Ein Fugen-Thema verstehen

ORIGINALTEXT: August Halm (1869-1929) zur Fuge BWV 891 b-moll

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Quelle August Halm: Von zwei Kulturen der Musik / Stuttgart 1947 (1913)

Da Halm in dieser Analyse auch auf den Vortrag (!) des Themas zu sprechen kommt, sollte man zugleich bedenken, wie die Umkehrung des Themas zu gestalten wäre, die nicht ohne weiteres zu erkennen ist, es sei denn, man hätte auch diese Version vorweg analysiert und geübt. Dann aber auch reflektiert, was zu tun ist, wenn dieses Thema in Engführung – mit nur einer  Zählzeit Abstand – gespielt wird. Ich zitiere diese Versionen zu besseren Orientierung aus dem unentbehrlichen Buch von Alfred Dürr:

Bach b-moll-Fuge Engführungen

Quelle Alfred Dürr: Johann Sebastian Bach / Das Wohltemperierte Klavier / Bärenreiter Kassel – Basel – London – New York – Prag 1998 / ISBN 3-7618 1229-9 (Seite 417)

August Halm ist auch dort interessant, wo er Kritik übt, und da spart er selbst die verehrtesten Meister nicht aus, – und scheut sich nicht, eine verfehlte Kritik bei besserer Einsicht zurückzunehmen. Der Anfang der folgenden Seite betrifft noch das Thema der Fis-dur-Fuge BWV 882 (worauf ich an anderer Stelle eingehen möchte); und wie man gleich sehen wird, missfällt ihm auch das H-dur-Thema BWV 892 (siehe auch hier): Achtung, Missverständnis korrigieren! (Er spricht vom H-dur in Band 1 ! )

Halm über Orgelfugenthema Orig.siehe hier → HALM Orgelfuge Screenshot 2018-02-17 22.25.57

Bevor ich mein Missverständnis korrigiere, illustriere ich Halms Selbstkorrektur, mit 3 Zitaten aus der Orgelfuge BWV 547; es handelt sich tatsächlich um ein Faktum, das man leicht mit bloßem Ohr wahrnehmen kann:

Orgelfugenthema in C a

oben: Das Thema besteht nicht nur aus dem ersten Takt, die Quartsprungfortsetzung gehört dazu!

Orgelfugenthema in C b

oben: Das Thema, jetzt in a-moll, hat eine wiederum neue Fortsetzung gefunden, die absteigende Sechzehnteltonfolge. Außerdem erscheint als Beantwortung (2. Takt) die Umkehrung des Themas, samt der nun aufsteigenden Sechzehntelfolge.

Orgelfugenthema in C c

oben: auf der dritten Zählzeit beginnt das Thema in der Unterstimme, lässt aber eine noch einmal andere Form der Fortsetzung folgen, die Oberstimme antwortet mit der Umkehrung, jedoch mit neu gestalteter Fortsetzung, während im Pedal eine Vergrößerung des Themas zu hören ist, deren Fortsetzung nach 2 Takten in einer Transposition dieser beiden Thementakte um eine Quint aufwärts besteht.

Mein Missverständnis: das von Halm wirklich gemeinte H-dur-Thema BWV 868 (Bd.I), samt Kontrasubjekten, hier nach Dürr a.a.O. Seite 230:

 H-dur-Thema WTK 1

NB: Über diese Fuge habe ich in den 80er Jahren im WDR Studio für Klangdesign gemeinsam mit Hans Ulrich Werner (HUW) eine analytische Radiosendung produziert. (Wenn ich die Unterlagen wiederfinde, werde ich sie hier als Beleg anfügen. Sozusagen aus historischen Gründen.)

Einen anderen Vorsatz würde ich bei Gelegenheit gern umsetzen: nämlich auch etwas Grundsätzliches zum Vortrag einer Fuge zu sammeln, z.B. dass keinesfalls immer das Thema hervorzuheben ist.

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