Angela Hewitt und Bachs Goldberg-Variationen

Eine Jahrhundert-Einspielung

https://www.arte.tv/de/videos/100767-000-A/angela-hewitt-spielt-die-goldberg-variationen/

Noch abrufbar bis 9. Juli 2021

Hier

Über Angela Hewitt hier (Wikipedia) und hier (eigene Website)

Was mich am Werk immer schon faszinierte, ist die äußerst rational ausgearbeitete Gestalt des Ganzen und der unglaubliche Gestaltenreichtum, der sich in der Bewegung von Teil zu Teil manifestiert. Und genau so in der Wiedergabe, im Gestenreichtum, in den Klangfarben, den Spieltechniken und zuletzt in der Gestalt der Interpretin, die widerständig zu allen Moden der Moderne erscheint und durchaus nicht dem Typus des klavierspielenden Models entspricht. Und alles, was man über die quadratische und quadratisierte Binnenstruktur des Ganzen sagen könnte, dürfte man auch im gleichen Atemzug mit Verweis auf das Wohltemperierte Klavier relativieren: die späte Bachschen Tendenz, allzu gleichmäßig proportionierte Urfassungen durch Einschübe zu ergänzen und in ein labileres Gleichgewicht zu versetzen. (Siehe die schöne alte Arbeit von Christoph Bergner über die Praeludien.)

Empfehlenswert der Wikipedia-Artikel Goldberg-Variationen, deren anekdotischen Titel (19. Jhdt.) man gewiss nicht mehr los wird. Sei’s drum, Hauptsache, das wunderbare Gebilde hält uns weiter wach und lebendig. Auch der großartige Titel Clavier-Übung erinnert uns daran, dass wir – so sehr wir uns auch bemühen – nie fertig werden.

Der Gesamt-Bau des Werkes (nach Dammann)

Beginn TEIL II (Variation 16 Ouverture) bei A.H. ab 39:50

Ein unfassbares Wunderwerk der Melodik und des „harmonieverfremdenden“ Denkens: Die erste Hälfte der Variation 25 bei A.H. ab 1:00:15

Quelle Rolf Dammann das Buch über die Goldberg-Variationen:

1986

Inhalt: Goldberg-Buch + derselbe Autor über den Musikbegriff im deutschen Barock:

Ist der Ausdruck „Jahrhundert-Einspielung“ nicht übertrieben? Ja. Es fehlen noch 79 Jahre. Aber wenn man die Aufnahmen Glenn Goulds – welche auch immer – als solche bezeichnet und andere über Jahrzehnte ignoriert, darf man eine wirkliche Alternative, nach Jahren der Götzenanbetung, wohl mit entsprechenden Vorschusslorbeeren versehen. Nebenbei: ich habe immer, wenn ich auf der Suche nach Klang-Belegen für meine Analysen des Wohltemperierten Klaviers gesucht habe, mit Vorliebe solche mit Angela Hewitt ausgewählt. Ohne zu verhehlen, dass man zum Lernen mit Bach nicht unbedingt die stilistisch sichersten studieren muss. Selbst eine Computersimulation mit korrekten Notentexten könnte genügen. Anders als bei Mozart oder Beethoven.