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Kein Meinungsbutton bitte!

Es geht einfacher

Jeder macht die Erfahrung: schreibe ich allzu kurze Mails, kann ich missverstanden werden. Soll ich statt des ausdrücklichen Hinweises „(kleiner Scherz)“ ein Smiley setzen?

Und suche ich Stoff zu diesem (oder jedem anderen) Thema, so finde ich soviel Hinweise, dass es kontraproduktiv wirkt, nämlich entmutigend. So zum Beispiel als ich zögerte, ein Smiley zu setzen – eigentlich nur angesichts der Frage: wird es sich beim Adressaten als gelbes Mondgesicht realisieren oder nur als graues Buchstaben-Konglomerat? – schon schlug ich die lange Geschichte im SPIEGEL auf und versank wenig später im Uferlosen.

Schauen Sie zum Beispiel hier, bei www.emojitracker.com, überlegen Sie, ob Sie die Warnung beachten wollen: Epilepsy Warning emojitracker is an experiment in realtime visualization of all emoji symbols used on twitter. it updates at the speed of updates on twitter in realtime, and thus contains rapidly updating visuals that may possibly cause problems for those sensitive to such things? I’m not sure, but I don’t want to risk it, so here is a warning!

Ich habe die Warnung weggeklickt und und mich auf Anzeichen von Epilepsie beobachtet. Sicher, das Internet erzeugt ohnehin ein mentales Infarkt-Risiko, glücklicherweise aber nicht Herz und Kreislauf betreffend, sondern eben genau das, mit dem der moderne Mensch täglich umgeht. Ich schaue meine CD-Sammlung an und habe die Beklemmung, in der Hölle alles auf einen Schlag hören zu müssen.

Ich muss es vom Tisch bzw. Bildschirm wegbringen, hinein in diesen Blogbeitrag, in ungeordneter Folge, zunächst der SPIEGEL (Vorsicht, es sieht nach Kundenfang aus!), dann der Wiki-Artikel über Meinungsbuttons (Ansteckplaketten), dann die Sammlung im Deutschen Historischen Museum hier, ich brauche auch die Abgrenzung zwischen Emoji und Emoticon hier , erinnere mich, in meinem eigenen Schreibprogramm die Serie von Wingdings gesehen zu haben, mehr darüber hier, natürlich auch Smiley.

Plötzlich fällt mir auch das Wort Sprachnot ein, – bin ich nicht selbst fortwährend damit konfrontiert? Da überfällt mich die entscheidende Lektüre der Gymnasialzeit: der Lord-Chandos-Brief von Hofmannsthal, tatsächlich in diesen Jahren wieder ein Abitursthema: Sprachkritik; Sprachskepsis, Sprachnot

Was sagt mir all dies? Du bist nicht allein. (kleiner Scherz :))

Ich bemächtige mich des Rilke-Gedichtes:

Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort.
Sie sprechen alles so deutlich aus:
Und dieses heißt Hund und jenes heißt Haus,
und hier ist Beginn und das Ende ist dort.

Mich bangt auch ihr Sinn, ihr Spiel mit dem Spott,
sie wissen alles, was wird und war;
kein Berg ist ihnen mehr wunderbar;
ihr Garten und Gut grenzt grade an Gott.

Ich will immer warnen und wehren: Bleibt fern.
Die Dinge singen hör ich so gern.
Ihr rührt sie an: sie sind starr und stumm.
Ihr bringt mir alle die Dinge um.

Und behaupte, dass ich der erste und einzige bin, der sich in diesem Zusammenhang an Peter Handke erinnert, den ich im August 1970 las, wobei mich diese Stelle ganz besonders beeindruckte und sowohl an den Lord-Chandos-Brief als auch an das Rilke-Gedicht erinnerte:

Handke Sprachnot

Quelle Peter Handke: Die Angst des Tormanns beim Elfmeter – Suhrkamp Frankfurt am Main 1970 Seite 117

PS.

Ich weiß bis heute nicht, was Bloch zuletzt dachte, bevor er die Vorhänge zuzog und hinausging. Leiter, Fahrrad, Brief, Zähneputzen, zwei  Becher … eine Partnerin?

Ob sich Interpretationen mit der Auslegung dieser Passage beschäftigen?