The Whistler schreibt: A lovely reel that is the third reel in Michael Coleman’s famous „Tarbolton Set“. Has an interesting 12-bar or ABB structure. Enjoy! 🙂
Verstehen Sie, was er meint mit der 12er-Takt- oder ABB-Struktur?
Coleman’s berühmtes Tarbolton-Set soll gleich folgen. Frage für Anfänger: wo beginnt welcher Tune?
Nun? The Sailor’s Bonnet jedenfalls genau bei 2:19 (2:20).
Quelle Bowing Styles in Irish fiddle playing Vol.1 by David Blyth / Foilsithe AgComhaltas Ceoltóiri Éireann 1981
Was ist (s.o.) mit der ABB-Struktur gemeint? Wiederholungen verstehen sich von selbst, Zeile 1 ist A (+ Wiederholung) Zeile 3 ist B, Zeile 4 immer noch B (oder B‘), die Zeilen 5 und 6 wiederholen B und B‘. Jede Zeile umfasst 4 Takte, die Zeilen 1 + 3 + 4, die die thematische Substanz ABB‘ bilden, ergeben also die 12-Takt-Struktur.
Gut, und das Tarbolton-Reel? … endet bei 1:11 / Der Grundton wechselt: Tarbolton steht auf E, Longford Collector auf G (bzw. E), Sailor’s Bonnet auf D. Um die Übersicht mit David Blyth’s Hilfe zu vervollständigen, folgen hier seine Niederschriften, und zwar in der umgekehrten Reihenfolge, so dass Sie – wenn die Aufnahme einmal läuft – den Transkriptionen lückenlos von unten nach oben folgen können:
Eine absolut neue Version findet man auf der CD „The Gloaming“ Track 3, der auch auf Youtube abzurufen ist. Ein Folge von 4 Reel-Tänzen:
The Sailor’s Bonnet + Rolling in the Barrel + The Tap Room + Tom Doherty’s
Die CD The Gloaming
Martin Hayes spielt „The Sailor’s Bonnet“ zuerst frei (als Air), dann ab 2:35 bis 3:37
Eine Überraschung, die heute über Facebook (Manfred Bartmann) kam, ein Stück WDR-Folkfestival (später „Weltmusikfestival“ genannt) auf Youtube : die irische Gruppe Patrick Street mit Andy Irvine, dazu das Tanzpaar mit den unaussprechlichen Namen (der Tänzer erzählte, auch ein irischer Moderator habe sie im Fernsehen kurzerhand Donnicken o‘ Monnicken genannt), bei uns gab es die bewährten Moderatoren Bettina Böttinger und Tom Schroeder , die alle Namen und noch mehr gelernt hatten (Begrüßung bei 4:25). Redakteure der Sendung waren Dieter Kremin (TV WDR) und Jan Reichow (Hörfunk WDR). Angeschlossen waren Sender wie Radio bzw.TV Moskau, Lissabon, Helsinki, Amman, live: Sofia, ČSSR, UDSSR. Und auf diesem Wege kam auch wohl dies irische Fragment ins Netz.
Kürzlich waren wir mal wieder dort, am Tatort:
Niemand wusste, ob es im jeweils nächsten Jahr weitergeht, und erst recht nicht, dass es noch 16 Jahre erfolgreich weitergehen würde. (Das unwiderruflich letzte, ich glaube: 27. Festival, seit den 90er Jahren umbenannt in „WDR Weltmusikfestival“, fand im Jahre 2003 statt).
1981 auf dem Domplatz in Köln 1982 ebenfalls (s. folg. Video ) 1986 auf dem Marktplatz in Bonn
Ich kann es bei den Namen der Irish Dancers nicht so belassen; hier sind die beiden in einer noch 15 Jahre älteren Aufnahme: Celine Hession und Donncha O’Muineachain:
Clip from 1972. Celine Hession & Donncha O Muimhneacháin *(R.I.P) dance two slip jigs: Fig for a Kiss & Kid on the Mountain. The fiddle player is Paddy Glackin. The young lad sitting beside Seamus Ennis is the one & only Noel Hill. The greatest concertina player to ever grace this earth.
Über Celine H. siehe hier. *Abschied von Donncha M. hier…
Das Foto stammt wohl aus dem Jahr 1983. Fran O’Rourke hatte mich in einen Folk-Pub in Dublin geführt. Auch Tommy Potts war dort, nie werde ich diese Begegnung vergessen. Aber ich wusste nicht einmal mehr, dass ein Foto davon existiert. Wahrscheinlich habe ich es vernachlässigt, weil ich mich selbst so nicht wahrhaben wollte („the last pint“?). Aber der Mann neben mir, – er könnte es wirklich sein; und da wenig Fotos von ihm im Netz zu finden sind, gehört es hierher. Jedenfalls nicht in meine Zigarrenkiste.
(Foto:privat)
(Foto: RTE)
Ist es derselbe? (In dieser Schreibweise? Man sehe unten im Titel beider Arbeiten von „MOS“: Einmal Tommy, ein andermal Tommie, und er muss es wissen!) Vielleicht hat der Fiddler da gerade begonnen, die Haare nach vorn zu kämmen. Aber ältere Folk-Haudegen erinnern sich so an ihn:
(Foto: Kitchen Concerts Tony MacMahon)
Und so kennt ihn jeder, der Irish Folk liebt. Nämlich von dieser Schallplatte (1971):
(Foto: Jeffrey Craig)
Damals im Pub war Tommy Potts nicht zum Spielen zu bewegen, er wurde respektiert und ließ die andern fiddeln und singen; er lachte nicht, sprach kaum, wirkte fast depressiv. Er war sehr freundlich zu mir, ich hoffte, dass er sich doch noch erweichen ließe. Irgendwann jedoch musste ich selber ran, bekam eine Geige in die Hand und spielte Bach, den dritten Satz aus der Solosonate a-moll, zwei- bis dreistimmig also, mit dem getupft angedeuteten Bassgang. Ich bilde mir ein, dass dies ausschlaggebend war für Tommy, nun auch zu spielen, und was dann kam, hatte ich am wenigsten erwartet. Er schüttelte es nicht aus dem Ärmel, er stampfte auch nicht dazu, wie andere, er wand und krümmte sich, sein Bogen kratzte zuweilen, verschluckte fast manche Motive, seine Arabesken quälten sich ans Licht, – und es war atemberaubend. Ein ganz außergewöhnlicher Musiker!
Die Melodie, die beim letzten Link oben („diese Schallplatte“) zu hören war, heißt „The Butterfly“; sie stammt von Tommy Potts selbst. Er wollte damit den schwankenden Flug eines Schmetterlings andeuten. Im Fiddle-Buch von Martin Keck steht die folgende Kurzfassung:
Es ist die Version, die ich gern spiele, sooft ich gefragt werde, – ohne den leisesten Versuch, Tommy Pott zu imitieren. Ich hatte mich vor Jahren schon einmal mit seiner Kunst beschäftigt (der Blog ist abgestürzt, irreparabel), und gehe jetzt nochmals auf die Vorlage von damals zurück. Sie stammt aus einer Arbeit von Michael O’Suilleabhain, dessen Transkription von „My Love is in America“ ich auf meine Art nochmal abgeschrieben habe, ebenso die Standard-Version. Ich empfehle, sie später mitzulesen, was nicht ganz leicht ist. Die Original-Aufnahme finde ich (außer auf der Schallplatte oder der CD „The Liffey Banks“) auf youtube, jedoch gekoppelt mit einer bescheuerten Film-Tanzszene, die nicht im geringsten dazu passt, man muss sie ignorieren. Kommen Sie nach dem Anklicken sofort zurück! HIER.
Kleine Anmerkung: Glauben Sie nicht, dass der Ton fis „unsauber“ gespielt ist. Hier gilt das gleiche wie am Ende des Norwegen-Artikels für die Hardingfele-Skalen.
Dies ist die Standard-Version (sie folgt am Ende der transkribierten Version noch einmal):
Diese analytische Abschrift ist meine Version, sie wäre aber nicht möglich gewesen ohne die detaillierte Transkription von Michael O’Suilleabhain, deren erste Seite hier wiedergegeben sei:
Michael O’Suilleabhain in An Fhidil Ghaelach 1980
Interessant ist der Hinweis auf programmatische Elemente in Tommy Potts‘ Interpretationen: Beispiele aus der CD The Liffey Banks in den Tunes „The Butterfly“, „The Drunken Sailor“ und „The Fisherman’s Lilt“. Im vorliegenden Stück sind es rhythmische Besonderheiten, die mit dem Stichwort America zu tun haben. Zum einen die starke Synkopierung in den Takten 3, 75 und 107, die sich auch in der Tendenz zeigt, in den ersten Schlag des Taktes überzubinden, wie in den Takten 5, 9, 13, 29, 37 usw.; zum anderen ist der Gebrauch dessen, was in der Jazz-Terminologie als Riff bezeichnet wird. Das begegnet in den Takten 9/10 (Sitz der Triole), 17/18 (Bindung!), 42/43 und 81/82 (=Wiederholung der Takte 17/18). Ein Riff, so O’Suilleabhain, sei gekennzeichnet durch aufeinanderfolgende Repetitionen eines melodischen Fragmentes in unterschiedlich akzentuierten Gestalten.
Viele Jahre später hat Michael O’Suilleabhain eine umfangreiche Arbeit über dieses Thema veröffentlicht, die glücklicherweise im Internet als pdf abrufbar ist. Darin findet man auch Zitate aus Gesprächen mit Tommy Potts, die einen interessanten Einblick in seine musikalische Vorstellungswelt geben: