Wer war Rudolf Eucken?
Er erhielt 1908 den Nobelpreis für eine große philosophische Leistung. Nein: für „Literatur“. Was mich beim Lesen bestach: Seite für Seite erleuchtet und einleuchtend formuliert, wieso wird er nicht als Pflichtlektüre empfohlen, als Einführung ins Philosophieren überhaupt, was hat er falsch gemacht? Biederes, bürgerliches Denken zum falschen Zeitpunkt, im Anfang des Jahrhunderts der Katastrophen? Ich war neulich schon gefesselt, als es um „Idealismus“ ging, und jetzt stieß ich darin auf den bekannten Vierzeiler von Goethe, der inhaltlich auf Plotin zurückgeht und als Vers in Goethes „Farbenlehre“ vorkommt: „Wär nicht das Auge sonnenhaft…“ Oder? Ich gebe die Zeile bei Google ein und kann mich von einem bestimmten Ergebnis nicht trennen: Ingeborg Bachmanns Gedicht „An die Sonne“, interpretiert von Peter von Matt, aber: gesprochen von ihr selbst, und das ist es, was mich ergreift. Etwas unsicher (?), etwas zögerlich (?), niemanden ins Auge fassend, wenig oder kaum kommunikativ deklamierend. HIER.
Ich kann mich davon nicht lösen, es muss noch mal von vorn beginnen. „Nichts Schönres unter der Sonne als unter der Sonne zu sein…“ – kenne ich das nicht von Walter Jens? lange bevor er ins Dunkel abtauchte. (Ja! siehe hier, er zitiert Ingeborg Bachmann!) Und dann lese ich die Peter-von-Matt-Interpretation, über die systematisch wechselnde Verszahl der Strophen, lese auch „wegen dem Mond“ – ist das mundartlich? – höre noch einmal, gewöhne mich an den österreichischen Sound und bleibe an der Schlusszeile hängen: „Sondern deinetwegen und bald endlos und wie um nichts sonst / Klage führen über den unabwendbaren Verlust meiner Augen.“
Es dauert eine Weile, ehe ich zu Rudolf Eucken zurückkehre, dessen Werk ich in Buxtehude aus einer Telefonzelle mit Büchern zum Nulltarif mitgehen ließ. Ingeborg Bachmann? Daran hätte ich nicht gedacht, an alte Zeiten schon. (Ich erinnere mich an einen Film, in dem es um ihren Vater ging, am Ende liefen Tränen, viel Musik aus „Verklärte Nacht“, Haneke! endlich wiedergefunden, wenigstens den Titel hier.)
Springen wir nur mitten hinein, in dieses Werk, wie könnten es versuchsweise dort beim Wort nehmen, wo es die WAHRHEIT zum Thema nimmt, Plato und kurz Goethe (Plotin) streift, um dann zur Stoa weiterzugehen; da ist kein Satz, den nicht jeder versteht:
Der Mensch unterscheidet sich (= einen eigenen Gedankenkreis) von der Welt der Dinge.
So entsteht eine Kluft und damit: das Problem der Überbrückung. Das griechische Altertum… Beseelung der Weltumgebung. Wesensverwandtschaft des Geistes mit dem All. Unerträgliche Vermengung von Bild und Sache. Plato…
Das Selbständigwerden der wissenschaftlichen Forschung bei Aristoteles. Neu: die Stoa. (Siehe auch bis Marc Aurel: „Dabei dürften die Grundlagen der dort formulierten Überzeugungen bereits frühzeitig gegolten haben, denn sie fußten auf einer bald 500-jährigen, fortlebenden Tradition stoischen Philosophierens.“ Wikipedia)
Plotin und das Christentum (Theologe Eucken – „Katze aus dem Sack“?) So etwa war der Verlauf der üblichen Geschichtsdeutung bis in meine Schulzeit. Ich erinnere mich an meinen triftigen Einwand in Religion: Hinweis auf Marc Aurel. (Wozu noch Christentum…) Aber bei Eucken nicht zu vergessen: die Wende mit KANT (ab Seite 182 – nach Aufklärung, Spinoza).
(Fortsetzung folgt)