Ein Zugang
Wikipedia: Elly Ameling hier, Jörg Demus hier.
Empfehlung für Neulinge: zuerst den Text des Liedes lesen und vergessen, dann die youtube-Aufnahme hören (ich beginne immer mit „Der Nussbaum“ 22, Schöneres gibt es nicht in zwei Jahrhunderten, als Lied überhaupt und mit dieser Stimme). Achtung: falls youtube mit Reklame-Spot beginnt.
10. Widmung op.25 Nr.1 youtube
11. Aufträge op.77 Nr.5 youtube
12. Sehnsucht op.51 Nr.1 youtube
14. Mein schöner Stern op.101 Nr.4 youtube
15. Schneeglöckchen op.79 Nr.27 youtube
16. Erstes Grün op.35 Nr.4 youtube
17. Er ist’s op.79 Nr.24 youtube
18. Die Sennin op.90 Nr.4 youtube
19. Sehnsucht nach der Waldgegend op.35 Nr.5 youtube
20. Jasminenstrauch op.27 Nr.4 youtube
21. Schmetterling op.71 Nr.2 Youtube
22. Der Nussbaum op.25 Nr.3 youtube
23. Marienwürmchen op.79 Nr.14 youtube
24. Käuzlein op.79 Nr.11 youtube
25. Waldesgespräch op.39 Nr.3 youtube
26. Loreley op.53 Nr.2 youtube
27. Die Meerfee op.125 Nr.1 youtube
28. Der Sandmann op.79 Nr.13 youtube
Heute am 12. Mai 2019 ist nach langer Pause wieder Quartettprobe in Köln-Refrath: Schumann Streichquartett op.41 Nr.1 (bei Viola-Spieler Klaus Naumann, Franzjosef Maier wohnte einst nicht weit von hier).
Nein, jetzt muss ich anders beginnen: eine der ungeheuerlichsten Melodien soll folgen, – man sieht es ihr an: sie kann nicht gelingen, zwei Quintsprünge nacheinander aufwärts, man höre sie nur vor der Folie des Klavierbasses, man denke an einen Stern, den man hoch über sich ins Auge fasst, wie man den Körper nach hinten biegt, und noch einmal weiter zurück. Dort oben leuchtet er. Mein schöner Stern! Es ist nicht zu fassen… Aber er ist
da!
Oder ist es die Stimme, die diese Töne so physisch berührt, als sei er zum Greifen nah?! Wie das leuchtet! M e i n s c h ö n e r S t e r n . Man möchte den weiteren Text gar nicht verstehen – was mit dem Dampf geschieht -, bloß nicht, der Stern ist ein Mensch, anders kann es nicht sein. Klicken Sie gleich auf youtube nach Ziffer 14. (Achtung, falls ein Reklameüberfall beginnt! Bewahren Sie Fassung!) Es ist der vierte Ton, nein, die Verbindung des vierten mit dem fünften Ton, das schneidet direkt ins Herz, ohne real wehzutun. Es ist die Stimme, die kraftvolle, eng vibrierende, der Überschwang, und es ist Schumann. Das hat kein anderer vor ihm gewagt! Die Mittelstimme des Klaviers, die diesen Angang im nächsten Takt nachahmt, während der Gesang mit „ich bitte dich“ fortfährt, und den Spitzenton noch einmal aufnimmt „o lasse du“, um das heitere Licht um so tiefer wirken zu lassen, so könnte man fortfahren und Ton für Ton gutheißen. Mit Worten ist da wahrlich nichts mehr auszurichten… Im Pausentakt der dritten Zeile noch einmal die Sternanrufung im Klavier.
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Ich habe immer mehr an einen Strauch gedacht als an einen Baum, an einen Haselbusch von rundlicher Form, wie das weiche Anfangsmotiv des Liedes, so als streiche das Auge darüber. Es sind die Blüten, die flüstern, und zwar eine „leise Weis’“. Das Wort Baum, dachte ich, soll in der letzten Strophe das Wort Traum nach sich ziehen; allerdings wird dann auch gesagt, dass er „rauscht“, was nicht recht zu einem Strauch passt. Aber das Wort Nussbaum habe ich schon immer geliebt, vielleicht auch nur wegen dieses Liedes. Ich habe nicht geahnt, was Märchen und Wikipedia am Beispiel der Walnuss über Symbolik und Volksglauben erzählen, siehe hier.
Es bedarf nur des Klavieranfangs mit der dissonanten Vorhaltdehnung auf dem höchsten Ton, gewiss auch einiger Worte mehr… Der Komponist macht kein Wesen aus dem Binnenreim, der im Druck auffällig hervortritt – Duftig Luftig – Neigend Beugend -, und im Fall „Leise, Weise“ verkürzt er die letzte Silbe sogar durch ein Apostroph. Was er braucht, ist der grazile Daktylus, „es grünet ein Nussbaum“ bis „lächelnd in Schlaf und Traum“ am Schluss, der dem Mägdlein überlassen ist, wie in dem Brahmslied „Von ewiger Liebe“.
Elly Ameling artikuliert die Worte bei weitem nicht so, wie es durch Fischer-Dieskau schlagartig zum Vademecum der Kritik wurde. Ob der Nussbaum vor dem Haus oder vor dem Hag steht, ist nicht mit Sicherheit zu sagen, ob er blätt’rig die Blätter, wie der Dichter schrieb, oder die Äste ausbreitet, wie Schumann verbesserte, es fehlt die leiseste Spur von Wortansatz und Glottisschlag in „Äste aus“, das Wort „gepaart“ wird niemand erraten, denn der Auslaut rrr geht unter. Es mag an der Akustik des berühmten Saales liegen, und das Mikrofon steht eben so, dass sie zum Tragen kommt, und – es ist wunderbar. Das Wunder dieses Liedes geschieht nach der dritten Strophe (1:17) , zunächst im Klavier, indem es anders antwortet als bisher, ritardierend, und dann die Sängerin beim Flüstern von einem Mädchen (das einem hervortretend ohne Glottis, unbeabsichtigt, aber zärtlich) „Tage lang, – wusste ach! selber nicht was.“ Die Träne rinnt. Das ist höher als alle Vernunft. „Wer mag versteh’n so gar leise Weis‘?“ – das weiche Glissando auf „leise“. (Gleich wird der Bräutigam hervorgezaubert.) Da rede nur niemand von herablassender Gender-Sentimentalität. Ich finde es in Ordnung, wenn der Text auch hier nicht zum Fetisch wird. Wie sonst wären wir je an diese musikalischen Wendungen gekommen?
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Der Sandmann. Ein Lied, das ich nie im Leben gehört hatte, das ich mir auch in den Noten nicht lange angesehen hätte. Und nun genügt mir ein einziges Wort, das ich sonst kaum verwende: entzückend. Da würde auch ein Kind von heute gerne den Zeitpunkt des Einschlafen ein wenig hinausschieben. Eine Sache der Leichtigkeit und des Vibratoverzichts. Zärtlichkeit. Das Schönste ist, wie Elly Ameling die jeweils letzte Zeile der beiden Strophen singt: „da schlafen sie die ganze Nacht in Gottes und der Englein Wacht“ – das gibt es sonst nur bei Mahler („Wir genießen die himmlischen Freuden“) – aber welche Sängerin kann so ehrgeizfrei zum Ende kommen? Ein wunderbares Kind, sie selber.
Privater Zusammenhang
Ich erinnere mich nicht an diese Aufnahme im Jahre 1967 in Schloss Kirchheim (oder eine mögliche Matinee in demselben Saale), jedenfalls haben wir dort in demselben Jahr die folgende Schallplatte produziert, unter nachhaltiger gemeinsamer Begeisterung für die Sängerin. Im Zusammenhang mit einer anderen Produktion (vielleicht in Esslingen?wahrscheinlich unter Beteiligung der Stuttgarter Hymnus-Chorknaben) habe ich Elly Ameling mit meinem VW-Käfer ins Hotel Solitude fahren dürfen , sie sprach ein „niedliches“ Deutsch (Krings konnte seine Leute beschäftigen!). Bachs Italienische Kantate habe ich nie vergessen.
Interessant, dass unter den im Text erwähnten früheren Aufnahmen („Weichet nur, betrübte Schatten“) noch Ulrich Grehling als Konzertmeister firmiert. Das letzte Mal habe ich ihn in Esslingen erlebt, da saß Franzjosef noch auf dem Stuhl neben ihm, und ich war vielleicht zum ersten Mal dabei. (Nein, das erste Mal im Collegium aureum war 1966 bei Händels Orgelkonzerten mit Rudolf Ewerhart in Körbecke!).