Blogblockaden
Wieder einmal ein Blog-Eintrag – nur, damit ich etwas nicht vergesse. Sonst sammle ich eigentlich keine goldenen Worte von Til Schweiger, und die Schriftstellerin Melanie Raabe war mir sowieso bisher unbekannt. Wer weiß, ob ich jetzt nicht mal ein Buch von ihr lese, weil es „Die Wälder“ heißt und ich so gern das Fürchten lernen würde, von dem sie erzählt. Wahrscheinlich nicht verursacht durch den Wald und seine mittelgefährlichen Bewohner, die uns viel mehr fürchten als wir sie, sondern: durch die Dunkelheit. Da draußen ebenso wie in uns selbst. Gut ich höre es mir auch noch ein zweites Mal an, und zwar ab 56:50 etwa…. Die Frage lautet: was macht dir Angst? und es kommt Erstaunliches zutage, ohne Koketterie, scheint mir, und ich notiere mir vor allem den Fachbegriff, den ich bis dato noch nie gehört habe. Das, was sich dahinter verbirgt, ist nichts anderes als ein depressives Gefühl, von dem ich immer geglaubt hatte, es sei eine Macke, die nur mir zuweilen zu schaffen macht.
Auf den Punkt gefragt ab 1:01:05 dann bis 1:02:20 und fertig…
Anschließend also zum Stichwort auf Wikipedia hier.
Man schaue auch unter dem Stichwort Schreibblockade hier.
Aber nun zu dem vielleicht privaten Sonderfall (anstelle einer Beichte). Es passiert tatsächlich oft beim Schreiben, dass ein imaginäres Gegenüber (oder Hintermir) sagt: Glaub doch nicht, dass das etwas wert ist, was du dir da aus den Fingern saugst. Allein die Tatsache, dass es dir solche Mühe macht, beweist, dass es dir nicht liegt, dass du nicht dafür bestimmt bist. Und entsprechend wirkt es auch auf andere. Wenn es dir nicht leicht von der Hand geht, – dann bist du eben im falschen Metier tätig.
Tatsächlich, so könnte es geklungen haben, und ich könnte persönlich in dieselbe Kerbe hauen: es muss doch im Flow passieren, und nicht „mit Druckwerk und Röhren“ (war es Lessing, des die eigene Arbeit so geschmälert hat?). Ja, im Flow, das habe ich in musikalischer Hinsicht wohl recht verstanden (hier), zugleich weiß ich, dass nichts auf Knopfdruck geschieht, oder jedenfalls nur, wenn es durch Übung kanalisiert ist. Einer, der neue Wege gehen will, der muss permanent die negativen Stimmen außer Kraft setzen, ohne Gewalt, er geht mit Engelsgeduld seiner lähmend-langsamen Arbeit nach. Getrieben von einer schwer erklärbaren „blinden Begeisterung“.
Man kann diese Selbst-Ermutigung lernen, – auch wenn man anderes wahrnimmt, man hört immer noch die Stimmen der Eltern, das ewig maulende Über-Ich, am Ende getarnt als eigene Stimme im Kopf: mit herabsetzenden Bemerkungen, die nur der Entmutigung dienen, als sei dies die einzig realistische Haltung, die einen vor Enttäuschungen bewahrt. Damit „die Bäume nicht in den Himmel wachsen“: man soll immer „auf dem Teppich bleiben“, „sich nicht zu wichtig nehmen“, „genug schlafen“, „nicht unter der Bettdecke lesen“. Glaub nicht, ausgerechnet du musst „das Rad neu erfinden“, man sollte „seine Grenzen kennen“ und sich „die Flausen aus dem Kopf schlagen“. Natürlich braucht man nicht Til Schweiger oder Melanie Raabe für diese Weisheiten. Aber jeder Strohhalm im Tagesablauf ist nützlich, um daran anzuknüpfen. Vorgestern? Vorvorgestern? Welche Beethoven-Stelle ist es, deren Wortlaut ich seit Tagen zu erinnern suche? Warten Sie, sie steht doch in den gerade gelesenen Texten – ich habe es vielleicht missverstanden, es galt für ihn, nicht für mich oder irgendeinen Gernegroß. Die Frage: ob es vielleicht noch für ein Spätwerk reicht, wenn nicht auf dem Papier, so doch im Kopf. Du wirst mal ein geistiger Hochstapler, höre ich meinen Vater sagen (aber so sprach er gar nicht, er sagte: Du Besserwisser). Aber in meinem Alter, sage ich mir, macht einem das nichts mehr aus. Beethoven war 52 und hatte nur noch 5 Jahre.
„… sehen Sie, seit einiger Zeit bring‘ ich mich nicht mehr leicht zum Schreiben. Ich sitze und sinne und sinne; ich hab’s lange: aber es will nicht aufs Papier.“ (1822)