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Kant und Putin

Ein Bericht über seine bizarren Lektüren

Thomas Assheuer schreibt in der ZEIT vom 2. März 22:

Zunächst, im ersten Jahrzehnt seiner Amtszeit, zeigen seine Reden – durchaus glaubwürdig – eine Hinwendung zu Immanuel Kant, für Putin ein Gewährsmann kollektiv vernünftiger Politik. Dieser großartige Denker, erklärt er 2005, sei der »gemeinsame Landsmann « von Deutschen und Russen, und ein Philosoph des Friedens sei er auch: »Ich erinnere daran, dass Kant kategorisch dagegen war, zwischenstaatliche Meinungsverschiedenheiten durch Krieg zu lösen (…). Wir müssen seine Lehren über die Lösung von Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln in die Tat umsetzen«.

Nicht lange, und Putins Interesse am Aufklärer Kant kühlt ab. Spätestens mit seiner dritten Amtszeit, also ab 2012, stehen nur noch konservative Autoren auf der Leseliste; fortan geht  es Putin nicht mehr um den russischen Beitrag zur »europäischen Familie«, es geht ihm um Abgrenzung und Selbstbehauptung.

Quelle DIE ZEIT 2. März 2022 Seite 59  »Wer sagt denn, dass das Gute immer gewaltfrei sein sollte?« Wladimir Putin, am 22.2.2022 / In Putins Weltbild ist Russland ein Reich des Widerstandes gegen den Westen. Das zeigen auch seine bizarren Lektüren / Von Thomas Assheuer / Zur neuen ZEIT-Ausgabe, persönlich genommen, siehe hier !

Dabei hat Kant in seiner Schrift zum Ewigen Frieden bereits eine ironische (zynische?) Handlungsanleitung entworfen, „sophistische Maximen“ nennt er das, eine unmoralische Klugheitslehre, die nun fast nahtlos wirklich zu Putin passt:

Mit Seite 59 beginnen, dort 1. Fac et excusa (JR Schaffe Fakten und entschuldige dich für Kollateralschäden), 2. Si fecisti, nega (JR Wenn du etwas Schlimmes angerichtet hast, streite ab, dass du es warst), 3. Divide et impera (JR Entzweie die anderen, um so leichter sind sie rauszuhalten und zu beherrschen).

1795 (nach den großen Kritiken)