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Was tun, wenn es weihnachtet?

Mehrere Themen, die mir unter den Nägeln brennen. Oder im Herzen, was schwülstiger klingt, aber besser zu dem geplanten Fortgang des Satzes passt: man muss sie behandeln, ehe sie erkalten.

1) Es geht um ein Lied, „La Chanson d’Hélène“ aus dem Film „Die Dinge des Lebens“, den ich erst spät, – aufgrund des Interviews mit Matthias Brandt -, kennengelernt habe. Ich glaube, eine wesentliche Komponente – jedenfalls einen Anteil, der die ausweglose Stimmung des Filmes zumindest vertieft und jederzeit wieder aufruft – bildet die wiederkehrende Melodie, und zwar mit der Stimme Romy Schneiders, die Cover-Fassungen kann ich nicht gelten lassen. Zu dem Erlebnis gehört, dass ich die Melodie letztlich nicht gut gemacht finde. Ein „Trotzdem“ gehört dazu.

2) Es geht um Rom. Da ich neuerdings wieder Max Weber auf CD-Rom durchstöbert habe, mich in mehreren Themen festgelesen habe, vor allem aber in dem Aufsatz „Die sozialen Gründe des Untergangs der antiken Kultur“. Gleich am Anfang stellt er Fragen, die ich immer schon hätte stellen wollen, aber nicht ernst genommen habe. Etwa in der Art wie Brechts Fragen eines lesenden Arbeiters: „Wer baute das siebentorige Theben? In den Büchern stehen die Namen von Königen. Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt?“ Ich weiß: sie hatten nur Befehlsgewalt, aber warum haben sie im Fall Rom, das ja Hunderte von Jahren bestand, aufgehört zu befehlen. Warum ist es untergegangen? Ja, ich weiß, es gibt ein Geflecht von Gründen, aber letztlich steht der Grund, den Max Weber behandelt, auch in Brechts Gedicht. Aber wenn ich danach in die Geschichtsbücher schaue, etwa in den bewährten Überblick von Imanuel Geiss (Seite 118) oder in das frühe Buch von Herfried Münkler über „Imperien“, so suche ich vergeblich.

3) Und schließlich geht es wohl um ein Buch, das ich erst morgen besitzen werde: „Der Klang“, – es ist mir nicht ganz geheuer: es stammt von einem Geigenbauer, enthält offenbar viel Wissenswertes, aber auch ein Glaubensbekenntnis. Und das trifft mich als lesenden Geiger, der auch gern Fragen stellt, irgendwie auf dem falschen Bein. Habe ich doch gerade wieder kursorisch „Das Böse“ von Rüdiger Safranski rekapituliert und darin vorgemerkt, was Kant zu den Versuchen sagt, den Willen Gottes aus seinen Naturwerken oder denen seiner irdischen Helfershelfer herauslesen zu wollen. Er nennt es „Phantome“, und der Geigenklang ist zweifellos ein „Naturwunder“, gehört aber in diesem Sinne auch zu den Phantomen. Passend zur Weichheit, die sich des Gehirns der Menschen gern zur Weihnachtszeit bemächtigt. Auch meine Oma hat gern davon gesprochen und „bis ins kleinste die wunderbaren Zweckzusammenhänge und ihren Nutzen für den Menschen darzulegen“ (Safranski Seite 310) versucht, insbesondere am Beispiel der Blumenblüten und der Bienen. Sie wusste allerdings nichts von dem Fachbuch „Insecto-Theologie“, das im Jahre 1738 erschienen ist: ein „Vernunfft- und schrifftmäßiger Versuch wie ein Mensch durch aufmercksame Betrachtungen der sonst wenig geachteten Insecten zu lebendiger Erkänntnis und Bewunderung der Allmacht, Weißheit, der Güte und Gerechtigkeit des großen Gottes gelangen könne.“

Aber keine Angst: ich spotte nicht. Ich frage nur! Und staune. Hier.

Nachtrag 8.12.2016

Inzwischen besitze ich das zuletzt genannte Buch, nein, nicht die Insecto-, sondern eine Art Violino-Theologie, habe sie von Anfang bis Ende durchgeblättert. Im Namen der Geige: lesen werde ich das nicht. Vielleicht die „Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders“ – aber diese aus historischen Gründen (1796).

Es gibt Übersetzungsfehler, die ähnlich dem – nach Freud – typischen „Versprecher“ eine Wahrheit ans Licht bringen, heute mehr denn je: Auf einer unserer Italien-Tourneen (Collegium Aureum mit dem Tölzer Knabenchor) sahen wir auf den Plakaten in der Stadt unter der Ankündigung in großen Lettern ORATORIO DI NATALE als deutschen Titel: Weichnachtsoratorium. (Siehe am Ende dieses Artikels!)

Nachtrag 20.12. zu Roms Niedergang (Max Weber)

Ich halte den Anfang von Webers Gedanken über Roms Niedergang lieber sofort griffbereit, ehe ich vergesse, was mir bei ihm besonders plausibel erschien. Egal ob es bei Karl Marx vielleicht längst detaillierter ausgeführt wurde. Das Hauptargument der Funktion der Sklaven sollte weiterführen. Zumal es möglich scheint, dass ihre Bedeutung im Christentum eine ganz andere wurde und das Christentum sich im Grunde die bürokratische Ordnung und Verwaltung des Römischen Reiches (der zivilisierten Welt) zunutze machte. Das habe ich undeutlich in Erinnerung, ohne einen konkreten Beleg vorweisen zu können: das Christentum als effektives Verwaltungssystem, das die äußere Ordnung durch eine innere (totalitäre!) ergänzte: die Erfassung jeder menschlichen Seele (samt Körper) von der Wiege bis zur Bahre… Wie gelingt es Weber, unser Interesse zu „erzwingen“?  De te narratur fabula, sagt er. Und ich möchte naseweiß hinzufügen: Tua res agitur. Deine Sache wird betrieben. Jeder weiß, dass die Zeit, „da Pontius Pilatus Landpfleger war“ – samt nachfolgenden Jahrhunderten – uns nicht Hekuba sein kann…  

Das Römische Reich wurde nicht von außen her zerstört, etwa infolge zahlenmäßiger Überlegenheit seiner Gegner oder der Unfähigkeit seiner politischen Leiter. Im letzten Jahrhundert seines Bestehens hatte Rom seine eisernen Kanzler: Heldengestalten wie Stilicho, germanische Kühnheit mit raffinierter diplomatischer Kunst vereinigend, standen an seiner Spitze. Warum gelang ihnen nicht, was die Analphabeten aus dem Merowinger-, Karolinger- und Sachsenstamme erreichten und gegen Sarazenen und Hunnen behaupteten? – Das Reich war längst nicht mehr es selbst; als es zerfiel, brach es nicht plötzlich unter einem gewaltigen Stoße zusammen. Die Völkerwanderung zog vielmehr nur das Fazit einer längst im Fluß befindlichen Entwicklung.

Vor allem aber: die Kultur des römischen Altertums ist nicht erst durch den Zerfall des Reiches zum Versinken gebracht worden. Ihre Blüte hat das römische Reich als politischer Verband um Jahrhunderte überdauert. Sie war längst dahin. Schon anfangs des dritten Jahrhunderts versiegte die römische Literatur. Die Kunst der Juristen verfiel wie ihre Schulen. Die griechische und lateinische Dichtung schliefen den Todesschlaf. Die Geschichtsschreibung verkümmerte bis zu fast völligem Verschwinden, und selbst die Inschriften begannen zu schweigen. Die lateinische Sprache war bald in voller Degeneration begriffen. – Als anderthalb Jahrhunderte später mit dem Erlöschen der weströmischen Kaiserwürde der äußere Abschluß erfolgt, hat man den Eindruck, daß die Barbarei längst von innen heraus gesiegt hatte. Auch entstehen im Gefolge der Völkerwanderung keineswegs etwa völlig neue Verhältnisse auf dem Boden des zerfallenen Reichs; das Merowingerreich, wenigstens in Gallien, trägt zunächst in allem noch ganz die Züge der römischen Provinz. – Und die Frage, die sich für uns erhebt, ist also: Woher jene Kulturdämmerung in der antiken Welt?

Mannigfache Erklärungen pflegen gegeben zu werden, teils ganz verfehlt, teils einen richtigen Gesichtspunkt in falsche Beleuchtung rückend:

Der Despotismus habe die antiken Menschen, ihr Staatsleben und ihre Kultur gewissermaßen psychisch erdrücken müssen. – Aber der Despotismus Friedrichs des Großen war ein Hebel des Aufschwungs. –

Der angebliche Luxus und die tatsächliche Sittenlosigkeit der höchsten Gesellschaftskreise haben das Rachegericht der Geschichte heraufbeschworen. – Aber beide sind ihrerseits Symptome. Weit gewaltigere Vorgänge als das Verschulden Einzelner waren es, wie wir sehen werden, welche die antike Kultur versinken ließen. –

Das emanzipierte römische Weib und die Sprengung der Festigkeit der Ehe in den herrschenden Klassen hätten die Grundlagen der Gesellschaft aufgelöst. Was ein tendenziöser Reaktionär, wie Tacitus, über die germanische Frau, jenes armselige Arbeitstier eines kriegerischen Bauern, fabelt, sprechen ähnlich Gestimmte ihm heute nach. In Wahrheit hat die unvermeidliche »deutsche Frau« so wenig den Sieg der Germanen entschieden, wie der unvermeidliche »preußische Schulmeister« die Schlacht bei Königgrätz. – Wir werden vielmehr sehen, daß die Wiederherstellung der Familie auf den unteren Schichten der Gesellschaft mit dem Niedergang der antiken Kultur zusammenhängt. –

Aus dem Altertum selbst dringt Plinius‘ Stimme zu uns: »Latifundia perdidere Italiam«. Also – heißt es von der einen Seite – die Junker waren es, die Rom verdarben. Ja – heißt es von der andern – aber nur weil sie dem fremden Getreideimport erlagen: mit dem Antrag Kanitz also säßen die Cäsaren noch heute auf ihrem Throne. Wir werden sehen, daß die erste Stufe zur Wiederherstellung des Bauernstandes mit dem Untergang der antiken Kultur erstiegen wird. –

Damit auch eine vermeintlich »Darwinistische« Hypothese nicht fehle, so meint ein Neuester u.a.: der Ausleseprozeß, der sich durch die Aushebung zum Heere vollzog und die Kräftigsten zur Ehelosigkeit verdammte, habe die antike Rasse degeneriert. – Wir werden sehen, daß vielmehr die zunehmende Ergänzung des Heeres aus sich selbst mit dem Untergang des Römerreichs Hand in Hand geht.

Genug davon. – Nur noch eine Bemerkung, ehe wir zur Sache kommen:

Es kommt dem Eindruck, den der Erzähler macht, zu gut, wenn sein Publikum die Empfindung hat: de te narratur fabula, und wenn er mit einem discite moniti! schließen kann. In dieser günstigen Lage befindet sich die folgende Erörterung nicht. Für unsere heutigen sozialen Probleme haben wir aus der Geschichte des Altertums wenig oder nichts zu lernen. Ein heutiger Proletarier und ein antiker Sklave verständen sich so wenig, wie ein Europäer und ein Chinese. Unsre Probleme sind völlig andrer Art. Nur ein historisches Interesse besitzt das Schauspiel, das wir betrachten, allerdings eines der eigenartigsten, das die Geschichte kennt: die innere Selbstauflösung einer alten Kultur.

Jene eben hervorgehobenen Eigentümlichkeiten der sozialen Struktur der antiken Gesellschaft sind es, die wir uns zunächst klar machen müssen. Wir werden sehen, daß durch sie der Kreislauf der antiken Kulturentwicklung bestimmt wurde. –

Die Kultur des Altertums ist ihrem Wesen nach zunächst: städtische Kultur. Die Stadt ist Trägerin des politischen Lebens wie der Kunst und Literatur. Auch ökonomisch eignet, wenigstens in der historischen Frühzeit, dem Altertum diejenige Wirtschaftsform, die wir heute »Stadtwirtschaft« zu nennen pflegen. Die Stadt des Altertums ist in hellenischer Zeit nicht wesentlich verschieden von der Stadt des Mittelalters. Soweit sie verschieden ist, handelt es sich um Unterschiede von Klima und Rasse des Mittelmeers gegen diejenigen Zentraleuropas, ähnlich wie noch jetzt englische und italienische Arbeiter und deutsche und italienische Handwerker sich unterscheiden. – Ökonomisch ruht auch die antike Stadt ursprünglich auf dem Austausch der Produkte des städtischen Gewerbes mit den Erzeugnissen eines engen ländlichen Umkreises auf dem städtischen Markt. Dieser Austausch unmittelbar vom Produzenten zum Konsumenten deckt im wesentlichen den Bedarf, ohne Zufuhr von außen. – Aristoteles‘ Ideal: die autarkeia (Selbstgenügsamkeit) der Stadt – war in der Mehrzahl der hellenischen Städte verwirklicht gewesen.

Quelle Max Weber: Die sozialen Gründe des Untergangs der antiken Kultur. (1896)

Nur noch 2 herausgegriffene Zitate als Hinweis zum weiteren Verlauf des Gedankenganges:

Aber während aus dem Mittelalter die freie Arbeit und der Güterverkehr in zunehmendem Maß als Sieger hervorgehen, verläuft die Entwicklung des Altertums umgekehrt. Was ist der Grund? Es ist derselbe, der auch den technischen Fortschritten des Altertums ihre Schranken setzte: die »Billigkeit« der Menschen, wie sie durch den Charakter der unausgesetzten Kriege des Altertums hervorgebracht wurde. Der Krieg des Altertums ist zugleich Sklavenjagd; er bringt fortgesetzt Material auf den Sklavenmarkt und begünstigt so in unerhörter Weise die unfreie Arbeit und die Menschenanhäufung. Damit wurde das freie Gewerbe zum Stillstand auf der Stufe der besitzlosen Kunden-Lohnarbeit verurteilt. Es wurde verhindert, daß mit Entwicklung der Konkurrenz freier Unternehmer mit freier Lohnarbeit um den Absatz auf dem Markt diejenige ökonomische Prämie auf arbeitsparende Erfindungen entstand, welche die letzteren in der Neuzeit hervorrief. Hingegen schwillt im Altertum unausgesetzt das ökonomische Schwergewicht der unfreien Arbeit im »Oikos«. Nur die Sklavenbesitzer vermögen ihren Bedarf arbeitsteilig durch Sklavenarbeit zu versorgen und in ihrer Lebenshaltung aufzusteigen. Nur der Sklavenbetrieb vermag neben der Deckung des eigenen Bedarfs zunehmend für den Markt zu produzieren.

***

Die Sklavenkaserne vermochte sich nicht aus sich selbst zu reproduzieren, sie war auf den fortwährenden Zukauf von Sklaven zur Ergänzung angewiesen, und tatsächlich wird von den Agrarschriftstellern dieser Zukauf auch als regelmäßig stattfindend vorausgesetzt. Der antike Sklavenbetrieb ist gefräßig an Menschen, wie der moderne Hochofen an Kohlen. Der Sklavenmarkt und dessen regelmäßige und auskömmliche Versorgung mit Menschenmaterial ist unentbehrliche Voraussetzung der für den Markt produzierenden Sklavenkaserne. Man kaufte billig: Verbrecher und ähnliches billige Material solle man nehmen, empfiehlt Varro mit der charakteristischen Motivierung: – solches Gesindel sei meist »gerissener« (»velocior est animus hominum improgorum«).

***

Rückblende 1990 (Handy-Foto JR)

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Marienvesper II

Monteverdi: Vespro della Beata Vergine 1610 / Saint-Denis 2012

Über die Marienvesper: Wikipedia HIER

Die Aufführung: das Video, zu dem an dieser Stelle ein Link führte, ist inzwischen entfernt worden. Ich werde bei Gelegenheit ein anderes verlinken. (JR 170920)

I ab 1:08 II ab 3:35 III ab 11:00 IV ab 14:35 V ab 20:46 VI ab 24:20 VII ab 30:38 Duo Seraphim VIII ab 36:45 IX ab 41:05 Concerto: Audi coelum X ab 48:10 Lauda XI ab 52:40 Sonata: Sancta Maria XII ab 59:25 Hymnus: Ave Maris Stella XIII ab 1:06:30 Magnificat // ab 1:24:03 Beifall

Wenn Sie – ohne die Musik zu unterbrechen – den vergrößerten Text synchron mitlesen wollen, aber zwischen Bild und Text auch wechseln wollen, öffnen Sie ihn besser in einem zweiten Fenster HIER. (Danach vergrößern durch Anklicken!)

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Quelle nach der LP mit dem Aachener Domchor & Collegium Aureum 1979 (Romano Guardini: Deutscher Psalter / Kösel Verlag München 1950 / 1966)

Nachbemerkung

Eine Stelle des Magnificats muss ich herausnehmen, weil sie mich immer sehr ergriffen hat. (Ein- oder zweimal habe ich die Vesper als Konzertmeister mitgespielt – vielleicht unter Rudolf Ewerhard? in Essen oder in Münster? – die 2. Geige spielte mein Freund Klaus Giersch.) Es ist die Stelle bei 1:15:20, wo die beiden Geigen in der Höhe einsetzen und in Terzen spielend fortfahren, wirklich wie eine Himmelserscheinung. Man muss vorher beginnen, mit den Zinken bei 1:14:20 – „Deposuit potentes de sede“, dann die Geigen zu „Et exaltavit humiles“, wir sind die „humiles“! Das ganze Umfeld ist überirdisch, unglaublich schön, man kann es nicht spielen, ohne dass einen Schauer überlaufen. Wie so oft in diesem Werk. Ich nenne nur „Duo Seraphim“ oder „Audi coelum“ oder den herrlichen Hymnus „Ave Maris Stella“ (XII), der hier für meine Begriffe etwas schnell aufgefasst wird. So hatte es in einer anderen Aufführung auch Franzjosef Maier (Konzertmeister Collegium Aureum) interpretieren wollen, es wirke sonst etwas unübersichtlich (oder so ähnlich), da trat der Bariton von „Pro Cantione Antiqua“ ganz nah an ihn heran und begann zu singen – ihm in die Augen blickend -, fast die ganze Strophe, im langsamen Tempo und auf ganz langem Atem, ein Moment größter Intensität, obwohl er nicht unbedingt der beste Sänger des Ensembles war: ich werde es nie vergessen, nur dieses Tempo kann es sein, – bis heute. Es ist mir aber unmöglich, das Ensemble in St. Denis zu kritisieren. (JR)

Und nun muss ich noch eine andere Erinnerung hervorholen: MARIA CARTA. Hören Sie die folgende Aufnahme: Ave Mama’e Deu (1974) HIER. Vermeiden Sie um Gottes willen die einleitende Werbung (ca. 15 sec) und hören Sie. Und wenn Sie nun noch in mein Jahr 1974 schauen, verstehen Sie, weshalb ich doppelt gerührt bin. Es muss auch die Zeit meiner „Monteverdi“-Aufführungen gewesen sein, denn ich assoziiere eins mit dem anderen. Und genau so hat sie es damals gesungen… (JR)

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Marienvesper I

Monteverdi kombiniert mit Caravaggio?

Ich bin darauf hereingefallen. Andererseits auch wieder nicht. Ich wusste, die Aufnahme mit William Christie ist nicht neu, aber ich besitze sie nicht; es kann letztlich nicht schaden, sie zu bestellen. Aber gerade die Kombination mit Caravaggio macht mich neugierig. Ja, ich bin darauf hereingefallen! Die beiden sind einfach nur zusammengeklebt. Aber Caravaggio ist eine erneute Anregung, gerade da ich seine Rolle im Buch von Navid Kermani („Ungläubiges Staunen“) anfechtbar fand. Mal sehen…

monteverdi-caravaggio-cover

Wenn Sie dieses CD-Cover anklicken, sieht es beeindruckend aus; in Wirklichkeit ist die Schrift viel zu klein, auch im Inneren des Heftes, vielleicht weil die Bilder soviel Platz nehmen. Aber sind die Texte dazu unwichtig? Und der Text zur Marienvesper, ihr Inhalt ? Glänzt durch völlige Abwesenheit.

Natürlich ist wieder eine Reihe von Erinnerungen damit verbunden. Viele Aufführungen mit dem Collegium Aureum, – dies war nicht unsere erste, soweit ich weiß:

monteverdi-aachen-1979 Interdisc 1979

Ich muss allerdings erwähnen, dass ich mich – bevor ich diese Schallplatte wiedergefunden habe – mindestens eine Stunde mit der Frage beschäftigt habe, ob Eidechsen eigentlich beißen. Vielleicht wenn sie in die Enge getrieben werden?

Doch der Reihe nach… Ich durchblättere im CD-Booklet der Monteverdi-Vesper die Bilderreihe des Caravaggio und versuche einen Zusammenhang zu erkennen. Schon bin ich abgelenkt. Was ist denn diesem Jüngling zugestoßen? Ehrlich gesagt: ich sehe nichts. Ich kann ja auch nichts lesen. Doch, auf dem weißen Untergrund der rechten Seite ist was zu entziffern: Boy Bitten by a Lizard. Also, der Junge ist von einer Eidechse gebissen. Aber das möchte ich auch sehen! Zu welchem Stück der Marienvesper ich das später betrachten werde, muss ich nicht entscheiden. Wo ist die Eidechse, das ist die brennende Frage.

monteverdi-caravaggio-eidechse

Nur mit Wikimedia lässt sich meine Frage lösen: hier. Und wenn ich dort bin, habe ich auch noch eine Vergrößerungsfunktion. Lassen Sie mich meine Arbeit per Screenshot dokumentieren:

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Bin ich jetzt nicht deutlich einen Schritt weiter? Nun muss ich nur noch recherchieren, wie bissig Eidechsen sind. Der gute alte Brehm erzählt:

Im Einklange mit der Ausbildung ihrer Sinne steht ihr höheres Nervenleben. Sie sind ebenso lebhafte als unruhige, ebenso erregbare als bewegliche Geschöpfe, bekunden Neugier und Spannung, unterhalten und langweilen sich, gähnen wenigstens recht deutlich, zeigen sich ängstlich und furchtsam, dreist und muthig, je nach den Umständen, gerathen leicht in Zorn, lassen sich aber auch bald wieder besänftigen; sie achten auf alles, daher auch auf Musik, welcher sie mit Behagen zu lauschen scheinen. An Verstand stehen sie gewiß nicht hinter irgend einem anderen Mitgliede ihrer Klasse zurück, übertreffen im Gegentheile auch in dieser Hinsicht die meisten ihrer Verwandten. Sie benehmen sich so klug, als sich ein Kriechthier überhaupt benehmen kann, unterscheiden richtig, sammeln Erfahrungen und verändern infolge davon ihr Betragen, gewöhnen sich an veränderte Verhältnisse und gewinnen Zuneigung zu Geschöpfen, welche sie früher ängstlich flohen, beispielsweise zum Menschen.

Und schließlich erwähnt Brehm noch einen Forscher mit dem schönen Namen Glückselig, und eben der berichtet von seinen Käfig-Eidechsen:

»Mein großes Männchen«, sagt er, »ist ungeachtet seiner Zahmheit sehr leicht zu erzürnen, wenn man mit den Fingerspitzen auf seinen Scheitel klopft; es flüchtet nicht, sondern stellt sich muthig zur Wehre, haut auf eine possirliche Art mit dem Hinterfuße auf die Hand und sucht zu beißen, geht auch wohl nach solcher Aufregung längere Zeit in seinem Käfige umher und greift seine Mitgefangenen an.« Letzteren gegenüber zeigen sich die harmlos genannten Eidechsen keineswegs immer freundlich, sondern oft sehr bissig, zänkisch, kampflustig und räuberisch.

Meine Frage ist also auf erschöpfende Weise beantwortet, und ich neige dazu, das schmerzverzerrte Gesicht des von Caravaggio gemalten Jungen mit leiser Schadenfreude zu betrachten. Ja, ich hätte Lust, Disc I Tr. 9 aufzulegen und gemeinsam mit irgendeiner mir freundlich gesinnten Eidechse dem Concerto „Audi coelum“ zu lauschen.

Allerdings bin ich ein wenig vom Thema abgekommen, das liegt offenbar am Charakter dieser Compilation, ich versuche auf die rechte Bahn zurückzufinden. Stichwort London! Ich habe es noch gar nicht erwähnt, dort nämlich findet eine Ausstellung statt, die eben diesen Titel trägt: „Beyond Caravaggio“ (siehe hier), und wenn Sie diesem Link nachgehen, sehen Sie dort nur Werbung für die Ausstellung, keinerlei Vorab-Belehrung zur Bedeutung des Malers oder gar seiner Bilder. Da ist die Werbung in Gestalt dieser CD doch lukrativer: Sie glauben, einen Eindruck von seinen Bildern zu bekommen (wenn Sie einmal von der Eidechse und vielen anderen Details absehen), Sie können sogar kleine Erläuterungen lesen, falls Sie eine Lupe zur Hand nehmen, und Sie dürfen noch eine gute alte Aufnahme der Marienvesper von Monteverdi hören. 2 CDs! Allerdings haben sie dazu nicht mehr als die Text-Anfänge und Überschriften in Kleinstdruck und lateinischer Sprache vor sich. Und zahlen für das ganze Ramschpaket 17,99 €. 110 Minuten himmlischer Hintergrundmusik plus Mini-Bilderbuch.

Ich werde Sie dafür schadlos halten und einen vollständigen Text bereitstellen (und zwar den, der meiner uralten LP mit dem Aachener Domchor beigegeben ist), dazu eine große youtube-Aufnahme vom Festival St. Denis, zumal ich ohnehin längst eine Geschichte zur Erfindung der Gotik erzählen – oder abschreiben – wollte, die Geschichte einer unglaublichen Irreführung. Monteverdi hat damit allerdings nichts mehr zu tun. Eine Geschichte, die mir auch wirklich nichts einbringt, nein, nicht einmal Werbung in eigener Sache, letztlich nur dastehen wird, weil mich einerseits das Phänomen der gotischen Dome, andererseits Monteverdi lebenslang interessiert, und plötzlich in St. Denis zumindest äußerlich verbunden scheint, – und seltsamerweise ist Monteverdi in einem gotischen Sakralbau (Frarikirche in Venedig) aus Backsteinen (!) begraben. Was mich nun wiederum an Lüneburg erinnert. Und an damals, als wir in der Frarikirche Monteverdis Grabstein mit Andacht betrachtet haben: unser Collegium Aureum führte dort vor vielen Jahren Bachs Johannespassion (mit den Tölzern) auf. Die Erinnerung blüht, es weihnachtet, himmlische Zeichen allüberall…

Es ist Zeit, auch die Geschichte zu notieren, die vielleicht (Hinweis zur späteren Präzisierung: der Tenor Werner Hollweg wirkte mit!) nicht hier, sondern in Florenz passiert ist: Kurz vor Beginn der Aufführung war der Christus in der Sakristei vor einen Balken gelaufen, er blutete und konnte nicht auftreten. Gerhard Schmidt-Gaden trat aufgeregt vor das wartende Publikum und rief: „Un medico, un medico!“ Ja, es war einer da, aber bis zu Beginn des zweiten Teils der Passion musste ein fähiger älterer Knabe von den Tölzern den Christus-Part übernehmen. Dann war der wahre Christus – mit sachgerechtem Pflaster – wieder einsatzbereit.

Erinnerung

Da ich jetzt die LP der Marienvesper mit dem Aachener Domchor in Händen hielt, – wie die Qualität nach heutigen Maßstab zu beurteilen wäre, weiß ich nicht (ich lege die LP vorsichtshalber nicht auf). Aber ich erinnere mich bei dieser Gelegenheit an die unvergessliche Aufführung eines französischen Chorwerkes, das mich in rhythmischer Hinsicht faszinierte, im Aachener Dom. Tanzrhythmen oder so etwas wie ein daktylisches Versmaß, eher langsam, oft hintereinander, so dass es eine eigene rhythmische Qualität gewann, in homophonem Zusammenhang. Eindeutig französisch, Lully-Zeit, es war in den Jahren, als wir auch Chorwerke von Francesco Cavalli einspielten. Ich habe den Namen –  Michel-Richard de Lalande muss es gewesen sein! – und höre alles, was ich mit William Christie auf youtube zu fassen kriege. Ja, dieser Komponist war es! Unvergleichlich. Wie allenfalls Rameau oder Campra, aber diese nicht im geistlichen Bereich. Gerade das macht den Zauber aus, diese Rhythmen im Aachener Dom.

Choreographie der Finger und Augen

Am Beispiel eines virtuosen Bach-Praeludiums

Das eine ist mehr Übung, eine detaillierte Bestimmung der Probleme, die sich den Fingern beim schnellen Spiel stellen. Das andere ist eine zusätzliche Beteiligung der Augen, eine Sonderaufgabe, die der Freiheit der Ausführung dienen soll, ist aber nur ein Experiment, vielleicht ein Missverständnis, aber dann sei es wenigstens für die bewusste Korrektur festgehalten.

Es geht um das folgende Praeludium aus dem ersten Band des Wohltemperierten Claviers von Bach. Darin sind die problematischen Stellen rot markiert und sollen einzeln behandelt werden. Oben links sieht man, dass ich das Stück nicht zum erstenmal übe. Ich war damals jeweils der Ansicht, dass ich es „konnte“; heute glaube ich das nicht mehr recht. Können müsste heißen: sehr schnell, mit leichten Fingern und ohne einen einzigen falschen oder unklaren Ton.  (Alle anderen Fragen, die man stellen könnte, verdränge ich; z.B. ob das Tempo überhaupt richtig ist, warum Bach eigentlich einen 24/16 – Takt statt eines 4/4 – Taktes notiert, usw., auch die Frage, wie Bach selbst den Daumen bei solchen Figuren wie hier eingesetzt hat.) Um kurz ein Beispiel zu benennen: in der zweiten Zeile, Bass, erster Takt, letzte Note, dieses Auftakt-Achtel trägt einen von mir damals eingezeichneten Punkt. (Die anderen, in den Takten vorher, sind nur analog gesetzt: die Kürze ist ja auch musikalisch sinnvoll.) Warum? Der Finger, der diesen Ton anschlägt, muss schnell verschwinden, weil die rechte Hand diese Taste ebenfalls sofort danach anschlagen muss, die rechte Hand „hängt“ dabei über der Linken und muss im gleichen Zug einen weiteren Ton erwischen, der noch tiefer liegt, das E, danach aber das wiederum höher liegende A, während die Linke genau die Taste anschlagen muss, die sie vorher so schnell räumen musste, das G. Ein kleines Drama, – davon ahnt ja keiner was, und meist geht auch hier oder gleich im nächsten Takt etwas schief. Vielleicht nur in Gestalt einer winzigen Unebenheit, aber schlimm genug für einen Virtuosen (der ich nicht bin).

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Also nur Mut! Die rot ein- oder angekreisten Stellen ergeben in meinem Fall die Übeeinheiten, die ich – um den gewünschten Übeeffekt zu erreichen – choreographisch auffassen möchte. Die einzelne Hand oder die beiden Hände im Verhältnis zueinander soll(en) weiche, nahtlos ineinandergreifende Figuren beschreiben, an keiner Stelle darf ein Ruck erforderlich sein, jede Veränderung der Handstellung muss weich vorbereitet sein. Ich beginne mit kleinen, in sich geschlossenen Einheiten beginnen, erst später fügen sich – z.B. die beiden Kreise in Zeile 2 – zu einer größeren Einheit zusammen. Der eine mit dem absteigenden e-moll-Dreiklang und dem nachfolgenden A, der andere mit dem absteigenden A-dur-Quartsextakkord – dazu links mit dem 4.Finger das G in die Fingergruppe der rechten Hand hinein – dann rechts der D-Abschluss, während die Linke mit den Triolen ab FIS aufwärts startet. Es kommt nicht auf diese Worte an, sondern dass man den realen Finger-Tanz reibungslos und minutiös in Zeitlupe so ausführt, wie er später im schnellen Bewegungsablauf funktionieren wird. Statt der Worte nimmt der Geist den Verlauf der Gedankenbilder wie einen Film in sich auf. Sagen wir: man wiederholt die beiden roten Kreise des 2. Zeile jeweils 5 Minuten lang, dann bettet man sie ein in den Gesamtverlauf der Zeile 2. Der Tanz ist perfekt choreographiert, nichts ändert sich in der Feinabstimmung. Ich kann es mir leisten, Details zu beobachten, z.B. den 4maligen Anschlag des Tones G innerhalb des ersten roten Kreises in engster Nachbarschaft, keiner darf unklar erwischt werden oder gar unter den Tisch fallen.

(Fortsetzung folgt)

Neben dem Tast- und Bewegungssinn können natürlich auch die Augen bei diesem Üben eine Aufgabe übernehmen, die – sagen wir – der zwanglosen Konzentration hilft. Wichtig zunächst: die Augen zu schließen, langsam und mit Tastgefühl zu üben, wie ein Blinder.  Unabhängigkeit. Körpergefühl beachten: Schultern! Kopf balanciert und hoch.

Die Augen habe ich aber in der Überschrift nur genannt, um sie nicht zu vergessen. Gemeint war eine komplett andere Angelegenheit, die ich nur behandeln möchte, um sie bei Gelegenheit zu überprüfen. Es betrifft den Stress beim Vortragen solcher Stücke. Vielmehr die Stressvermeidung.

 

Bonn Beethoven WCCB

Das Beethoven-Orchester am neuen Ort

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Ich schreibe keine Kritik, nur ein „I was here“. Es hat uns sehr beeindruckt, der neue Ort, die Qualität des Orchesters, die unterschiedlichen Dirigenten, das Programm, oder genauer: für mich waren ausschlaggebend das Werk Asyla von Thomas Adès und die siebte Sibelius-Sinfonie, übrigens gerade im Rückblick, wenn auch vieles andere (die wunderschöne Klarinette im Kodaly, die Virtuosität der Streicher im Tschaikowski) hängenbleibt. Am Kodaly interessiert mich die Kindheitsgeschichte (der Marktflecken Galánta mit der Zigeunerkapelle) und die Farbigkeit dieses Orchesters. An dem Werk von Tschaikowski aber erstaunt mich, dass mir – abgesehen von der Ausführung –  einfach gar nichts gefällt, wie schon vor Jahrzehnten. Mag der Dirigent sich noch so sehr ins Zeug legen und sogar auswendig dirigieren. Es ist doch bloße Raserei. Selbst der sonst so geniale Melodiker, der weit ausholt, als beginne gleich die Stunde der unsterblichen Liebe, bietet nur eine schwache Minute, noch schwächer, da sie an Bach gemahnt.

Aber es ist ein Saal, in dem man jeder Musik gerne folgt, wie sie über die Bühne und in den Raum „wallt“, wie sie durchhörbar bleibt, auch wenn ein kompakter Blechbläsersatz aus dem Hintergrund herübertönt, etwa im Sibelius; wenn ein vielgestaltiger, feingewebter, aufgesplitterter Gesamtklang wie im Adés glitzert und oszilliert. Oder mit Techno-Schlag Monotonie vortäuscht. Es bleibt spannend im Irrenhaus!

Mag man sich beim Betreten das Gebäudes wie im Flughafen gefühlt haben, WIEN, NAIROBI, NEW YORK, was für Weltstädte auch immer, in weißen Großbuchstaben, verlaufen kann man sich nicht. Auch die Assoziation ist nicht schlecht, wenn man am Boden bleiben und doch mancher Höhenflüge gewiss sein darf. Übrigens die Nacht da draußen passte nicht schlecht, eine Hotelbar, die man meidet, wenn man die Preise verstanden hat, Blick nach oben, wo neben dem langen Eugen, nein, dem DHL-Gebäude, der kleine Vollmond steht, angeblich so nah wie nie außer noch einmal in 20 Jahren. Eine Welt für sich, gespenstisch beleuchtete Avenuen, vorbei an gigantischen, düsteren Bürohäusern mit einzelnen glänzenden Zimmern, in denen junge Männer vor Computern sitzen; ruhelos ersinnen sie Wunderwerke des neuen Zeitalters. Und wenn man tief unter ihnen durch das Labyrinth der langen Gänge und Kieswege gefunden hat, so sieht man weit hinten im Dämmerlicht, hinter der quer verlaufenden schmalen Straße, an der das Auto nach einer Irrfahrt Parkgelegenheit gefunden hatte, ja, was sieht man dort, zum Greifen nah, wie vor Jahrhunderten? Den Vater Rhein. Die Welt ist doch im Lot!

bonn-wccb-vorhalle-b WCCB Vorhalle Fotos: JR

bonn-wccb-modell-y WCCB Modell

bonn-wccb-orchester-l Beethoven-Orchester

bonn-wccb-draussen Nach dem Konzert

BEISPIELE (nicht aus dem Konzert, sondern aus youtube, nur zum Lernen, zum Besserkennen, nicht zum „Besserwissen“):

Thomas Adès „Asyla“ op.17 (Einführung Markus Stenz) hr-Sinfonieorchester ab 0:24 Anspielen des III.Satzes „Ecstasio“ (bis 1:05) I.Satz ab 2:54 Wort („Bewegung“) II.Satz ab 4:10 Wort („Zwischenwelt, bevor man wahnsinnig wird“, „Wehklagen“, „Lament“) Musik 4:58 bis 7:00 IV.Satz ab 7:10 Wort („Langsamer Satz“) bis 7:40 (Ende) / Beginn der Aufführung bei 8:00 II.Satz ab 13:30 III.Satz ab 20:02 / durchgezählt bis IV.Satz ab 26:22 Beifall ab 31:18

Thomas Adès „Asyla“ op.17 Der III. Satz unter Sir Simon Rattle:

Tschaikowski: Francesca da Rimini / Orchesterfantasie nach Dante op.32 (1876)

Die Melodie des Mittelteils

tschaikowski-a  tschaikowski-b

Was habe ich gegen diese Melodie?

tschaikowski-melodie

Sie hat von vornherein die Tendenz zum Gis (im Nachhall hört man gewissermaßen schon die klein eingezeichneten Töne mit), sie gibt sich aber spannender, indem sie mit dem F an den Anfangston E anknüpft, weiterweisend, aber zunächst muss sie dem Drang zum Gis nachgeben, das Auf und Ab der Linie verspricht einen Ausdruck, der sich im folgenden als nichtig erweist: Anknüpfend an E (Takt 1) und F (Takt 2) wird die Linie in Takt 3 zu E-F-G-A weitergeführt, dort aber gleich wieder zurückgebogen, mit dieser Drehung und dem F-E-D wird der abwärtsführenden Tendenz nachgegeben, zu allem Überfluss auch noch mit einer Sequenz („Reim“), die am Ende von Takt 3 in die beiden Töne mündet, die wir schon am Ende von Takt 1 geahnt haben, und so kann in Takt 6 komplikationslos auch die Hauptaussage von Takt 2 wiederholt werden; sie wirkt aber noch weniger ausdrucksvoll als dort, sondern – weil nichts sich ändert – larmoyant. Um nun doch noch einen verborgenen Sinn des ganzen Melodiegangs vorzutäuschen, reckt sich die längst bekannte kleine Wendung  H-A ein weiteres Mal nach oben, diesmal nicht nach F, sondern nach Fis, so dass das unveränderliche Gis (E-dur) sich diesmal aus einem modulatorischen Schritt, statt aus der Folge IV – V in a-moll, ergibt. Man könnte behaupten, dass die Melodie die ausweglose Lage der Liebenden spiegelt und auf den nun für viele Takte ostinat durchgehenden Basston E verweist, der Ähnliches aussagt. Während die Weiterbehandlung der Sequenz lähmend wirkt, auch wenn sie zur Abwechslung nun aufsteigt, sogar mit Viertel-Triolen und schließlich durchgepeitschten Achteln aufwartet, also zugleich eine gewisse „narrative“ Spannung zelebriert. Sie ist leicht als bloße Geschwätzigkeit durchschaubar.

Viel Worte um 20 Takte Musik, aber sie sagen in etwa das, was einem durch den Kopf geht, während man inmitten der sinnlosen Raserei dieses Satzes auf einen Lichtblick hofft. Soviel Zeit muss sein, immerhin ist es ja eine Enttäuschung, wie man sie gerade von Tschaikowski nicht erwartet, der sonst – wie Adorno einmal kleinlich anmerkte –  sogar die Verzweiflung mit Schlagermelodien porträtiert…

Trotzdem gilt: Gut gespielte Musik ist immer interessant, auch wenn sie einem nicht gefällt, gerade dann. Zu fragen: Was macht denn Musik aus? Was fesselt, was stößt einen ab? Wie zwingt sie uns zurückzukehren, zu ihr zu halten? Zur Musik von Sibelius etwa, gerade gegen Adornos Verdikt wider den finnischen Hinterweltler! Vielleicht führt nur das beigegebene Natur-Foto in die falsche Richtung. Denn es ist „gearbeitete“ Musik, nicht bloße Stimmungsmusik. Bei Wikipedia gibt es eine erstaunlich detaillierte Beschreibung und Deutung des Ablaufs der Sinfonie: HIER. (Es lohnte sich, diesen Text durchzuarbeiten und die Taktzahlen durch Zeitangaben der folgenden Aufnahme zu ergänzen.) Am Ende lauert eine vielleicht allzu pauschale, „gläubige“ Bemerkung des Dirigenten Osmo Vänskä :

Das Ego wurde vernachlässigt, und die Dinge sind vom Standpunkt der Menschheit aus gesehen. Der Komponist wendet sein Augenmerk von sich selbst ab, um höhere Kräfte zu erreichen. Die Siebte ist heilige Musik.

Jean Sibelius Sinfonie Nr. 7 C-dur op. 105 (1918-1924)

Interpretation = Übertreibung?

Am Beispiel Brahms 

Dies nur in aller Kürze, damit es als Thema festgehalten ist. Möglicherweise tue ich den Interpreten Unrecht und müsste nur das Ganze und dies ganz ausführlich behandeln, nicht nur die erste Seite: schon wäre ich anderen Sinnes. Aber dieses Sinnes war ich ja schon, und erst einige kritische Bemerkungen von außen haben mich aufgeweckt: Klar, Brahms ist immer gut, auch wenn er unterschiedlich dargestellt wird. Aber…

So etwa, wie es unten zu hören ist,  wars vor 30 Jahren. Gleichmäßig schön, in der Klarinette die Bögen nicht besonders abphrasiert, es geht um die weit geschwungene Linie. Karl Leister (und das Drolc-Quartett), mit dem ich „in alter Zeit“ das Klarinetten-Quintett entdeckt habe, was ich ihm nie vergaß. Aber klingt die Sonate nicht ein wenig langweilig? Und bei 1:29 das „p ma ben marc.“ – was für ein seltsames Gepolter im Klavier… (Achtung: Werbung am Anfang überspringen!)

Allzu harmlos?

Aber nun kam in jüngster Zeit Lorenzo Coppola mit Andreas Staier. Was für eine andere Welt! Zudem auch noch die „originalere“, ganz dicht an Brahms und seinem ersten Interpreten Mühlfeld. Ist es so?

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Es ergab sich folgende Diskussion:

Natürlich ist das gut, und von beiden Interpreten – wie sagt man? – meisterhaft gespielt. Aber so, als ob es uns aus jedem Takt anspringen müsste: schaut, wie unerhört musikalisch wir alles auffassen. Am meisten irritiert der höchste Ton der Klarinette auf (2. Zeile, 3. Takt), man hört ihn kaum, vermutlich ist es nicht leicht, ihn in der Höhe so leise zu spielen: aber muss mir das bewiesen werden? Ist nicht das Intervall der verminderten Septime, das er mit dem ersten Ton des nächsten Taktes bildet, auch etwas wert? Und im letzten Takt dieser Zeile, jaja, ich sehe wohl, dass Brahms da ein crescendo-Zeichen gesetzt hat, aber wozu diese metallische Färbung, dieser eherne Entschluss , „es muss sein!“ – wieso denn, wir sind doch erst in Takt 11, ein ganzer Satz soll noch folgen, die Triole bringt schon von selbst einen Energieschub, der den punktierten Rhythmus des Klaviers anwirft. Und am Ende der nächsten Zeile steht über eine Länge von 4 Takten (hier schon früher einsetzend) ein diminuendo, – ein ritardando ist nicht verlangt! Gerade nicht! Es folgt zwar eine Atempause, – aber es geht doch weiter…

Im Grunde beginnt das Klavier enden wollend. Der dritte Ton, das Es, ist gedehnt (wenn ich die Noten nicht sehe, meine ich, es seien zwei Viertel Auftakt und als drittes eine Takt-Eins), wahrscheinlich weil das nachfolgende Des bedeutungsvoller wirken soll, weshalb es auch leiser ist. Zugleich muss man dann zusehen, dass die Achtel wieder vorwärtsgehen (roter Pfeil), was zur Folge hat, dass das letzte, der Ton F, wieder zögern muss, ebenso der ganze nächste Takt: die Klarinette ist Königin, und sie spielt sich entsprechend auf, auch durch die besonders herausgekehrte Dezenz auf dem höchsten Ton, was allerdings zwei Takte weiter durch übertriebenes Crescendo ausgeglichen wird.

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Vielleicht hätte ich alles, wie es ist, mit Sympathie hingenommen, man hört keine neue Aufnahme mit dem Vorsatz, nicht überwältigt zu werden, – der Widerstand formt sich sehr langsam, kann aber beschleunigt werden durch treffende Kommentare oder – noch besser – durch ein überzeugendes Gegenbeispiel. Hier wäre es: aber es stammt von 2005 und kann sich nicht auf das historische Vorbild Mühlfeld berufen. Muss das ein Nachteil sein?

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Hier wird mir nichts bewiesen, außer dem, was Brahms geschrieben hat, und das ist wunderbar genug. Gehen wir zum nächsten Satz: „Andante un poco Adagio“. Coppola tendiert zum Andante, Fröst zum Adagio, beide Tempi überzeugen. Das, was stört, ist wieder die Demonstration des Pianissimos an der Grenze des Hörbaren, sobald das Thema, das anfangs poco forte intoniert wurde, von neuem ansetzt: ein piano ist in den Takten vorher erreicht, es würde genügen, dem Thema noch einmal sehr sorgfältig und sanft (liebevoll) nachzusinnen, um es dann zu einem forte hinaufzuführen, „dol.“ (dolce) bedeutet nicht jenseitig, nicht einmal „sotto voce“ (noch weniger „dolente“). Bei Coppola erinnert es mich fatal an Giora Feidman, wenn er auf seiner Klezmer-Klarinette Theater macht. Dabei ist es Fröst, der auch Klezmermusik im Programm hat, aber nicht bei Brahms. Er trumpft auch im Ländler des nächsten Satzes weniger bajuwarisch auf als Coppola. Richtig, denn es ist kein Theater…

***

Nun könnte man mir entgegenhalten: warum meckerst du über das, was du an Caroline Widmanns Schubert über den grünen Klee lobst? Weil es dort etwas ganz anderes ist, zumal die Musik wirklich aus dem Nichts, aus dem Niemandsland kommt. Zum anderen handelt es sich um die Geige, deren Tonbildung in einem anderen Rahmen verläuft. Das tonlose, vibratofreie Spiel ist ja auch nicht an sich ein höherer Wert, – bei Anne-Sophie Mutter zum Beispiel ist es ebenfalls Theater…

***

Und wie gesagt: es war eine Diskussion, man kann gewiss ganz anderer Ansicht sein.

Und nebenbei: Martin Fröst ist weder klassischer Asket noch ein Feind des Theaters…

Und noch etwas: das Leben geht weiter, notfalls sogar ohne Musik, wenn auch als Irrtum. Falls Nietzsche recht hat.

Nur am frühen Morgen scheint es anders, wie heute, am 12. November 2016:

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Nachwort am Abend

Ich kann es nicht ganz dabei bewenden lassen: erst jetzt habe ich den CD-Kommentar von Coppola gelesen und kann manches nachvollziehen. Ja, mein Wort vom „Theater“ hat sich – ohne dass ich davon wusste – bestätigt, aber auf eine ganz andere, klügere Weise, als ich gedacht hatte. Um es jedoch vorwegzunehmen – eine musikalische Interpretation erweist ihre Überzeugungskraft nicht durch eine zusätzliche verbale Interpretation der musikalischen Interpretation, sondern aus dem klanglichen Ergebnis und der Wirkung, die man als Zuhörer mit denen anderer Interpretationsmöglichkeiten vergleicht. Die Werke haben eine Geschichte. Und gerade deshalb lasse ich gern auch diese verbale Deutung „narrativ“ auf mich wirken, empfehle sie weiter – und versuche sie auszuschalten: möglicherweise hilft sie nur dem Interpreten bei der Aufführung, nicht aber dem Hörer, der sich gerade allen Tagträumen verschließt, um mehr Musik wahrzunehmen.

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Gewiss, ich bin weit entfernt davon, mich diesen Gedanken zu verweigern. Andererseits sehe ich zu wenig konkrete Hinweise bei Brahms selbst und finde die seiner Zeitgenossen „überinterpretiert“. Für Orpheus und Eurydike gar fehlt mir selbst der kleinste Anlass; sie passen nicht recht zu den späten Gedanken des Komponisten, über die wir freilich wenig wissen…

brahms-klarinette-coppola-text-2

Vielleicht ein andermal mehr darüber. Hier der direkte Weg zu beiden Produkten:

Hier Fröst/Pöntinen (ohne Theater), HIER Coppola/Staier (mit Theater).

 

Zur Analyse arabischer Musik (I)

Ein Beispiel im Maqam Ajam mit Oum Kalthoum

Die chronologische Verortung der Aufnahme „Lessa Faker“ auf 1963 findet man bei Ysabel Saiah „Oum Kalthoum“ Paris 1985 Seite 243, wie folgt:

oum-kalthoum-lessa-faker  als „Lissah fakir“ HIER jedoch auf 1960.

Dieser Entdeckung ging eine andere voraus: nämlich die der Internet Maqamlessons, erarbeitet und ins Netz gestellt von Sami Abu Shumays, einem arabischen Violinisten, der in New York lebt. Man kann z.B. hier beginnen. Oder sich über die Arbeit des Musikers informieren: HIER.

Was ist Jins (Ajnas)? Es bedeutet das gleiche wie bei d’Erlanger (La Musique Arabe) das Wort „Genre“, nämlich die kleinste melodisch-motivische Einheit innerhalb eines Modus (Maqam). Siehe auch hier.

Für mich begann es mit diesem Link:

http://www.maqamlessons.com/analysis/lissafakir.html oder HIER WICHTIGER LINK!

Im folgenden ein Ausschnitt aus der oben verlinkten Gesamtaufnahme (vorläufig entfernt, weil nicht mehr abrufbar), jedoch als Film (!), bei 1:13 beginnt ein Thema, das mich elektrisierte; es erinnerte mich stark an die „Rubayat Omar Khayyam“, die ich mir vor langer Zeit erarbeitet habe (auch von Riad Sunbati komponiert). Hier wie dort: es handelt sich um Maqam Saba (innerhalb des Gesamtumfeldes Maqam Ajam, der auf dem Ton B steht und durchaus an B-dur erinnert.) Wenn man den Anfang der obigen Aufnahme mit den Tönen des B-dur-Dreiklangs als „rein westlich“ inspiriert betrachtet, verkennt man, dass die Töne B – D – F  wichtige Funktionen im Maqam Ajam einnehmen, was im folgenden leicht zu erkennen ist.)

Zum Maqam Ajam siehe bei Wikipedia HIER, vor allem aber in maqamworld.com HIER / Unter „Maqam Shawk Afsa“ wird genau die Variante erwähnt, die man im Film bei 1:13 erlebt: „Saba“ als Bestandteil des Maqam Shawk Afsa (unter den Recording Samples findet man als drittes eine Stelle aus Oum Kalthoums „Lissa Faker“). Jedoch wird Hijaz auf F zur Erklärung herangezogen (auch Kurdi auf D gehört in diesen ES-Kontext), weil für Saba korrekterweise der Ton ES (in D-ES-F-GES) einen Viertelton höher läge, was tatsächlich im obigen Film ab 1:13 im Orchester gut zu hören ist. (Vgl. direkt unter Saba. Siehe dort auch unter Saba Zamzam).

Weiterer Lernstoff (erster Zugang zum Text, ungesichert):

http://www.shira.net/music/lyrics/lisah-faker.htm oder HIER

http://www.arabiclyrics.net/Oum-Kalthoum/Lessa-Faker.php oder HIER

Arabischer Text: HIER.

Dank an Manfred Bartmann (über Facebook, sehr empfehlenswerte Beiträge)

Sei mir gegrüßt, Schubert!

Das Lied und die große Form

Zunächst: ohne die Aufnahme der Fantasie in C-dur mit Carolin Widmann und Alexander Lonquich hätte ich mich wohl nie wieder näher mit diesen Violinwerken von Schubert befasst. Ich habe sie verkannt. Und gemieden. Unbegreiflicherweise.

Ich beginne mit dem Lied, das ich wahrscheinlich schon kannte, als es mit Fischer-Dieskau herauskam. Auch heute überzeugt mich seine Interpretation aus dem Jahre 1962, es ist noch ganz frei von Manierismen, die später nicht zu überhören waren. HIER.

Um eine neuere Aufnahme dagegenzusetzen, eher dramatisch aufgefasst: Bernarda Fink (2008). HIER.

Und eigentlich vom Tempo her befremdend und in der Text-Artikulation unzureichend, dennoch im Spannungsverlauf zwingend (1991): Arleen Augér. HIER.

Was schreibt Schubert als Tempo-Vorschrift? „Langsam“!!! In der Violin-Fantasie, deren dritter Satz aus eben diesem Thema und Variationen darüber besteht, liest man „Andantino“; die Interpreten wählen jedoch ein Tempo, das in etwa dem von Arleen Augér entspricht. Ich sage kein Wort der Kritik, – die Aufnahme ist nicht nur überzeugend, sondern überwältigend. Ich vermute, dass die Tempowahl letztlich mit der Ausführbarkeit der schnellsten Notenwerte in den Variationen zu tun hat. Das Video, in dem der Pianist und die Geigerin über ihre Auffassung vom Stück und von Schubert sprechen, ist hoffentlich noch lange abrufbar. Falls es uns jetzt nur um das Tempo geht, kann man gleich auf 3:00 springen, aber dann unbedingt das Ganze nachholen. Oder auch zuerst weiterhören, denn in der Tat: der Anfang, von dem dann die Rede ist, – einfach atemberaubend, man vergisst es im Leben nicht. Also ab Minute 3:00! HIER.

Ich finde es faszinierend, wie hier über Musik gesprochen wird und insbesondere über Schubert, wo es am schwierigsten ist. Man kann Analysen lesen, die präzise beschreiben, was in den Noten steht, – alles, was thematisch und motivisch passiert, gewissermaßen auflisten, übersichtlich machen -, und das Wesentliche, – das, was Schubert unverwechselbar macht, – versäumen. Gerade in diesem Werk, das von exorbitanten technischen Schwierigkeiten überquillt: da wirkt es fast wie ein riesiges Ausweichmanöver, wenn man sich auf das  Pragmatische beschränkt, obwohl all dies nicht unwichtig ist. Es ist also durchaus nützlich zu hören, was Antje Weithaas zu sagen hat, wenn der Henle-Verlag seinen Notentext gewürdigt haben möchte, und sie ist ja eine ausgezeichnete Geigerin: HIER.

Andererseits, wenn mir jemand sagen würde: Vergessen Sie alles Technische und alle greifbaren Einzelheiten, schauen Sie auf dieses unergründliche Foto vom Waldesdunkel, und Sie haben alles, was Sie über Schuberts Geheimnisse wissen können, auch über seine hoffnungsvollsten Augenblicke… Warum würde ich das zurückweisen?

schubert-violine-cover. . . .

Was immer man über Schubert zu schreiben oder zu reden wagt, es ist fast immer zu wenig und zuviel. Und bei ihm selbst, wenn er sich in seiner Musik ausspricht,  hilft man sich ja gern mit dem Wort von den „himmlischen Längen“.

Wer weiß, ob das Wiener Publikum nicht etwas Richtiges zum Ausdruck brachte, als es bei der ersten Aufführung der C-dur-Fantasie am 20. Januar 1828 in Scharen den Saal verließ? Sie hatten keine Zeit mehr… aber wohl nicht in Lonquichs Sinne. Wenn die Äußerungen beim Hinausgehen notiert worden wären, hätte es vielleicht ganz vernünftig geklungen, etwa so: das ist doch leere Virtuosität, Paganini wär mir lieber.

schubert-violine-ecm-longquich Unser Pianist …

Und der der Uraufführung, allerdings 45 Jahre nach der Tat:

pianist-bocklet Karl Maria von Bocklet

Lassen Sie uns doch die große Form betrachten, was steckt denn in diesen 5 oder besser 7 Abschnitten? Ich folge lieber einer unbestritten meisterhaften älteren Aufnahme, der von David Oistrach und Frieda Bauer, um nachher die Vorzüge der hier vorliegenden zu genießen. Und wähle als Leitfaden einen Text, der mir quasi improvisiert erscheint, jedenfalls war er nicht ganz fertig redigiert und stammt von einem Praktiker, der dieses Werk offensichtlich aus eigenen Aufführungen kennt. Ich nenne den Namen erst im Nachhinein, weil hier ausschließlich der Inhalt seines Textes zur Wirkung kommen soll, nicht seine Person.

schubert-violine

ZITAT (der Autor des in Blau gedruckten Textes wird unten nachgeliefert, die in Rot gedruckten Zusätze stammen von mir, JR. Alle Zeitangaben beziehen sich auf die Oistrach-Aufnahme!)

Wo die Wanderer-Fantasie mit entschlossenem Zugriff beginnt, wirkt der Beginn der Violinfantasie, als müsse die Musik selbst erst entstehen. Über einem leisen Klaviertremolo setzt kaum hörbar die Geige ein, tastet sich aus einem fast zwei Takte liegenden Grundton vorsichtig nach oben, entwickelt ganz allmählich die Konturen einer Melodie. Ein mehrfach wiederholtes Motiv aus einem Sprung und einer anschließenden Trillerfigur im Klavier führt parallel zu einer ersten zaghaften rhythmischen Gliederung. Durch den Kontrast zwischen den flirrenden Tremoli im Klavier und der lang gezogenen Linie in der Geige hat man den Eindruck, als spielten die beiden Instrumente wie in weiter Entfernung miteinander. Ganz allmählich nähern sie sich einander an: Das Klavier-Tremolo steigt in höhere Lagen, nähert sich also dem Register der Geige, während diese zweimal die Trillerfigur und mehrmals den vorangehenden Oktavsprung aufnimmt. (1:46) In Takt 18 hat das Klavier eine erste rhythmische Stabilisierung erreicht, es beginnt mit einer Art Tanz, dem sich die Geige zwei Takte später aber nicht anschließt, sondern statt dessen die Anfangsmelodie eine Oktave tiefer wiederholt. Harmonisch ist bis hierher alles im Bereich einer erweiterten C-Dur-Kadenz geblieben, einzige kleine Besonderheit waren eine Alteration nach As (ein erster versteckter Hinweis auf die Tonart des späteren Variationsteils) und eine plötzliche Zwischendominante in E-Dur. Das Klavier beendet den angedeuteten „Tanz“ nach wenigen Takten und schließt sich der Wiederholung des Anfangs an. (2:10)

Als es zur E-Dur Zwischendominante kommt, bleibt die Musik harmonisch plötzlich quasi stehen, kommt nicht mehr weiter, die Triller im Klavier hören auf, die Geige hängt auf einem zwei Takte langen „e“, schließlich bricht das Tremolo ab. Dieser ganze erste Teil bewegte sich durchgehend im Pianissimo, ohne jeden Akzent, ohne Kontraste. Man erlebt weniger „Entwicklung“ als vielmehr „Entstehung“ von Musik aus unkonturierten Anfängen zu vorsichtigen, aber vorerst ergebnislosen Strukturierungen. Ein nacheinander von beiden Instrumenten kadenzartig ausgeführter Septimakkord mit anschließender Fermate bereitet den zweiten Hauptteil des Werkes vor. (3:36)

Der „Tanz“ , den das Klavier im ersten Teil kurz andeutete, dann aber wieder fallenließ, bestimmt hier vom ersten Moment an die Musik: Ein markantes 2/4-Allegretto-Thema mit zahlreichen Akzenten wird zunächst von der Geige, später vom Klavier gespielt, dabei vom jeweils anderen Instrument im rhythmischen Kontrapunkt (später im Kanon) und vom Klavier zusätzlich mit pulsierenden Achtel-Akkorden begleitet. Das steigert sich (T. 83) zu – auf beiden Instrumenten halsbrecherisch schwierigen – Passagen, bei denen die Achtel-Begleitung immer mehr durch Sechzehntel-Figuren ergänzt und ersetzt wird. Bei einem ersten Höhepunkt (T. 131) stürzt im Klavier eine Kette von oktavierten Sechzehnteln nach unten, während die Geige sich in Gegenbewegung befindet. (5:05) Nach einer allmählichen Beruhigung mit abschließender Fermate beginnt das Ganze noch einmal von vorn. Diesmal bleibt die Beruhigung jedoch aus und die Musik steigert sich zu immer wilderen Ausbrüchen. Der Themenkopf wird nacheinander mit zunehmender Heftigkeit in a-moll, H-Dur, e-moll, Fis-Dur, h-moll, fis-moll, cis-moll wiederholt, dazu laufen Sechzehntel-Passagen wie wild geworden durch die Instrumente und Stimmen. (7:44) In T. 293 ist der Themenkopf nur noch bruchstückhaft, wie zerhackt in der Violine zu hören, das Klavier steigert plötzlich (T. 301) mit synkopierten Akkorden. Hinzu kommen abrupte, unvorhersehbare Dynamiksprünge. Harmonisch kommt es zu einem Stau über dem Grundton Es, der nach den vorangegangenen schnellen Sequenzen die Spannung extrem steigert. An Stelle einer Ent-Spannung folgt im Klavier eher ein ermattetes Nachlassen der Kräfte, nachdem die Geige sich mit einigen wenigen Akkorden aus dem Kampf verabschiedet hat. (8:13) Die diesen Teil abschließende lange Generalpause ist von lähmender, beängstigender Spannung.

Das Lied (ab 8:32) und die Variationen! 

Es ist mir nicht möglich, die Wirkung des folgenden Lied-Zitates „Sei mir gegrüßt“ mit Worten zu beschreiben. Nur das: Es ist für mich einer der magischsten Momente der gesamten Musik. Der erste Thementeil wird zunächst vom Klavier vorgestellt, dann von der Geige wiederholt, beim zweiten Teil wiederholt die Geige nur die Schlusstakte. (11:05) Es folgen zunächst drei, sich allmählich steigernde Variationen: In der ersten spielt das Klavier wieder eine Art Tanz, umspielt von arpeggierten Akkorden in der Violine und durchsetzt mit virtuosen, in beiden Instrumenten gegenläufigen Passagen.

Genau zu Beginn der zweiten Variation müssen wir aufs nächste Video wechseln! Es beginnt mit den letzten Takten der ersten Variation, zweite ab 0:12

Fortsetzung des zitierten Textes:

Diese Passagen werden in der zweiten Variation in der Oberstimme vom Klavier übernommen, während im Bass jetzt die arpeggierten Figuren aus der Violinstimme liegen. Die Geige begleitet mit Pizzicati. Beide Variationsteile beginnen entspannt, flächig, steigern sich dann aber zu größerer Heftigkeit, um schließlich in aberwitzigen 32stel-Ketten und einem abschließenden gegenläufigen Arpeggio über fünf Oktaven auszulaufen. (Oistrach lässt die Wiederholungen weg.) Variation III beginnt bei 1:14.

In der dritten Variation übernimmt die Geige die 32stel-Bewegung und spielt in einer Art Perpetuum-Mobile in fast durchgehendem Pianissimo ein virtuoses Glanzstück, während im Klavier das Thema tänzerisch, mit vielen Trillern und Doppelgriff-Ketten variiert wird.

Danach beginnt das Klavier eine vierte Variation (2:24), die wieder deutlich näher am Thema zu sein, zu ihm zurückzuführen scheint. Indessen wird im sechsten Takt die kurze Ausweichung nach C-Dur (2:45) zu einem Tor zum nächsten Abschnitt : Die Violine setzt, statt wie im Thema über Es-Dur zur Tonika As-Dur zurückzuführen, in c-moll fort, geht zu dessen Dominante G-Dur, (3:20) wo die Musik wieder wie unentschlossen in einer langen Kadenz stehenbleibt. 

Es folgt (3:58) ein geradezu atemberaubend gespannter Rückblick auf den allerersten Tremolo-Anfang. Nach dem stabilen, sich dann zu wilder Raserei steigernden Allegretto-Teil, nach dem wunderbaren, unbeschreiblichen Thema, den immer feiner, virtuoser aufgelösten Variationen, nach alldem wirkt dieser Anfang merkwürdig fremd, unpassend, geradezu krank. Bereits nach wenigen Takten „hängt“ er harmonisch fest, quält sich modulierend nach G-Dur, steigert sich bis zum Fortissimo und endlädt sich endlich im Beginn des vierten Hauptteils, dem Allegro vivace in C-Dur.

(5:14) Allegro vivace

Dieses Allegro, motivisch basierend auf dem Themenkopf aus dem Liedzitat, bewegt sich mit einem kraftvollen, „stolzen“ Ausdruck durch immer neue harmonische Regionen. Der surreale Rückgriff auf den Anfang scheint vergessen, die Musik wirkt stabil, sicher, unantastbar. Vielleicht allzu sicher:

Ein unvermittelter, „flirrender“ Abschnitt in a-moll (T. 611) (7:29), macht deutlich, dass das strahlende C-Dur trotz aller demonstrierten Kraft nach allem, was vorangegangen ist, auf keiner sicheren Basis steht. Dieser Abschnitt steigert sich zu größtmöglicher Lautstärke (ff-cresc.) und springt dann in einer wahrlich schockierenden Wendung vollkommen überraschend nach As-Dur, also der Tonart des Lied-Teils (8:03)Ähnlich, wie der Rückgriff auf den tremolierenden Anfang vor dem Allegro-Teil wirkt auch diese plötzliche Wiederkehr des – nur wenig variierten – Liedes verändert, fremd, unpassend, eher verstörend als tröstend. (9:16) Nach einer erneuten Generalpause beendet ein kurzer Presto-Kehraus das knapp halbstündige Werk. (Ende: 9:57)

Der hier blau gekennzeichnete Text stammt von dem Pianisten Christian Köhn und wurde mir freundlicherweise von ihm zur Veröffentlichung überlassen. Christian Köhn unterrichtet an den Hochschulen von Detmold und Würzburg; im Duo mit Silke-Thora Mathies spielte er über 20 CDs mit vierhändiger Duo-Klavierliteratur ein. – Es ist nicht so einfach, einen analytischen Text zu finden, der nicht einfach „auflistet“, was in den Noten steht, sondern den Prozess der Musik von Anfang bis Ende im Auge behält. So dass man ihn beim Hören der Musik zweifelsfrei und ohne Verständnisprobleme verfolgen kann. Ich bedanke mich herzlich für Genehmigung.

Um ein Gegenbeispiel anzuführen, das den Leser in eine völlig verdinglichte Erwartungshaltung versetzt, sei der folgende Kurztext renommierter Autoren zitiert:

Im Zentrum der Komposition steht ein Andantino mit Variationen über eine kurzgefaßte Version des Liedes Sei mir gegrüßt nach Friedrich Rückert (D 7419. Schubert hatte dieses schon 1823 im Liederheft op. 20 veröffentlicht und konnte wohl auch mit dessen Bekanntheit rechnen. Es ist in der Fantasie nun zubereitet für alle geigerischen Entfaltungsmöglichkeiten, für sanft weittragendes Legato-Spiel ebenso wie für virtuose Brillanz der alle Saiten nutzenden Arpeggien und Springbogen-Passagen in den Variationen. Um diesen Variationensatz herum gruppiert Schubert Charaktersätze und -abschnitte, die durch Verzahnung und späteres Wiederanknüpfen ein weiteres mal die Möglichkeit für Variantenbildung und Umspielungen geben.

Quelle Franz Schubert (Reclams Musikführer) Von Walther Dürr und Arnold Feil / Reclam jun. Stuttgart 1991 (Seite 261)

In diesem kleinen Text führt wirklich jedes Wort, jeder Satz in die Irre, angefangen bei der Vermutung, dass Schubert auf die Bekanntheit des Liedes spekulierte, auch dass es überhaupt „im Zentrum“ steht (befinden wir uns nicht von Anfang an im Zentrum?), über die „geigerischen Entfaltungsmöglichkeiten“ (sind sie nicht durch fast unüberwindliche Hürden blockiert?), die „Gruppierung“ der „Charaktersätze und -abschnitte“ bis hin zur „Verzahnung“ und zur läppischen „Möglichkeit für Variantenbildung und Umspielungen“. Möchte man sich mit einem solchen Flickenteppich beschäftigen?

***

Nichts gegen Oistrachs geigerische Unangefochtenheit, aber wenn man den Anfang seiner Schubert-Aufnahme mit der von Carolin Widmann vergleicht, kommt man nicht umhin zu konstatieren, dass er schon beim 10. Ton, dem hohen c“‘, sein normal vibriertes Melodiespiel abruft, während die Geigerin einen unergründlichen Horizont über die flirrende Luft des Klaviertremolos zeichnet: man hält den Atem an und weiß, dass hier jeder Ton in scheinbarer Ausdruckslosigkeit gleich nah zum Zentrum der Musik oder des Lebens ist.

Das Allegretto nimmt er („gefühlt“) doppelt so schnell wie Carolin Widmann, es hat auch keinen p-Charakter, obwohl es nicht direkt laut wirkt, aber draufgängerisch; sie spielt zierlicher, zerbrechlicher, meinetwegen auch zaghafter. Gerade deshalb sind auch heftigere dynamische Ausreißer möglich. Oistrach spielt normal. Zuweilen auch etwas kantig. Man ist vor Überraschungen sicher. Lonquich hat Luft unter den Fingern, er spielt ein wunderbares Nonlegato. Was für eine Pause vor dem Einsatz des Liedes! Oder sind nur die Ohren so gespitzt?

(Fortsetzung folgt)

Weinen bei Musik?

Tränen lügen nicht, vielleicht, aber wenn ein Schlager das behauptet, ist das so ähnlich, wie wenn ein Kreter versichert, alle Kreter lügen.

Ich notiere es also, obwohl mir der rechte Glaube fehlt und ich mich, wenn es mir passiert, eher elend fühle. Es beweist ja nichts, auch wenn es wiederkehrt. Ein Déjà-vu, mehr nicht. Immerhin habe ich lange gebraucht, um es abzuwerten.

Aber wenn andere davon sprechen, nehme ich es weiterhin ein bisschen ernst.

Thomas Hengelbrock ist beeindruckt von der Akustik der neuen Elbphilharmonie. Sie haben dort den Anfang der ersten Sinfonie von Brahms gespielt.

Ein unglaublicher Moment. Wir wussten sofort, mit dem ersten Paukenschlag: Das wird fantastisch. Danach haben wir den Schluss des letzten Satzes gespielt, den großen Choral, alle Bläser, alle Streicher, und es sind jedem im Raum die Tränen heruntergelaufen, wirklich jedem.

Quelle DIE ZEIT 3. November 2016 Seite 42 „Dieser Saal ist ein Meisterwerk“ Thomas Hengelbrock, der Chefdirigent des NDR Elbphilharmonie Orchesters, über Musikertränen, trocknende Hölzer und das Geheimnis des Eröffnungskonzertes. (Im Gespräch mit Christine Lemke-Matwey).

***

Marina Abramović auf die Frage: Was wird von Ihrer Kunst bleiben?

Ich habe einen Raum geschaffen, in dem Vertrauen entsteht, weil ich mich verletzlich gezeigt habe. Deshalb können sich die Besucher öffnen gegenüber ihrer eigenen Verwundbarkeit. Ich bin der Spiegel, in dem sie sich sehen. Der Künstler braucht dazu eine energetische Aura. Ein älterer Kritiker hat einmal gesagt: „Ich hasse Künstler, ihr bringt mich zum Weinen.“

Quelle DIE ZEIT 3. November 2016 Seite 43 „Der Körper ist ein Spiegel des Kosmos“ Marina Abramović wird 70 Jahre alt und hat ihre Autobiografie geschrieben. Ein Gespräch mit der berühmten Künstlerin in New York über die Härten des Lebens und darüber, wie man durchhält und dann die letzte Performance angeht. Von Susanne Mayer.

Da oben das Wort Déjà-vu genannt wurde: es trifft nur im stark übertragenen Sinn. Es wird nicht richtiger, wenn ich dafür Déjà-écouté wähle. Die zu Tränen rührende Bewegung beim Musikhören ist etwas anderes, eine Mischung aus unmittelbar-sinnlicher Wahrnehmung (von außen) und dunkel (von innen) gefühlter (hinzugefügter) Bedeutungsschwere. Doch dafür lege ich meine Hand nicht ins Feuer.

Nachtrag 4. November

Natürlich fehlt hier ein Rest Arbeit, und das geht mir nach: Um diesen Blogartikel vollständig nachzuvollziehen, müsste man wissen: von welchem Choral spricht denn Hengelbrock eigentlich? Ist der Höhepunkt nicht die Wiederkehr des Alphorn-Themas, ekstatisch verschlungen mit den Antworten der Flöte usw.? Es lässt mir keine Ruhe, hatte ich nicht sowieso mal wieder vor, mir über Choralmelodien im allgemeinen und im besonderen Luft zu machen, aber eher bezogen auf Bach und die neue Orgel-CD mit Joachim Vogelsänger? Doch zunächst: welche Stelle meinte Hengelbrock genau? Was liegt näher als die kleine Eulenburg-Partitur:

brahms-choral

Ich gehöre noch zu denen, die aus der Kindheit Posaunenchöre nachhallen hören, vom fernen Friedhof Bethel, oder in Gestalt des einsamen Trompeters vom Turm der Pauluskirche in Bielefeld. Aber um die psychologische Wirkung eines Chorals zu beschreiben, brauchte ich mindestens zwei Seiten Text. Als erstes Stichwort würde ich mir „Feierlichkeit“ notieren. Gemessener Schritt. Blechbläser. Eherne Verkündigung. Streicherklang allein hätte zuviel Verbindlichkeit, menschliche Wärme. Aber ich müsste auch über den Melodieverlauf reden, über die Einfachheit, den Aufbau und die Abfolge der einzelnen Zeilen, ihre Logik. Ihr „So ist es“. Manchmal kommt mir nur eine Zeile des Mittelteils in den Sinn, als gebe sie melodisch einen ganz anderen Aspekt zu bedenken, weit mehr als in den Worten enthalten ist, so dass mich Rührung überkommt, – als rede meine Oma zu mir. Tröstende, liebe, nichtssagende Worte („morgen ist alles wieder gut“).

choral-was-gott-tut

Hier ist es die Fortspinnung der Melodie am Ende der zweiten Zeile: „Er ist mein Gott, der in der Not“, die Quintsprünge abwärts, nach all den Sekundgängen des ersten Teils, darin allerdings eine Quart aufwärts (nach „wohlgetan“), die jetzt aufgegriffen wird. Die Sequenz ist rührend, ja einfältig: Quintfall, Quart aufwärts, Quintfall, quasi geleiert: „Er ist mein Gott, der in der Not“, wobei auch sozusagen aus Versehen der mindere Reim „Not“ auf „Gott“ recht naiv hervortritt. Dann die Konsequenz „mich wohl weiß zu erhalten“, antwortend auf den Melodieteil vor dem Doppelstrich „will ich ihn halten stille“, aber als vorläufig erkennbar, denn der tiefe Zielton includiert eine Modulation, eine Vorläufigkeit, die in der letzten Zeile „drum lass ich ihn nur walten“ in Sicherheit verwandelt wird. Es ist zugleich die leicht abgewandelte Wiederkehr des Anfangs „es bleibt gerecht sein Wille“.

Bei Brahms natürlich ganz anders, da er nicht diesen, überhaupt keinen bestimmten Choral zitiert, nur das Phänomen der Modulation und der kadenzierenden Akkorde in Choralgestalt heraushebt: eine feierliche Demonstration von (Ausblick und) Rückkehr. C-dur noch im Ohr, dann: A-dur / d-moll / B-dur / Es-dur / B-dur / C-dur (mit Vorhalt) / F-dur / ausgehalten, als sei es das Ziel gewesen / G-dur – also doch ein anderes Ziel, nämlich: / C-dur, die Tonart, in der wir uns schon vor dem Choral sicher gewähnt haben, und nun C-Dur-Jubel. Der Choral demnach als letzte Beglaubigung: Ja! der Jubel ist berechtigt und wird noch gesteigert!

Viel Worte für ein einfach zu fühlendes, überwältigendes Hör-Erlebnis: Ankunft! Die Träne fließt.

Geschichte in drei Tagen

Ausgrabungen in Hamburg, Lüneburg & Celle  29.-31. Oktober

stammbaumt-rw Im Wurzelbereich

stammbaum-reichow-detail Bach-Zeitgenossen

hamburg-aussenalster Lichtblicke

hamburg-aussenalster-flugobjekte Höhenflüge

hamburg-schiet-und-dreck Tiefausläufer

lueneburg-st-johannis Unedle Backsteine?

lueneburg-kirche-x lueneburg-boehm-orgel-x

Lüneburg St. Johannis – Himmelsmusik an der Böhm-Orgel

bach-vorbilder-a Buxtehude, Reinckenbach-vorbilder-b Böhm, Bach

Während ich dies schreibe, höre ich die obige CD, ich weiß: ein Sakrileg. Und ich habe auch schon gestern abend, sofort nach der Rückkehr von der Reise, den Boden dafür geschaffen: der Klang der Orgel, die Durchsichtigkeit der Polyphonie, das leichtfüßige Staccato, auch die Ton-Repetitionen in der witzigen Fuge von Reincken (Tr.6) oder der Figuren-Umtrieb in Bachs berühmter D-dur-Fuge (Tr.21), – wann hört man das schon in einem so verrückten Tempo! Hinreißend!

Grund der Hamburg-Reise: ein Familienfest (Diamantene Hochzeit), passend dazu ein Stammbaum, den einst der Bruder meines Vaters hat anfertigen lassen, der also vom Vater dieser beiden an, d.h. von meinem Großvater Bernhard Reichow an rückwärts in die geschichtliche Tiefe geht und mich also irgendwie betrifft. Ich könnte diesen Teil aus den von meinem Vater geerbten Dokumenten vervollständigen. Allerdings habe ich ein Detail neu entdeckt, das bei mir fehlte und weiter zurückreicht als der früheste Eintrag, den ich kenne. Die Kirchenbücher wurden zumeist im 30jährigen Krieg vernichtet, daher gibt es kaum eine biographisch relevante Information aus der Zeit davor. Bis auf eben diesen Eintrag, der oben im Scan nicht vollständig erfasst ist:

Peter Reichow to Varchmin hat geborgt 5 Mark (Gegenwert einer Kuh) Bürge: Mathias Rotherkehle (Schuldverzeichnis zu Kordeshagen 1500)“

Ich kann nur hoffen, dass die Sache inzwischen erledigt ist.

Der Fußweg zum Familientreffen war traumhaft schön, direkt entlang am Ufer der Außenalster, die Mahnung, eventuellen Unrat betreffend, erreichte uns schon vorher, in der Alte Rabenstraße, und der Zufall wollte es, dass sich gleichzeitig ein Gruß aus dem uns vertrauten Rheinland in den Hintergrund des Bildes drängte. Der Dom.

Ich fasse mich kurz: wichtiges Zwischenziel auf der Rückreise war Lüneburg, aus meiner Sicht: die Stadt so zu sehen – die Kirche, die seine frühe Orgelwelt mitgeprägt hat -, wie ER sie wahrgenommen haben könnte. Jetzt allerdings wurde darin ein Luther-Musical vorbereitet. Ich versuche keine Zusammenfassung dessen, was eine sehr kompetente Dame bei der Kirchenführung vermittelt hat; nur diese Frage, der ich im Zusammenhang mit der norddeutschen Backstein-Gotik noch nie begegnet war: Galten die Backsteine in ihrer Eigenschaft als menschliches Machwerk tatsächlich als unedel, so dass sie im Innern der Kirche nicht würdig waren, das Gott geweihte Gebäude oder Teile desselben zu tragen, durch „Schlämmung“ optisch den edlen Gesteinsarten der südlichen Kathedralen angenähert werden mussten? Ich kann es nicht glauben. Wird nicht alles geweiht und „umgewidmet“, wenn es gottgefälligen Zwecken zugeordnet wird? Wenn aber nicht, sollte etwa hier der Schein genügen, während es im Innern schnöder Stein bleibt?

Also bitte, diese Kirche ist großartig, aber doch wohl nicht – wie behauptet – breiter als der Kölner Dom, – ich schwöre. Auch wenn man hier 44 m misst, und dort die Breite der Kölner Langhausfassade mit 45,19 m angegeben wird, und dies nur an der einen Stelle in der Mitte. Macht nichts! St. Johannis ist nach dem Vorbild des Lübecker Doms errichtet, wenn auch nur mit einem Turm, und mit diesem hat es eine besondere Bewandtnis: man sieht sofort, dass er nicht ganz gerade steht, was verzeihlich wäre nach – sagen wir – 600 Jahren. Aber die Geschichte ist ein Fall für sich:

Der nach einem durch Blitzschlag verursachten Brand im Jahre 1406 neu errichtete Turm von St. Johannis (Vollendung 1408) wirkt von allen Seiten aus schief: Der Dachstuhl ist im oberen Bereich korkenzieherförmig verformt. Die Turmspitze ist 220 cm aus dem Lot. Der Legende nach hat sich der Baumeister, nachdem er den Fehler bemerkt hatte, aus einem der oberen Fenster des Kirchturmes gestürzt, wurde aber durch einen vorbeifahrenden Heuwagen so glücklich aufgefangen, dass er am Leben blieb.

Quelle Wikipedia hier.

Nun zum jungen BACH. 2005, genau zu der Zeit, als Vogelsänger seine CD herausgab, gab es neue Forschungsergebnisse, die er noch nicht berücksichtigen konnte:

Aus heutiger Sicht  ist es ziemlich wahrscheinlich, dass Bach unmittelbar nach dem Stimmbruch als Schüler und möglicherweise auch Schreibgehilfe bei Georg Böhm wohnte. Die zweite Tabulaturhandschrift endet mit einer lateinischen Notiz in Böhms Handschrift  (siehe Tafel 5b): Il Fine â Dom. Georg: Böhme descriptum ao. 1700 Lunaburgi (auch wenn manche dazu spitzfindig anmerken werden, diese Notiz belege für sich genommen weder Lehrer-Schüler-Verhältnis noch, dass Bach bei Böhm gewohnt hat). Tatsache ist, dass Bach – auf ausschließlich dem Meister vorbehaltenem, niederländischem Papier – Musik aus Böhms Bibliothek abgeschrieben hat, und dass seine Handschrift zu jenem Zeitpunkt der von Böhm ausgesprochen ähnlich war. Diese Anhaltspunkte genügen, um die rätselhafte Tatsache, dass Emanuel in seinem Brief an Forkel das entscheidende Wort – „sein [Lüneburger] Lehrer“ Böhm – ausgestrichen hat, als ein Zeichen der Loyalität des zweiten Sohnes gegenüber dem Vater zu enttarnen, der beharrlich behauptete, niemals einen ordentlichen Lehrer gehabt zu haben und als Autodidakt alles seiner eisernen Selbstdisziplin zu verdanken.

Im Lichte der neuen Quellenlage ist davon auszugehen, dass Sebastian Bach im Alter von 15 Jahren die schwierigsten Orgelstücke seiner Zeit zu spielen vermochte und dass er in Böhm einen einflussreichen Fürsprecher hatte, der in einer guten Position war, ihn seinem Hamburger Lehrer Reincken zu empfehlen (siehe Tafel 5b).* [Anmerkung weggelassen JR, zu den Tafeln s.u.] Reinckens Orgelspiel war von Opulenz und dramatischer Eindringlichkeit gekennzeichnet sowie von jenen plötzlichen, kühnen Eingebungen, durch die sich die norddeutsche Orgeltradition vom Stil Pachelbels und von der Thüringer Orgelschule unterschied, die Bach bei seinem älteren Bruder kennengelernt hatte.

Quelle John Eliot Gardiner: BACH Musik für die Himmelsburg / Hanser Verlag München 2016 (Zitat Seite 138) Aus dem Englischen von Richard Barth (Zitat Seite 132)

Dies ist eine der bedeutendsten Entdeckungen der neueren Bachforschung (bzw. der Bach-Forscher Michael Maul und Peter Wollny) , wie sie von Gardiner in seinem Buch dokumentiert wird:

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Ich finde das sensationell genug, insbesondere aus privater Sicht, da ich sozusagen die doppelte Anschaffung des voluminösen Buches, zuerst im englischen Original, dann in der angenehm lesbaren deutschen Übersetzung, rechtfertigen möchte. („Hast Du nicht schon genug Bücher über Bach?“). Es ist eine unbezahlbare Fundgrube neuen, fundierten Wissens.

Einiges zu diesem Fund war schon a.a.O. auf Seite 127f zu lesen:

Ein Durchbruch war 2005 die Entdeckung von vier Musikfaszikeln in Weimar, die durch einen günstigen Zufall als theologische Handschriften katalogisiert und daher glücklicherweise im Kellergewölbe der im Jahr zuvor bei einem Brand schwer beschädigten Herzogin Anna Amalia Bibliothek aufbewahrt worden waren. Zwei davon waren Abschriften von in deutscher Orgeltabulatur notierten Werken von Dietrich Buxtehude und Johann Adam Reincken – in einer Handschrift, die zweifelsfrei dem jungen Bach zugeordnet werden konnte (siehe Tafeln 5a und 5b). Die auf ein einziges beschädigtes Blatt geschriebene Choralfantasie Nun freut euch, liebe Christen gmein von Buxtehude hat Bach offenbar während seiner Zeit in Ohrdruf abgeschrieben, als er noch unter der Vormundschaft seines Bruders stand.

[usw. hier wird der „Mondschein“-Legende vom heimlichen Abschreiben mit Recht die Grundlage entzogen.] Forts. a.a.O. Seite 130:

In Ohrdruf wütete gerade irgendeine Epidemie, als die beiden Freunde zu Fuß zu ihrer 300 Kilometer langen Reise gen Norden aufbrachen. Den Regentropfen auf Bachs Abschrift des Buxtehude-Stückes nach zu schließen, hatte er sie möglicherweise im Rucksack dabei.

***

Zur Orgel in St. Johannis (Lüneburg) – so die kompetente Exegetin des sakralen Raumes – sei noch zu beachten, was sie über die Stellung der Musik im Kosmos aussagt: ganz oben über ihr steht das Dreieck mit dem Namen Gottes, links und rechts davon die Sonne und der Mond, von dort kommt alles und schreibt sich in die Musik ein. Und dort unten hinter dem Spieltisch stehen die weiß-goldenen Engel mit den Posaunen („Originalinstrumente“, wurde gesagt), die in Richtung Altar zeigen, zum Zentrum des heiligen Geschehens, jenseits der Gemeinde.

orgel-lueneburg-detail-gott-screenshot Details der Orgel St.Johannis

orgel-lueneburg-detail-drei-engel-screenshot Fotos nach Wikipedia HIER

Und das ist auch etwas, was man sich nach der Lektüre der ersten Kapitel des Gardiner-Buches, etwa „Deutschland an der Schwelle der Aufklärung“, staunend klar macht: der Rationalismus mag in dieser Epoche entstanden sein, aber Maßstab allen Denkens in den deutschen Schulen und der gebildeten Öffentlichkeit war allein der Glaube. Musik wurde als ein göttliches Tun aufgefasst, sie kommt aus dem Zentrum, aber neben und mit ihr war allein die Theologie im gesamten Geistesleben präsent.

Luthers enger Vertrauter Philipp Melanchthon hatte bei der Ausarbeitung der Grundlinien des Lehrplans 1522 gemahnt: „Wenn die Theologie nicht der Anfang, die Mitte und das Ende des Lebens ist, dann hören wir auf, Menschen zu sein – wir kehren wieder in den Zustand von Tieren zurück.“ Alles musste daher auf die „Übung der Gottesfurcht“ und auf das Verinnerlichen der offiziellen Glaubenssätze der lutherischen Kirche ausgerichtet werden, der sogenannten Konkordienformel.

Quelle Gardiner a.a.O. Seite 82

Es ist aus heutiger Sicht unglaublich, wie wenig das, was damals gelehrt wurde, dem Weltbild dessen entsprach, was wir heute von einem denkenden, humanistisch und universal orientierten Menschen erwarten würden.

Trotzdem sollte man vorsichtig sein, wenn man Rückschlüsse auf Bach ziehen will; Gardiner ist weit davon entfernt, einen solchen Ausnahmekopf nach den Koordinaten einer finsteren Thüringer Provinzialität zu definieren.

Wie vielfach beschrieben wurde, lässt seine Musik auf eine Differenziertheit des Denkens schließen, die jener der führenden Mathematiker und Philosophen seiner Zeit nicht unähnlich war. Mir geht es hier darum, dass ihm die quasi-wissenschaftliche Sorgfalt, mit der er seine Musik später komponierte, nicht als Schuljunge eingepflanzt worden sein kann; dafür hatte der Unterricht zu wenig Ähnlichkeit mit einer rationalistischen oder aufgeklärten Erziehung. Trotzdem konnte das möglicherweise ein Teil der Erklärung für seinen ungewöhnlich ausgefeilten Sinn für Proportionen sein, der sich später in seinen Kompositionen manifestierte. Gerade die Tatsache, dass Rechnen in Bachs Schulzeit nicht als eigenes Fach unterrichtet wurde, hat es ihm vielleicht ermöglich, spontan Zusammenhänge herzustellen und sich jenes instinktive Gespür für Zahlen zu bewahren, das Kindern im Mathematikunterricht so leicht abhandenkommt.

Quelle Gardiner a.a.O. Seite 92

Ich breche schweren Herzens ab, nicht ohne zu erwähnen, dass mich dieses Kapitel eben besonders zufriedengestellt hat, weil einem Bach-Verehrer der Zwiespalt durchaus vertraut ist, der einerseits durch die ungeheure pietistische Überredungskraft der Bachschen Vokal-Musik, andererseits durch die emanzipatorische Wirkung der klaren musikalischen Struktur gegeben ist.

Ein anderes Mal vielleicht mehr über Celle. (Was gab es dort Besonderes? Ein gutes Essen zum Einbecker Bier im Ratskeller, wobei wir eine Nische weiter, hinter holzgeschnitzter Abgrenzung, eine bekannte Dame der Fernsehwelt wahrnehmen konnten: Barbara Wussow. Als wir 20 Minuten nach ihr und ihrer Begleitung unsere Mahlzeit beendet hatten, lag im Eingangsfenster schon aufgeschlagen das Gästebuch mit ihrem Konterfei und der Danksagung für eine Bewirtung nach 20 Jahren draußen in der Welt. Ich habs auf Handy, aber es passt nicht in die Umgebung dieses Artikels, weder dort ganz oben noch weiter unten, – abgesehen von dem abschließenden -ow ihres Namens.

celle-kirche-giebel Celle Zentrum

Und ohne Frage hatte Bach es ebenfalls Böhm zu verdanken, dass er Gelegenheit hatte, ein im französischen Stil spielendes Orchester zu höre, sooft die Hofkapelle des Herzogs von Celle in Lüneburg zu Gast war.

Quelle Gardiner a.a.O. Seite 133f

Von 1665 bis 1705 erlebte Celle eine kulturelle Blüte als Residenz unter Herzog Georg Wilhelm. Dies ist besonders auf seine französische Gattin, Eleonore d’Olbreuse, zurückzuführen, die hugenottische Glaubensgenossen und italienische Baumeister nach Celle holte. In dieser Zeit wurden der Französische und der Italienische Gasten angelegt und das barocke Schlosstheater errichtet.

Quelle Wikipedia Celle

(Fotos: E.Reichow)

Nachtrag 2. November 2016

Erst heute entdeckt: ein Porträt der Orgel von St. Johannis in Lüneburg – mit Joachim Vogelsänger. (Übrigens haben wir vor 16 Jahren schon mal zusammengearbeitet, in der Johanneskirche Düsseldorf, siehe hier). Aufgrund seiner Ausführungen im folgenden Video erübrigt sich manches, was ich oben gemutmaßt habe, aber es ist nun mal aus meiner Sicht auch schon wieder „historisch“.

Zurück zum Stammbaum am Anfang dieses Artikels. Was hat es mit dem -ow am Ende eines Namens auf sich? Schauen Sie einfach mal bei Wikipedia nach: Hier.

Oder studieren Sie eine Landkarte. Aber seien Sie sicher: dort kennt mich keiner mehr. Falls aber doch, müsste ich vielleicht den Gegenwert einer Kuh zurückerstatten. Bleibe also lieber hier, in meiner Heimat. Und denke nicht an virtuellen Besitz oder Geld und Gut oder gar Rittergut. Womöglich nur dort … , sehen Sie den Punkt? Erste Abzweigung von dem Sträßchen zwischen Gr.Reichow und Kl.Reichow. Galgenberg steht da.

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