Warum Staaten scheitern

… und auch linkeste Positionen keinen Trost spenden

Es ist ganz nützlich, sich die einfachsten Erkenntnisse (die auf komplizierten Sichtungsverfahren beruhen) vorexerzieren zu lassen, wie es Marc Beise in der Süddeutschen Zeitung tut: er erinnert an ein Buch, das vor drei Jahren von den amerikanischen Ökonomen Daron Acemoglu und James A. Robinson veröffentlicht wurde: „Why Nations Fail“. Griechenland komme allerdings darin nicht vor.

Die Autoren relativieren in ihrem Werk die üblichen Erklärungen für den Aufstieg und Fall der Nationen. Entscheidend sind eben weniger Faktoren wie die geografische Lage, Klima, Kultur oder Religion, sondern maßgeblich ist der Zustand der wirtschaftlichen und staatlichen Institutionen. Nur ein funktionierender demokratischer, pluralistischer und regelgebundener Staat vermag die in jeder Bevölkerung vorhandenen Ideen und Talente voll und für das Gemeinwohl nutzbringend auszuschöpfen. Wie passend ist diese Erkenntnis für Griechenland mit seinen institutionellen Schwächen. Es gibt keinen ausreichend funktionierenden Verwaltungsapparat, kein gerechtes, effizientes Steuerrecht, keine allgemeine Missbilligung von Vetternwirtschaft und Korruption, keine gelebte Ordnung.

Griechenland schon deshalb als failed state zu bezeichnen, wäre übertrieben. Von failed states spricht man eigentlich, wenn die Herrschaftsstrukturen mehr oder weniger komplett zusammengebrochen sind, wenn Chaos und Anarchie herrschen. Der bekannte failed-states-Index der privaten Denkfabrik Fund for Peace, der Länder nach ihrem Risiko für Staatszerfall sortiert, listet auf den ersten Plätzen derzeit den Südsudan und Somalia auf. Afghanistan kommt auf Platz 8. Deutschland rangiert auf dem 165. von 177 Plätzen (den letzten und besten Rang hat Schweden). Griechenland rückt seit Jahren vor und liegt nun schon auf Platz 134. Das bedeutet nicht Chaos, aber es ist eine Zeitbombe nicht nur für die Griechen, sondern für alle Europäer, gerade für die Deutschen, die als international verflochtene Nation an friedlichen Zuständen auf ihrem Kontinent interessiert sein müssen.

Quelle Süddeutsche Zeitung 11./12. Juli 2015 Seite 4 MEINUNG Einen Staat bauen von Marc Beise.

Wer etwa auf der Grundlage dieser Lektüre sein politisches Know How absichern und nicht allein diesem einen Journalisten Dank wissen will, hat es heute bekanntlich einfacher als je in seinem Leben. Man schaut, was es mit der privaten Denkfabrik „Fund of Peace“ auf sich hat, ob die genannte Liste der failed states irgendwo nachzulesen ist. Und man findet beides unter dem Stichwort „Gescheiterter Staat“ bei Wikipedia HIER.

Auf einem ähnlichen Wege findet man eine Inhaltsangabe des von Marc Beise hervorgehobenen Buches (inclusive einer vorsichtigen Relativierung), nämlich unter dem Titel „Warum Nationen scheitern“, ebenfalls bei Wikipedia HIER.

Und damit hätten wir für heute schon mal eine grundlegende staatsbürgerliche Pfichtübung absolviert. Empfehlenswert vielleicht noch, Marc Beises Nutzanwendung auf Griechenland direkt in seinem Artikel nachzulesen. Und dieses hier zu seiner Person.

Die Überschrift dieses Blog-Artikels bezieht sich auf eigene (angelesene) Versuche, die Positionen des griechischen Regierungschefs mit Sympathie nachzuvollziehen. Und was dort gesagt ist, soll hiermit durchaus nicht annulliert werden. Natürlich geht es nicht um billigen „Trost“.