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Bäume hören

Wie uns David G. Haskell in den Wald lockt

Ein erster Blick in die Baum-Klang-Sammlung

(im Anschluss an einen Bericht in der ZEIT – online hier – aber nur als Anreiz)

Baum-Klang-Sammlung  Nur zum Lesen anklicken!

Zum Hören anklicken:

Tree sounds compilation

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Wer sich bei diesem Thema („… haben wir doch schon gehabt!“) an die Bestseller von Peter Wohlleben erinnert, lese zur Vorsicht auch das folgende Gespräch im FAZ-Blog: HIER.

Bei Haskell ist scheinbar von denselben Vorgängen die Rede, aber ohne diese kindlich- anthropomorphe Tendenz. Alles da draußen ist wie ich, – lauter fühlende Wesen. Aus dem ZEIT-Gespräch:

Haskell: (…) Licht ist hier unten die zentrale Überlebensfrage. Sehen Sie diese Pflanze dort, die Fußblätter? Was aussieht wie viele verschiedene Pflanzen, ist ein einziges Individuum. Vieles hier ist [jedoch] nicht so wie es scheint. Keiner dieser Bäume ist ein Einzelkämpfer, Vertreter unterschiedlicher Arten stehen über Netzwerke von Pilzen miteinander in Kontakt. Ein Wald sieht vielleicht aus wie eine Ansammlung von Individuen. Aber das führt in die Irre. Wir müssen ihn als Netzwerk begreifen. Genau diese Idee behandle ich in meinem neuen Buch Der Gesang der Bäume.

ZEIT: Die meisten Theorien der Biologie, Chemie, Wirtschaft oder Religion gehen von der Idee eines Individuums aus. Die fundamentale Grundeinheit der Physik ist das Atom, in der Biologie eine Art, eine Spezies. Auch in der Religion geht es um die Entscheidungen eines Einzelnen.

Haskell: Es steckt viel Wahrheit darin, so auf die Welt zu schauen. Aber es gibt den anderen Blick, in dem diese Dinge nur temporäre Manifestationen temporärer Verbindungen eines Netzwerks sind. Ubnd dieses Netzwerk überlebt die Zeiten und etnwickelt sich. Wenn Sie diesen Baum von seinem Netzwerk abschneiden, dann stirbt er.

ZEIT: Fließen jetzt in diesem Moment Informationen durch das Wald-Netzwerk?

Haskell: Natürlich. Die Wurzeln dieses Baums hier sind über unterirdische Pilze mit vielen anderen Bäumen verbunden. Wird einer von Insekten befallen, gelangt diese Information ins gesamte Netzwerk. Als wir uns vom Auto auf den Weg gemacht haben, sind auch wir Teil davon geworden. Unsere Ankunft ist von Vogelrufen durch den Wald getragen worden, deshalb werden wir wahrscheinlich keine Füchse oder Hirsche sehen. Sie können an diesem Ort nicht unbemerkt auftauchen.

Quelle Der oben verlinkte ZEIT-Artikel „Grausam und schön“ 12.Okt.2017 (Seite 39)

Das klingt zum Teil ähnlich wie bei Wohlleben, aber der gedankliche Hintergrund ist anders. Auch zur Idee mit dem Netzwerk könnte man sagen: alles schon dagewesen. Habe ich das im Prinzip nicht schon Anfang der 90er Jahr gelesen (und unterstrichen)?

Vester Vernetzung z.B. Frederic Vesters Bücher!

Vester Inhalt  Vester Cover

Noch ein bemerkenswerter Absatz aus dem Zeit-Interview mit David G. Haskell, der den Menschen natürlich nicht aus dem Netz ausschließen will, sondern glaubt, dass wir eine Ethik der Zusammengehörigkeit brauchen :

Nehmen wir diesen Wald. Er ist wunderschön, seine einzelnen Elemente fügen sich zu einem Ganzen, er vibriert, ist voller Leben – Menschen eingeschlossen. Hier und da befriedigen Menschen ihre Bedürfnisse, fällen etwa Bäume oder jagen. Andere Areale werden ganz in Ruhe gelassen. Dort entscheiden andere Arten, Wind und Feuer darüber, wie unsere Zukunft aussieht.

ZEIT: Sie ziehen also keine Grenzen zwischen Mensch und Natur.

Haskell: Menschen sind natürlich! Ein Flugzeug und ein Wolkenkratzer auch, denn sie sind aus Dingen gemacht, die aus der Erde kommen und durch den menschlichen Geist geformt sind. Und das ist ein Resultat der natürlichen Selektion. Ein Flugzeug ist so natürlich wie ein Vogelnest.

ZEIT: Noch nie hatte eine Primatenart einen so großen Einfluss auf die Erde wie wir heute, und das ist global gesehen kein guter.

Haskell: Unser Geist ist mächtig, er hat etwa herausgefunden, wie man fossile Brennstoffe nutzbar [machen] kann. Die Ethik, die wir brauchen, erreichen wir nicht, indem wir uns als Aliens auf diesem Planeten begreifen. Das würde bedeuten, dass wir unsere Natur verneinen. Hören Sie diesen Rotkardinal singen? Er macht nichts anderes als wir beide gerade. Die eine Handlung ist nicht mehr oder weniger natürlich als die andere.

Roter_Kardinal_(Cardinalis_cardinalis)_B._Walker Roter Kardinal (B.Walker in Wikipedia)

Mit meinen Natur- und Baumbüchern könnte ich ein eigenes Regal füllen, die Liebe geht in die Kindheit zurück. Manches kann ich datieren, z.B. mein Lieblings-Bilderbuch in den 70er Jahren, als wir gerade ein eigenes Haus hatten, mit einem wilden Garten  bzw. direktem Zugang zur Wildnis, falls man es so nennen kann. In manchen Nächten am Kamin (der ist längst verschlossen) saß ich und blätterte mit Begeisterung im „Johnson“, derselbe Autor, der das Buch vom Wein geschrieben hat. Eine spezielle Doppelbegabung wie bei mir… In dem mächtigen Bäume-Buch finde ich viele Zeitungsausschnitte, darunter auch noch immer den Auslöser des Kaufes damals: einen ZEIT-Artikel vom 3. August 1978. (Siehe unten rechts in der Ecke, ich löse das Detail heraus.)

Bäume Johnson NATUR Bäume ZEIT

Der Preis damals war erheblich, deshalb verzichtete ich auf das ebenfalls verlockende Gartenbuch daneben…

NATUR Bäume ZEIT Johnson

Und ich kann es mir heute nicht versagen, auf den Anfang des Artikels von Manfred Sack hinzuweisen, als hätte es so sein müssen, dass ich es in dieser Woche wiederlese; er zitiert Hans Christoph Buch, der einem Nachbarn, der Bäume fällen will mit der Begründung „eines Tages müssen sie doch weg“, entgegenhält: genauso könnte man „mit einem Schnellfeuergewehr von irgendeinem Turmfenster aus wahllos Passanten abknallen, einen Atomkrieg vom Zaume brechen oder, um ganz sicher zu gehen, alle Flußufer der Erde mit Atomkraftwerken bestücken“; denn „eines Tages müssen sie ja doch weg: die Bäume, die Blumen, die Vögel – und natürlich auch die Menschen…“

QUELLE DIE ZEIT 4. August 1978 Die Verteidigung der Natur / Bücher über Landschaft und dergleichen / Seite 34 / Von Manfred Sack.

Das alte Bilderbuch ist auch noch da: „Peterchen im Walde“ von Georg Netzband. Jedes einzelne Bild hat sich mir eingegraben, obwohl ich Peterchen selbst ziemlich blöd fand.

Peterchen im Walde Peterchen im Walde Vögel

16. Oktober 2017 Ohligser Heide Waldweg

Peterchen auf dem Weg JR im Walde 171016

Ohligser Heide Pano171016 Panorama: E.Reichow

Ohligser Heide Waldbild b 171016

Eiche am Drei-Insel-Teich 171016 (Huawei-Fotos JR)

19. Oktober 2017 An der Terrasse der Heidberger Mühle

Zitronenfalter 20171019 Heidberger M

Nachtrag 21.03.2018

Siehe auch hier „Nachtigallen in Berlin“ (wegen E.Coccia).