Phänomenologie des Geistes
Wie so oft. Früher schon durch Herbert Schnädelbachs schönes Buch, das verständlich macht, weshalb es ohne diesen hohen Abstraktheitsgrad nicht geht. (Was aber mir dann doch nicht half.) Und gerade auch am konkret fasslichen Herr-Knecht-Dualismus, der mir leicht zugänglich schien, bin ich gescheitert.
Jetzt aber plötzlich nahe gerückt, z.T. durch den Zugang über Wikipedia:
Hier Herrschaft und Knechtschaft
Hier Phänomenologie des Geistes
Dann aber vor allem durch den einen Artikel „Anerkennung“ im tollen und sehr empfehlenswerten Stichwort-Buch „Philosophie! die 101 wichtigsten Fragen“ von Thomas Vašek (Theiss/ Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2017). Seite 146:
Für Georg Wilhelm Hegel (1770-1831) braucht die Ausbildung des Selbstbewusstseins notwendig die Anerkennung durch ein anderes Selobstbewusstsein. In seiner „Phänomenologie des Geistes“ stellt er diesen Gedanken vor. Das Selbsbewusstsein ist dialektisch – es besteht aus zwei entgegengesetzten Komponenten: dem Herrn und dem Knecht. Der Herr ist dabei „für sich“, er gebnügt sich selbst und will diesen Zustand um jeden Preis erhalten. Der Knecht hingegen begehrt die Gegenstände der Sinnenwelt (zu denen der Herr keinen Zugang hat, weil er nicht körperlich arbeiten muss) und lebt in Furcht vor dem eigenen Tod. Vereinfacht könnte man sagen, der Herr steht für das absolute, der Knecht für das partielle, abhängige Selbst. Beide brauchen sich gegenseitig, da ihnen ohne den anderen etwas fehlt. Hegel beschreibt die Beziehung von Herr und Knecht als Prozess, stellenweise sogar als Kampf, in dem sich das Selbstbewusstsein in gegenseitiger Anerkennung der beiden Parteien formt.
Was in Bezug auf die Bildung des Selbstbewusstseins noch sehr abstrakt klingt, wird anschaulicher, wenn man es auf die zwischenmenschliche Ebene überträgt. Wie Johann Gottlieb Fichte (1762-1840) darlegt, muss der Einzelne seinen Totalitätsanspruch aufgeben, um in ein soziales Miteinander zu treten. Nur wer den anderen als gleichwertiges, selbstständiges Individuum anerkennt, wird bereit sein, sich moralisch zu verhalten. Somit ist die gegenseitige Anerkennung, die wir heute vielleicht eher als Respekt vor der Integrität des anderen beschreiben würden, die gesellschaftliche Basis, auf der Rechte, Gesetze und Normen entstehen können. Zwischen uns selbst und dem anderen vollzieht sich ein Wechselspiel. Wir können unser Gegenüber darum anerkennen und respektvoll behandeln, weil wir uns selbst in ihm erkennen und auch er uns als Person anerkennt. Ohne den anderen, den Gegenspieler, bleibt uns also auch ein Teil von uns selbst verborgen.
Und nun mit neuem Elan hinein in die „Phänomenologie“:
Es ist nicht leichter geworden? Ich lese kreuz und quer, beobachte den wieder wachsenden Widerstand, werde milder gestimmt (gegen mich? oder ihn?), wenn ich auf die Botanik oder das Organische stoße, auf die absurde Schädellehre (im Verhältnis zum Gehirn), dann aber auf den fahrlässigen Gebrauch von Zitaten, selbst im Fall Goethe, wo der Wortlaut wohl auch für Hegel leicht auffindbar wäre (im „Faust“):
Da steht im Ernst in der Anmerkung 2):
Derartig frei umgestaltete Zitate finden sich bei Hegel häufig.
Ja, und wie heißt es denn nun korrekt???? Herr Georg Lasson, ich meine Sie! Dessen Ausgabe (1921) schon Adorno benutzte, und dieser konnte gewiss auch das Gemeinte sofort auswendig hersagen, mit seiner Roboter-Stimme. Und ich, im Moment recht vorurteilsfrei, lasse es mir korrekt per Internet von einem Jesuiten verklickern, der in der Zeitschrift für Christliche Kultur („Stimmen der Zeit“) schrieb:
Hegel bezieht sich mit seinem ungenauen Zitat auf eine schadenfrohe Bemerkung Mephistos über Faust; diese beginnt mit den Worten: „Verachte nur Vernunft und Wissenschaft, Des Menschen allerhöchste Kraft, Laß nur in Blend- und Zauberwerken Dich von dem Lügengeist bestärken, So hab‘ ich dich schon unbedingt.“ Und sie schließt: „Und hätt‘ er sich auch nicht dem Teufel übergeben, Er müßte doch zugrunde gehn!“
Hegels Text trifft jenen Menschen, der durch sein bloßes Tun die Vernunft verachtet, weil er unüberlegt und unvernünftig „zum Genüsse der Lust“ handelt; er unterstellt jedoch nicht, daß dieser auch die Überzeugung hegt, die Vernunft sei verächtlich. Faust hingegen bekennt ausdrücklich: „Mich ekelt lange vor allem Wissen.“ Er steht also bewußt dazu, „Vernunft und Wissenschaft“ zu verachten, weil sie ihm mit ihrer „grauen Theorie“ nicht – wie er es sich von ihnen versprochen hatte – die bunte Fülle des Lebens nahezubringen vermögen.
Quelle siehe HIER.
Sind wir nun weiter? Immerhin, die Anerkennung meiner selbst ist gewachsen, zunächst bei mir, aber die breite Öffentlichkeit wird folgen.