Ein Zufallsfund
„Liebe in Zeiten des Hasses – Chronik eines Gefühls 1929-1939“ (Florian Illies). Viele Episoden spielen in Berlin. Als Ergänzung zum Buch sollte man vielleicht die Filme, das Herzenslied mit Marta Eggerth oder auch nur die eine Zeitungsseite jener Jahre ganz ernst nehmen, so zufällig das alles aussieht…
Eine Zeitungsseite, die sich in einem alten Buchexemplar von Curt Sachs befand, dem Handbuch der Musikinstrumentenkunde (1920), aus dem ich – es an beliebiger Stelle aufschlagend – etwas ganz Neues lernte, „wie vom Blitz getroffen“: woher kommt das Wort „Inventionshorn“? Bitte eine schnelle Antwort. Nachfrage: was hat es – sagen wir – mit einer Bach-Invention gemeinsam? Antwort: (natürlich nichts, nein, noch weniger!) siehe ganz am Ende dieses Artikels.
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Alle Namen und Filme sind im Internet greifbar, u.a. der Zeitungsmacher Scherl, der Schachmeister Friedrich Sämisch, natürlich auch Hans Hickmann (!) oder der Sänger Leo Slezak, den mein Vater in seiner Berliner Zeit als Korrepetitor am Klavier begleitet hat. (Vielleicht nur beim Üben? Jedenfalls hat der ihm die Bücher „Meine sämtlichen Werke“ und „Der Wortbruch“ mit Widmung überreicht.)
Hier noch eine Geldüberweisung von Artur an seine Schwester Ruth in Berlin, die einst meine liebe Patentante werden sollte, die ihm damals wohl das Göschen-Buch über die „Technik der deutschen Gesangskunst“ von Hans Joachim Moser (!) nach Belgard (an der Persante) übersandt hatte; und den Beleg konnte er als Erinnerungs- und Lesezeichen verwenden.
Moser war in den 5oer Jahren durchaus Gesprächsthema bei uns zuhaus, ich studierte seine Bücher, mein Vater „flachste“ über seinen „blumig-barocken“ Sprachduktus (1954), sie lasen Mosers Liebesroman über Robert Schumann und Clara, von Tante Ruth bekam ich die Musikgeschichte (1), die ich sorgfältig zu studieren versuchte, von meinen Eltern die „Musikgeschichte in hundert Lebensbildern“ (2), – aber niemals gab es bei uns das Thema NS-Zeit, die noch nicht weit zurücklag, in fernster Ferne.
Das Fragezeichen am Rand des zweiten Buches stammt von mir, ich wurde gerade 14, die Seitenzahl 167 bezieht sich auf einen lächerlich ähnlichen Satz im Monteverdi-Artikel:
Im Sommer 1643 besuchte er zum Abschiednehmen die Stätten vergangener Tage in Cremona und Mantua, kehrte dann nach Venedig zurück und schlummerte nach neuntägigem Krankenlager im Spätherbst in das Reich jenseitiger Harmonien hinüber.
Ja, der Musikwissenschaftler Moser war durchaus ein Romantiker. Aber seine Tätigkeit im untergegangenen diesseitigen Reich holte ihn doch immer wieder ein…
Und ich blieb ziemlich ahnungslos, obwohl ich Dostojewskij (und Tolstoi) las. Aber das war ja ein ganz anderes Jahrhundert…
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Was war nun mit dem Horn bei Curt Sachs? Folgt gleich, aber es gab noch viel mehr. In dem Buch fand sich nicht nur die Zeitungsseite, die jemand aufbewahrt hat, sondern auch noch eine Postkarte, die ich ablichte, um nun Sie zu veranlassen nachzuschauen, wer Hermann Diener ist, – geht er uns was an??? Ist es wichtig zu wissen, dass er kurzzeitig bei Bram Eldering (s.a. hier) Violinunterricht hatte, jedoch in Berlin 1955 infolge eines Unfalls beim Schlittschuhlaufen gestorben ist? Oh Gott, ich fürchte, dass es auf dem Schlachtensee geschah, den ich kennenlernte, als ich 1960 bei Doris Winkler Gesangsunterricht hatte, der Lehrerin von Elfride Trötschel, die ich vom „Dulcissime“ der Carmina Burana-Platte kannte, die mir mein Onkel Hans geschenkt hatte. Alt, und ohne Hülle. Jeder Punkt eine Geschichte für sich…
Ich fürchte auch, dass diese Geschichte kein Ende nehmen will, – die Karte gehört, wie der Poststempel erzählt, schon ins Zeitalter der Werktätigen, warum schreibt denn Hermann Diener an Dr. Peter Wackernagel?
Soll ich aufhören? Das Buch stammt dem Besitz meines Freundes Christian Schneider, der es von seinem Vater geerbt hat, Prof. Michael Schneider, und diese Spur führt nach Berlin, wo er von 1958 bis 1965 lehrte, bevor er nach Köln kam…
Und nun ist der Inhalt der aufklappbaren Postkarte fällig, eine Einladung folgenden Inhalts:
Das Collegium Musicum Hermann Diener dient … ja, mein Gott! er dient und dient u.a. der Verbindung von Musik und Malerei, und das Thema erwischt mich auch nicht zum ersten Mal. Gestern allerdings ganz ohne Musik, nur eben dieselbe Zeit beschwörend. Oder vielmehr – die der Generation vorher, Aufbruchszeit des großen Musikwissenschaftlers Curt Sachs, der seine Dissertation über Andrea del Verrocchio geschrieben hat. Formenwelt der Musik und der Malerei. Gemeinsamkeit! HIER.