Archiv der Kategorie: Politik

Precht zitiert Tocqueville

… und wir zitieren Precht:

Die ständige Fokussierung auf Geld prägt die US-amerikanische Gesellschaft wie nichts anderes und ist… (siehe weiter im Text):

…nehmen. Gesichert muss nur sein, dass das Eigentum geschützt wird, wobei sehr vieles zu Eigentum werden kann, von Rohstoffen und Ressourcen über Geld bis hin zu geschützten Ideen. In dieser Logik ist Umsatz und Gewinn zu steigern grundsätzlich gut, und das inwendige Gesetz zwingt zu einem Schneller, Höher, Weiter und Mehr. Die dazugehörige Mentalität ist der Egoismus, der jeden Marktteilnehmer gegenüber anderen abgrenzt, ihn stärkt und das Wachstum antreibt.

Ökonomisch ist das in sich schlüssig. Allerdings … (Seite 132)

Quelle Richard David Precht: Von der Pflicht / Eine Betrachtung / Goldmann München 2021 (siehe auch hier)

Als Ergänzung lese man über Tocqueville weiter bei Wikipedia, über das Tocqueville-Paradox etwa im Journal21.ch hier, z.B. auch über das Phänomen des „Wutbürgers“, dem wir fast täglich irgendwo in den Nachrichten begegnet sind..

Meine Kurzversion: Jeder hat die Freiheit zu sagen, was er will, aber nicht: komplexer zu denken, als ihm gegeben ist. Wenn der Wutbürger im Straßenverkehr darauf bestehen würde, Einbahnstraßen in Gegenrichtung zu benutzen und grundsätzlich auch im absoluten Halteverbot zu parken, und bei Bestrafung behauptet, der Verkehr in Deutschland sei also faschistisch geregelt… Er wird schneller begreifen, wenn Führerschein oder Auto bei Fehlverhalten konfisziert werden. Ihm muss nicht die Komplexität des ganzen Verkehrssystems erläutert werden, er begreift ohnehin nur das ganz Naheliegende (das unmittelbar sein Ego betrifft) und verwechselt Individualismus mit Solipsismus. Das Individuum lebt in und dank einer Gemeinschaft, und die notwendige Konstruktion eines Staates für eine große Gemeinschaft berechtigt noch nicht zu der Behauptung, ihn als Gefängnis zu betrachten.

Reden Wählen

Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken

Dies ist fast der Titel eines berühmten Essays von Heinrich von Kleist, woraus ich allerdings gar nichts zitieren will. (Auch dürfte ihm getrost widersprochen werden.) Eher aus einer Talkshow, die mir bei der Verfertigung von Gedanken wirklich hilft. So wie kürzlich Navid Kermani hier (4 Minuten Empörung).

ZITAT (aus diesem Text hier )

Während am Mittelmeer die Wälder brennen, unsere Außenpolitik in Afghanistan zertrümmert wird und die Corona-Zahlen steigen, scheint der Personen-Wahlkampf wie eine intellektuelle Zumutung.

Es gäbe so viel zu diskutieren. So macht sich zum Beispiel die Linke in ihrem Programm ausführlich Gedanken darüber, wie die Energiewende sozialverträglich gestaltet werden kann. Liest man gleiches Thema bei der SPD, so scheint Energiewende kein Sozialthema zu sein. Über solche Unterschiede sollten wir mehr sprechen.

Die entscheidende Frage ist: Was wählen wir denn eigentlich am 26. September? Klar wählen wir indirekt auch den künftigen Kanzler bzw. die künftige Kanzlerin, die das Land ein Stück weit prägen. Aber zunächst einmal wählen wir die neuen Abgeordneten des Bundestags. Menschen, die unsere Interessen in politische Handlungen münden lassen sollen. Die Hälfte von ihnen wird deshalb direkt gewählt, die andere Hälfte über Listen. Den Parteien kommt bei der Wahl eine dreifache Aufgabe zu: Sie kümmern sich zunächst – neudeutsch gesprochen – ums Personalrecruting. Sie bündeln dann politische Inhalte zu Wahlprogrammen. Und sie helfen nach der Wahl dabei, im Bundestag eine Regierung zu bilden. Erst ganz am Ende wird ein Kanzler bzw. eine Kanzlerin gewählt.

Quelle der beiden Zitate siehe oben (Link in Klammern)

Dann „Markus Lanz“, egal wie Sie – liebe Leser/innen – ihn finden, oft erlebt man Sternstunden einzelner Menschen. Große Inspirationen und Ausblicke. Oder einfache und ehrliche Statements. Ich empfehle etwa bestimmte Einstiege, sie finden das zum Beispiel hier (bis 1.9.2022), beginnend mit dem Journalisten Ulf Poschardt ab 1:02:45 , dann gleich anschließend die Juristin Homaira Hakimi  ab 1:10:17 oder auch jederzeit vorher (z.B. ab 48:40).

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Zum Schluss eine Erinnerung an WDR-Freund Klaus Bednarz, der mir 1985 den Weg nach Georgien erschloss (Aufnahmereisen 1986 und 1988), unvergesslich, wie hier in seiner Sendung MONITOR am 8.11.2001 betr. Afghanistan das Gedicht von Theodor von Fontane, bestürzende Daten: 2001 und – 1859.

Dank für den Hinweis an das Ehepaar Hütten.

Raub, Kolonisation, Menschenverachtung

Sehen, Hören & Lernen!

 

Katalog und Arbeitsbuch Herausgegeben von der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit 1988

FILME ARTE DOKUMENTATIONEN

Obiges Video im externen Fenster hier.

Stichworte: Haiti Geschichte hier / Anténor Firmin s.a. hier / Paul Broca 19:15 Kongo Kautschuk Alice Sealey Harris Fotos 25:10 Deutsch SW-Afrika HERERO 26:27 Mengele 28:00 Sport in Brit. Kolonien / Calcutta Mohun Bagan 30:00 Fußball (1911) /  La Force Noire (1916) 33:00 Senghor / Kenia Nairobi Harry Thuku

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HEUTE: Afrikanische Kunst im europäischen Museum?

ZITAT

So landete die Schau just in jenem Museum, das von seinen Beständen her am tiefsten in der Klemme sitzt. Denn unweigerlich stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage von Kulturgutbesitz und eventueller Rückgabe in die Ursprungsgebiete. Ein im Katalog dokumentiertes Begleitprogramm zur Ausstellung befragte alle beteiligten Künstler nach ihrem Verhältnis zu Afrika und zur Restitutionsproblematik. In der Vielfalt der Antworten spiegelt sich die Komplexität dieses Themas. Er sei gegen die Rückgabe, erklärt unumwunden der plastische Künstler Calixte Dakpogan aus Benin, denn die Werke hätten außer Landes einen größeren Wert. Eher, als museale Kunsträume in ihrem Land zu schaffen, sollte man die dort noch lebendigen Kulturoasen der Dörfer und Regionen vor zerstörerischen Entwicklungsprogrammen schützen, erklärt ihrerseits die Gabunerin Myriam Mihindou.

Quelle Süddeutsche Zeitung 29. Juni 2021 Die Epoche Post-Primitivismus / Eine Pariser Ausstellung will mit den Klischees über das afrikanische Kunsterbe aufräumen / Von Joseph Haniman / abrufbar SZ online hier.

Zugang HIER oder medias in res (wie folgt)

„Racist, Sexist“

Von der Wut

Ich habe sofort Partei ergriffen. Als alter Herr, der ich natürlich nicht sein will. Da wird gerade erzählt von einem unschönen Erlebnis: Mila, eine junge „Asian American“ bekam von einem Mitschüler zu hören, „sein Vater habe gesagt, er solle sich von Chinesen fernhalten. Sie sei Chinesin, entgegnete sie. Darauf wich er von ihr zurück. Es war das erste Mal in ihrem Leben, dass Mila Rassismus erfuhr, und das Erlebnis beschäftigte sie so sehr, dass sie es in einem Song verarbeitete.“ (Sie war Mitglied einer Band.)

Es ist wohl klar, für wen ich Partei ergriffen habe, – aber das Gegenteil ist der Fall. Nämlich nicht für das süße kleine Mädchen, sondern für den bestimmt auch sehr süßen kleinen dummen Jungen. Wie gern hätte ich in der Umgebung der Kinder aufklärend gewirkt, wenn das nicht nach plumper Annäherung ausgesehen hätte, suspekt auf jeden Fall. Bedenken Sie: in der heutigen Zeit, wo kein Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland ungestraft  Birnen verteilen dürfte!

Ein neunjähriger Junge macht die Erfahrung, dass ein gleichaltriges Mädchen nicht einfach ein nettes Mädchen ist, sondern mit einer gewissen Berechtigung (Vater!) als Chinesin bezeichnet werden könnte, – eine allerdings böse gemeinte Bezeichnung, und das Mädchen hatte noch nie davon gehört. Und nun wird die Wut des Mädchens gelobt und groß inszeniert, vermutlich halfen ihr Erwachsene dabei. Millionen haben die Lektion kapiert und geklickt. Große Emotionen kommen weltweit gut an. Darf ich nun, als alter, weißer Mann, von Toleranz und Intelligenz reden? Und dran erinnern, dass Kinder (9-Jährige sind Kinder, auch wenn man sie auf die Bühne stellt!) letztlich durch Beispiel, wachsende Denkfähigkeit und Wahrnehmungsschulung zu jungen Erwachsenen werden, die ihre Wut und Streitlust unter die eigene Kontrolle gebracht haben.

Z.B. wenn der eine das Wort „Rassist“ noch nicht kennt, aber es womöglich verdient, dann darf man auch noch „Sexist“ dazusetzen, damit die verständliche Wut noch deutlicher wird. Und vor allem die Musik in Richtung Lautstärke missbrauchen, damit man weitere Töne nicht zu entdecken braucht. Und dann vor allem eine Pressekonferenz geben, indem das eigene Seelenleben lustig als recht zerbrechlich zelebriert wird.

Man muss den Jungen weiterhin von seinem Vater lernen lassen, ihn bloßstellen, lächerlich machen, statt mit ihm zu reden, ihm etwas zum Lesen zu geben oder die Eltern miteinander reden zu lassen. Wie bürgerlich wäre das denn!!!

Man dürfte als alter weißer Mann daran festhalten, wie süß die Wut wirkt, wenn kleine Göhren sich aufregen und dies möglichst einfältig, um auf der Gegenseite Fremdscham und Beißhemmung auszulösen. Ja, das funktioniert doch!

Ich habe also die SZ relativ aufmerksam gelesen, mit einem Anflug von Wohlwollen. Aber unwiderstehlich stieg das Verlangen, ein millionenfach angeklicktes Musik-Video auch zu erleben. Bitteschön:  HIER. Oder auch eine Art Pressekonferenz: HIER.

Also gut gemacht, der Schaumschlag-Journalismus. Es wirkt. Jetzt klicken auch Sie und ich. (Die Schreiberin könnte exakt meine Tochter sein. Und ich, ich könnte exakt mein Vater sein, kombiniert mit meiner Mutter, die ständig von Vererbung sprach. Man kam nicht drauf, dass das auch etwas mit Rassismus zu tun haben kann. Oder man ergänzt es durch eine Milieu-Theorie.)

Quelle Süddeutsche Zeitung 19./20. Juni 2021 Seite 17 An alle Idioten Man kann ja nicht immer nur betroffen sein, manchmal braucht es einfach Wut, „The Linda-Lindas“ machen Kinnhaken als Musik. Von Johanna Adorján.

Guter Journalismus

Ich finde es gut, wenn ein Zeitungsartikel es fertig bringt, lesende Menschen zu bannen und zu aktivieren, und zwar so, dass sie sich nicht nachträglich schämen müssen („niedere Instinkte“!). Denn auch das gibt es, und ich muss dabei nicht auf andere zeigen. Ich glaube, dass auch die Schreiberin des Linda-Linda-Artikels dazugehört, dass sie sich nur hat überrumpeln lassen durch das bevorzugte Syndrom „mutige kleine Frau“ + „Kinder haben immer recht“ kombiniert mit den Klischees „es gibt keine primitive Musik“ + „Hauptsache Emotion“.

Möglich wäre allerdings: „keine Musik ist zu primitiv, analysiert zu werden“.

Heute 21.6.21 las ich einen Artikel in den mir täglich aufgedrängten t-online-Nachrichten über das Thema „Russland-Krieg“ vor 80 Jahren, über das ich schon genug gelesen zu haben glaubte. Ich dachte an den Bruder meiner Mutter, der an der Ostfront umgekommen ist, an die Mutter meines Vaters, die vor den Russen aus Pommern geflohen ist (wo übrigens die Nazis mehrheitlich gewählt worden waren) und vieles andere. Auch an die Russen, die ich als Kind erlebt habe, als sie in Greifswald einmarschierten („Sie sind lieb“).

Und nun der Artikel, – „Sie sind unter uns“ – , der mich veranlasste, nach weiteren Arbeiten desselben Autors Ausschau zu halten, bemerkenswert auch der zu Carolin Emcke und dem auf sie bezogenen Shitstorm. Alles HIER.

Déjà vue, Dvořák

Was ich schon fast vergessen hatte (oder gerade nicht)

  Neu: KONKRET / Kodály Fotos rechts JR 1979 Rumänien World Network 1997

ZITAT aus Konkret:

  Tempi passati / weiter siehe ⇒⇓

Quelle Berthold Seliger „Valium fürs Volk“ in Konkret Juni 2021 hier

Eine neue CD mit Kelemen + dieses Foto, da gab es keine Sekunde Bedenkzeit, ich weiß, was er kann, siehe hier. Ich erinnere mich auch gut an Altstaedt mit Beethoven (verloren gegangener Blogartikel vor 11.11.2014) und seit Jahrzehnten an Lonquich, zuletzt mit Brahms hier und seit 1985 (?) an sein unvergleichliches Mozart-Spiel. Neuland: der Cellist Altstaedt schreibt! (CD-Text zu Dvořák, aufgehängt am Wort Dumky, das ich beim Abegg-Dvorak-Text noch recht kurz abgetan habe, siehe hier). Jeder Ansatz, einen Booklettext „in der heutigen Zeit“ mit solchem Ernst anzugehen, kann gar nicht genug gewürdigt werden. Das soll kein verkapptes Eigenlob sein, denn in der Frühzeit der sorgfältigen Klassikausgaben war es selbstverständlich, dass der begleitende Text eine Schlüsselrolle spielte. Man muss vermitteln, dass die Musik sich nicht in einem schönen Klangerlebnis erschöpft.

Etwas Besseres aber als diese CD zwischen den Welten der oberen und unteren Musik hätte ich mir heute nicht wünschen können, eine Offenbarung. Es ist doch nur Dvořák? Sozusagen „gehobene Unterhaltung“? Für die einen weiterhin, für andere vielleicht: Musik als Mittelpunkt der Welt.

Seltsamerweise fehlt dem Booklet eine entsprechende Einführung zu dem Kodály-Werk, das ja viel unbekannter ist und der Einbettung viel mehr bedarf. Ich empfehle den Text bei Villa Musica hier , jedenfalls als Anregung (z.B. Korrektur fällig zum Begriff Verbunkos), dazu ein intensiver Blick in die Noten: hier. Oder in aller Vorsicht (rein privat) auch bei IMSLP (Petrucci) hier.

Übrigens: das Titelbild hat mich angerührt und tolle Erinnerungen wachgerufen. Damit wollte ich aber nicht sagen, dass es zur CD wirklich passt, nicht einmal zu Kodály und seiner Begeisterung für die ungarische Bauernmusik.

Zum Reinhören: Hier

Was den Text angeht, muss ich bei näherer Betrachtung doch etwas Wasser in den Wein gießen. Man gewinnt fast den Eindruck, dass Dvořák sich tatsächlich auf den ukrainischen Nationaldichter Tarás Shevchenko und sein Epos „Kobzar“ bezieht. Da wird gefragt, ob der Komponist den berühmten Kobzaspieler Ostap Veresai vielleicht gehört habe, mit der Zither sei er ja in seiner Jugend  (in …) aufgewachsen. „Sein Vater war Zitherspieler (wie der Ururgroßvater J.S.Bachs) …“. Schon hier wäre nachzufragen, ob eine Kobza eigentlich eine Zither sei oder vielleicht doch eine Art Laute. Zumal Bachs Vorfahr „sein meistes Vergnügen an einem Cythringen gehabt hat“ (O-Ton J.S.B.), was wohl als Cister angesehen werden kann, während Dvořáks Vater in seiner Gastwirtschaft eher auf einer (österreichisch-alpenländischen) Zither zum Tanz aufgespielt hat. Der Gebrauch solcher Assoziationen mit flotten Assonanzen stimmt skeptisch. Und die gesungenen Geschichten der ukrainischen Kobsaren, die Stalin ermorden ließ, hatten im übrigen mit Dur- und Mollwechsel nichts zu tun, und das geschah auch nicht 1939, wie im Booklet vermutet, sondern schon 1932 in Kharkiv. Missverständlich auch, diese Dumky- Aufnahme „à la memoire des grands artistes“ zu widmen, als seien sie mit Tschaikowskys Widmungsträger Nikolaj Rubinstein, dem Gründer des Moskauer Konservatoriums, irgendwie wesensverwandt. Im Blick auf ein im guten Sinn naiveres Lesepublikum wäre auch erwähnenswert gewesen, dass Hölderlin nun aber auch gar nichts mit Dvořák gemeinsam hat (es sei denn, er wäre ebenfalls mit Hegel zur Schule gegangen). Und anders als Janáček hat er wohl auch nicht das „Slawische“ von Haus aus so leidenschaftlich verehrt, sondern ist durch den Verleger Simrock drauf gekommen oder mittelbar durch das Vorbild Brahms, dessen „Ungarische Tänze“ so erfolgreich waren… Mit einer „echten“ Volksmusik, die erst durch Bartók und Kodály deutlich von der sogenannten „Zigeunermusik“ der städtischen Showbühnen und Salons in Wien oder Budapest unterschieden wurde, hatte das nichts zu tun. Wer weiß – vielleicht hat Barnabás Kelemen auch deswegen keinen entsprechenden Text beigesteuert? Mit dem „slawischen Charakterzug“, den Dvořák in Schuberts Klaviermusik gespürt haben soll, muss man es wohl nicht so genau nehmen; denn schon im nächsten Satz seines Essays ist es der „slawische oder ungarische Charakterzug“, und er verdeutlicht: „Während seines [Schuberts] Aufenthaltes in Ungarn assimilierte er nationale Melodien und rhythmische Besonderheiten, übernahm sie in seine Kunst, und wurde so Vorreiter von Liszt, Brahms und anderen, welche ungarische Melodien zu einem integralen Bestandteil der europäischen Konzertmusik machten.“ Er sah das „Slawische“ offenbar nicht als Kampfbegriff, sondern als Oberbegriff für alles, was in der Volksmusik „bezaubernd und neu“ ist:

Aus den reichen Beständen slawischer Konzertmusik, in ungarischen, russischen, böhmischen und polnischen Abarten, haben die heutigen Komponisten Nutzen und werden daraus weiterhin vieles aufgreifen, das bezaubernd und neu in ihrer Musik ist. Man kaum etwas dagegen haben, denn, wenn Dichter und Maler vieles von ihrem Besten auf nationalen Legenden, Liedern und Traditionen aufbauen, warum sollte es der Musiker nicht tun?

So sah Dvořák selbst kein Problem, diesen „slawischen“ Stil später mit „amerikanischen“ Elementen anzureichern, Motiven aus Negro Spirituals oder indianischer Musik, die er nicht etwa indigenen Sängern ablauschte, sondern gedruckten Notensammlungen entnahm – wie übrigens auch Pablo de Sarasate und Brahms: letzterer ließ aus solchen Gründen seine Ungarischen Tänze ohne „besitzanzeigende“ Opuszahl veröffentlichen, und Sarasate entzog sich einer möglichen Copyright-Klage, indem er im eigenen Konzert eine Originalmelodie, deren Komponist ihm namentlich bekannt geworden war, übersprang.

Ich sage nichts gegen die sentimentale Popularmusik der Großstädte, alles an seinem Platz! Aber es gibt eine herrliche Geschichte über den Kolporteur des „Zigeunerweisen“-Mythos: als man Sarasate auf einer seiner Tourneen in Bukarest mit einem autochthonen Zigeuner-(Roma-?) Ensemble beglückte, meinte er: „Mais, c’est mauvais, ça!“.

Dabei wäre, was da gespielt wurde, durchaus kompatibel gewesen, es war nicht etwa eine andere Welt, sondern die unterhaltende Welt eines absolut im westlichen Sinne kultivierten (oder „sogar“ vom Adel geprägten) Publikums. Kein Anwesender hätte einem Geiger wie jenem armen Kerl auf dem CD-Cover ein Ohr geliehen oder gar die Hand gegeben.

Grausam wird es erst, wenn man sich nur wenige Schritte hinausbewegt: die Kluft zwischen der Musik, die das Cover dieser CD imaginiert, und der Musik des gebildeten Bürgertums in den Großstädten des 19. Jahrhunderts kann man sich gar nicht groß genug vorstellen. Ich empfehle die einschlägigen Schriften von Béla Bartók oder das schmale Buch von Zoltán Kodály über „Die ungarische Volksmusik“ (Corvina Budapest 1958), aus dem hier noch zitiert sei:

Man muss nur einige Seiten in diesem Buch lesen – ohne sich sofort über den erst in jüngerer Zeit problematisierten Z-Ausdruck aufzuregen – und verstanden haben, dass der Begriff Volksmusik bei Kodaly einen diametral entgegengesetzen Sinn hat gegenüber dem, der in der hochromantisch getönten Musik von Dvořák zu wirken scheint. Zwar gab es in den „slawischen“ Ländern auch schon frühe Sammlungen, die – oberflächlich betrachtet – ethnographisch anmuten. Für sie gilt dennoch genau das, was Kodály beschreibt: „die Sammler von damals (…) beachteten nur die in die Mittelklasse eingedrungenen Lieder, sie konnten sich eben nicht zu jenen entscheidenden ‚zehn Schritten‘ entschliessen, die vom ländlichen Herrensitz zur Bauernhütte führten“. Er verweist auf unzählige Beispiele, die zeigen, dass das Volk und seine Lieder dieser inmitten des Volkes wohnenden adeligen und gebildeten Klasse so wenig bekannt waren, als wären beide durch eine eherne Mauer voneinander getrennt gewesen.“ (Seite 15) Und ein Roman, der bekanntlich nicht tönt, wie z.B. „Der Kobsar“, sagt rein gar nichts über die Akzeptanz der realen Musik, um die es allein geht, die aber niemand kennt. Daher klingt auch „Kammermusik“ von Kodaly, der wirklich in die abgelegenen Dörfer ging, so erschreckend anders als die von Dvořák, der im Sinfonieorchester zuhaus war. Und das macht diese CD auch so spannend! Aber sie sollte zugleich Widerspruch wecken und aushalten.

Original 1935 (deutsch1958)

Ich schaue natürlich ins Lexikon MGG, zunächst einmal online, so gut es geht, hier, dann auch ins Original aus Papier und frage mich, ob die Autorin Anna Dalos auch Musikethnologie studiert hat, was nirgendwo so naheliegt wie in Budapest. Das Fazit ihrer Arbeit über Kodálys autobiographische Sinfonie in C (1961) sehe ich hier. C-dur??? Über die früheste der drei Phasen seines Lebenswerks folgendes aus dem MGG:

Quelle Anna Dalos in MGG Personenteil Bd.10 Sp.399

Es könnte 1961 gewesen sein, als der alte Zoltán Kodály in der Kölner Musikhochschule zu Gast war und mit dem Madrigalchor probte. Er war sehr streng, wie man erzählte, und niemand fand ihn sympathisch, jedoch souverän in der musikalischen Praxis. Hermann Schroeder hatte ihn geholt, selbst Traditionalist, der sich gegen B.A. Zimmermann und Stockhausen zu behaupten suchte, wie in Berlin, wo ich herkam, etwa mein Kontrapunktlehrer Ernst Pepping gegen (?) vielleicht Boris Blacher, den Rektor der Hochschule. Mein Harmonielehreprofessor Max Baumann zerriss mit Worten und Gesten die Diplomarbeit eines Studenten über serielle Musik, die damals diesen Namen noch nicht trug. Ich las  neben Adorno auch ein Buch von Stuckenschmidt, das die Leuchttürme an den Ufern einer weltweit Neuen Musik skizzierte, darin ein wohltuend verständnisvoller Beitrag über Béla Bartók. Zukunft auch dort. In Köln gestand mir ein hochbegabter Kommilitone, Wilhelm Empt, der schon als NRW-Komponist ausgezeichnet worden war: „Ich komme von Bartók nicht los. Genausowenig wie von Kafka.“ Man glaubt heutzutage kaum noch, was für Glaubenskämpfe und Intrigen damals (vor 1968) an den Hochschulen und außerhalb kursierten. „Armes Deutschland!“, sagte ein Schülervater kopfschüttelnd, als der WDR eine seiner Kompositionen für Jugendliche – „Traumspiel“ – als Mitschnitt produzierte. Für ihn wars Avantgarde. Für die jungen Leute auch, mit Deutschland hatte das absolut nichts zu tun. Es war neu und offen, wie er selbst.

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Zurück zum jungen Kodály. Was ist an dem Duo op.7 so außergewöhnlich? wie würde ich Leuten den Zugang zu dieser Musik erschließen, die noch nichts Ähnliches gehört haben?  Ich würde expressionistische Bilder hervorsuchen, zerklüftete Landschaften, alpine Gipfel und Schluchten, grüne Wildnis an Sturzbächen, würde an den alten Stilus phantasticus erinnern, – und das soll pentatonisch geprägt sein? solche Aufschwünge, solche Abstürze? wie kann Pentatonik solche Spannungen entwickeln? der Komponist soll in den österreichischen Alpen gewesen sein, als er das Werk entwarf, in Feldkirch, er soll sich tatsächlich melodisch am Verlauf der Gebirgsketten orientiert haben. Unberechenbar, aber aus Stein. Wenn er pentatonische Reihen verwendet hat, dann nicht nur eine, sondern auch: chromatisch versetzte, irgendwohin transponierte und miteinander verschlungene, wie sonst könnte es so verstörend wirken, wenn die beiden Instrumente sich plötzlich zu einem gewaltigen Gleichklang verbinden, reine Oktaven, markerschütternd.

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Versuch, einen Gedanken festzuhalten.

Früher hätte ich gesagt, das Radio sei das ideale Medium zum Vermitteln von Musik. Wenn man es nicht als bloße Abspielstation betrachtet, sondern als eine Verführung zum Hören. Ein von Persönlichkeiten – nicht von Vorschriften – geprägtes Medium zum Ohren-Aufschließen. Damit setzt man sich nicht aufs hohe Ross, man zeigt nicht, wo’s langgeht, sondern berichtet allenfalls von gelungenen Hörerfahrungen. Das ist Sache einer persönlichen Moderation. Mich interessiert zwar jeder Mensch, auch musikalische Laien, die eigene, authentische Hörerfahrungen beschreiben, was aber nicht bedeuten muss, dass die entsprechenden Statements weitergegeben werden müssen. Was öffentlich gesagt wird, sollte auf Wissen beruhen, nicht auf Vermutungen, Gefühlen oder didaktischem Ehrgeiz. Und nicht der/die eine redet, während der/die andere das Briefing dafür zusammenstellt: das stammt aus falsch verstandenen, arbeitsteiligen Vorgängen. Jeder erfahrene Musiker hört sofort, ob jemand, der differenziert über Musik zu reden versucht, Ahnung vom Gegenstand hat oder nur gebrieft ist. Und das Laienpublikum hört das auch, und es fühlt sich gerade nicht abgeholt, wenn es laienhaft angesprochen wird, es fühlt sich schlicht beleidigend unterschätzt.

Weitere Abschweifungen in diesen Tagen (9.Juni)

Weiterhin FAUST bzw. Faust II . Auch Schuberts letzte Sonate (Clifford Curzons flexible gegen Korsticks langsame Version). Die absurd schnelle Fassung der VII. Beeth. aus Delphi unter Currentzis. Durchgepeitscht, dazu absurder Tanz. Enggefasst, also Produktionen aus einem kurzen Zeitraum der Kulturgeschichte: zwischen 1827 und 1832 (Beethoven VII 1812). Altersparallelen, Schubert als Euphorion.

17. Juni Noch etwas zum Radio und zur Situation des (öffentlich-rechtlich verstandenen) HÖRENS: Kann man es hören, wenn ein Musikprogramm nicht von Menschen, sondern von Algorithmen generiert wird? Ich z.B. reagiere auf sehr gute Musikstücke gereizt, wenn ich ahne, dass sie dank ihrer Verträglichkeit auftauchen, – dass ein Stück nur aus seiner Umgebung herausgelöst ist, um einen geschmierten Prorammverlauf zu gewährleisten.

Man sollte es nicht versäumen, sich mit allen Veränderungen zu befassen, die sich auf eine gewissermaßen kartografierte Erfassung der menschlichen Kulturbedürfnisse gründen. Lesenswert z.B. Martin Hufner über „Die Selbstverüberflüssigung des Kulturradios“ hier.

Nachtrag

Wilhelm Empt: aus den 10 Duos für zwei Violinen 2. Auflage Köln 1987 / Zur Erinnerung

damals im Eigenverlag (unveröffenlicht)

Europa-Rechte Aufruf

Eben unterzeichnet!

Der Autor Ferdinand von Schirach in eigener Sache:

Als ich um 15.00 Uhr den Aufruf unterzeichnete, gab es dort 124.584 Unterschriften. Als ich nach etwa 5 Minuten alles Inhaltliche zur Kenntnis genommen hatte und die Seite noch einmal neu aufrief, waren es 124.731.

Zum ersten Mal gehört hatte ich von der Initiative in der Lanz-Sendung vorgestern; gestern war das kleine Buch in meiner Buchhandlung vergriffen, heute aber bereits wieder eingetroffen.

Die entsprechende Web-Seite findet man hier. Inzwischen – nach etwa 15 Minuten – steht das Register bei 126.372.

Abends gegen 22.00 Uhr bei 139.789.

Wann sind Sie dabei?

Nachwort

Verschiedentlich hörte ich: das ist zu einfach, damit kommt man nicht durch – wie bitte? Haben Sie sich denn schon hingesetzt und nachgedacht, wie es wohl ginge? Haben Sie den Text des Büchleins schon gelesen? Es kostet doch nur 5 Euro. Was ist uns unsere Zukunft wert? Sehen Sie: so geht es los, das Denken, so:

Ferdinand von Schirach

JR / Wir haben den 16. April bald 15 Uhr, alles ist wie gestern, aber inzwischen liegt die Zahl der Unterschriften bei 148.292 … abends gegen 22:00 Uhr über 152.000.

Zufall?

„Ökozid“ soll Straftatbestand werden (Frankreich)

hier https://www.tagesschau.de/ausland/europa/frankreich-oekozid-101.html

Falls Sie noch Beispiele suchen, die auch überall in Europa vorkommen könnten, ob in der Nordsee oder in den Karpaten:

Ölbohrungen im Naturschutzgebiet: Namibia und Botswana in der Kritik hier

vgl. auch im folgenden Beitrag über dasselbe Vorhaben den Link zu den SHELL-Aktivitäten in Nigeria hier

P.S. 7. Mai 2021

Natürlich gilt auch nach der Unterzeichnung dieses Aufrufs kein Denkverbot. ZITAT:

Ein vom Schriftsteller Ferdinand von Schirach mitinitiiertes Manifest fordert ein „Recht auf Wahrheit“ gegenüber Amtsträgern. Was zunächst nach einem Segen für die Demokratie klingt, wäre nach dem Politikverständnis Hannah Arendts jedoch das genaue Gegenteil.

So ein lesenswerter Beitrag im philosophie magazin hier

Weiteres zur Problematik des Begriffs der Wahrheit in der Politik siehe in dem Artikel: Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners Der Philosoph und Physiker Heinz von Foerster im Gespräch mit Bernhard Pörksen / 16. Januar 1998 in DIE ZEIT 04/1998 online hier.

Nachtrag am 14. Mai 2021 (heutiger Stand 207.432 um 6.50 Uhr)

Es lohnt sich, zur Klärung einiger Punkte, die hier vielleicht noch problematisch erschienen, die gestrige Markus-Lanz-Sendung nachzuhören und zwar ab 1:00:12 bzw. genau 01:01:06. Ferdinand von Schirach:

„Grundrechte“ legen ja in einer Gesellschaft den alleräußersten Rahmen. Wie dann innerhalb dieses Rahmens verhandelt wird, also was wir an zusätzlichen Gesetzen machen, an neuen Verordnungen, das ist der Politik vollkommen frei überlassen. (folgt Thema „Wahrheit“) …wissen wir alle, dass Politik ohne Lüge überhaupt nicht vorstellbar ist. Hat es nie gegeben. Beispiel: ein Staatsbürger der Bundesrepublik wird im Jemen entführt, es wird verhandelt, und es geht nun darum, dass der Sprecher der Bundesregierung sagen darf: ne, wir verhandeln nicht oder : wir haben kein Lösegeld bezahlt – um die Verhandlungen oder spätere andere Fälle nicht zu gefährden, – das wird es immer geben, ist auch vollkommen in Ordnung. Hannah Arendt: Lügen waren früher etwas wie Verbergen, und heute ist es wie Vernichten. Es geht also um die systematische Lüge. Und die immer immer immer wiederholte Lüge. Das beste Beispiel dafür ist Donald Trump: Alle Gerichte in den USA, egal wo er war, haben gesagt: du hast die Wahl verloren, du hast keine Argumente vorgebracht, 1:02:52 bis (betr. Algorithmen: am Ende muss immer ein Mensch entscheiden!) 1:08:43.

Nachtrag 9. Dezember 2021 DIE ZEIT
Detail:

CORONA verstehen

Ein neues Vorwort zur Warnung

Ich war hochgemut gestimmt, als ich diesen Artikel entwarf und sozusagen die Lektüre noch als Aufgabe für mich selbst betrachtete, ohne schon alles gelesen zu haben, was ich da empfahl. Inzwischen hat sich vieles verändert, ich bin zwischendurch völlig ausgestiegen, das Verlangen nach einer sorgfältigen Überarbeitung wurde immer stärker, der Eindruck, dass der Fachjargon doch wohl so nicht zumutbar sei. Ich müsste eine andere Reihenfolge der Themen versuchen, eine Umgestaltung, allerhand eigene Kommentare einfügen usw. – aber es ist klar, dass ich das nicht leisten kann. Ich will so bald wie möglich zur Musik oder anderen mir näherliegenden Themen zurückkehren und nicht zu einem Hobby-Epidemiologen mutieren. Meine Sorge um das Interesse der Gutwilligen gebot mir vorzuschlagen, nur das zu lesen, was mir am ehesten eingeleuchtet hat, es folgt auf die Überschrift:

PLURV-Prinzip

Alles lesenswert! (Aber auch schon bekannt.) Oder ich nehme folgenden Abschnitt (Linkeinfügung von mir):

Jetzt kommt also ein Virus, das trifft auf eine Population, wo es einen leichten Immun-escape bewerkstelligen kann. Jetzt denken wir uns mal: Da waren vorher 50 Prozent de facto immun, davon 30 Prozent richtig knallhart immun und 20 Prozent grenz-immun gegen das bis dato zirkulierende Virus. Grenzimmun heißt in meiner Vorstellung: Die können sich noch infizieren, aber die werden nicht mehr so schwer krank, weil das Virus schon ganz schön gebremst wird, sobald es eine Infektion setzt. Im Hals muss es schon wieder aufhören, weil die Antikörper das schon wieder abbremsen. Das ist also alles noch nicht T-Zell-Immunität. Jetzt kommt ein Virus, das zeigt einen leichten Escape. Und plötzlich sind diese 20 Prozent Grenzimmunen nicht mehr ausreichend immun. Die können sich wieder richtig infizieren. Außerdem noch die 50 Prozent in der Bevölkerung, die noch keinen Kontakt hatten. Und jetzt haben wir wieder offene Türen für eine rasende nächste, zweite Welle.

Und dann schimmert bereits ein Unbehagen an der volksnahen Ausdrucksweise durch:

So muss man sich das vielleicht grob und hemdsärmelig vorstellen, was in Manaus wahrscheinlich passiert ist, was man in Südafrika erlebt hat, jetzt über den späten Herbst und die Wintermonate mit der 1351-Mutante.

Zitat Drosten. Am Ende driftet das Gespräch für meine Begriffe sogar etwas ins unfreiwillig Komische ab, wenn Frau Schulmann sagt:

Über verschiedene Strategien im Umgang mit der Pandemie spricht auch die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim mit meinem NDR Kollegen Norbert Grundei, im Podcast „Die Idee“. Mai Thi ist YouTuberin und hat mehr als eine Million Abonnentinnen und Abonnenten auf ihrem Funk-Kanal maiLab. Ich habe gesehen, Herr Drosten, dass Sie ihr bei Twitter gratuliert hatten, als sie zur Journalistin des Jahres 2020 gekürt wurde. Kennen Sie sie auch persönlich?

usw.

(JR) Ich neige selbst zu größter Bewunderung einiger Wissenschaftsjournalist*innen, deren Artikel ich in den großen Zeitungen lese. Auch zur Bewunderung derer, die imstande sind, Kritiken solcher Artikel zu schreiben, aber ich habe keine Lust oder Begabung, diese kritischen Behandlungen selbst vorzunehmen. Ich würde sie im vorliegenden Fall, da ich die Kompetenz des Wissenschaftlers Christian Drosten keinen Moment bezweifle, auch nur auf die fachlich vorgeprägte Sprache und die  journalistische Darstellung insgesamt beziehen. Vielleicht ein andermal, – aber jetzt ist mir das Thema zu ernst, um mich weiter daran zu üben. Vielleicht füge ich an dieser Stelle hier ein, was mir in Zukunft noch Lesens- und Lernenswertes zur Pandemie begegnet. Ich werde auch die ganze NDR-Veröffentlichung noch gründlicher studieren. Aber im Moment verabschiede ich mich aus diesem Blog-Artikel. (Sonntag, 11.04.2021, 10 Uhr)

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Die Lage im April (begonnen am 9.4.2021, 10 Uhr JR)

Es ist keine Kleinigkeit, sondern ein Jahrhundertereignis, das ALLE und zugleich jeden persönlich angeht. Man verlangt also von sich selbst durchaus nicht zuviel, wenn man MEHR oder potentiell sogar ALLES Wesentliche darüber wissen will. Warum soll man die Corona-Situation nicht so ernst nehmen, dass man die Veränderungen der aktuellen Lage nicht nur fürchtet, sondern auch die Art der neuen Bedrohung ganz genau zu verstehen sucht? Mich hat der NMZ-Newsletter daran erinnert:

Wir hoffen sehr, dass wieder mal etwas für Sie dabei ist. Unsere Themen kreisen ja wie in einem Magazin kreuz und quer durch das Musikleben. Was Sie sicher hier nicht bekommen: Mathematische, epidemiologische, virologische und statistische Berechnungen in Sachen Bewältigung der Corona-Pandemie. Da werden Sie ganz sicher an anderer Stelle fündig. Aber gerade deswegen liegt es mir am Herzen, auf den letzten Podcast mit Christian Drosten im NDR hinzuweisen. Denn dort streifen Sie am Rande viele wichtigen Fragen zum Thema. Das machen die Moderatorin und der Experte in Folge 81 mit so viel Sachlichkeit und Fachkenntnis, die man sich in derlei Diskussionen sonstwo nur wünschen kann. Das ist kein Showlaufen. 

Dank also an die NMZ, die Neue musikzeitung www.nmz.de !

Die NDR-Wissenschaftsredakteurin Beke Schulmann spricht mit Christian Drosten, dem Leiter der Virologie an der Charité Berlin: unter anderem über den Umgang mit der dritten Welle, die laufenden Modellprojekte und die Frage, wie sich ein einfacher Schnupfen auf eine Infektion mit dem Coronavirus auswirken kann.

HIER

Das Interview mit Christian Drosten beginnt mit einer der vorangestellten Übersicht der behandelten Themen, in deren Behandlung man dann direkt per Klick springen kann.

Stattdessen findet man im folgenden auch den Fließtext als Ganzes:

Coronavirus-Update: Die Lage ist ernst

Hier

Nur ein kleiner Hinweis vorweg (JR) / wach bleiben! Ich bin gleich bei der zweiten Antwort des Virologen über einen Satz gestolpert, den ich kurz auflösen will:

Drosten: Wir wissen relativ gut, dass die aktuellen Impfstoffe eine Immunität hervorrufen gegen die die südafrikanische und die brasilianische Mutante einen Escape zeigen. Das heißt in Neutralisationstests im Labor, wo wir Antikörper mit Virus zusammenbringen und dann sehen, dass die Virusinfektion ein bisschen schlechter abläuft.

Es fehlt schlicht ein Komma vor gegen die die , und gleich danach weiß ich nicht unbedingt, was ein Escape ist. Ich ahne es nur:

Als Immunevasion (von lateinisch evadere „entkommen, entrinnen“, englisch immune evasion oder immune escape) bezeichnet man einen Vorgang, bei dem Pathogene mithilfe von Mutation oder spezifischen Mechanismen einer Erkennung oder Abwehr durch das Immunsystem entgehen.

Das Zitat stammt aus Wikipedia. Somit bedeutet das wohl, dass diese Virus-Mutanten ihrem Feind, dem Impfstoff, ausweichen können. Aber was heißt dann: dass die Virusinfektion ein bisschen schlechter abläuft (?). Sie gelingt trotz unserer Maßnahmen leichter. Das Wort „schlechter“ ist schlecht.

Wenn ich recht habe, bedeutet das erhöhte Wachsamkeit: es handelt sich um die Niederschrift eines gesprochenen Interviews – mit neuen Missverständnismöglichkeiten. Wenn mir noch mehr passiert, werde ich auch das notieren…

Es gibt aber auch Leute, die besser hörend als lesend verstehen. (Wie meine Tochter in frühen Jahren, die, wenn ich ihr einen Text zu lesen geben wollte, sagte: „lieber erßählen!“ Dabei las sie gut, aber besser Noten als Buchstaben).

Sie können leicht über den ersten, oben gegebenen Link in den Text kommen, jedoch darin auch zum Original-Interview vorstoßen, um es akustisch weiterverfolgen, sobald Sie dort die folgende Schaltfläche sehen:

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An dieser Stelle können Sie frühestens nach einer Stunde angelangt sein. Plus Pause.

Als Ergänzung habe ich dann die Ausführungen des Philosophen Nida-Rümelin nützlich gefunden, die ich vage in Erinnerung hatte: gehört bei Markus LANZ (https://www.zdf.de/gesellschaft/markus-lanz/markus-lanz-vom-7-april-2021-100.html) und wiedergefunden:

HIER / Ab ca. 32:55 Julian Nida-Rümelin: aus der Pandemiekrise etwas lernen! Wenn man einmal den globalen Blick einnimmt, das fällt manchen schwer, und dann kommt immer das Kulturargument, ich verstehe das Argument gerade bei Ostasien überhaupt nicht. Was sind die Regionen auf der Welt, die am schlechtesten herausgekommen sind? Nicht Afrika, und auch nicht Ostasien. Nicht einmal Südasien. Sondern Europa und Südamerika. Das sind die beiden Regionen mit der höchsten Mortalität weltweit. Mit Abstand die höchste Mortalität! das heißt: da ist was schief gelaufen. Wenn das in Südamerika passiert, sagen manche, na ja, Schwellenländer, funktioniert nicht so richtig. Chile ist, was Impffortschritte angeht, weit weit weit vor Europa, Chile! Wir schaun mal auf die Daten. Was ist in Ostasien? Das sind Demokratien, da gibt es auch ne große Diktatur, China, mit Maßnahmen, die wir nie akzeptieren könnten. Aber liberale Demokratien wie Südkorea. Übrigens auch Australien, Neuseeland, nicht nur asiatische Länder, sondern Länder, die in dieser Region sind, haben es gut gemacht. Thailand! hat es gut gemacht, ne Diktatur, zugegebenermaßen. Singapur hat es sehr gut gemacht. Taiwan, Vietnam! Sie haben auch eine andere Logik von Anfang an gehabt. Ich habe immer gesagt: Leute, bei Exponentialfunktionen, bitte, schaut doch mal hin in eure Lehrbücher in der Schule, da hilft es nur am Anfang! Das hilft, und wenn man das verpasst am Anfang, dann geraten diese Dinge außer Kontrolle. Ich hab überhaupt nicht verstehen können, wie die Ischgl-Rückkehrer in ihre Häuser zurückkehrten und ihre Wohnungen – ohne Quarantäne! Erinnern Sie sich noch? Europa hat sich aufgeregt, als die USA die Grenzen geschlossen hat, – viel zu langsam! Die WHO hat gesagt, wir schauen jetzt mal zu – ich karikiere jetzt etwas, aber nicht wesentlich, ich kann das belegen – wie sich die Risikosituation entwickelt. RKI ebenfalls, ja, wenn man zuschaut, ist es schon zu spät! Das heißt, wir haben am Anfang keine konsequente Containment-Politik gemacht, wir haben alle Empfehlungen des RKI von 2012 missachtet, jahrelang, bis die Katastrophe da ist, und jetzt rettet uns – hoffentlich! – die Impfkampagne. Was würden wir denn machen, wenn das mit dem Impfen – bei andern Infektionskrankheiten 10 Jahre, 7 Jahre, oder vielleicht überhaupt nicht gekommen wäre, wie das bei Aids der Fall ist. Was hätten wir dann gemacht? Wir hätten uns jetzt mit Lockdown zu Lockdown zu Lockdown immer weiter runtergewirtschaftet, bis das Land ruiniert ist? Wirklich? Das kann doch nicht sein. Also wir müssen daraus dringend lernen. Und deshalb möchte ich – wenn ich darf, möchte ich nochmal einen Begriff am Anfang, den wir so schnell abgetan haben, – keine Laschet-Diskussion jetzt, ja? – das mit der Brücke ist nicht so ganz uninteressant. Er spricht von Brücken-Lockdown. Ich weiß nicht, ob er sich die Zahlen angeschaut hat 35:30

(Fortsetzung folgt)

Außerdem unbedingt lesen:

Philosoph Nida-Rümelin plädiert für Öffnung von Kultureinrichtungen Hier

Prof. Michael Meyer-Hermann, Physiker MMH
Der Systemimmunologe vom Braunschweiger Helmholtz Zentrum erstellt Risikoeinschätzungen zum Verlauf von Epidemien. Er analysiert das Corona-Infektionsgeschehen in Deutschland.

sehr überzeugend!

siehe Lanz 29. April 2021 HIER ab 4:13 Bericht über die Situation in Indien / ab 14:14 MMH zum Indien-Bericht / ab 17:43 Das ist etwas, was wir uns merken sollten: (…) in England hat man’s gesehen, in Irland, in Portugal…, in dem Moment, wo man diesem Virus Raum gibt, breitet es sich aus, und es kümmert sich überhaupt nicht darum, was für Verluste dabei entstehen. Und das ist ne Sache, die wir uns merken sollten, wenn wir hier der Meinung sind, dass wir hier hohe Inzidenzen tolerieren können. (18:12)

18:50 … es ist noch schlimmer. Ich hatte ja gehofft, nachdem ich gesagt habe, dass man schon reagiert, und nicht erst, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Wir haben ja eigentlich viele Chancen: wir habe jetzt die Impfung, die wirkt, die wirkt sich auch epidemiologisch langsam aus, im Mai wird man das auch merken, jede Impfung ist auch eine Reduktion der Reproduktionszahl, also ein Hoffnungsschimmer, wir haben ja Möglichkeiten, die Situation besser in den Griff zu kriegen, und das Wetter wird besser, – nicht gerade heute -, aber grundsätzlich wird es wärmer, wir haben also auch da die Möglichkeit, dass eventuell die Reproduktionszahl etwas runtergeht, aber wir machen einen grudnsätzlichen Fehler, und der spiegelt sich eigentlich auch in dem neuen Gesetz: (…) dass wir jede Hilfe, die von außen, also Impfung dazukommt, ausgleichen und zunichte machen, indem wir denken, dass wir dann mit Öffnung das ganze wieder zu null machen. Also wir öffnen in dem Moment, wo die Impfung anfängt zu wirken. Und wir öffnen in dem Moment, — also das ist eigentlich ne Chance, weil – wir haben ja durch die Impfung die Chance, die Zahlen runterzubekommen. Das wäre eine zusätzliche Möglichkeit, mit der man erreichen könnte, niedrige Inzidenzen zu bekommen. Und was wir machen, ist, wir öffnen, damit einfach nichts passiert und die Inzidenzen gleich bleiben. Und das ist die grundsätzliche Strategie, die auch in dem Gesetz drinsteckt. In dem Gesetz, das ist ja ne Notbremse, genau das, keine Lösung (ML es klingt eher nach Verzweiflungstat), was passiert denn jetzt? Es passiert, dass wir die Fallzahlen kontrollieren, durch irgendwelche Kontakbeschränkungen, dann geht sie unter 100, dann machen wir auf, dann gehen sie wieder über 100, – immer ein bisschen verzögert, weil – es gibt ja diese Zwei-Wochen-Frist, dann gehen sie wieder rauf, dann machen wir wieder ein bisschen mehr Druck, dann gehen sie wieder runter, so – Yoyo – dieses berühmte Wort -, und das kostet die Gesellschaft unglaublich viel. 20:50 In jeder Hinsicht, wirtschaftlich, bildungstechnisch, psychosozial, auf allen Ebenen verlieren wir mit dieser Taktik, die das in die Länge zieht, und zwar auf Ewigkeit. Wir können das natürlich in Ewigkeit auf 100 lassen, aber das ist ja keine Lösung dieses Problems. Und wenn man jetzt mal einen Moment lang daran denkt, wo wir noch vor ein paar Wochen noch waren, da hatten wir eine Inzidenz von 35 als Schwellenwert, und was würde das jetzt kosten, wenn wir bei 35 die 35 jetzt halten anstatt der 100, wirtschaftlich, bildungstechnisch, psychosozial? exakt das gleiche! Wir haben gar keinen Vorteil durch die 100. Aber es gibt einen massiven Unterschied: wir haben dreimal soviel Tote. Ist das irgendwie sinnvoll? dass wir uns hinsetzen und mit den Maßnahmen, die gleichen Maßnahmen den gleichen gesellschaftlichen Schaden erzeugen, bei 100 und bei 35, und dreimal soviel Tote in Kauf nehmen? Warum machen wir das? Ich versteh es nicht. Ich komm nicht dahinter 21:52 Und es gäbe eine ganz einfache Lösung. Der Schwellenwert, das wäre die Krankheit. Der Schwellenwert ist einfach nicht der Wert, wie wir mit den Zahlen runterkommen. Wir müssten ein anderes Kriterium haben. Anstatt zu sagen, bei 100 machen wir wieder auf, bei 35 machen wir wieder auf, – das ist immer die gleiche Sache, wir laufen dann immer mit Reproduktionszahl gleich 1, das Kriterium sollte sein, dass wir in jeder Woche die Fallzahlen, die neuen Fallzahlen, um 20 Prozent senken. Das wäre ein Kriterium! (ML) Wenn Sie weniger als 20 Prozent schaffen, dann muss man eben die Kontaktbeschränkungen machen, und auf diese Weise kommen Sie ganz allmählich runter in den Niedrig-Inzidenz-Bereich. Das habe ich aber auch allen gesagt. 22:41

Horowitz-Notizen

Was war damals?

Um auf den Stand der Dinge zu kommen: ich persönlich habe mich nie brennend für diese Virtuosen interessiert, anders als meine zwei Kommilitonen, die ich dann nach einer unvermeidlichen Entfremdung mitsamt ihren Präferenzen lebenslang gemieden habe. Wie oft hatten wir vorher die Rachmaninoff-Konzerte gehört, untermalt mit den schmachtenden Bemerkungen des Freundes Elmar, steten Hinweisen auf interpretatorische Feinheiten. 15 Jahre später fühlte ich mich durch dieses Interview bestätigt, – der Meister schien mir allzu kindisch. Und nur eine Bemerkung von Zoltán Kocsis ließ mich stutzen:  seine haltlose Bewunderung für die Bassgänge, also: wie sie bei Horowitz klingen, und das schien mir aus dem Mund eines solchen Klangzauberers beachtenswert, anders als einst bei Elmar, der den typischen Klassikphrasen-Jargon pflegte.

Ab 5:46 Wanda

Rico Kaufmann Wikipedia hier

Mir ist es kürzlich folgendermaßen ergangen: Beim Gespräch in meiner Stamm- Buchhandlung wurde mir ein Buch von Lea Singer („kennen Sie doch sicher!?“) empfohlen, hat mit Musik zu tun, mit Horowitz. Das kam mir zupass, Geburtstagsgeschenk für meinen Freund, guter Tipp, und auch Milstein kommt drin vor? Das passt genau. Und ich werd’s parallel lesen, um sicher zu sein… Und dann wurde ich total verunsichert, das kann nichts sein, da versteht man ja seitenlang gar nichts. Und außerdem sind wir ja nicht schwul. Wenn ich hier auch kürzlich ein Buch erworben habe, das ein gewisses Interesse bekundet. (Bruno Gammel: ANDERS FÜHLEN). Ich muss ihm dazu einiges sagen (er ist ja kein notorischer Leser), man sollte auf Seite 32 beginnen, um sich sofort in bekanntem Gelände zu bewegen, und dann irgendwann den Anfang nachholen. Unmöglich diese Frau, ohne Vorwarnung eine Rätselgeschichte für absolute Insider aufzutischen. Ich will gefesselt werden, aber nicht durch highbrow Pseudo-Kunst. Zugegeben: ich hatte versucht, sofort einzutauchen, in Erwartung „leichter Literatur“, heute angefangen, übermorgen fertig. Jetzt empfehle ich, sorgfältig das rückwärtige Cover zu lesen. Und Rezensionen bei Perlentaucher. Oder meinetwegen aus dem Schwulen-Umfeld. Hauptsache: sympathisch und leichtfüßig. Keine Arbeit, – die sich aber nun doch nicht vermeiden lässt. Machen Sie mit? Ich musste ja auch den eigenen Widerstand überwinden. Dem Freund zuliebe.

Aus bestimmten Gründen will ich zunächst etwas im eigenen Blog nachschlagen: …über Mozarts Orgelwalze, hier ist es. Ich bitte um Geduld!

Zurück zum Buch: die NZZ Rezension hier

Und eine ausführlichere, sehr schöne Inhaltsangabe:

https://schwulenkram.wordpress.com/2019/11/03/der-klavierschueler-lea-singer/

Es hat einige Zeit gedauert, ehe bei mir der Groschen fiel (ich hätte es auch längst irgendwo gelesen haben können): Lea Singer ist identisch mit Eva Gesine Baur.

Ehrlich gesagt: die Lektüre ist etwas mühsam geblieben. Wie in Krimis, die mit ständigen Rückblenden arbeiten und so den gutwilligsten Zuschauer der Spannung berauben. Man spürt den Willen zur Kunst, der einen aber nicht in dieses Genre gelockt hat. Auch hier und da unnötig irritierende Wendungen, die nicht von der Sache her motiviert sind. Jedenfalls weniger vergnüglich als – sagen wir – Felix Krull, obwohl man sich an ihn erinnert fühlt.

(Fortsetzung folgt)

Es ist über eine Woche vergangen. Und ich notiere hier den Text, die Seite, die Zeilen, die – nach unregelmäßigen Lektürezeiten – für mich die Schlüsselstelle des Romans repräsentieren. „Der Klavierspieler“ erkennt, welche Rolle Wanda Toscanini, die Tochter des Dirigenten, als Frau für Horowitz spielt:

Zwei Tage später kam am Seefeldquai ein Brief an, den Horowitz an diesem 30.  Januar 1939 aus Lyon an mich geschrieben hatte. Drei Mal musste ich ihn lesen und konnte es nach dem dritten Mal noch immer nicht glauben, was da stand. Wie immer kein Wort über die politische Situation. Aber plötzlich ging es um Wanda und nur um Wanda.

Meine Frau weiß alles über mich. Meine Frau gibt mir absolute Freiheit, aber sie erlaubt in keinem Fall eine Verbindung. Meine Frau weiß über uns beide schon ein Jahr Bescheid, aber sie wollte es nicht sagen. Meine Frau hat deshalb gelitten. Ich liebe meine Frau tief und ernst, und ich will nicht, dass meine Frau leidet. Meine Frau will dich auch mit deiner Familie nicht sehen. Ich kann meine Frau verstehen, dein Vater ist unangenehm und arrogant gewesen. Du stehst zwischen mir und meiner Frau.

Dann kam der Schlag ins Gesicht: Du bist berechnend und kannst nichts mehr von mir haben.

Das war seine Schrift, aber das war nicht er.

Irgendetwas stimmte nicht. Der Brief endete mit dem Bekenntnis: Ich muss Dich sehen, aber es ist unmöglich. Ich fühle für Dich, was ich immer für Dich gefühlt habe. Ich bin traurig.

Mir sei übel, Magendarmverstimmung, redete ich mich am Abend heraus. Ich schloss ab, legte mich aufs Bett, nackt, nur seine dunkelblaue Lanvin-Jacke am Leib, paffte Zigaretten von seiner Marke und trank den Wodka, den er mit Rachmaninow trank.

Erst in der Müdigkeit leuchtete ein Lösungswort auf: Amerika.

Wir werden alle Amerikaner, hatte Horowitz verkündet, der Maestro, seine Frau, meine Frau, meine Tochter und ich. In drei Monaten reisen wir nach Amerika, stehen sofort unter amerikanischem Protektorat, und in drei Jahren werden wir einen amerikanischen Pass bekommen. Dieser Kontinent gehörte, was die klassische Musik anging, derzeit bereits einem einzigen Mann: Arturo Toscanini. Kein anderer konnte ihm das Wasser reichen, was Ruhm und Macht und Prominenz anging.

Ohne Toscanini würde es hart werden, mit Toscanini als Feind eine Katastrophe. Volodjas Frau nannte sich Toscanini-Horowitz. Sie wollte beide Namen haben und musste beide haben, der eine stand für das Geerbte, der andere für den aktuellen Besitz, denn sonst hatte sie nichts. Ihr Vater hatte ihr die Musik geraubt, obwohl sie laut Wally das einzige der drei Kinder war, das sich begabt zeigte. Toscanini hatte ihr Klavierspiel als schändlich bezeichnet und ihr das öffentliche Singen untersagt.

Doch wie hatte sie ihren Mann besiegt? Ich habe sie nie geliebt, hatte er allen seinen Freunden gesagt.

Vier Tage später kam die Aufklärung per Post, verfasst am 5. Februar 1939 in Paris. Wieder ging es nur um Wanda. Meine Frau findet, dass du trotz deiner Begabung keinen Horowitz [als Lehrer] brauchst, ein Zürcher X oder Y wird die genügen. Meine Frau ist ein hochanständiger Mensch mit moralischen Qualitäten. Meine Frau ist der Führer meines Lebens! Meine Frau versteht einige Seitensprünge, aber sie versteht wie jede Frau nicht, dass man ein Gefühl für einen Mann haben kann und darf. Für meine Frau ist es eine Krankheit, die man heilen soll. Meine Frau geht, wenn ich mit dir verkehre. Meine Frau hat furchbar gelitten, sie ist fast nervenkrank geworden.

Und dann der entscheidende Satz: Meine Frau wollte ohne mich nicht mehr leben.

Wanda hatte mit Suizid gedroht.

Der Krieger kennt keine Skrupel, sagte mein Großvater.

Wanda hatte gesiegt, weil sie gekämpft hatte, mit allen Mitteln.

Ich war ein Feigling. Ich hatte zu Recht verloren.

Kaufmann sank auf dem Küchenstuhl entkräftet in sich zusammen.

Donati stand auf und küsste ihn.

Quelle Lea Singer: Der Klavierschüler / dtv München 2021 ISBN 978-3-423-14793-4 (S.150f) [Es folgen noch 70 Seiten.]

Precht

Die Bürger im Staat haben nicht nur Rechte

Nicht jede Lanz-Sendung ist gut. Gerade wenn er politisch besonders investigativ sein will („werden Sie nun Kanzler oder nicht?“), nervt er das wohlmeinendste Publikum. Wunderbar aber, wenn er Gäste hat, die ihm gewachsen sind und er selbst auch nur konstruktiv mitwirkt. Wie gestern, wo wirklich jede(r) einzelne etwas Triftiges zu sagen hatte. Der Skandal, Aserbeidschan betreffend, bot lebendiges Anschauungsmaterial für eine Politposse gefährlichen Ausmaßes und wurde messerscharf vom Soziologen Gerald Knaus dargelegt. Der Philosoph Richard David Precht verblüffte durch Binsenwahrheiten, die angesichts der durchaus nicht „querdenkenden“ Straßenakteure und Denkverweigerer brisant geworden sind: es genügt nicht, Steuern zu zahlen, um das Recht zu haben, die Politiker mit absurden Forderungen vorzuführen und bei Widerworten gleich zu behaupten, das sei wie in Nordkorea. Der Philosoph referierte nicht Platons „Staat“, sondern sprach schlicht von den Pflichten der Bürger, die eben auch – wie das Wort von der Würde des Menschen – im Grundgesetz definiert sind. Und er formuliert so klar, dass man sich gern von Lanz auf das Buch zum Thema hinweisen lässt, ohne sich darob zum bloßen Kunden herabgestuft zu fühlen.

Zusammenfassendes Zitat:

Precht appellierte an die Bürger, sich bei aller berechtigter Kritik an der Politik der eigenen Verantwortung für das Gelingen der Gemeinschaft bewusst zu werden. Menschen wie die vermeintlichen Querdenker hätten die seltsame Vorstellung, dass der Staat dazu da sei, ihnen Rechte zu garantieren, ihnen jedoch nichts abverlangen dürfe. Das sei natürlich ein Irrglaube. Aber auch wegen der vielen Versprechungen von Politikern im Wahlkampf hätten sich so manche Bürger zu politischen Schnäppchen-Jägern zurückentwickelt, denen es vorrangig um den eigenen Vorteil gehe, um nicht übervorteilt zu werden. „Sie benehmen sich nicht wie Staatsbürger, sondern sie werden zu Kunden“ , warnte Precht. „Wenn das passiert, dann bröckelt unser Gemeinwesen.“

Er wiederholte aus einem Interview mit dem „Spiegel“ seinen markigen Spruch „Corona-Leugner arbeiten selten auf Intensivstationen“ und die Forderung, ein soziales Pflichtjahr für junge Menschen und Neu-Rentner einzuführen. So könnten Empathie und Gemeinsinn gestärkt oder überhaupt erst vermittelt werden. „Die positive Erfahrung, etwas für Andere zu tun, kann man nur praktisch vermitteln, das kann man jemandem nicht theoretisch erklären“, gab der Philosoph zu bedenken. „Das ist die beste Form, gute Staatsbürger hervorzubringen.“ Und vielleicht ja auch bessere Politiker.

Quelle: Nina Jerzy in t-online hier

Zur LANZ-Sendung hier / Precht ab 18:25 und ab 39:08 bis ca. 58:00, Gerald Knaus über Aserbeidschan und Korruption ab 59:00

Empfehlenswert, den separaten Precht-Ausschnitt hier zu studieren, – allein wegen der zahlreichen drangehängten Stellungnahmen von Seiten des „Volkes“. Sowohl über Precht als auch über Lanz…

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Dass ich das folgende kleine Buch, eine „Betrachtung“, gleich zweimal  gekauft habe, verursachte ein leichtes Kopfschütteln in der Buchhandlung meines Vertrauens und gratis ein kleines klärendes Gespräch: 1 Geschenk für meine Enkelin plus 1 für mich, damit ich argumentativ auf dem gleich Stand bleibe wie sie, – nicht etwa wie Precht. Aber ob der zuletzt genannte auch schon das dritte oder vierte Buch besitzt, das nagelneu auf meinem Schreibtisch liegt? (Siehe unten). Und dies nicht aus paritätischen Gründen (ebenfalls nämlich von Nicola Gess, Titel: Staunen / Eine Poetik). Er würde staunen. Vermutlich hat er aber nur weniger Musik-Bücher als ich (und sonst alles), – obwohl er in Berlin über Ästhetik liest. – Aber falls dies nun etwas flapsig klang, sei es ironiefrei gesagt: Precht schreibt hervorragend, es liest sich, als höre man ihn sprechen; es ist einfach gutes Deutsch. Und es wäre auch falsch zu sagen, dass er all seine klugen Gedanken doch nur aus Büchern herausgesucht habe. Da hat jemand die wissenschaftliche Zitierweise völlig missverstanden, wenn er meint, dass ein Schriftsteller, der wichtige Aussagen anderer Philosophen mit Namensnennung wiedergibt, zu unbegabt ist, selbst zu denken. Das Nach-Denken funktioniert so! Niemand kommt auf diesem grundlegenden Gebiet politischer Standortbestimmung ohne Lehrmeister aus. Und es zeugt nur von Redlichkeit, sich des historischen Zusammenhangs zu vergewissern, selbst wenn man über die unverwechselbare aktuelle Corona-Zeit reflektiert, die sich eben nicht zur Grippewelle zurückstufen lässt. Aber man täusche sich nicht in seinen Erwartungen: es gibt auch einfach langweilige Stellen in diesem Lesestoff. So ist das Leben! Man hat kein zweites. Und wenn mein Vater in den 50er Jahren von Pflicht sprach und sie rühmte, klang das ganz anders. Ich glaube heute, dass er glaubte, damit sei ihm – nach dem Krieg – eine unbezweifelbar positive Essenz geblieben.

.    .    .    .    . zur weiteren Lektüre …

Wissenschaft und Vorurteil

A propos Karl Lauterbach (ohne Mundartfärbung)

Die Wissenschaft, in der ich tätig bin, also die klinische Epidemiologie, unterscheidet sich insofern von der philosophischen Wissenschaft, als [dass] die Bandbreite dessen, was als wissenschaftlich gesichert gilt, doch viel klarer umrissen ist. Während man in der Philosophie nie zu einem vollständigen Konsens darüber kommen wird, ob eine materialistische oder idealistische Sicht auf die Welt richtig ist, liegt das Spektrum in der Epidemiologie viel näher beieinander. Natürlich sind auch die medizinischen Disziplinen diskursiv, aber hier wird doch meist eher über bestimmte Schattierungen gestritten. Ein Beispiel: Wissenschaftlich ist mittlerweile relativ klar, dass der AstraZeneca-Impfstoff gut wirkt. In Details gibt es zwar noch Diskussionen, aber dabei geht es eher darum, noch das Haar in der Suppe zu finden, wie Christian Drosten es zutreffend genannt hat. In der Öffentlichkeit entsteht unterdessen oft der Eindruck, die Bandbreite der Meinungen in der Virologie oder Epidemiologie wäre extrem groß. Im vergangenen Sommer schien es etwa so, die Virologie streite darüber, ob wir jemals einen Impfstoff für Covid-19 bekommen werden. Dabei waren es nur wenige Leute, die daran zweifelten. Für 95 Prozent der Virologinnen und Virologen war indes klar, dass man für ein Virus, das über ein Spike-Protein in die Zelle eindringt, ein Vakzin wird entwickeln können.

Quelle hier (bitte erst später öffnen und nachlesen)

Ich wähle das Beispiel meiner eigenen (an mir selbst „erprobten“) Vorurteile, um nicht mit dem Finger auf (imaginäre) Lauterbach-Verächter zu zeigen. Ich beginne also mit dem Satz, den man ertragen sollte: Karl Lauterbach gehört für mich zu den maßgebenden Politikern unserer Zeit. Zunächst die Punkte seines Lebenslaufes, die Zündstoff hergeben: also aus dem Wikipedia-Artikel hier folgende Zitate:

Karl Lauterbach [- geboren in Düren -]  wuchs in Oberzier in unmittelbarer Nähe der Kernforschungsanlage Jülich auf, sein Vater arbeitete in einer nahe gelegenen Molkerei. Trotz sehr guter Leistungen in der Grundschule erhielt nur eine Hauptschulempfehlung, wechselte dann aber mit Unterstützung seiner Lehrer zuerst auf die Realschule, dann aufs  Gymnasium am Wirteltor, wo er sein Abitur ablegte.

Ein Markenzeichen Lauterbachs war lange Zeit die Fliege, die er des Öfteren anstelle einer Krawatte trug. Bei Talkshowauftritten im Jahr 2020 zum Corona-Virus trägt Lauterbach bewusst keine Fliege mehr, da er sich so, nach eigener Aussage, eine höhere Akzeptanz seiner Einschätzungen bei jüngeren Zuschauern verspricht.

Fehlt noch: eine Anmerkung zur allmählichen Veränderung seiner widerspenstigen Haartracht. Ist er nur etwas ungeschickt in seinen Anpassungsversuchen?

In dem oben schon zitierten Artikel werden die an Stammtischen (gesetzt, sie fänden noch statt) zutage tretenden Vorurteile nicht zum Thema, – nichts Thymotisches also – abgesehen vom „Hass“, der fast wie eine Naturkatastrophe erscheint, der man aus dem Wege gehen könnte.

ZITAT

Noch eine Frage zum Schluss: Seit Beginn der Pandemie werden Sie im Netz von Gegnern der Corona-Maßnahmen immer wieder mit Hasswellen überzogen. Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, sich das nicht weiter anzutun?

Nein, das habe ich nicht. Ich versuche einfach, so gut ich kann, also nach bestem Wissen und Gewissen, einen Beitrag zu leisten. Damit werde ich erst aufhören, wenn ich den Eindruck habe, dass ich diesen Beitrag nicht mehr leisten kann, mich aber nicht durch die Anfeindungen und Bedrohungen einschüchtern lassen.

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Einige Notizen, die der Unschlüssigkeit bei der Analyse eigener Vorurteile entsprechen:

Zur Erforschung der Sprechmelodien in den Dialekten hier oder auch hier

Speziell zu  Lauterbachs Tonfall: Vorurteil Kölsch? hier

Das Thema ist anregend genug, aber dann sollte auch irgendwann Schluss sein mit vordergründigen Abschweifungen à la Krawatte, Frisur oder Slang. Wer nicht aus dem Rheinland stammt oder hier lebt, braucht vielleicht etwas länger, um zu abstrahieren.

Sehr gut über Rawls hier / des weiteren hier (Wiki)

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Schon bevor die neue ZEIT eintraf, kam ich auf die Idee, mich – statt mit Lauterbach „persönlich“ – mit den maßgebenden Impulsen seines Lebens zu beschäftigen, dem philosophischen Ansatz und den naturwissenschaftlichen Prinzipien. Eher sollte es nicht weitergehen: Eine plausible Verbindung des Lebens „da draußen“ mit den notwendigen geistigen Bewegungen. Idealer Ansatzpunkt: das Gespräch mit einem Paläontologen, der zu meiner Überraschung weniger über seine fossilen Fundstücke spricht als über das Genom und die „Schnittstelle zwischen Mama und Kind“. Und damit verabschiede ich mich fürs erste und (Vorurteil!) suche ein paar Bücher heraus (unten im Überaum, im Regal gleich neben Adolf Portmann, wo auch Dawkins steht, nein eher irgendwas zur anthroposophischen Vorurteilsgenerierung). Vorweg das ZEIT-Zitat, die Frage, von der aus das Gespräch mit Shubin an Fahrt gewinnt:

ZEIT: Als Paläontologe kraxeln Sie durch die Arktis und hauen jahrmillionenalte Fossilien aus dem Fels. Im Labor untersuchen Sie unsichtbare zeitgenössische Genome. Ist diese Kombination der Schlüssel, um das Ganze zu verstehen?

SHUBIN: Evolution ist eine komplizierte Angelegenheit. Da brauchen Sie jedes Werkzeug, das Sie kriegen können. Die Fossilien zeigen mir, wie das alte Leben aussah. Auf der anderen Seite müssen wir die Gene verstehen, um das Geschehen in unseren Zellen zu verstehen.

ZEIT: Wie muss ich mir das vorstellen?

SHUBIN:Als eine Art Krieg. Unser Genom wird, während es Generation für Generation seine Arbeit tut, ständig von Viren infiziert. In jeder Zelle herrscht Aufruhr. Soll man den neuen Mikroorganismus bekämpfen oder sich mit ihm arrangieren? Ein Beispiel: in der Plazenta erfüllt ein Protein eine besondere Aufgabe. Es heißt Syncytin und dient als molekularer Verkehrspolizist für den Austausch von Nährstoffen und Abfallprodukten zwischen Mutter und Fötus – wichtig für die Gesundheit des Embryos. Wissenschaftler entdeckten, dass es sich dabei um ein Virusprotein handelt. Irgendwann muss also ein Virus in uns eingedrungen sein. Es hackte sich in unser Genom, brachte dort das Programm für sein Protein unter – und wurde seinerseits gehackt. In der Folge verlor es seine Infektionsfähigkeit, wurde von seinem neuen Herrn zur Arbeit herangezogen – und arbeitet nun für uns an der Schnittstelle von Mama und Kind.

ZEIT: Ein typisches Drehbuch für biologische Innovationen? [Durchaus]

Etwas später:

Quelle DIE ZEIT 4. März 2021 Seite 33 »Die Natur ist ein fauler Fälscher« Wenn neues Leben entsteht, wird unentwegt geklaut und kopiert. Warum ist das so? Ein Gespräch mit dem Paläontologen Neil Shubin (Mit Urs Willmann)

Vorschlag: Jetzt zurück zum Philosophie-Magazin hier

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Keine Ausflüchte (ein Nachwort zum wirklich Wütendwerden)

Immerhin gab es gestern ein Statement der Bundeskanzlerin. Und die von ihr erzeugte Ratlosigkeit kann nicht mit einem Lob der Wissenschaft weggewischt werden. Eine weitere Leseempfehlung, denn:

Was die Kanzlerin und ihr Kanzleramtsminister zuletzt über Corona-Tests und die Corona-Warn-App gesagt haben, ist geradezu unverschämt. Es lässt uns vielleicht nicht zu Wutbürgern werden, aber zu Grollbürgern.

Sascha Lobo über Staatsversagen in der Pandemie – HIER. (Spiegel Netzwelt)

ZITAT

Noch im März könnte Amerika so viele Menschen geimpft haben, wie in Deutschland leben.

Im direkten Kontrast schmeckt Merkels »Teststrategie sicherlich im März« noch einmal erbärmlicher nach Dysfunktionalität, Widerwillen, Versagen in der Breite und der Tiefe. Wenn Deutschland wie bisher weiter mit unter 200.000 Impfungen am Tag vor sich hin dümpelt, dann stehen nicht nur zu Ostern über sechs Millionen Dosen unverimpft in der Gegend rum.

P.S. Ich zum Beispiel habe den lang ersehnten und begehrten Impftermin Mitte April…