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Blumenberg-Doppel

Zum textkritischen Vergleich

Aus verschiedenen Gründen ist es interessant, wenn ein Schriftsteller ein und dieselbe Episode zweimal verwendet, aber nicht als Fertigteil, sondern mehr oder weniger verändert. Er kann die Funktion den unterschiedlichen Zusammenhängen anpassen. Etwas unwahrscheinlicher ist, dass es in unfertigem Zustand demselben Zettelkasten entnommen wurde, der schon vormals als Quelle benutzt wurde. Und dieser Vorgang könnte in Vergessenheit geraten sein. Oder die Anpassung von ehedem könnte als unerheblich betrachtet worden sein. Es gibt – vermeintlich – noch keine verbindliche Formulierung. Man vergleiche etwa den Fall des Dritten Brandenburgischen Konzerts bei Bach (auch im weiteren: hier):

Bachs Kompositionspartitur ist – wie beim größten Teil seiner Konzerte – nicht erhalten. Nachdem er die daraus kopierte Widmungspartitur 1721 weggegeben hatte, griff er 1729 wieder auf sein Handexemplar zurück, um eine zweite Fassung als Einleitungssinfonia zu seiner Kantate BWV 174 Ich liebe den Höchsten von ganzem Gemüte zu schreiben.

Der Vergleich der beiden erhaltenen Versionen zeigt immer wieder Unterschiede im Detail. Bach nutzte bei der Abschrift in die Widmungspartitur vor allem die Gelegenheit, die Celli im ersten Satz weiter zu individualisieren. Da die Sinfoniafassung zum Teil von einem Kopisten geschrieben wurde, folgt sie offenbar eng der Kompositionspartitur.

Hans Blumenberg: Goethe zum Beispiel Insel-Verlag 1999 Seite 79 f

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Hans Blumenberg: Die Sorge geht über den Fluß Suhrkamp 1987 Seite 175 f

IN WIEN

Bei seiner Ankunft in Wien schreibt Karl Friedrich Zelter am 12. August 1819 an den Altersfreund Goethe, sein Wunsch …

(Fortsetzung folgt)