Archiv für den Monat: Juni 2020

Fragen über Fragen

Die wichtigste: Warum singen wir?

Fangen wir doch ganz von vorn an, wenn wir Fragen haben. Bei den alten Griechen? Nein, oder vielmehr: Ja. Wo denn sonst? In der Schule! Wie bitte? Du hattest gar kein entsprechendes Fach? Schau mal ins Internet, Schulfach Philosophie. Was steht am Ende des Griechenkapitels? 2 Erkundige dich im Internet, wie Sokrates gestorben ist. Ansonsten Fragen über Fragen. Es ist nie zu spät. (Quelle: hier.)

The central idea of this book is very simple yet very complex at the
same time. The author suggests that human singing had a tremendously
important role in our evolutionary past. It was singing that provided
our ancestors with defence against predators, provided our ancestors
with food, gave rise to human intelligence, morality, religion, formed
the human body and facial morphology, gave birth to human arts and
the mystery of artistic transformation.

We will also discuss some very important questions connected to
our brain activities associated with singing or listening to music:
• Why does singing activate such deep structures in our brains,
structures that are connected to the critical factors of our physical
survival?
• Why is listening to rhythmic music one of the best known ways to
induce hypnoses and trance in humans?
• How can a person with brain damage, who does not remember
anything from his past, still remember musical compositions he
learned decades ago?
• How can a person with a horrible head injury, who can not even
clearly pronounce his own name, sing well and clearly pronounce
all the words of a song?
• Why do people whistle when they are afraid?
• Why do people hum when they feel good?
We will also discuss some questions that are barely, if at all, connected
to human singing:
• Why do birds stop singing when they sit on the ground?
• Why is it safer to sing if you live in trees or in the water?
• Why do soldiers in Iraq listen to loud rock music before going on
combat missions?
• Why do some humans like having a radio or TV on when they are
not paying attention to it?
• Why do some people like talking to themselves?
And finally, the reader will also find in this book, plenty of questions
that might seem totally unrelated to the topic of singing:
• Why do humans have long hair on their head?
• Why do humans have long legs?
• Why do humans have eyebrows?
• Why do humans walk on two legs?
• Why do humans sweat and smell?
• Why did human ancestors practice cannibalism?
• Why are the evolutionary histories of humans and lions so close
to each other?
• Why do humans stutter and have dyslexia?
• Why are there more stutterers among Africans than among American
Indians?
• Why are there no professional speech pathologists in China?
• What was the evolutionary function of human clothes?
• Why do humans like decorating their bodies and faces?
• Why do male lions have manes?
• Why does the peacock has such an amazingly beautiful tail?
• Why are humans the only species who can ask questions?
• How can someone be intelligent enough to answer complex questions,
and still be unable to ask questions?
• Why did Jacqueline Kennedy not remember climbing out of the
moving car following the fatal shooting of President J.F. Kennedy?
• Why did Sigmund Freud not like listening to music?
• Why are masks so universally popular in human cultures?
• Why do some humans have two identities?
• What is the evolutionary function of our unconscious mind?

Questions, questions, questions. Hundreds of questions.

Zusatzfrage: Woher könnten alle diese Fragen stammen? Wo kann ich sie gefunden haben? In einem Buch (gewiss, siehe oben: „central idea of this book“) oder im Internet?

(Mir genügt es für heute, sie gestellt bzw. weitergeleitet zu haben.)

Sinnenleben oder: Die Entdeckung des Spiegels

Wie wieder eins zum andern kam: das Buch, das Bild, der Film, die Musik, der Belting …

Aber wieso auch die Musik?

Noch einmal: die Musik? Wir werden es sehen und hören (Video extern hier) :

Und die Entdeckung des Spiegels? Siehe im folgenden Film ab 38:12 oder ab 47:05 „… durch Beobachtungen mit einer Spiegellinse … wie sollte das ohne optische Hilfsmittel gehen?“

Alhasen im Film schon ab 43:01: „im Bereich der Optik beschäftigte sich Jan van Eyck wissenschaftlich und technisch mit den Theorien Al-Hasins und allgemein mit den arabischen Lehren der Optik, die im 11. Jahrhundert in Kairo entstanden waren; im 15. Jahrhundert waren diese Texte vermutlich schon so weit verbreitet, dass Jan van Eyck sie kannte. Zugang zu ihnen hatte er möglicherweise in seiner Heimat Flandern oder auch auf seinen Reisen nach England, Portugal und Spanien erhalten.“ Das folgende Bild stammt aus dem Buch von Hans Belting:

 Wer ist Alhazen? Siehe Wikipedia HIER

DER FILM

Der Genter Altar

Dokumentation Frankreich / Belgien 2019 | arteMEDIATHEK

Nach achtjähriger Restaurierung hat die „Anbetung des Lammes“, ein Meisterwerk der Malereigeschichte, seinen ursprünglichen Glanz wiedergewonnen. Das 1432 eingeweihte Monumentalgemälde der Gebrüder Hubert und Jan van Eyck fesselt den Betrachter bis heute durch seinen erschütternden Realismus. Mit einer spektakulären Inszenierung, ergänzt durch Beiträge renommierter Kunsthistoriker und angesehener Maler wie David Hockney, deckt der Film die Hintergründe dieses revolutionären Werkes auf, das den Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit markiert.

 Abrufbar Hier

Versuche folgendes zu verstehen:

ZITAT Coccia

Ein Bild kann seine Ausmaße vergrößern oder verkleinern, es wird sie aber niemals in Einzelteile aufteilen, zerteilen, scheiden lassen. Das Sinnliche ist das Unteilbare, ein Intensivum, das sich rein akzidentell an die Extension koppelt. Eben darum, weil die Bilder die Fähigkeit besitzen, sich nicht nach dem Modus der Extension niederzulassen, sind sie überall: in der Luft, auf dem Wasser, auf Glas, auf Holz. Sie leben an der Oberfläche der Körper, ohne sich mit ihnen zu vermischen. Eine Melodie verharrt in der Luft, deckt sich in gewisser Hinsicht mit einer ihrer Eigenschaften, mit einer ihrer Vibrationen, aber darauf reduzieren lässt sie sich nicht. Die Existenz des Sinnlichen wird nicht durch das Vermögen einer spezifischen Materie determiniert, sondern durch das Vermögen der Form, außerhalb ihres natürlichen Habitats existieren zu können.

Diese Eigentümlichkeit verleiht dem Bild-sein einen weiteren paradoxen Wesenszug: Auch wenn ein Bild ut in puncto in seinem Substrat verharrt (also auf nichtextensive Weise), das heißt im Spiegel existiert, als würde es nur einen einzigen Punkt darin einnehmen, behält es die Form oder Erscheinung der Ausmaße eines natürlichen Körpers bei. Es ist weder lang noch breit noch tief, aber es behält die Erscheinung dieser Ausmaße bei, es ist deren ratio cognoscendi  oder Erkenntnisgrund. Auch deswegen kann ein Spiegel die Gestalt von Dingen in sich fassen, die viel größer sind als er selbst.

Das Leben der Spiegelbilder, argumentieren schließlich die Scholastiker, determiniert eine vollkommen substanzlose Existenzform: Der Spiegel, der Bilder aufnimmt, verändert weder seine Identität noch seine Natur noch seine Substanz. Er verwandelt sich nicht. Das Sein des Spiegels bleibt unveränderlich, stabil, identisch. Die im Spiegel reflektierte Form hingegen ist immer noch etwas. Aber welchen Seinsmodus hat sie? (…)

Quelle Emanuele Coccia: Sinnenleben Eine Philosophie Edition Akzente Hanser München 2020 (Seite 36f)  ISBN 978-3-446-26572-1

Zum Spiegel-Motiv siehe auch hier !

16 Minuten Weg zwischen den Generationen

Coccia, Plessner, Gehlen, Adorno

Es war die aufgeschriebene Vision eines alten Mannes, die mich am vergangenen Donnerstag stark berührt hat, heute die eines jungen Mannes, dessen munteres Daherreden auf youtube genau meine Themen betraf. Zum Beispiel die Linie zwischen Außen und Innen, die mich schon oft beschäftigt hat.

Zwischen David Johann Lensing (*1989) und Edgar Reitz (*1932)

Private Höhle und öffentlicher Raum

 Direkt vom Papier ins Medium:

 Quelle: DIE ZEIT

DIE ZEIT 4. Juni 2020 No.24 Seite 50 Warum wir das Kino brauchen / Die Coronakrise zeigt, dass das Kino als Ort der Zuflucht und des Rückzuges umso wichtiger wird. Aber dafür muss es sich verwandeln. Von Edgar Reitz.

Das Innen und das Außen  13:13 / Anthropologie der Sinne

 Zum Nachlesen HIER

(Fortsetzung folgt)

Zuviel Zeit für die ZEIT?

Eine Berichtigung ohne Richtigstellung

Quelle: DIE ZEIT No.24 am 4. Juni 2020 Seite 8 STREIT

Quelle: DIE ZEIT No.23 am 28. Mai 2020 Seite 10 STREIT Darf man zum Impfen zwingen? Darüber streiten Menschen nicht erst seit Corona. Seit März verpflichtet ein Gesetz Eltern, ihre Kindern gegen Masern immunisieren zu lassen. Richtig so, sagt der Präsident des Kinderschutzbundes – eine Mutter widerspricht. [Heinz Hilgers, Angelika Müller, Moderation: Charlotte Parnack und Marc Widmann]

Was also hat die Berichtigung zu bedeuten? Ist es ein bloßer Scherz? (Thema zu ernst.) Durfte die Abwertung des Wahrheitsgehaltes durch Frau Müller einfach nicht unwidersprochen bleiben? Vielleicht hat Herr Hilgers darauf bestanden? Ich könnte im Paul-Ehrlich-Institut nachfragen, – aber dafür habe ich keine ZEIT. Soviel zur wissenschaftlichen (und journalistischen) Sorgfalt. Mein Vertrauen [zur ZEIT] ist zur Zeit ganz ungebrochen. Zudem gibt es gleich neben der Kurzkorrektur auf Seite 9 einen Riesenartikel, dem ich viel Zeit widmen möchte:

Und es lohnt sich wie immer, Thea Dorn zuzuhören. Man kann den Artikel nicht ohne weiteres digital abrufen. Ich zitiere einen kleinen Abschnitt:

Im Sommer 2019 erschien im Spiegel unter der zugespitzten Überschrift „Die Menschheit verliert die Kontrolle über den Zustand der Erde“ ein Essay des renommierten Klimaforschers Stefan Rahmstorf über das Korallensterben. Dort war zu lesen: „Den Kollaps dieses Ökosystems einfach zuzulassen, wäre nicht nur völlig inakzeptabel. Es wäre der Beginn eines Kontrollverlustes, das Fallen eines ersten Dominosteines in einem eng verflochtenen lebenden Erdsystem, in dem alles miteinander verbunden und voneinander abhängig ist.“

Der Vorteil dieses Taschenspielertricks: Die Furcht vor einem hyperkomplexen, unkontrollierbaren System – wie es etwa unser Erdklima ist – wird in die Furcht vor dem Menschen verwandelt, der dieses System ruiniert. Dank der selbstanklägerischen Furchtverschiebung darf Kontrolle in Aussicht gestellt werden – wenn sich der Mensch nur seinerseits brav als Dominostein in einem mechanistischen System begreift, der keinesfalls wackeln, wanken oder gar aus der Reihe tanzen darf. Menschliches Handeln wird als quasi-physikalischeGröße behandelt, dessen Folgen sich dann vermeintlich ebenso präzise berechnen und zuverlässig vorhersagen lassen wie die Umlaufbahnen von Planeten.

Natürlich hat Thea Dorn recht, aber als oberflächlicher Leser kommt man leicht zu dem Schluss, dass auch die wissenschaftlichen Analysen des Korallensterbens  auf Taschenspielertricks beruhen, also: legen wir die Sache doch ad acta, – was ganz falsch wäre. Auch die Auseinandersetzung des Virologen Christian Drosten mit der Bild-Zeitung über die Rolle der Kinder in der Pandemie ist nicht kurzschlüssig gegen ihn zu wenden, obwohl Thea Dorns Folgerung sicher berechtigt ist: „Für die Wissenschaft ist dieser Zwang zum Rechthabenmüssen eine Katastrophe.“ Die breite Öffentlichkeit allerdings kann mit jeglicher vorläufigen oder von vornherein ambivalenten Differenzierung schwer umgehen. Letztlich überlässt uns die Autorin einfach unserm „Schicksal“, bzw. der Metaphysik. Denn die Wissenschaft „kann keine Antwort geben, wie der Mensch mit seiner Angst vor dem Ungewissen, seiner Angst vor dem Tod umgehen soll, wie er seinen Frieden mit der Tatsache machen kann, dass er nicht nur Herr seines Schicksals, sondern durch seine Sterblichkeit letzten Endes ein radikal Unterworfener ist.“

Aber glücklich macht uns das nicht, – was ja auch niemand verlangt hat. Die Gefahr liegt in apathischen Reaktionen. (Wenn die Sicherheit durch Wissenschaft nicht möglich ist, dann hat eben alles keinen Zweck.)

Doch zurück zum Thema. Haben Sie es bemerkt? Oder ist es Ihnen wie mir ergangen? Ehrlich gesagt habe ich den Sinn der Richtigstellung erst spät erkannt. Unmittelbar vor dem rot gekennzeichneten Satz ist von Masernimpfung die Rede, nicht von Masernerkrankung, – auf die sich die Zahl des Risikos bezöge. Und dieses Risiko würde sich also infolge einer Masernimpfung minimieren. Ist es so richtig?

*    *    *

(Forts. Th.D. betr. Lit.Qu.)

Für die Dörfer, mit Beethoven, trotz Corona

Wandelkonzert in Keyenberg

Eine Schwarzdrossel singt betörend, aber wenig ist zu spüren vom Erwachen froher Empfindungen bei der Ankunft auf dem Lande, manchmal bleiben nur Fetzen von der Musik hinter dem Wind, der über die Mikrofone fährt, und doch gibt es eine unbeirrbare Kraft, die das Ganze (fast) synchron weitertreibt. Auf den gelben Schildern liest man die Namen der im Kohlentagebau untergegangenen Dörfer und derer, die noch auf der Liste stehen, maskierte Zuhörer wandern in kleinen Gruppen über Feldwege, beobachten ein Fagott wie ein seltenes Insekt, auf den Wiesen sitzen einzelne Streicher, deren Begleitfiguren für kurze Zeit wie Hauptmotive hervortreten, alles steht im Zeichen einer Vorläufigkeit, einer Brüchigkeit, die auch hinter Scheunentüren bei einem Symposion über die Zukunft der Kultur verhandelt werden könnte. Und niemand von den Repräsentanten städtischer Musikkultur, die sich hier zusammengefunden haben, fühlt sich erhaben und erhoben über die rurale Landschaft, den Duft des Dorfes, den sorglos blauen Himmel, es ist alles anders als das Idealbild, das Beethoven in seiner „Pastorale“ entworfen hat, man muss sie mühsam zusammenfügen, ein fragiles Räderwerk der Gedanken. Es wird mühsam vor dem Zerfall bewahrt, und sollten wir es eines Tages wieder im Konzertsaal erleben, wird man unweigerlich an diese Realisierung auf dem Lande zurückdenken, als sich seltsame Synapsen bildeten und manch einen das Hören neu entdecken ließ.

Zitat (Pressetext)

Am 1. Juni 2020 um 13 Uhr veranstaltet das Bündnis „Alle Dörfer bleiben“ im bedrohten Dorf Keyenberg eines der ersten großen Klassikkonzerte nach den Lockerungen der Corona-Maßnahmen. Mehr als 50 Musizierende spielen auf einem denkmalgeschützten Hof in einem Wandelkonzert aus Beethovens 5. und 6. Symphonie („Pastorale“). Die Musiker*innen stehen auf dem Gelände des Hofes verteilt und spielen die Werke synchron. Die Besucher können den Klangpfad entlang spazieren und so die Musik Beethovens ganz neu entdecken. Die Besucherzahl ist auf 100 Menschen begrenzt und alle Tickets sind vergeben. Erlebe das Livekonzert als virtueller Besucher. Wandle mit, gleite entlang der Musiker und erlebe den Klangteppich in Stereoton. Das beste Seh- und Hörerlebnis hast du vor einem Rechner mit Kopfhörern auf. Unter http://alle-doerfer-bleiben.de gibt es regelmäßige Berichte zu den Ereignissen in den bedrohten Dörfern. Livestream Produktion: http://fb.com/goove.de

Am Dienstag nach Pfingsten lese ich in meiner Tageszeitung von der Aktion der Orchestermitglieder, und zwar auf der Seite HIER UND HEUTE. Auf der Seite KULTUR dagegen von Igor Levits Klavier-Marathon. Müßig zu fragen, wo Beethoven sich selbst lieber gesehen hätte. Vielleicht auf der Seite POLITIK, wo über Sensationen aus Frankreich berichtet wurde, nicht neben den Kleingärten, aber hier und heute findet durch Corona eben eine neue Durchmischung aller Niveaus und Sphären statt. Und es darf hervorgehoben werden, dass die „revolutionäre“ Veranstaltung in Keyenberg nicht mit der „Pastorale“ begann, sondern mit der „Fünften“, deren hammerschlagendes Kopfthema, das jeder Depp beim Namen Beethoven anstimmt, sogar um einen halben Kopf verkürzt startete. Denn das Schicksal fackelt nicht lange.

    Solinger Tageblatt

Weshalb mir die Aktion in Keyenberg so gut gefällt: man erlebt viele einzelne Menschen, ja, die Aufsplittung einer Gesellschaft, die zeigt, dass diese sich nicht zerlegen lässt, nicht durch Corona und nicht durch RWE, sondern zu Gemeinschaftsaktionen fähig bleibt, hinter denen menschliche Individuen stehen. Nichts anderes hat Beethoven gewollt. Deshalb kann mich ein stellvertretend für alle inszenierter Einzel-Marathon nicht begeistern, auch nicht ein ehrgeiziger Tenor, der in hörbarer Selbstüberschätzung aus dem Weltendrama der Bachschen Johannes-Passion ein gedehntes Kammerstück schneidert, oder ein Streichquartett, das bereit ist, ein Jazzfestival mit Beethovens Heiligem Dankgesang zu garnieren, als gelte es, in all der aufgeblasenen Symphonic mal eben dem Untergang der Klassik ein gnädiges Ohr zu leihen.

3. Juni 2020

Mir ist bewusst, dass ich fortwährend assoziiere, was mit diesem Keyenberg-Event („Event“?) zusammenhängt, und zwar mehr die coronabedingte Seite reflektiere, als die primäre, den Einsatz des Musiker-Kollektivs für die Dörfer und gegen die Garzweiler-Brutalität. Denn dieses Empörungspotential ist bereits hochentwickelt (unsere Enkel haben sich von Anfang an – auch am Ort – mit den Baumbesetzern solidarisiert).

Ich will an dieser Stelle alles notieren, was mir in den Sinn kommt, ohne zu intendieren, Bruchstücke einer angemessenen (oder überflüssigen) Theorie zu sammeln. Nicht angemessen zum Beispiel: dass es eine ideale Voraussetzung wäre, die Pastorale auswendig zu kennen und überall im Gelände („Ende Gelände“!) ergänzen zu können, wie die in der Nähe gehörten Musiker*Innen mit den aus der Ferne vernommenen zusammengehören und hörend Wandlern ständig vervollständigt werden. Das wahre Kontinuum, Beethovens Sinfonie! Die große Musik, die nicht erst durch das neue Buch von Hinrichsen (zusammen mit anderen F-dur-Werken wie dem Streichquartett op. 132) eine Sonderstellung einnimmt, sondern (für mich) schon seit 1997, als ich zufällig das – ideenreiche, aber etwas unordentliche –  Buch von Schmenner las und die Pastorale (im Zuge ihrer repetitiven Momente) in einer WDR-Sendung kombinierte mit afrikanischen Improvisationen, die (zufällig?) auf demselben Grundton F basierten.

   

Und heute im Tageblatt der Beitrag über künstlichen Applaus, der sich auch in Moers auffällig in den Vordergrund spielte. Bei früheren Festivals mit Publikum aufgenommen und hier an den entsprechenden Stellen von der Technik eingespielt, aber nicht als Fake, sondern bewusst auch in der Moderation thematisiert, also mit einem melancholischen Beiklang versehen.

 03 Juni 2020 Seite 7

Marco Krefting, Jutta Toelle, Herbert Schwaab.

Ein entscheidender Punkt der Moderne, der plötzlich auf Corona bezogen wird, ist die durch das technische Medium erzeugte Illusion der Nähe, und damit könnte ja auch ernsthaft gespielt werden, visuell und auch akustisch: ich könnte als Beobachter beim Streichquartett sozusagen von Griffbrett zu Griffbrett springen, könnte größere Abschnitte oder ganze Sätze aus der Sicht der zweiten Geigerin erleben, unter Hervorhebung auch dieser Stimme, d.h. die Technik versucht nicht sich selbst zu verleugnen, sondern zu reflektieren, zu subjektivieren. So hat es vielleicht Jan Vogler nicht gemeint, aber genau diese Interview-Reihe der NMZ  sollte man sammeln und auf zukunftsfähige Ideen abklopfen.

↑ Oben zum Lesen, unten ↓ zum Hören anklicken:

https://www.nmz.de/media/video/corona-talk-mit-jan-vogler HIER

Nachtrag zu Keyenberg 

Frankfurter Rundschau nachzulesen hier !