem Kohlekraftwerk, das wissen wir ja alles.

LANZ: Okay, verstanden! Frau Röser einmal an dem Punkt. Beton – Zement? Sehr energieintensiv. (39:19) Etc. etc. [weiter ab 41:15]

(Fortsetzung folgt)

Welche Visionen brauchen wir?

Angenommen: einzig Untergangsszenarien sind realistisch

Dann kommt man gern mit Luthers Apfelbäumchen daher, – ein Spruch dieser Art ist aber bei dem großen Reformator gar nicht nachweisbar. Wir müssen eigene formulieren. Angenommen im Herbst des Jahres 79 n. Chr. hätte ein wohlhabender Bürger Pompejis die Weissagung bekommen: in Kürze wird diese Stadt untergehen, es grummelt schon bedrohlich aus der Tiefe des Vesuvs. Würden wir ihn bewundern, wenn er furchtlos seinen Garten bestellt hätte statt sich außer Reichweite zu begeben?

Einerseits ist Optimismus hoch im Kurs, weil zukunftsorientiert. Andererseits wissen wir, dass nur die Wahrnehmung maximaler Gefahr eine echte Kehrtwendung veranlassen kann. Und nicht die Formel: es wird schon wieder werden…

Wir können uns nicht mehr außer Reichweite begeben, abgesehen davon, dass wir nicht einmal wohlhabend sind. Bei Markus Lanz habe ich kürzlich erfahren, dass man in San Francisco, „der reichsten Stadt dieses Planeten“, laut Statistik als arm gilt, wenn man weniger als 115.000 Dollar pro Jahr verdient. Und noch nie konnte man dort soviel Obdachlose sehen wie heute. Also: es sind hochinteressante Zusammenhänge, mit denen wir konfrontiert werden, und man sollte sich unbedingt um die Zukunft kümmern, – quia absurdum est, sagte man im alten Italien. Nein, auch dieser Satz ist nie so formuliert worden, wie man ihn zitiert. Dabei ist das Fazit, wie man lesen kann, ziemlich genau so, wie es gleich im Gespräch mit einem unverbesserlichen Optimisten zutage tritt.

ZITAT

Aber das ist nicht der Grund zum Aufhören und schon gar nicht das Ende von allem. Wir sollten uns vielmehr neu darauf besinnen, was uns wichtig ist. Deshalb, so Franzen, wird es jetzt Zeit, sich auf die Folgen vorzubereiten, zum Beispiel auf Brände, Überschwemmungen und Flüchtlingsströme. Es geht aber auch darum, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um unsere Gesellschaften, unsere Demokratien zu festigen.

Ich weiß nicht, ob dieser Autor zu den Untergangspropheten gehört, die in der Markus-Lanz-Sendung vom 4. Februar 2020 apostrophiert wurden. In diesem Blog wurde er schon als bedenkenswert zitiert, als es die kleine Schrift noch gar nicht ohne weiteres zu kaufen gab. HIER.

Hier ist ein Protokoll dessen, was Harald Welzer in der Sendung gesagt hat. Vielleicht kann man alles in seinem Buch systematischer nachlesen, aber manches wirkt gerade in den locker (und engagiert) hingesprochenen Beiträgen inspirierender.

ZDF Sendung Markus Lanz 5.2.2020, nachzuhören bis 5.3.2020 HIER.

Zum Text (noch nicht vollständig lektoriert)

Lanz (ML)bei der Vorstellung der Gäste:

Wir müssen, schreibt er, endlich den Untergangspropheten ihre Uhr wegnehmen, die seit 40 Jahren auf 5 vor 12 steht, für diese – Achtung! – Lamentierökos richten wir eigene Nöhlreservate ein, und da gehen wir dann alle hin, wenn wir mal versehentlich gute Laune kriegen. Herzlich willkommen, Harald Welzer!

20 Minuten später…

Harald Welzer (im folgenden als HW)

20:35 Mich erschüttert, dass bei solchen Aussagen geklatscht wird. Also es ist wirklich irre, wir haben – ML stopp stopp, geklatscht wurde grade, weil Frau Wöhrl sagte, da sind Lobbyisten dahinter, die puschen (ja, aber) (alle durcheinander)

HW – wir haben nun eine ausgebaute Klimawissenschaft aus sehr sehr vielen verschiedenen Disziplinen zusammengesetzt, die seit vielen Jahrzehnten an diesem Thema arbeiten, es gibt eine weit, weit über 90prozentige Übereinstimmung der Befunde, die aus diesen unterschiedlichen Disziplinen kommen, dass wir es mit einem menschengemachten Klimawandel zu tun haben, und wir wissen auch mit einer hinreichenden Sicherheit, wie die Sache sich weiter entwickelt, und wir wissen auch, dass es an Treibhausgasen liegt.Das gibt es in keinem andern wissenschaftlichen Bereich – ich bin selber Wissenschaftler -, dass es einen solchen Konsens gibt. Und wenn es bezahlte[r] Institute usw. gibt, die insbesondere in den USA seit vielen vielen Jahren gegenteilige Dinge behaupten, dann sind es nicht – die Wissenschaftler sind sich nicht einig, sondern die WissenschaftlerInnen, die von dem Thema was verstehen und da arbeiten, sind sich einig. Deshalb gibt es die Berichte vom IPCC (ML: Weltklimarat usw.) usw. usw., und man kann auch nicht sagen, – und deshalb finde ich es hier auch nicht berechtigt an der Stelle zu klatschen – beide werden bezahlt. Ich glaube, es gibt ne ganze Reihe von WissenschaftlerInnen, gerade in dem Umweltbereich, im Klimabereich, die haben eine echte Besorgnis über ihre Forschungsergebnisse, die kommunizieren die nicht deswegen, weil sie dafür bezahlt werden, sondern weil sie als Wissenschaftler sehen, wir haben ein riesiges Problem. Dieses Problem haben wir seit mindestens 1972 erkannt, als „Die Grenzen des Wachstums“ erschienen sind, seitdem wissen wir das (ML: Club of Rome!) ja, ja, und nennen uns selber eine Wissensgesellschaft, aus diesen Wissensbeständen werden kaum Konsequenzen gezogen, das ist der Punkt! (22:50 Einspruch von Heiner Lauterbach über Situation „auf beiden Lagern“, Dagmar Wöhrl über politische Interessen, ML „es geht immer um die Schuldzuweisungen, es geht doch vielmehr um die Frage: wie gehen wir mit dem Klimawandel um in der Zukunft“ ML: „wie gelingt es, diese Polarisierung aufzuheben?“)

22:50 Na ja, ich würde eigentlich – und dann können wir auch harmonischer werden in der Runde – ich glaube, da gäbe es ja eine Übereinstimmung, woran es uns da elementar fehlt, sind tatsächlich Zukunftsbilder, und Gesellschaften, dieses Typs, also der westlich-liberalen Demokratien, sind ja immer erfolgreich gewesen, weil sie immer ne Vorstellung hatten: wer wollen wir sein? Wo soll diese Gesellschaft (ML sie sagen: immer neuer, immer besser, immer mehr, das ist sozusagen unser Mantra) ja, darauf ist es zusammengeschrumpft, ja, aber dass es mal ne Gesellschaft gewesen ist, die gesagt hat, jetzt kommen diese Klischee-Zitate „mehr Demokratie wagen“, aber „Öffnung des Bildungssystems“, großes Programm der 1960er Jahre, ich hab da extrem von profitiert, als Ziel: wir müssen eine andere Gesellschaft sein, mehr sozialen Ausgleich, mehr Partizipation etc. etc. oder auf der symbolischen Ebene solche Dinge wie Apollo-Projekt, Eroberung des Weltraums usw.usw., also Dinge, wo Gesellschaft nicht einfach nur um ihre eigene Gegenwart kreist, sondern wo sie eine Vorstellung hat: da sind Ziele, da wollen wir hin, da wollen wir auch alle mitnehmen. (ML: Heute, also, Apollo ist abgehakt, für mich zumindest, aber – E-Mobilität wär doch so’n Ziel…)

22:50 Aber das ist doch kein identifikationsstiftendes Ziel, das ist doch dasselbe wie jetzt, nur Sie haben n Antrieb ausgetauscht, ist doch nichts, wo man sagt: au, cool!!! 2050 haben wir nur noch E-Autos (ML: also 50 sagen Sie jetzt…ganz cool, ehrlich gesagt, in ner Innenstadt zu leben, die nicht mehr stinkt morgens, nach Abgasen) ich fänd’s ja viel cooler in ner Innenstadt zu leben, wo es keine Autos mehr gibt (auch gut! Beifall können wir uns sofort drauf einigen), aber vielleicht verbirgt sich genau dort der Witz, dass es dort auch so etwas wie Utopien geben, Visionen geben muss, wir könnten uns vorstellen, – dieses Thema, das wir zu Anfang hatten, wir haben keine soziale Ungleichheit in diesem Ausmaß mehr, meine ich keine sozialistische … ja? aber keine soziale Ungleichheit in dem Sinne, dass Menschen zur Tafel gehen müssen, wenn sie was zu essen haben wollen. Wir könnten doch ein Zukunftsbild haben, dass wir eine Gesellschaft haben, in der alle anständig essen können, ich meine, dass man im Jahr 2020 sowas überhaupt sagen muss. Oder das als Ziel ist ja schon bizarr. (ML Oder in die andere Richtung jetzt wenn Sie nach San Francisco gehen, also noch nie konnten Sie in der reichsten Stadt dieses Planeten, wo Sie glaube ich mit 114 000 Dollar mittlerweise offiziell arm sind, wenn Sie ein Jahreseinkommen von 115.000 Dollar haben, sind Sie statistisch arm, nie konnten Sie soviel Obdachlose dort sehen wie im Moment.)

Ja, selbstverständlich, und das ist in allen Metropolen, ehm, aber jetzt wollen wir nicht das Negative sagen, man könnte ja sagen: wir haben die Power, wir haben auch das Bildungssystem, wir haben auch sozusagen theoretische Motivation genug, uns diese Gesellschaft anders vorzustellen, nämlich eine, die viel weniger Ressourcen verbraucht, siehe Frage Mobilität, was ist die Mobilität der Zukunft? Ist das der Ersatz eines Energiegebers gegen einen andern, oder ist es intelligenter Bewegung, also sprich: nicht mit Autos, sondern mit öffentlichen Verkehrsmitteln, die super funktionieren 29:21 weil sie digital orchestriert sind. Ist die Stadt der Zukunft, sieht die aus wie jetzt aussieht? Oder hat die ganz andere Nahversorgungskonzepte? Wird viel mehr Nahrung in der Städten angebaut? Usw. ML Nahrung? Nehmen Sie uns doch mal mit, lassen Sie uns frei denken , auch mal verrückt denken. Welche Ideen gibt’s da? Wie sieht sozusagen der Nahrungsmittelanbau der Zukunft aus?

HW Naja, da gibt es n ganzes Spektrum von Ideen, da geht von den Verical Gardening – das kennen die meisten: dass man Hochhäuser auch dafür verwendet, dass man in bestimmten Etagen die Nutzung der Fassaden, um Nahrungsmittel anzubauen, das gibt es als ganz konkrete Utopie, umgesetzt in Andernach, wo der Grünraumplaner der Stadt vor 10 Jahren auf die famose Idee gekommen ist, dass Stadtgrün auch verwendet werden kann, um Nahrungsmittel anzubauen. Seitdem nennen die sich die essbare Stadt, zeigen stolz vor, dass in ihrer Stadt Flächen usw. anders genutzt werden, die Bürger finden das zum Teil toll (glaub ich) nich? weil die jetzt sagen können, wir sind die mit der essbaren Stadt, ja, die haben viele Preise bekommen, und sowas, das sind so Ansätze, und das geht bis hin, dass man natürlich eh eh im Untergrund bestimmte Formen von Nahrungsmitteln anbauen kann usw. (ML Beispiel? Im Untergrund? Ohne Licht, ohne…) Ja, kann man machen, ich bin kein Biologe, aber da laufen solche Experimente oder in Rotterdam, da machen sie auf Poldern im Fluss sozusagen Kühe, ja, da machen sie Weidewirtschaft, es gibt total verrückte Geschichten, ehm, ich finde an solchen Dingen nur interessant, wir habe eigentlich keine – wie soll man sagen – keine Medienformate, wo solche Zukunftsbilder, die z.T. ja sehr konkret sind, wo die richtig sexy vermittelt werden (ML doch Sie heute grade hier, das ist doch cool / Wöhrl: aber man kann das doch auch immer nur ergänzend sehen, es sind ganz tolle Geschichten, man kann es sich ganz super vorstellen, aber es wird nichts das ersetzen, was notwendig ist, um alle zu ernähren) ML was machen wir mit der mit der mit dem Bevölkerungswachstum, das ja enorm ist, wenn man sich das mal anschaut, (HL das ist das Problem, das wir haben, das mit Abstand größte Problem, das wir habe, ist die Überbevölkerung. Sie sagen ja in einem Artikel, den ich gesehen habe von Ihnen, den ich unterschreiben würde, dass die Menschen durchaus in der Lage sind, 9 Milliarden Menschen zu ernähren, das ist nicht das Problem. Als ich auf die Welt kam, da hatten wir 3,5 Milliarden Menschen, jetzt haben wir mehr als doppelt so viel, man muss ja kein Mathematiker sein, was lässt Sie denn daran glauben, dass es bei 9 Milliarden bleibt?

HW Oh, das wiederum, sagen die Leute, die sich damit beschäftigen, Demographen, die können das relativ gut berechnen, weil sie sehen können, wie die Kinderzahlen sinken, (ML mit steigender Bildung…) mit steigender Bildung und bestimmten anderen sozialen Faktoren sinken die Kinderzahlen, auch heute schon, und dann können Sie hochrechen: wenn Sie weniger Kinder haben, haben Sie entsprechend in der nächsten Generation so und so viel Bevölkerungszuwachs oder -abnahme, und (HL dann muss man aber die Bildung heben, in Afrika zum Beispiel) ja, das kann man ja auch machen bzw. sollte man machen (ML es geht ja um Frauenbildung vor allem) ja, es gibt bei Bevölkerungswachstum keinen unendlichen Anstieg, es wird sich bei 9 – 9 ½ Milliarden irgendwie einpegeln. Da gibt’s sozusagen Übereinstimmung. Das macht das Problem nicht besonders klein, denn das sind immer noch sehr viele, wir haben durch Klimawandel und anderen Umweltstress natürlich immer mehr Probleme, diese Leute zu ernähren, nur über einen Faktor müsste man in dem Zusammenhang auch sprechen: dass natürlich die Menschen in den USA oder wir hier in der Bundesrepublik und so das Zehn- bis Zwanzigfache von dem verbrauchen, was Menschen in andern Teilen der Welt verbrauchen. Das heißt, wir müssen das Bevölkerungsproblem auch mit solchen teilen, und da kann die Lösung nicht sein: alle müssen so viel zuviel verbrauchen wie wir, das ist die Aufgabe…

Markus Lanz: Aber Ihr Buch gefällt mir deswegen so gut, Herr Welzer, ich hab das schon vorm Jahr gesagt, weil das ein optimistisches Buch ist, weil Sie sagen, wir müssen da für diese Öko-Lamentierer müssen wir eigentlich so Nöhlparks einrichten, da sperren wir die alle ein, da können die alle rummaulen von morgens bis abends, und diese Weltuntergangspropheten, bei denen die Uhren seit 40 Jahren auf 5 vor 12 stehen, äh, das kann man ja alles nicht mehr hören. Deswegen: wo ist sozusagen der positive Blick ins Morgen, wie lösen wir das? Wenn Sie sagen, zu recht ja sagen, wie kann das sein, dass wir weiterhin auf dem Niveau Spaß haben und Halligalli machen und CO2 in die Luft pusten, und die andern, die jetzt also grade erst dazukommen, die Schwellenländer, Indien und China usw., die jetzt aber auch partizipieren wollen, – dann können wir nicht einfach so weiter machen, was bedeutet das? Kommen dann tatsächlich die Verbote? Müssen wir runter von unserem Lebensstil? Oder gibt es ein gutes Leben, das nur anders gestaltet wird?

HW Ja, also ich hab ja für den Optimismus dieses Buches erstens subjektiv den Grund gehabt, dass ich dieses Gejammer nicht mehr hören kann, und diese pausenlosen Untergangsphantasien, die sind ja insofern eitel, diese Untergangsphantasien, weil wir heute auf dem allerhöchsten Niveau leben, das es in der Menschheitsgeschichte jemals gegeben hat. Das ist auch nicht pathetisch, das ist einfach so. Alle hier in diesem Saal leben besser als Ludwig der XIV., he? und das ist ja nicht nichts! Und die Lebenserwartung hat sich verdoppelt in den letzten hundert Jahren, alle diese Faktoren, und dann interessiert mich, wow, wenn das möglich gewesen ist, was waren denn die Bedingungen dafür, dass das möglich war? warum geht es heute so gut im Vergleich? Da haben wir n paar Faktoren: wir haben auf der einen Seite wissenschaftlichen und technischen Fortschritt, wir haben enorme soziale Fortschritte, die haben sehr viel mit Gleichheit zu tun, die haben auch etwas mit der äh äh äh Emanzipation der Frauen zu tun, die haben was mit dem Bildungssystem zu tun, viele solcher Faktoren, und medizinischer Fortschritt natürlich auch, führen dann dazu, dass diese Lebensverhältnisse besser werden, aber – was immer nicht gesehen wird – es gehört auch n Gesellschaftssystem dazu, und wir leben in einem offenen Gesellschaftssystem, in einer Demokratie, die die Eigenschaft hat, sich permanent modernisieren zu können, weil sie Kritik zulässt, weil sie Bewegungen zulässt wie jetzt diese „Fridays for Future“, genau so wie die Grünen, die Öko-Bewegung war eine Modernisierungsbewegung, die brauchte diese Gesellschaft, ha, genau so brauchen wir jetzt die Kids ganz dringend, weil die Modernisierung geht nicht von den Altmaiers dieser Gesellschaft aus. Das muss man einfach mal so ganz schlicht sagen, das ist n Altersphänomen usw., auch das was wir als Realpolitik betrachten, hat ja in dem Sinne keinen Horizont, deshalb verstehen ja viele auch nicht, was wollen die eigentlich damit? Was bedeutet das jetzt, wie sieht denn unser Bildungssystem im Jahre 2030 aus, wie sehen unsere Städte, wie sieht unsere Mobilität 2030 aus? Das ist sozusagen pragmatisch, kurzfristig orientiert, macht aber keinen Horizont auf. Oder wir sehen mal das Beispiel der Autoindustrie: die Autoindustrie wird einen Strukturwandel durchmachen von der Dimension durchmachen, wie es vorher der Bergbau insbesondere im Ruhrgebiet vorexerziert hat. HÖREN WIR ETWAS DAVON? Wie sieht dieses Land nach der Autoindustrie aus? Das muss ja nicht negativ sein, das muss man abfedern, das nennt man Strukturwandelspolitik. Aber wir brauchen doch JETZT Visionen für die Zeit nach dem Auto. Wir brauchen Visionen für eine Zeit, wo diese Form von Emissionen – und übrigens auch Rohstoffverbrauch im ganzen, das ist eine verengte Diskussion, wenn wir nur über Emissionen sprechen. (Klar!) Wir haben – jetzt nach dem Davos-Gipfel wurde verkündet – wir haben jetzt globales Wachstum 2020 3,3 Prozent Wachstum: 3,3 Prozent Wachstum bedeutet 3,3 Prozent mehr Verbrauch – wie soll das auf einem Planeten, der jetzt unter Stress steht, funktionieren? Was haben wir für eine Vision für eine Wirtschaft jenseits des Wachstums? Und das meine ich mit Zukunftsbildern, die muss man nicht immer negativ bestimmen, es ist doch eine Herausforderung zu sagen: wir können’s doch viel besser. Ist doch viel interessanter als immer nur so weitermachen und hier und da herumzubasteln. Oder? 37:52 (Beifall)

*    *    *

Das Buch von Welzer – und zwei Rezensionen: hier.

Quellen und Rezensionen zu Jonathan Franzen in DIE ZEIT 30. Jan. 2020

DIE ZEIT 30.01.2020 Seite 37 Was, wenn es so kommt? Der Kampf gegen den Klimawandeöl ist verloren, sagt der Schriftsteller Jonathan Franzen. Manche Forscher behaupten gar, schon diesem Jahrzehnt breche die Zivilisation zusammen. Es ist Zeit, sich mit der „Kollapsologie“ zu befassen. Von Ulrich Schnabel. S.a. hier (leider mit Zahlschranke).

Kritik zum Begriff „Collapsologie“ siehe hier (Wikipedia Pablo Servigne)

DIE ZEIT 30.01.2020 Seite 53 Werden wir untergehen Jonathan Franzens jüngster klimapolitischer Essay hat spektakuläre Shitstorms ausgelöst. Jetzt kann man ihn auf Deutsch lesen. Von Elisabeth Thadden. S.a. hier (ohne Zahlschranke)

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Der Aufsatz „Deep Adaptation“ („Tiefenanpassung“) von Jem Bendell auf deutsch als pdf. abrufbar hier.