. . . mit der Seele . . . ?
In der Schule wohl kaum. Aber ob ich mich ohne sie je an Menander erinnert hätte? In der GUO1, Unterprima, 1958, das genaue Datum 15.8. steht unter dem Schrieb da unten, – am 31.8. starb mein Vater.
Wie man sieht, dachte ich an Robert Musil. Meine Rettung. Glasklare Mystik. Und an einer so kleinen Griechisch-Aufgabe scheiterte ich. 15.8.1958 . Unterschrift : Winkler. Oberstudiendirektor, und doch ein tadelloser Lehrer und Mensch. Er hat mir nachher unentgeltlich Nachhilfestunden gegeben.
Die genannten Städte Aigesta und Eryx betreffen Karthago. Hätte ich je auf die Idee kommen können, dass sich hinter Menanders blass gedruckten Texten Bühnenszenen von solcher Lebendigkeit verbargen?
Wann hätte ich je das Cover-Bild der Schullektüre betrachtet, um es als Zeugnis einer stattgefundenen Realität zu erschließen? Leute, die mit Masken(köpfen) hantieren?
Worin also liegt die Lebendigkeit, die sich wirklich in solchen griechischen Festen Luft verschafft, in der Trilogie von Tragödien, denen ein Satyrspiel folgt. Was geschieht da wirklich an innerer Bewegung? Wir können sie nicht imitieren oder gar amalgamieren, wir müssen sie mühsam erarbeiten. Ich habe erst eine Ahnung davon bekommen bei – ja, ausgerechnet bei Oswald Spengler, einst! und jetzt bei Christian Meier, der lediglich schreibt, was ihm sonnenklar erscheint:
daß es sich bei den Griechen mit den Festen sehr anders verhalten haben muß als bei uns. Genaueres darüber wird man wohl am ehesten durch Analogieschlüsse aus ethnologischen Erkenntnissen ermitteln können.
Ein unschätzbares Buch:
Quelle Christian Meier: Die politische Kunst der griechischen Tragödie / C.H. Beck München 1988, ²2022
Oder läuft es über eine gelungene Übersetzung? Etwa von einem, der das Land der Griechen mit der Seele suchte? Gewiss, es ist angemessen, diese Welt über das WORT zu packen (statt über die Visualität). (Eingedenk der Zeile von Stefan George: Kein Ding sei, wo das Wort gebricht.)
Aber schon der Weg zu Hölderlin ist steinig, doppelt schwer vielleicht der Weg über ihn (mit ihm) ins Land der klassischen Antike, das uns von lauter Statuen zugestellt ist. Aber die Worte und der Geist? Ungreifbar, unbegreifbar.
http://www.hoelderlin.de/materialien/pdf/kolonos.pdf hier (öd = Ödipus, an = Antigone)
öd o augenlicht
antigone sind häuser nahe
wo ich betteln kann
um etwas
ich ödipus
von leid gelehrt
die lange zeit
und einsicht
königliche
kind ruhen muß ich
ists verboten hier
so hörts der fremde
früh genug
an o vater nah ist die stadt
und heilig scheint der ort
drin schlägt die nachtigall
öl wein und lorbeer
wachsen beieinander wild
dort läd ein rauher stein
den wanderer zur ruhe
öd achte auf mich blinden kind
an lernt ich es nicht
öd wo bin ich
an dort hinten liegt athen
öd den weg her hör ich das
an ich frage wenn du willst
öd wo keiner da ist
https://www.projekt-gutenberg.org/autoren/namen/sophokle.html hier
http://www.hoelderlin.de/eingang.html hier
https://de.wikipedia.org/wiki/D._E._Sattler hier
Das gesprochene Wort in der griechischen Kultur – eine unvergleichlich große Macht (S.12)
Die Ausstattung war wahrscheinlich abstrakt und konventionell: die Worte allein erschufen die Szenerie vo dem geistigen Auge des Zuschauers. (S.36)
Quelle Richard Green / Erich Handley: Bilder des griechischen Theaters / Reclam Stuttgart 1999
Der griechische Leib
Anmerkung: Heimarmene
Quelle Oswald Spengler: Der Untergang des Abendlandes / Umrisse einer Morphologie der Weltgeschichte / C.H.Beck München 1923, Ausgabe 1963
Ein Maximum an Passivität?
hier Griechische Klassik
https://de.wikipedia.org/wiki/Orestie hier AISCHYLOS
Für ein 1954 gemeinschaftlich vom SWF/BR/RB/ORF unter der Regie Gert Westphals produziertes Hörspiel übersetzte und bearbeitete Walter Jens die Trilogie. Sein Ziel war es, die Tragödie in ihrer ganzen Unmittelbarkeit wirken zu lassen. Wie viele Hörspiele dieser Zeit hat es Kammerspiel-Charakter und kommt ohne besondere Toneffekte aus.
Abrufbar unten: Die Orestie – Hörspiel
Dazu als alternative Übersetzung:
https://otto-schoenberger.de/meisterdramen/agamemnon.html hier
Pressetext zum Hörspiel
Bei oberflächlicher Betrachtung erscheinen uns heute die Gestalten und Begebenheiten der „Orestie“ allzuleicht als barbarische Greuel einer längst vergangenen Frühzeit: Agamemnon lässt seine Tochter Iphigenie opfern, um günstigen Fahrtwind nach Troja zu bekommen. Klytämnestra ermordet ihren siegreich aus Troja zurückkehrenden Gemahl Agamemnon. Orest erschlägt, um den getöteten Vater zu rächen, seine Mutter Klytämnestra und deren Liebhaber Ägisth. Von den Rachegöttinnen gejagt, irrt Orest ruhelos durch Griechenland, bis er sich auf Geheiß des Gottes Apollon dem Gerichtshof von Athen stellt. Diesen Vorgang hat Aischylos in einer Trilogie gestaltet. Er hat damit aber nicht eine Vision des Nichts und der Grausamkeit beschwören wollen, sondern, und das ist das Entscheidende, die Nichtigkeit aller Menschengröße gezeigt und gleichzeitig die Größe des Menschen, der den Kampf mit seinem Schicksal annimmt. Es ist eine Macht oberhalb und außerhalb des Menschen. Daß er sich nicht mit der Verzweiflung begnügt, sondern handelt, macht seine tragische Größe aus. Aischylos wäre kein Grieche gewesen, wenn sein Blick nur die Nachtseite des Lebens umfasst hätte. Am Ende wird Orest von der Göttin Athene freigesprochen, weil das Gericht der Menschen vor der Gewalt seiner Schuld versagt. Orest darf in das Leben zurückkehren. Die Götter haben den Menschen mit einem Fluch belegt, die Götter befreien ihn von diesem Fluch.
Veröffentlichung: 1954 Autor: Aischylos Komposition: Rolf Unkel Technische Realisierung: Friedrich Wilhelm Schulz, Marlies Kranz Regieassistenz: Lothar Timm Regie: Gert Westphal
Hören bis Min. 48.04 (Ende des 1. Teils „Agamemnon“, im letzten Wort wir Orest angekündigt). Danach: „Die Grabesspenderinnen“ dazu hier https://www.projekt-gutenberg.org/aischylo/grabess/grabess1.html / Korrekter Titel Coephoren (siehe nochmals Wiki hier)
Anfangs in „Agamemnon“ die Leuchtfeuerstationen (wiederum aus Wikipedia):
– im Originaltext bei Schoenberger der Wortlaut entsprechend „Klytaimestra“ wie folgt:
Hephaistos war der Bote, der vom Ida leuchtenden Glanz aussandte. Und ein Flammenzeichen löste im Postenlauf des Feuers das andere aus: Vom Ida zum Hermesfels auf Lemnos, und von dieser Insel empfing der Athosberg des Zeus den dritten mächtigen Fackelschein; (285) übergewaltig drang die Kraft des wandernden Feuerscheins vorwärts, übersprang wie im Scherz den Meeresrücken, gab sonnengleich den golden leuchtenden Glanz den Warten des Makistos weiter. (290) Der aber, nicht zögernd oder achtlos von Schlaf übermannt, erfüllte seine Botenpflicht und meldete die Ankunft des Feuerzeichens den Wächtern auf dem Mesapios, fern bei den Fluten des Euripos. Diese wieder steckten einen (295) Haufen trockenen Heidekrauts in Brand, entfachten ein Feuer und gaben so die Botschaft weiter. Kraftvoll und durchaus nicht erlahmt übersprang der Fackelschein die Asoposebene wie der glänzende Mond, hinüber zum Felsgebirg des Kithairon, und weckte einen weiteren Feuerposten. (300) Die Wache sparte nicht am weithin meldenden Licht, ja sie verbrannte mehr Holz, als angeordnet war. Über den Gorgopis-See flog nun das Licht, kam zum Geißberg und trieb die Wächter an, befohlenes Feuer eilig zu entfachen. (305) Diese senden, die Flamme reichlich nährend, eine mächtige Feuersäule, die sogar die weithin sichtbare Steilküste des Saronischen Golfs übersprang; darauf eilte sie weiter und kam zur Arachnaion-Höhe, der Warte nahe unserer Stadt. (310) Dann drang das Licht, das dem Feuer auf dem Ida entstammte, hierher zum Dach der Atriden. Dies also war die Ordnung der Feuerzeichen, die ihre Pflicht der Reihe nach erfüllten. Den Preis aber gewinnen der erste und der letzte Läufer. (315) Solches Zeugnis und Zeichen meines Gatten nenne ich dir; er sandte es mir aus Troia.
Zur Erinnerung betr. Aischylos und das Schweigen TRISTAN (1.11.24)
Quelle: Musik gedeutet und gewertet / Dokumente zur Rezeptionsgeschichte von Musik (Klüppelholz, Busch) dtv 1983