Schlagwort-Archive: hartaberfair 29.08.22

Dürre in Deutschland

Für alle, die es satt sind, Katastrophenmeldungen zu lesen: zuerst an den Schluss scrollen!

Hart aber fair im Ersten am 29.8.22

abrufbar:

HIER  https://www1.wdr.de/daserste/hartaberfair/videos/video-die-jahrhundert-duerre-erleben-wir-gerade-unsere-zukunft-102.html

Die Teilnehmer der Diskussion:

  • Mona Neubaur (B‘90/Grüne, NRW-Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie)
  • Sven Plöger (Meteorologe, ARD-Wetterexperte)
  • Carla Reemtsma (Klima-Aktivistin; Sprecherin und Mitorganisatorin der „Fridays for Future“-Demos)
  • Werner Marnette (langjähriger Industriemanager und ehemaliger CDU Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein)
  • Alexander Held (Forstwissenschaftler und Feuerökologe; Waldbrandexperte)

Einige Text-Nachschriften JR ohne Gewähr (in Auszügen – warum? insbesondere die wichtigen Beiträge von Carla Reemtsma sind akustisch oft nicht nachvollziehbar, weil allzu eilig gesprochen; man muss manches raten. Ich empfehle auf jeden  Fall, auch das Original zu hören!)

Beiträge Reemtsma ab 7:12 / 16:57 /  30:47 / 46:43 (fehlt noch) /

Plasberg: … ABER DAS AUSMASS UND DIE LÄNGE DER DÜRRE IN DIESEM JAHR, HAT SIE DAS ÜBERRASCHT? 7:12

Reemtsma:  Die Heftigkeit, mit der uns grade Wetterphänomene, Klimaextremlagen treffen, und sei es hier irgendwo in Europa, seien es die Waldbrände, sei es die Dürre, sei es die Wasserknappheit, seien es aber auch Extremwetterlagen wie grade der Monsun in Pakistan, das tritt alles gerade in einer Häufung auf und in einer Schwere, die selbst die weitesten Klimaforschungen so nicht prognostiziert haben, sondern übertrifft nochmal mehr oder weniger die schlimmsten Erwartungen. Was wir grade erleben, ist nicht wo alle von sagen, erleben wir grade unsere Zukunft, nein, wir erleben unsere Realität und wir erleben unsere Gegenwart, mit der wir JETZT, auf die wir jetzt Antworten finden müssen. Und davon sind wir meilenweit entfernt.

Plasberg: HAT ES SIE ÜBERRASCHT? IN DIESEM JAHR?

Nein. Also: das Ausmaß ist erschreckend, was wir irgendwie erleben mit über 10.000 Hitzetoten auch alleine in Deutschland, wir haben mit diesem Hitzesommer tatsächlich die tödlichsten Naturkatastrophen in Europa seit Jahrzehnten gehabt, das mehrmals jetzt auch schon hintereinander. Das ist furchtbar, und das zeigt aber auch, dass wir als Gesellschaft überhaupt gar nicht in der Lage sind, angemessen auf diese Krise zu reagieren, in der wir sind und [stattdessen]eine politische Verantwortungslosigkeit erleben.

Plasberg: DIE POLITIK IST N BISSCHEN BESCHÄFTIGT …z.B. mit GAS — sind das mildernde Umstände bei Ihnen?

Reemtsma: Definitiv nicht! Die Politik versagt grade auf beiden Seiten, wir erleben einerseits mit genau den aufgezeigten Folgen der Klimakrise, von denen wir eben gesprochen haben, dass es nicht um Jahrzehnte oder Jahre geht, und – wir können die Klimakrise nicht aufschieben, deswegen können wir auch den Kampf gegen die Klimakrise nicht aufschieben. Und gleichzeitig trifft genau das, was die Regierung im sozialen Bereich macht: sie müsste sich darum kümmern, dass Menschen Möglichkeiten haben, einerseits nicht ihre Sorgen vor der nächsten Lebenskostenabrechnung zu haben und Möglichkeiten haben, z.B. beim Klimaschutz unterstützt zu werden. Was macht es, dass sie eine sozial gerechte Maßnahme, die auch den Klimaschutz fördert, dass man das 9-Euro-Ticket, ohne Nachfolge auslaufen lässt, dass mit der Gas-Zulage und Milliarden an Gas-Konzerne (lacht) umverteilt, und wir gerade Umverteilung an fossile Klimakillerkonzerne erleben – und das ist eine Politik, die macht beide Krisen schlimmer und ist maximal verantwortungslos. 9:30

Plasberg (rhetorisch:) WANN TRETEN SIE ZURÜCK; FRAU NEUBAUR? SIE SIND ZWAR GRADE ERST IM AMT…

*     *     *

Werner Marnette: Natürlich habe ich das Gas gern genommen, weil wir einen Beitrag zum Klimaschutz erbringen wollen. Wir haben beispielsweise – darf ich das noch ausführen – vom Koks auf Erdgas umgestellt, vom schweren Heizöl auf Erdgas umgestellt, weil das besonders klimafreundlich ist, Erdgas ist ja C, 1 Kohlenstoff-Atom und 4 Wasserstoff-Atome – das ist doch ein Riesenfortschritt gewesen! (Einwurf Plöger „… auch schon blöd…“) (Plasberg: „soviel zum Chemieunterricht… Frau Reemtsma!“)

16:57 Reemtsma:  Und womit Sie, gerade als Unternehmer und gerade in dieser Zeit und als Leiter des Kreises Energiepolitik – BDI Verband der Industrie – gemacht haben – um es zu sagen: Sie haben uns in genau diese Abhängigkeit von billigem russischen Gas gebracht, und das hat uns jetzt in diese Situation geführt, und das ist nach dem Krieg und in der Klimasituation eindeutig klar: das größte Sicherheitsrisiko ist unsere Abhängigkeit von fossilen Energieträgern, von Gas, aber auch von Kohle und Öl. Die einzige Antwort kann der massive Ausbau von erneuerbaren…

Plasberg: Im Augenblick nicken hier alle, Frau Reemtsma – Frau Neubaur nickt.

Werner Marnette: Ich würde Ihnen das nochmal gerne erklären, was damals gemacht worden….

Plasberg: Sie müssen, glaube ich, einem jungen Menschen nicht erklären, der so im Stoff ist, wie Frau Reemtsma… müssen Sie nicht erklären…

Werner Marnette: Man muss ja auch n bisschen bei den Fakten bleiben, ich glaube, ich habe mich kräftig gegen die damalige Kartellsituation gewehrt, und ich war auch einer derjenigen, die sich damals heftigst gegen die Fusion von EON und RUHRGAS gekämpft hat.

Plasberg: Wir haben Sie eingeladen, weil Sie immer eigene Gedanken auch gepflegt haben… ich würde jetzt gerne die Vergangenheit Vergangenheit sein lassen, weil es gibt ja genug für die Zukunft zu tun. Und wir sind ja noch ein bisschen bei der Vermessung der Katastrophe. 18:29

Aber zur Vermessung der Katastrophe gehört ein Blick in den Wald. [etc.]

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30:47 Plasberg: Stichwort KOHLEKRAFTWERK Haben Sie Verständnis, dass Grüne in dieser Situation nicht grüne Politik aus dem Lehrbuch machen können?

Reemtsma: Wofür ich Verständnis habe, ist dass wir im Moment dieser Krisen und auch im Zusammenkommen dieser Krisen, wie wir grad eben gehört haben, ja auch miteinander zusammenhängen, man pragmatisch darüber nachdenken muss, was können Antworten sein. (also Kohlekraftwerke) Das heißt aber nicht, dass Antiklimamaßnahmen, wie beispielsweise …also, die bleiben, auch wenn sie pragmatisch sind, Antiklimamaßnahmen, und man muss dann in dem Moment um so entschlossener sagen, o.k. wo sind die Möglichkeiten, wo wir einsparen können, wo wir reduzieren können, wo wir verzichten können, auf Energie verschwendet wird, z.B. in zu großen industriellen Prozessen, die wir nicht brauchen. Aber auch ganz besonders in der Regierung, was wir erleben, dass wir da, wo wir beispielweise Klimaschutzgesetzgebungsprozesse haben, um so mehr tun müssen. Und was wir gerade erlebt haben: die Regierung hat ihre Ziele verfehlt, sowohl im Bereich Bauen als auch im Bereich Verkehr, und ihre eigenen Klimaziele sind zu nbiedrig. Dann war sie angefordert, o.k. Zu sagen, wir mach jetzt Sofortprogramme, um das auszugleichen, um aufzuzeigen, wie können wir diese Klimaziele einhalten, und Volker Wissing hat es geschafft, ein Sofortprogramm für den Verkehrsbereich vorzulegen, der zwanzig mal mehr machen müsste, um tatsächlich  das auszureichen, also er schafft es 14 Millionen Tonnen CO2 einzusparen bis 2030, und er müsste über 260 Millionen einsparen.

Und der regierungseigene Expertenrat hat nach Schritt 1 der Prüfung 8 gebrochen, nur weil sie gesagt haben, dass es nicht mal im Ansatz ausreichen würde, was grad gemacht wird. Und das ist eine Regierungspolitik, die grad in Zeiten der Klimakrise, wie wir grad auch gesehen und immer wieder gehört haben, wirklich aufzeigt: wir können nicht den Kampf gegen die Klimakrise aufschieben, –  wo ich mich frage, was machen die Grünen gerade in der Regierung besser und wie können sie es noch verantworten, in dieser Regierung zu sein, wenn sie es nicht mal schaffen, einem der relevantesten Ministerien im Bereich Klima, dem Verkehrsminister da irgendwelche roten Linien aufzuzeigen. (Beifall)

(folgt MONA NEUBAUR ab 32:46 ich würde Ihnen zustimmen: der Verkehrsminister müsste seine Hausaufgaben machen … etc.)

47:23 REEMTSMA: Es ist nicht so, dass wir den Energiebedarf nicht aus den erneuerbaren Energien decken können, es gibt die Studien, es gibt die Technologien, die genau das aufzeigen, wie das funktioniert. Sowohl im Bereich der Gebäude, als auch im Bereich der Industrie, als auch (Plasberg: In welchem Jahr sind wir jetzt, Frau Reemtma?) – 2035. ( Marnette: Machen wir Frieden hier untereinander, ich lad Sie mal nach Hamburg ein, und dann gehen wir durch die Zahlen einverstanden?!). Nee, ich würd aber relativ gern mit Ihnen nochmal kurz über die Atomkraft sprechen (gerne!) – Sie sprechen von horrenden Energiepreisen und sagen: naja, unsere Antwort sollte mal jetzt der Atomstrom sein, und von der Klimakrise und unsere Antwort sollte die Kohle sein. Beides sind keine Antworten! Kohle bringt uns einfach mitten in die Klimakrise rein, das wissen wir alle, und das führt dazu, dass zum Beispiel dann die Pegel niedriger werden, was wieder die Versorgungssicherheit der Industrie gefährdet. Die Atomkraft ist die allerteuerste Art; Energie zu produzieren, wo selbst die großen Industriekonzerne sagen: die wollen das überhaupt nicht, wir wollen diese Kraftwerke loswerden, weil das die allerteuerste Art ist, Energie zu produzieren, die ist ungefähr 5mal so teuer pro Gigawattstunde  zu produzieren [??]  (Plasberg: darf ich Ihnen eine kleine Frage stellen? Die „Friday for Future“ weisen energisch auf Probleme hin, sagen aber „Lösungen muss die Politik bringen“, Politik braucht die Unterstützung von Menschen, das ist so in der Demokratie, Herr Putin braucht das nicht. Das ist asymmetrische Kriegsführung. Weil, der kann einfach anordnen, Frau Neubaur muss gewählt werden, muss wiedergewählt werden, muss sich die Legitimation abholen. Wenn Sie sagen, 2035 ist es soweit, was sagen Sie dann zum Beispiel – hatten wir letzte Woche – einer 80jährigen Frau, die sagt, sie hätte nie mehr darüber nachgedacht, Existenzangst zu haben, weil dsie hat n Krieg mitgemacht, sie hat Existenzangst, weil sie liest, Strom 1000% teurer, Vorauszahlungen erhöht, Gas auch, das sind Menschen, die wollen jetzt Antworten haben, niemand betwewifelt Ihre Ziele, aber ist es nicht etwas vermessen von Politik, so über die momentanen Erfordernisse hinwegzugehen?) 49:16

Reemtsma: Wenn wir Klimaschutz machen, dann müssen wir nicht über die momentanen Erfordernisse in der Preiskrise hinweggehen. Es gibt Instrumente, die Antworten auf beides sind, und das 9-Euro-Ticket ist das beste Beispiel, wo die Politik sich gerade aktiv dagegen entscheidet, eine soziale Entlastungsmaßnahme auslaufen zu lassen ohne Nachfolger, die Menschen hilft kein Klimaschutz und direkt Entlastung bietet. Und das ist ein Beispiel, das zeigt, wie verantwortungslos Regierung, wenn beide Sache zusammenkommen, ist, wo klar ist, wir können nicht die eine oder die andere aufschieben. Wir können die Klimakrise nicht aufschieben, das zeigt dieser Sommer mit seiner gesamten Realität. Und natürlich können wir die Existenzängste von Bürgerinnen und Bürgern, die sich fragen, wie kann ich meine Heizkosten bezahlen, auch nicht aufschieben. 49:59

Dann darf die Antwort aber nicht sein: Milliarden an fossile Konzerne umzuverteilen, in Form von nem Tankrabatt, in Form von ner Gasumlage, in Form von nem Dienstwagenprivileg, anstatt beispielsweise Übergewinnsteuer einzuführen, 50:14

(Fortsetzung folgt)

Die vorhergehende ARD-Sendung „Die große Dürre“ ist ebenfalls in der Mediathek abrufbar: HIER

Deutschland bereitet sich auf Dürren vor, Bauern kämpfen gegen die Trockenheit, Notfallpläne werden erarbeitet. Wie lange reicht unser Wasser noch? Dieser Frage geht Filmemacher Daniel Harrich gemeinsam mit einem Forscherteam nach.

31.08.22 Solingen-Ohligs / Heute Nacht, als ich aufwachte, habe ich dem Regen zugehört. Keine Musik konnte schöner sein.

Zufall: am Abend des gleichen Tages las ich in der Süddeutschen einen Artikel, den ich hilfreich fand, obwohl er auf Anhieb nur leichtfertig wirkte:

Autor: Philipp Bovermann