Glücklicherweise ist der erwartete Lesestoff schon eingetroffen (vgl. hier). Zudem ist morgen Quartett-Probe, so ist mein Tag eigentlich mit Üben ausgefüllt, Schuberts letztes Streichquartett G-dur steht noch einmal an (den ersten Satz könnten Sie hier in einer phantastischen Aufnahme hören, leider nur den ersten), und Schuberts ewiges Thema der Wanderschaft passt nicht schlecht zu dem Buch von Konersmann. Ich erinnere mich auch, dass mein Lehrer Franzjosef Maier, Konzertmeister des Collegium Aureum, bei der Einstudierung der großen G-moll-Sinfonie von Mozart auf das Wort wies, das er sich in Großbuchstaben über den ersten Satz geschrieben hatte: „UNRAST“. Das ist nicht nur eine flüchtige Stimmung, die sich mit dem langsamen Satz auflöst, im Gegenteil, – wohin geht denn die Reise im letzten Satz?
Neu wäre, dass man diese Haltung nicht als Ausnahme ansieht (Mozart in der Maske des Tragikers, schon die Krönung der Jupiter-Sinfonie ins Auge fassend), sondern durchaus als eigenes großes Paradigma des abendländischen Menschen.
Aber keine falschen Hoffnungen: das Register des neuen Buches zeigt keinen einzigen Eintrag zur Musik, geschweige denn zu Mozart oder Schubert. Diese Umdeutung bleibt uns selbst überlassen, – wenn es denn sein soll.
(Fortsetzung folgt)
Achtung! Kein Missverständnis bitte! (Unruhe, Dynamik, Wechsel um jeden Preis? Im Gegenteil.)
ZITAT (Matthias Burchardt )
Aufschlussreich ist hier vor allem ein Dokument, das man als eine Art Leitfaden von offizieller Stelle entnehmen kann, wie man zögerliche oder widerspenstige Kollegien im Kanton Thurgau auf die Linie des „Lehrplan“ 21 bringen will.
Als erster Schritt der Auftau-Phase wird dabei angeraten, den Leidensdruck unter den Lehrern zu erhöhen – „Ziele so anspruchsvoll setzen, dass sie mit bisherigem Verhalten nicht erreicht werden können.“ – und „Das ‚Schön-Wetter-Gerede‘ (zu) unterbinden (Alles ist doch bestens …)“. Dann soll ein neues Führungsteam entwickelt und installiert werden, eine Koalition der Willigen, wenn man so will: „Zusammenstellen einer Koalition, die den Wandel verwirklichen kann. Die richtigen Leute auswählen, die richtigen Leute für die Zukunft (nicht der Vergangenheit).“ Und in dieser Dynamik aus Druck und Propaganda wird als Zielsetzung ausgegeben: „Lehrerinnen und Lehrer begeistern sich für den Lehrplan 21 und setzen ihn um“, wobei als Konfliktpotential ausgewiesen wird: „Die über 50-jährigen Lehrpersonen gewöhnen sich an nichts Neues.“ Als wäre die Transformation einer Schulkultur eine Sache von Gewöhnung und nicht des politischen Diskurses, der niemanden ausschließen darf.
Die skizzierten Strategien der Organisationsentwicklung durch Change Management dürften vielen Lehrern und Hochschulkollegen bekannt vorkommen. Insbesondere bei der Durchsetzung des Bologna-Prozesses sind auf diese Weise vielfältig Strukturen, Prozeduren und Personen verändert worden. Und viele der Kritiker sind bis heute kaltgestellt als Leute der Vergangenheit.
Quelle: Change, Reform und Wandel. Matthias Burchardt über das Alphabet der politischen Psychotechniken. (TELEPOLIS)