Schlagwort-Archive: Tristan und Isolde in München

Tristan vormerken (Isolde auch)

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Der Regisseur Krzysztof_Warlikowski in Wikipedia hier

Zur Vorbereitung auf den Livestream neu gelesen mit Berthold Seliger in nd Die Woche hier

Wagner auf LSD

Stardirigent Kirill Petrenko erschafft mit »Tristan und Isolde« an der Bayerischen Staatsoper musikalische Traumwelten

Wie es anfängt:

   

Was sagt der Dramaturg Leipfinger in München? Hier sein Opernsteckbrief zum Tristan.

Demnächst online im Staatsoper TV HIER !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

nur zum Lesen anklicken!!!!

Es funktioniert!!! HIER!!!

Einleitung

Einleitung

Einleitung

Isolde (Anja Harteros)

Isolde & Brangäne

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Eine Anmerkung zur Gattungsbezeichnung des Werkes, das natürlich nicht Oper genannt werden soll, aber vielleicht auch nicht „Gesamtkunstwerk“.  Wagner selbst hat es absichtsvoll bezeichnet, wie es im folgenden Textbuch überschrieben ist, als HANDLUNG (in der Sammlung „Richard Wagners Musikdramen / Sämtliche komponierten Bühnendichtungen“ Edmund E.F.Kühn Berlin 1914):

Das Wort „Handlung“ hat einen historischen Hintergrund, der in Vergessenheit geraten ist und wohl auch jede Neudeutung in eine unproduktive, mystizistische Ecke führen würde. Verständlich also, wenn sich Berthold Seliger in der oben verlinkten Rezension damit nicht aufhalten mag:

Die von Wagner fast schon ironisch so bezeichnete »Handlung« ist eher banal und kreist um Begriffe wie Ehre und Betrug. Eine erstarrte Gesellschaft bietet keine Lösungen jenseits ihrer Konventionen an, die Protagonisten, allen voran die Titelhelden, wanken und schwanken durch die Welt, ohne sich je gegen die Konventionen zu stellen, ohne auch nur einen Ausbruch zu versuchen.

Aber der große Carl Dahlhaus schrieb schon 1971 in seinem Buch „Richard Wagners Musikdramen“ (S.54):

Ich habe damals etwas besserwisserisch einen Namen drübergesetzt, der tatsächlich auf eine andere Fährte führt, und meine Quelle von 1962 hätte auch Dahlhaus zur Verfügung gestanden, – möglicherweise hat er den Autor Melchinger wegen seiner NS-Nähe gemieden. Aber das Faktum der Bedeutung Calderons für Wagner ist nicht zu ignorieren, wenn es auch in einem Beitrag über eine brandaktuelle, progressiv gedachte Tristan-Aufführung eher hinderlich wäre:

Quelle: Wieland Wagner (Hg.): Richard Wagner und das neue Bayreuth / Paul List Verlag München 1962 (S.108)

Es lohnt sich weiterzulesen, gerade im Kontrast und als Ergänzung zu Berthold Seliger:

 

⇑(Lesespuren JR: Juni 1964)  ⇓(Screenshots JR 3.8.2021)

Eine Kritik, die ich nicht teile, aber anregend finde, betrifft am Ende die Regie. Dort kann ich den Gedankengang am wenigsten nachvollziehen (nebenbei: das inszenatorische Gebilde „franzt“ keinesfalls aus), ich bin vollkommen begeistert von dieser Aufführung und finde den Hinweis auf ein spirituelles Jenseits oder eine virtuelle Realität im wahrsten Sinne des Wortes abwegig.

ZITAT

Schlussendlich bleibt die Regie unbestimmt. Während der musikalische Strom in all seinen Läufen und Bewegungen verwoben ist, franzt das inszenatorische Gebilde aus, ehe Bezüge stark genug geknüpft sind. Damit sind komplexere Zusammenhänge kaum erzählbar. Ein so viel rezipiertes Werk bedarf einer strukturierten Anlage, denn viele der Assoziationen aus dem Flickenteppich sind schon etliche Male bemüht worden. Unter den verschwommenen Ansätzen am meisten von Interesse dürfte der Antagonismus zwischen Natürlichkeit und Künstlichkeit sein: Dass Potenzial in diese Richtung im Werk selbst steckt, wird spätestens deutlich, wenn die Hirtenweise erklingt – so fein und klar von Simone Preuin auf der Bühne gespielt. Doch was bildet hier den Gegensatz der Künstlichkeit? Im Anschluss an den Liebestod sinken alle zu Boden, doch in der Projektion schlagen Tristan und Isolde schlagen die Augen auf! Ob sie nun doch irgendwo vereint sind, ob in einem spirituellen Jenseits oder gar in einer virtuellen Realität?

Ein „Potential in diese Richtung“? Da stimmt kein Satz, abgesehen davon, dass es gut ist, das fabelhafte Orchester selbst pars pro toto auf der Bühne zu sehen. Trotzdem in den Assoziationen empfehlenswert, denn auch dieser Text ist vollständig nachzulesen – und mit einem großartigen klingenden Ausschnitt der Aufführung versehen nachzuvollziehen –  hier .

Die doppelbödige Wirklichkeit, – das, was man wie von außen sieht, und die Imagination. Ich erinnere mich an den schrecklichen Tristan von Bayreuth, als am Ende, nach dem sogenannten Liebestod, König Marke die offenbar Überlebende ins Hinterzimmer zog (wohin auch immer), um seine Rechte einzufordern. Hier sieht man die beiden Protagonisten am Ende, ob tot, ob irgendwie lebendig, rücklings auf dem Bett liegen, und was bleibt, ist: dass sie einander anschauen und schließlich einander anlächeln. Mir scheint, die Idee dieses unglaublichen Kunstwerkes bleibt erhalten. Die Anspielung an Christus im letzten Akt der Handlung, die Wunde, behält ihre Bedeutung, die Schar der künstlichen, automatenhaften Wesen denunziert nicht den trügerischen Ideen-Inidividualismus, die Tafelrunde und die Zahl der Jünger, – ist das richtig? Ich denke an Gottfried Benn und sein großes Gedicht, das ich mir seit dem 16.9.59 aus dem Bändchen „Statische Gedichte“ aneignete, unverschämt mit dem gedruckten Text umging und ihn schlecht und recht interpretieren lernte, mit Hans Mauritz auf Langeoog diskutierte.

Über Richard Wagner lernt man nichts Neues in Bayreuth, sondern in München. Das wurde hier wieder exemplifiziert, als ein Aktionswirrkopf der 60er Jahre über die „Walküre“ noch einmal seine Farbkübel ausgießen durfte, fast synchron zur Verifizierung der Handlung „Tristan und Isolde“ in München.

Dass Benn in demselben Zusammenhang der Statischen Gedichte (1948) ein Gedicht mit der Überschrift „Liebe“ veröffentlichen konnte! Und nie vergesse ich die Wirkung der Berliner Aufführung 1960, als der „alte“ Ludwig Suthaus zum letzten Mal den Tristan sang, und wie Kerstin Meyer – die erst voriges Jahr mit 92 Jahren verstarb – das Habt-Acht-Wachlied im zweiten Akt gesungen hatte, und wie, für immer und immer wieder erschütternd, Tristan in all seinem Wahnsinn des dritten Aktes mit der Vision innnehält: „Ach, Isolde! Isolde! wie schön bist du!“ So simpel, so unverbesserlich, so indiskutabel klar.

Hier fehlt noch ein für mich persönlich fast tragischer Ausgang der Realisierung dieses Notenbildes im Blog. (Wie der Alltag einen unvermittelt – ohne Kunst des Übergangs – auf den Boden der Tatsachen zurück versetzt.) Ein Sturz auf die Knie, beim linken mit einem rundlich blutigen Effekt. Was soll man dazu sagen? Man holt das Handy und denkt an die Geschichte vom Philosophen, der in den Brunnen fällt. Ich zitiere sie lieber als das Märchen von den blutigen Knieen.

Und da im wirklichen Leben auf „Tristan und Isolde“ die „Meistersinger“ folgten, darf hier wohl das Originalzitat aus Peter L. Bergers Buch „Erlösendes Lachen / Das Komische in der menschlichen Erfahrung“ (Verlag Walter de Gruyter, Berlin New York 1998) stehen:

ENDE 5. August 2021 (seit 24. Juli Anfang)