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Fatma Said aus Ägypten

Ein anderes Bild der Sängerin bilden

(Foto: Film NDR s.u.)

„Wie sie sich als künstlerische Vermittlerin zwischen Morgen- und Abendland versteht…“

Die bemerkenswerte NDR-Sendung DAS! über das Singen HIER , die CD hier

Dagegen die dümmliche Sendung bei BR-Klassik (in derselben Art auch mit anderen Gästen, die vielleicht weniger Schaden nehmen, wie z.B. Anne Sophie Mutter) hier – krasse Fehlversuche, der Klassik ein pfiffiges Publikum zu erschließen –  welches denn???

Ägyptisches Volkslied (inmitten eines Interviews mit Rolando Villazon) hier von 1:28 bis 2:10, separat hören!

Verlauf der Sendung DAS! :

Über das Einsingen 1:55 „reden ist schädlicher als singen“ /ab 3:26 querbeet Tango usw. deutsche Schule 4:40 Sprachen Musikunterricht klassisch (!), katholische Nonnen, Muslime + Christen, alle gemeinsam, selbstverständlich, Chor, Gottesdienste, Jugend musiziert, mit 13 Stimme entdeckt, Gesangsausbildung, dann Berlin 10’00 Faltin Meisterkurs / kannte also mit 18 schon die deutsche Kultur / Eltern (!) / 12:40 / 23:20 live „Widmung“ 15:28 / Was begeistert dich am Lied? / Musik mit Freunden / 18’45 Daniel Hope / Musikmachen ohne Konkurrenzdenken / 20:45 über Kopten in Deutschland Anba Damian „Älteste Kirche der Erde“ 22:35 in Kairo mit Fatma Said  „lieb gewonnen“ / 23:09 Umm Kulthum (!) Einspieler sehr kurz / „wir haben keine Probleme mit Menschen, sondern mit Ideologien“ 23:54 F.S.: „sehr kurze Zeit in Kairo zusammen“/ Wie betrachten dich die Ägypter? / auf der Bühne bei Eröffnung der Ausstellung in Gizeh 26:27 westl. Orchester, klass. Kadenz / wie „Brücken bauen“? FS „auch viel meine Musik, also die ägyptisch-arabische“ 28:00 sie verallgemeinern „die Musik“ als gemeinsame Sprache 29:30 Chorarbeit (extra Beitrag) Forts. Fatma 33:18 Tennis, Sport, Sprachen lernen / MODERATOR Hinnerk Baumgarten

F.S. singt bei Opus Klassik Gala 2021 ein arabisches Lied (melod.Sequenzen), jazzig-europäisch aufbereitet, jedoch mit „echter“ Nay-Flöte. HIER

ABER: gelingt es, ein arabisches Werk mit ihr zu finden, das arabische Intonation berücksichtigt (neutrale Terz), das also wirklich etwas nach Umm Kulthum klingt und eine andere Ästhetik andeutet? (Nein!) – Es sind nur Istrumente, die die „andere“Musik repräsentieren sollen (Ney-Flöte, Qanun). Mehr zu den Schwierigkeiten mit arabischer Musik siehe HIER.

https://www.youtube.com/watch?v=RmJxB6i20WU hier

unten: F.S. erwähnt (bei 3:05) kurz Abdul Wahab, um dann sofort überzugehen zu Frank Sinatra. (?)

Foto: Andrea Artz für DIE ZEIT

Wie kann das sein, dass meine Lektüre sofort lauter Vorurteile weckt. Man sieht es doch: sie ist zu schön, zu mädchenhaft fragil für „das deutsche Kunstlied“, und wie will die Rezensentin denn das entdeckt, erlebt haben: im ICE-Großraumwagen aus dem Handy eines jungen Soldaten, ausgerechnet in den ersten Takten des „Ständchens“ ???

Natürlich, der Name und das Wort Ägypterin lösen bei mir ganz andere Erwartungen und Zweifel aus, sie könnte auf diese Weise gar nichts erlebt haben, was nicht irgendwie lachhaft wäre, „Läuse flöhen moine Lüder“, spotteten wir früher. Albern, ich war durchaus bereit, das Vorurteil zu korrigieren, höre alsbald die Aufnahme auf Youtube, „getupfte Achtel im Klavier, lauter kleine Unruhegeister“, dann Gesang und sage zögernd „das ist zu tief, ja, alles zu tief, die Intonation stimmt nicht!“

Und dann beschließe ich doch, alles zu hören, was ich erreichen kann, und weiß nach weiteren Titeln zumindest: „Alles blitzsauber!“ Erstaunlich, manches auf der Espressivo-Grenze, ja, genau was die Rezensentin zu meinen scheint, wenn sie sagt (im Anschluss an die Goethe-Worte „Der Liebende schreibt“) : „Fatma und ihr Pianist Joseph Middleton machen daraus eine Briefszene, ein heimliches Über-die-Schulter-Gucken, ein In-fremden Tagebüchern-Wühlen. Fast erschrickt man übers eigene Zuhören, über so viel Intimität.“ Ich ertappe mich dabei, wie ich während Schuanns „Widmung“ das Mienenspiel des Begleiters beobachte, ob es nicht zu weit geht und dämpfe vorsorglich die eigene Empathie.

(Das Gedicht ist eigentlich nicht gut, es lebt nur durch Schumann, weil es so gesungen wird!)

Du meine Seele, du mein Herz,
Du meine Wonn’, o du mein Schmerz,
Du meine Welt, in der ich lebe,
Mein Himmel du, darein ich schwebe,
O du mein Grab, in das hinab
Ich ewig meinen Kummer gab.

Du bist die Ruh, du bist der Frieden,
Du bist vom Himmel mir beschieden.
Daß du mich liebst, macht mich mir wert,
Dein Blick hat mich vor mir verklärt,
Du hebst mich liebend über mich,
Mein guter Geist, mein beßres Ich!

Text: Friedrich Rückert

Wunderbare Ambivalenz:

Die drollige Aufmachung der Herren entspricht wahrscheinlich der gewagten Situation: sie kommen zu ungelegener Nachtzeit, trauen sich aber nicht ganz… Schöne Unlogik: Die, der das Ständchen gilt, singt selbst (?) die Hauptstimme.

Der erste Ton der Sängerin gelingt nicht ganz, und dann geht es unbeirrbar seinen Gang, vielmehr: es mäandert harmonisch, wie ein Spiel beim Kindergeburtstag. Unglaublich!

Musik: Franz Schubert D 920 Text: Franz Grillparzer

Ständchen

Zögernd, leise,
In des Dunkels nächt’ger Hülle
Sind wir hier;
Und den Finger sanft gekrümmt,
Leise, leise,
Pochen wir
An des Liebchens Kammertür.

Doch nun steigend,
Schwellend, hebend,
Mit vereinter Stimme, laut,
Rufen aus wir hochvertraut:
Schlaf du nicht,
Wenn der Neigung Stimme spricht.

Sucht ein Weiser nah und ferne
Menschen einst mit der Laterne,
Wie viel seltner dann als Gold
Menschen, uns geneigt und hold.
Drum wenn Freundschaft, Liebe spricht,
Freundin, Liebchen, schlaf du nicht.

Aber was in allen Reichen
Wär dem Schlummer zu vergleichen?
Was du hast und weißt und bist,
Zahlt nicht, was der Schlaf vergißt.
Drum statt Worten und statt Gaben
Sollst du nun auch Ruhe haben,
Noch ein Grüßchen, noch ein Wort,
Es verstummt die frohe Weise,
Leise, leise
Schleichen wir uns wieder fort.

Dort wo die Befürchtung aufkommen könnte, dass statt einer lyrischen Vision ein dramatische Szene entstehen könnte, ist eine solche Innigkeit – Innerlichkeit -spürbar, dass man erleichtert aufatmet. Ich glaube, da gehört etwas Wesentliches zum Liedgesang, das anderen Sängern und Sängerinnen durch die Oper verlorengeht. In dem wie folgt verlinkten Blogartikel habe ich mich damit auseinandergesetzt: HIER (Altherrentraum). Und innerhalb desselben „Altherrentraums“ kann man auch zu Elly Ameling wandern, dort ebenfalls eine unvergessliche Version des Schumann-Liedes „Widmung“ finden. Es gibt nicht so viele Beispiele in der Geschichte des Liedgesangs, und die von Christine Lemke-Matwey genannten Lucia Popp, Margaret Price gehören eher nicht dazu, Elisabeth Grümmer sehr wohl, aber auch Barbara Bonney könnte man hinzufügen. Ich finde folgende Zeilen im großen ZEIT-Artikel noch aufschlussreich:

In wenigen Worten flammt da das Grundproblem der ausübenden Künstler:innen auf, das unter dem Begriff „Diderots Paradox“ schon vielfach diskutiert worden ist, ohne deshalb in der Praxis der Hochschulen präsent zu sein. Fatma Said beschränkt sich auf die Vorstellung einer unendlichen Intensivierung der Emotionen. Das kann scheitern, ist jedenfalls gefährlich an der besagten Grenze. In dem Artikel ist das genau benannt, und der relativierende Einschub von den „tantenhaften Ratschlägen“ (leicht zu ergänzen durch meine onkelhaften) ist nicht von ungefähr. Bei Wunderkindern gelten sie dem drohenden Verlust der Naivität.

Ich erinnere mich an die peinlich überinterpretierten Deutschen Volkslieder von Brahms in der frühen Aufnahme mit Fischer-Dieskau und Schwarzkopf. Andererseits denke ich keinen Moment an „wohlig durchgenudelte Phrasen“, wenn ich mir den Frevel eines allzu pathetisch aufgeladenen Kunstliedes vorstellen soll. Es ist die Glaubwürdigkeit, die beim Zuviel-Wollen auf der Strecke bleibt. Das richtige Maß ist gerade in dem Lied „Widmung“ zu erleben, und zwar auch in dem Anflug einverständigen Lächelns, das sich von der Sängerin auf den Begleiter überträgt oder von diesem zurückstrahlt: daran ist (scheint) nichts auf das Publikum oder die Kamera berechnet. Die Worte „Resonanz“ oder „erlebte Empathie“ wären nicht zu groß dafür. Der Pianist Joseph Middleton ist der ideale musikalische Partner.

Für die Dauer eines Liederabends versuche sie, die Gefühle von Dichtern und Komponisten zum Leben zu erwecken, sagt sie, mit Worten und mit Tönen zu erfühlen, was diese gefühlt haben: „Das ist etwas Heiliges, ganz Magisches.“ Sie sei eine sehr emotionale Sängerin. Ihre Technik, die Kehle, der Hala würden ihr das nicht immer danken.

Und Christine Lemke-Matwey stellt die Frage: Was ist Liedgesang?

Fatma Said antwortet wie aus der Pistole geschossen: „Eine Person steht auf einer Bühne und erzählt Geschichten.“ Klingt simpel, und wenn’s nicht so kompliziert wäre, stimmte es sogar. Wobei die Ägypterin gerade das Komplizierte, das Vielschichtige an der Versuchsanordnung „Lied“ begeistert.

Die Ausdrucksweise gefällt mir. Ich denke daran, wie ich mich seit Studienzeiten damit abgeplagt habe nachzufragen, wer in der Lyrik und im Lied eigentlich zu uns spricht: man erklärte uns – es ist „das lyrische Ich“, nicht identisch mit dem sprechenden Subjekt, nicht mit dem Autor, – ist es der singende Mensch, der eine Situation imaginiert? Daher der eigenartige Gesichtsausdruck, der visionäre Blick, das grundlose Lächeln, das Staunen… Es ist das Glück der Kreativen.

Da unten im Tale
Läufts Wasser so trüb,
Und i kann dirs net sagen,
I hab di so lieb.

Sprichst allweil von Liebe,
Sprichst allweil von Treu,
Und a bissele Falschheit
Is auch wohl dabei.

Und wenn i dirs zehnmal sag,
Daß i di lieb,
Und du willst nit verstehen,                                                                  muß i halt weiter gehn.

Für die Zeit, wo du g’liebt mi hast,
Dank i dir schön,
Und i wünsch, daß dirs anderswo
Besser mag gehn.

Sunny von Bobby Hebb

Wie oft soll ich den Song noch hören? Immer denselben?

Weil er mir neu war (Schande!). Und er wäre nach einmaligem Hören nur undeutlich hängengeblieben. Also los, noch etwas weiter. Ein zufälliges biographisches Wegzeichen. Und wie schrieb mir JMR dazu?

Zur Geschichte: https://de.wikipedia.org/wiki/Sunny_(Lied)
– und, Warnung: das Lied ist wirklich schön und schnell ein Ohrwurm.

Hier zunächst (wie im Artikel erwähnt) die Originalaufnahme des
Komponisten Bobby Hebb:

– allerdings kamen (wie erwähnt) zwei andere Aufnahmen früher auf den
Markt. Die sind aber egal.

Es folgen ca. 171 Coverversionen, u.a. dann leider auch von Boney M.
(lediglich sehenswert wg. der schönen Menschen!),

und zu guter Letzt (für mich) die Version von Ella Fitzgerald 1971, in
der der der Arrangeur Gerald Wilson wirklich zaubert bei den Modulationen:

Sehr gut gefällt mir aber auch diese no name Produktion auf youtube von
einer tschechischen oder slowakischen Band: https://www.youtube.com/watch?v=VgGvUKj2pRg

NOTA BENE: weil die Harmoniefolge des Songs ebenso simpel und effizient
ist, kann man hier besonders gut die Qualität der einzelnen
Bearbeitungen beurteilen. Die Version der Sängerin Cher z.B. (1967?) ist
stimmlich einfarbig und nur auf den ersten Blick interessant, aber der
Producer macht dramaturgisch sehr vieles richtig, es ist eine
bombastische Produktion: https://youtu.be/2d8zkEVudQY?feature=shared

Hörenswert auch noch Eugen Ciceros Klaviersolo-Version.

So weit der improvisierte Exkurs

– – – – – – – – – –

Sinatra Ellington (Text gut)

Analyse for Musicians:

00:00 welcome 00:16 chords 01:12 melody 02:04 improvisation 03:02 chords explained 05:53 melody explained 07:10 analysis 10:34 improvisation explained 16:48 improvisation 17:52 thank you

Lyrics

[Verse 1]
Suuny, yesterday my life was filled with rain
Sunny, you smiled at me and really eased the pain
Now the dark days are done and the bright days are here
My Sunny one shines so sincere
Sunny one so true, I love you
[Verse 2]
Sunny, thank you for the sunshine bouquet
Sunny, thank you for the love you’ve brought my way
You gave to me your all and all
And now I feel ten feet tall
Sunny one so true, I love you
[Verse 3]
Sunny, thank you for the truth you let me see
Sunny, thank you for the facts from A to Z
My life was torn like wind-blown sand
Then a rock was formed when we held hands
Sunny one so true, I love you
[Verse 4]
Sunny, thank you for that smile upon your face
Mm, Sunny, thank you, thank you
For that gleam that flows with grace
You’re my spark of nature’s fire
You’re my sweet, complete desire
Sunny one so true, yes, I love you
[Verse 5]
Sunny, yesterday, oh, my life was filled with rain
And Sunny, you smiled at me and really, really eased the pain
Now the dark days are done and the bright days are here
Ma Sunny one shines so sincere
Sunny one so true, I love you