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Hübsch hässlich!

Siehe auch hier und hier.

Manchmal drängt sich dieses Wortpaar auf, dessen Erfindung ich auf den bratschespielenden P.R.-Mann Felix Ney vom Kölner Lufthansa-Büro zurückführe.

Wichtigeres kann ich dagegen nicht mehr dingfest machen, z.B. das lästigste Märchen meiner Kindheit, das „von den blutigen Knien“ (ihre Innenansicht war gemeint!). Man wird es vielleicht erst los, wenn man es wiederliest und einfach doof findet. Das folgende Foto finde ich allerdings gut, einfach gut, ich wäre nicht drauf gekommen, es entstand am Ortseingang von Oudeschild auf Texel:

Foto Texel 11.9.21: E.Reichow

Nicht auszudenken, – man würde dieses Foto einem Chirurgen schicken…

Oder im heutigen Solinger Tageblatt (dpa) der philosophische Satz:

Von einem bösen Foul, das zur roten Karte führte, war u.a. die Rede. Und so kam ich auch auf die unausrottbare Erinnerung mit den Knien, die nur von Innen blutig gedacht werden sollten, – was ich schon als kindlicher Märchenleser unästhetisch gefunden habe, ohne das Wort zu kennen. Aber echt von außen blutige Knie waren mir gut bekannt. Schlimmer noch, wenn man auf Asche statt auf Rasen gestürzt war.

Und auch die heutige (21.9.21) Titelgeschichte von Johannes Bebermeier in t-online gehört dazu (Abkürzungen von mir):

… Mitte Juni auf dem Parteitag der Grünen: ein pennender Tontechniker, ein nicht abgeschaltetes Mikrofon und viel Frust nach einem eher mäßigen Auftritt der Kanzlerkandidatin.

Eigentlich soll B.s Rede dem Wahlkampf neuen Schwung geben. Doch schon, als sie die Bühne verlässt, nach einigen langen Sekunden gequälten Lächelns im Applaus der Parteifreunde, ist vom Schwung nicht mehr viel übrig.

[Sie] sagt ein Wort, das sie in diesem Wahlkampf wohl sehr oft gedacht, aber sonst nie öffentlich ausgesprochen hat. Ein Wort, das die vergangenen Monate alles in allem und gemessen an den hohen grünen Erwartungen ziemlich gut zusammenfasst. A. B. sagt: „Scheiße!“

Ich finde „ziemlich gut“ schon fast „hübsch hässlich“. Vor allem aber die Tatsache, dass man heutzutage dieses eine hässliche Wort endlich ausschreibt. Im Jahre 1960 habe ich es noch nicht einmal ausgesprochen. Das weiß ich so genau, weil es in Berlin bereits untrennbar zu einem Witz gehörte, den man über den Dirigenten Konwitschny erzählte. Der nicht immer ganz nüchterne Mann habe die Fünfte von Beethoven dirigiert und sich bei der Menge der C-dur-Schlussakkorde (daraus hat Loriot offenbar seinen Sketch entwickelt!) verzählt. Er habe zuletzt noch einmal ins Leere geschlagen und gut vernehmlich die wütenden Worte gezischt: „Scheiße! Dann eben nicht!“

Heute erzählt man eher die Geschichte von seiner doppelten Karriere. Und ich zähle natürlich die Akkorde nach und vermute, dass er die Schlussfermate einen Takt zu früh geschlagen hat, die Arme unten ließ, während das Orchester noch auf den allerletzten Schlag wartete.

Meine Partitur aus dem Jahr 1955. Die erste Sinfonie, die ich am Radio mitlas, war allerdings die 8., deren Partitur ich im Bücherschrank meines Vaters konfisziert hatte, wie auch die 7., deren vorangestelltes Beethoven-Portrait ich verehrte. Und die erste Partitur überhaupt, die ich selbst vom Taschengeld erwarb, war die Ouverture zu „Die Ruinen von Athen“, sinnvollerweise sehr preiswert, im Dezember 1954. Und die erste greifbare Melodie, die leider nirgendwo wiederkehrt, übte ich wie verrückt am Klavier, bis meinem Vater, von dem ich eigentlich wusste, was Partiturspiel bedeutete, im Badezimmer nebenan der Geduldsfaden riss. Die Szene, – irgendwie doch unvergesslich, und zweifellos – ein bisschen hässlich.

antiquarisch

Überhaupt eine hochgespannte Zeit, die ich mir gar nicht so sehr zurückwünsche.