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Gibt es den Bombardierkäfer?

Bitte nicht sofort googeln!

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Foto: Patrick Coin (cc-by-sa-2.5)

Natürlich haben Sie doch gegoogelt. Und nun das Hinterteil des Tieres mit ungläubigem Staunen betrachtet. Ein Wunder! Nein, ein Alleinstellungsmerkmal sondergleichen, wie die menschliche Sprache.

Aber ein beliebiger anderer Käfer ist nicht weniger bewundernswert. Mein Blick bleibt beim Anblick des herrlichen Darwin-Bandes, den ich nach der Rückkehr von der Nordsee zuhaus vorfand, sofort bei dem Käfer hängen, der hier durch Drehung bevorzugt wird, weil er bei der Wiedergabe des ganzen Covers (siehe weiter unten) etwas angeschnitten wird. Ausgerechnet am ungefährlichen Hinterteil. Das hat er nicht verdient:

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Er erinnert mich an die Käfer meiner Kindheit, vorwiegend Laufkäfer; damals war man der Erde noch näher, vor allem der Schnellkäfer hatte es uns angetan, dank seiner Knick-Knack-Automatik, mit der er sich hochschnellte, wenn man ihn auf der Hand rücklings drehte (s.a. hier oder auch hier).

Vom Bombardierkäfer habe ich etwa 2008 erfahren, als ich mir das dickleibige Buch „Geschichten vom Ursprung des Lebens – Eine Zeitreise auf Darwins Spuren“ angeschafft hatte. Der Autor Richard Dawkins war auf Seite 826 bei der Frage angelangt, welche Erfindungen die Evolution wohl nur 1 einziges Mal hervorgebracht hat (zum Vergleich: ein so kostbares Organ wie das Auge hat sich im Tierreich 40- bis 60-mal unabhängig entwickelt, die Echoorientierung wie bei den Fledermäusen viermal, z.B. auch bei Zahnwalen). Dawkins erzählt:

Ich habe diese Aufgabe meinem Oxforder Kollegen, dem Insektenexperten und Naturforscher George McGavin, gestellt. Er brachte eine hübsche Liste zusammen, die aber im Vergleich zur Liste der Dinge, die sich mehrfach entwickelt haben, immer noch kurz war: Die Bombadierkäfer der Gattung Brachinus sind nach Dr. McGavins Erfahrung als Einzige in der Lage, chemische Substanzen zu mischen und auf diese Weise eine Explosion herbeizuführen. Die Zutaten werden (natürlich!) in getrennten Drüsen produziert und aufbewahrt. Sobald Gefahr droht, werden sie in eine Körperhöhle am Hinterende des Käfers gespritzt und explodieren dort, wodurch eine ätzende und kochend heiße Flüssigkeit durch eine Düse in einer ganz bestimmten Richtung auf den Angreifer geschossen wird. Dieses Beispiel ist auch unter Kreationisten bekannt und findet bei ihnen sehr viel Anklang. Nach ihrer Auffassung ist es selbstverständlich unmöglich, dass sich der Mechanismus in allmählichen Schritten entwickelt hat, weil die Zwischenstufen ausnahmslos explodieren müssen. Bei einer Weihnachtsvorlesung für Kinder, die von der Royal Institution veranstaltet und 1991 im BBC.Fernsehen ausgestrahlt wurde, hatte ich die Freude, den Fehler in dieser Argumentation nachzuweisen. (…)

Er hat den Beweis erbracht, – aber wer das nachlesen will, muss es an Ort und Stelle tun. Hier nur noch die Bemerkung zum anderen Fall (Seite 843):

Die Echoorientierung der Fledermaus ist das Ergebnis einer langen Reihe winziger Verbesserungen, von denen jede additiv zu ihren Vorgängern hinzukam und den Evolutionstrend in die gleiche Richtung trieb.

Quelle Richard Dawkins: Geschichten vom Ursprung des Lebens. Eine Zeitreise auf Darwins Spuren. Ullstein Buchverlage Berlin 2008 ISBN 978-3-550-08748-6

Falls Sie fragen: kommt dieser Käfer auch bei uns vor? so kann ich Sie trösten: Ja! Aber ich kann leider nicht von einschlägigen Erfahrung aus meiner Kinderzeit berichten. Alles weitere finden Sie bei Wikipedia HIER.

Natürlich bin ich kein Naturforscher oder Biologe, weil die Musik stärker war. Aber das Interesse war einigermaßen früh da, wie ich mit meinem ersten Buch zu diesem Thema beweisen kann:

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So begann es, und es hört nicht auf, und es beginnt manchmal ganz von vorn, wie die Neuanschaffung (s.u.) beweist. Ich hatte zwar jede Menge Tierbücher, seit ich lesen konnte, aber ein digitales Kinderlexikon stand mir nie zur Verfügung (siehe hier, liebes Kind, lieber Emi, und lass Dir dann ein echtes Buch schenken!):

darwin-cover Verlag Theiss Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2016

ISBN 978-3-8062-3391-9

Bemerkung zur Evolution

Soll man Rémy Chauvin vertrauen?

Ehrlich gesagt: ich glaube nicht! Andererseits kommt es gar nicht darauf an, ihm Glauben zu schenken oder nicht; ich habe keinerlei Mittel, ihn wirklich zu überprüfen, weder sprachlich noch wissenschaftlich. Ich bin nur ziemlich sicher, dass er etwas ganz anderes sagt als die heutigen Vertreter der Darwinschen Evolutionstheorie. Und denen „glaube“ ich, wobei es sich meiner Meinung nach um mehr als „Glauben“ handelt, zumal ich vor 10 Jahren mit stetig wachsender Überzeugung die „Geschichten vom Ursprung des Lebens – Eine Zeitreise auf Darwins Spuren“ von Richard Dawkins gelesen habe. Während die Lektüre des allerersten Buches, das ich zu diesem Thema durchgearbeitet habe, schon 60 Jahre zurückliegt: „Die Entfaltung des Lebens“ von Julian Huxley. Also ein bisschen Erfahrung habe ich in dieser Thematik durchaus gesammelt. Es hat mich allerdings noch längere Zeit unter Schock gesetzt, als ich begriff, dass diese neue Biologie nicht mehr in Einklang zu bringen war mit der schönen, anschaulichen Naturforschung Goethes, die sich in bestimmten alternativen Büchern zu spiegeln und fortzusetzen schien, – vor allem solchen der Anthroposophie.

Ich komme auf Remy Chauvin durch den Booklettext zu Georges Aperghis (hier), demgemäß die Autoren Gilles Deleuze und Félix Guattari sich auf ein Beispiel eben dieses französischen Biologen beziehen, nämlich auf das Phänomen der eigenartigen Verbindung zwischen Wespe und Orchidee (wobei mich bereits stört, dass weder „Wespe“ noch „Orchidee“ wissenschaftlich präzise bezeichnet sind, vermutlich handelt es sich zumindest um eine Schwebfliege). Mir scheint die Sache ähnlich obskur aufgefasst, wie ich es aus einer Schrift anthroposophischer Provenienz kenne:

Das Insekt, welches sich auf die Blüte zubewegt, scheint etwas von seiner Tierhaftigkeit zu verlieren und dafür Charaktereigenschaften der Blumenwelt in sich aufzunehmen; die Pflanze andererseits steigert sich über sich selbst hinaus und klingt in vieler Hinsicht an Tierverwandtes an, wenn sie auch das Tierhafte stets nur äußerlich wie im Bilde nachzuahmen vermag. Wäre wohl ein Schmetterling denkbar, wenn es keine Blumen gäbe? Nicht etwa nur, weil er vom Nektar lebt, sondern weil er – selbst blumenhaft – seinem ganzen Wesen nach ein Gegenbild fordert, könnte es ihn allein niemals geben. Umgekehrt aber muß von der Blüte Entsprechendes gesagt werden. Auch sie ist Spiegelbild – dasjenige des Schmetterlings nämlich -, und so empfinden wir das Hin und Her wie ein wechselseitiges Ineinanderweben.

Quelle Gerbert Grohmann: Die Pflanze – Ein Weg zum Verständnis ihres Wesens. Band 1 Verlag Freies Geistesleben Stuttgart 1981 ISBN 3-7725-0503-1 (Seite 43)

Im oben erwähnten Booklettext wird dann (mit Bezug auf die genannten Autoren) gesagt: „Dieses Bild erinnert entsprechend der Terminologie von Chauvin an eine Evolution von ‚zwei Wesen‘, wovon das eine mit dem anderen absolut nichts zu tun hat.“

In der „echten“, wissenschaftlich abgesicherten Evolutionslehre dagegen haben die „zwei Wesen“ sehr wohl miteinander zu tun, die Evolution hat sie wechselseitig aufeinander abgestimmt.

Diese Bemerkung unterminiert nicht die Wahrheit dessen, was der Booklettext über die Relation des Komponisten Aperghis zu dem Poeten Wölfli zum Ausdruck bringen will, aber der Umgang des Autorengespanns Deleuze/Guattari mit der Wissenschaft verliert durchaus an Vertrauenswürdigkeit. Und diesen Stachel (der gedachten Wespe) wollte ich aus meiner Haut entfernen (ohne selbst – auch nur im übertragensten Sinn des Bildes – einer Orchidee zu gleichen, die natürlich nicht gestochen, sondern nur ausgesaugt würde).

Einen Verdacht werde ich jedoch nicht ganz los: dass es in der Neuen Musik eine Tendenz zu mystisch verdrehten Theoremen gibt (wie man an Anton Weberns Naturbild studieren kann, von Messiaen und Stockhausen zu schweigen); sie sagen nichts gegen die Qualität der Musik, halten aber in sich einer kritischen Prüfung kaum stand.

Zudem erinnere ich mich – nicht ohne ein gewisses Vergnügen – an die berühmte Affäre „Eleganter Unsinn“.

Heute geht es mir so, dass ich glücklicher bin mit jeder naturwissenschaftlichen Erklärung, die dem aktuellen Konsens der Wissenschaft entspricht, egal, ob mir das „sympathisch“, im Gegenteil, wenn es „gefühlsmäßig“ etwas schmerzt, bin ich dankbar für den Hinweis, da ich mich nicht gleich einer heimlichen Voreingenommenheit verdächtigen muss. (Bitte keinen Umkehrschluss! Es gilt so, wie ich es sage.) Ich lese z.B. folgendes – mit welchem Gefühl?

Aber die Zoologie hat noch viel vor sich. Bisher lässt sich aus dem Körper einer neu entdeckten Spezies nur so viel „ablesen“, dass wir ein grobes, qualitatives Urteil über ihre vermeintliche Umwelt und Lebensweise abgeben können. (…)

In seltenen Fällen ist der Körper eines Tieres sogar eine Beschreibung der Welt im buchstäblichen Sinn einer bildlichen Darstellung. Ein Insekt, das wie ein Zweig aussieht, lebt in einer Welt aus Zweigen, und sein Körper ist das Abbild eines Zweiges mit den Ansatzstellen abgefallener Blätter, Knospen und so weiter. Ein Rehkitz trägt auf seinem gefleckten Fell das Muster der Sonnenstrahlen, die zwischen den Blättern auf den Waldboden fallen. Ein Birkenspanner ist das Abbild der Flechten auf der Baumrinde. Aber wie Kunst, die nicht naturalistisch abbilden muss, so geben auch Tiere ihre Welt häufig auf andere Weise wieder, beispielsweise impressionistisch oder mit Symbolen. Ein Künstler, der dem schnellen Fliegen dramatischen Ausdruck verleihen will, schafft das kaum besser als ein Mauersegler mit seinem charakteristischen Körperbau. Vielleicht ist das der Grund, warum wir die Stromlinienform intuitiv begreifen; vielleicht haben wir uns deshalb an die pfeilförmige Schönheit moderner Düsenflugzeuge gewöhnt; vielleicht besitzen wir aus diesem Grund Kenntnisse über die Physik von Turbulenzen und die Reynolds-Zahlen, sodass wir sagen können, die Form des Mauerseglers enthalte verschlüsselte Aussagen über die Viskosität der Luft, in der seine Vorfahren unterwegs waren.

Quelle Richard Dawkins: Der entzauberte Regenbogen. Wissenschaft, Aberglaube und die Kraft der Phantasie. Rowohlt Reinbek bei Hamburg 2000 (2007) ISBN 978 3 499 61337 1 ( Seite 311 f.)

Mit einem dankbaren Gefühl. Insbesondere auch für das dreimalige „vielleicht“ in den letzten Sätzen.

Nachtrag 28. Juli 2015

ZITAT

Da die Produktion von Nektar für Pflanzen sehr aufwändig ist, gingen im Lauf der Evolution viele Blumen dazu über, ihren Nektar zu verbergen, damit nur diejenigen Insekten ihn erreichen konnten, die sie am zuverlässigsten mit Pollen belieferten. Viele Bienen entwickelten immer längere Rüssel, um besser an den in der Blüte verborgenen Nektar zu gelangen; inzwischen haben manche Bienen Saugrüssel, die länger sind als ihre Körper.*

*Die diesbezügliche Rekordhalterin ist allerdings keine Biene, sondern ein Nachtfalter, Xanthopan morganii, der einen Saugrüssel von etwa 30 cm Länge hat (der Falter selbst misst nur 6 cm). Dieser Falter ernährt sich von der Sternorchidee Augraecum sesquipedale, deren Nektar am Grund 30 cm tiefer Röhren verborgen liegt, und ist ein sehr schönes Beispiel für Koevolution. Als man Charles Darwin im Jahr 1862 einige Exemplare dieser Orchideenart zusandte, prophezeite er, dass es einen Falter geben müsse, dessen Rüssel lang genug sei, sich von ihrem Nektar zu ernähren. Doch erst 1903 wurde dieser Falter dann endlich entdeckt.

Quelle Dave Goulson: Und sie fliegt doch / Eine kurze Geschichte der Hummel / Carl Hanser Verlag München 2014 (Seite 74 f) ISBN 978-3-446-44039-5

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