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Fotos oben: Nach der Nachmittag-Aufführung – Marcello Walton (Macbeth) und Alice Bonifacio
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Shakespeare auf Asphalt, Neuss (Fotos: ER)
Interessant ist immer, wie sich die Aktivitäten im Raum verteilen. Ist das Publikum irgendwie einbezogen? Agieren die Schauspieler auch außerhalb der eigentlichen Bühne? Vanessa Schormann beschreibt in ihrem Macbeth-Buch die historischen Gegebenheiten:
Ein besonderes Merkmal im elisabethanischen Theater ist die Einheit von Zuschauerraum und Bühne. Zuschauer und Spieler befinden sich im selben Erlebnisraum, der durch die Spieler immer wieder neu definiert wird. Die sogenannte unteilbare Szene ist ein wichtiger Bestandteil der Shakespeareschen Dramaturgie.
In der Bochumer-Aufführung (siehe hier) hatte man es folgendermaßen geregelt: die Bühne war rund und befand sich – etwa 1,50 m erhöht – in der Mitte des rechtwinkligen Saales, auf drei Seiten von Zuschauerreihen umringt. Unmittelbar am Bühnenrand standen Einzelstühle, die von den Schauspielern als Stufe zur Bühne benutzt wurden, hier war aber zu Anfang auch der Platz der Hexen, die ihre Verse auf die Szene fauchten. Beim Gastmahl aber wurde die Bühne zum Tisch, sie war mit einem riesigen Tischtuch bedeckt und mit einem großen runden Loch in der Mitte versehen, was sich erst zeigte, als darin am Ende alles verschwand,das Tuch und was sich darauf befand, zu allerletzt die Königskrone.
Die Bochumer Macbeth-Bühne (prinz regent theater 2014/15):
Sitzplan und Innenraum im Globe Neuss HIER
Im Neusser Globe führte ein Auftrittsgang für die Darsteller vom Haupteingang quer durch den Zuschauerraum zur Mitte der Bühne, beim Gastmahl verwandelte sich imaginär der ganze Raum samt Zuschauern in den Festsaal, durch den einzelne Schauspieler mit Tabletts wanderten, als verteilten sie Getränke. Und der furchterregende Geist des Banquo agierte in Gestalt des echten Schauspielers erhöht in der Mitte des Raumes und verfolgte Macbeth von dort bis auf die Bühne. – Vanessa Schormann:
Für die in der Shakespearschen Dramaturgie angelegte Interaktion mit den Zuschauern muss der Spieler in direktem Kontakt zum Publikum treten. Die architektonischen Gegebenheiten des elisabethanischen Theaters helfen dabei, denn hier ragt die leere Bühne in den Zuschauerraum hinein und wird an drei Seiten vom Publikum umgeben. Da es […] keine künstlichen Lichtquellen gab, wurde am Nachmittag bei Tageslicht gespielt – jeder konnte jeden sehen.
Diese Tatsache baut Shakespeare in seine szenische Dramaturgie mit euin, er macht den Zuschauer zum Partner des Spielers. Auch in Macbeth wird das Publikum von den einzelnen Charakteren immer wieder angesprochen, nicht nur in den Monologen, in denen sich die Figuren direkt ans Publikum wenden und es teilhaben lassen an einer Innenschau ihrer Gedanken. Grundsätzlich teilt Shakespeare dem Publikum im Spiel unmerklich verschiedene Rollen zu. Der Zuschauer wird unter andere, zum Vertrauten, Mittäter, Mitwisser oder Gegner. Mit den Figuren gemeinsam erlebt er deren Aufstieg und Fall, deren Ängste, Sorgen und Hoffnungen und wird stets unmittelbar ins geschehen hineingezogen. Durch seine aktive Teilnahme am Geschehen spendet der Zuschauer dem Schauspieler zusätzliche Energie.
Hinzu kommt, dass das um die Bühne herum im Tageslicht sitzende und stehende Publikum sich gegenseitig sieht und die Folie bildet, vor der das Spiel auf der Bühne stattfindet. Jeder Zuschauer hat einen anderen Blick auf das Bühnengeschehen und die in den Charakteren angelegte Vielschichtigkeit kann stets aus verschiedenen Perspektiven gesehen werden.
Im Shakespearetheater ist sich der Zuschauer jederzeit der theatralen Situation, in der er sich befindet, bewusst. Er nimmt die Reaktionen seiner Mitzuschauer genauso unmittelbar wahr, wie die Aktionen auf der illusionsarmen Bühnenplattform.
Quelle Vanessa Schormann: Macbeth / Verlag und Druckkontor Kamp Bochum 2005 ISBN 3-89709-384-7 (Zitate von Seite 47)