Archiv für den Monat: Juli 2015

Immer wieder Chopin

Dass ich immer wieder Chopin übe, wiederhole oder neu einstudiere (immer noch dieselben Préludes, unbeirrt weiterschreitend in der Terzen-Etüde op. 25 Nr. 6 gis-moll seit April 2015) und keine innere Stimme mir böse zuflüstert: „es ist doch zu spät“ – „in diesem Leben wird daraus nichts mehr“ -oder auch ganz listig „üb doch lieber mehr Geige“ – worauf ich: „die macht mich kaputt, sie hat schon genug Übezeit…“ – es gibt nämlich nur einen triftigen Grund, ein so schwieriges, langwieriges Stück weiterzuüben: es ist ein Vergnügen! Die Hände fühlen sich wohl dabei, wie die Rinder im Frühling, wenn der Bauer sie zum erstenmal an die Luft lässt und sie spüren, warum sie vier Beine haben! Ich muss allerdings nicht über die Tasten toben, ich erkunde ja einstweilen nur ihre Oberfläche, indem ich den Fingern nachgehe, nachgebe, ihnen Wege im schmalen Rahmen der Tastentiefe bahne. Luftwege, denen sie noch nachfühlen werden, wenn ich das Klavier längst verlassen habe.

Klar, das war jetzt vielleicht poetisch aus den Fugen geraten, aber soetwas passiert, weil diese Art Wohlgefühl schwer zu beschreiben ist. Ich behaupte, Chopin hat dieses Terrain entdeckt! Es macht mir Freude, daraus kleine Übungen zu machen, geometrische Entwürfe auf unsichtbares Papier zu zeichnen, als säße ich nicht im Keller am Flügel, sondern ganz entspannt in einem Pariser Straßencafé und hätte jemanden, der mir geduldig zuhörte, bis er (oder sie) später selbst – von Fantasien und imaginärem Fingerfood beflügelt –  dem Zuhause, dem Klavier zustrebt. Und sich in diese Fingerfolgen versenkt.

Chopin Terzen-Etüde Seite 2

Nebenbei, – diese Etüde ist atemberaubend schön, die Triller rechts o.k., ein Aufgabe, aber wirklich „thrilling“ ist der Einsatz der linken Hand, und dann genau diese Phrase, die hier oben im Beispiel zum erstenmal mit Signalwirkung kommt: die Dissonanz und die Melodietöne h / h – ais- gis – fisis. Wie gerne übe ich intensiv & entspannt die neuen Terzenläufe, um endlich auch die linke Hand hineinschlagen zu dürfen!!! (Sie „passt“ nicht, das ist großartig!)

Chopin Übungen Terzenläufe a - d

Angelpunkt ist der Daumen (rot eingekreiste 1). Dann die Handhaltung: in den hohen Oktaven 1b) genau wie in 1a); also nicht nach rechts abdrehen (der Ellbogen geht ja mit). Der spezielle Punkt in 1c) liegt darin, dass der Daumen beim 2. Sechzehntel minimal übergehalten wird, während die Terz der Finger 5/3 (= 3. Sechzehntel) bereits angeschlagen wird; und in 1d), dass der Daumen bei fisis (= 5. Sechzehntel) die Taste minimal früher verlässt, um den Sprung von dieser weißen Taste fisis zur weißen Taste e ganz genau zu fassen.

Chopin Übungen Terzenläufe e - f

(Fortsetzung folgt)

Eyecatcher: Die Götter Griechenlands

Schöne Welt, wo bist du? – Kehre wieder,
Holdes Blüthenalter der Natur!
Ach, nur in dem Feenland der Lieder
Lebt noch deine fabelhafte Spur.
Ausgestorben trauert das Gefilde,
Keine Gottheit zeigt sich meinem Blick,
Ach, von jenem lebenwarmen Bilde
Blieb der Schatten nur zurück.

Die Eyecatcher des Modeunternehmens Prada – ehrlich, interessieren mich heute zum ersten Mal. Dank eines Artikels von Thomas Steinfeld in der am Bahnhof „händisch“ erworbenen Süddeutschen Zeitung. Angeblich finde ich ihn und sie auch im Internet, aber falls jemand vom kostenlosen 14-Tage-Angebot Gebrauch machen will (der Link folgt), – mir ist es nicht gelungen. Es genügt einstweilen, die Bilder durchzuklicken und den Wunsch nach Lektüre des ganzen Artikels im Herzen zu bewahren: Hier.

ZITAT

Warum aber stellten die Alten ihre Skulpturen reihenweise her, immer dieselben, in verschiedenen Größen, Ausstattungen und Formaten? War nicht ihr Glaube, weit entfernt vom Universalismus des Christentums, an jeweils einzelne Orte und Umstände gebunden, so dass sich die Welt der Götter und Heroen als großes Gewimmel individueller Gestalten darstellte? So mag es zuerst gewesen sein. Doch mit der Herausbildung der Flächenstaaten im Hellenismus, die vor dem örtlich Gebundenen keine Scheu mehr empfanden, kann diese heroische Welt nicht mehr gegenwärtig gewesen sein, sondern muss zu einem Gegenstand des bewundernden Gedenkens geworden sein.

Quelle Süddeutsche Zeitung 2. Juli 2015 Seite 11 Götterfabriken Was eigentlich interessiert Prada an antiken Statuen? Die Serienfertigung. Ein ungewöhnliches Ausstellungsprojekt in Mailand und Venedig / Von Thomas Steinfeld

Merkwürdig, ich glaube, dass es dem Autor zu simpel war, an Walter Benjamins Schrift „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ anzuknüpfen. Sie liegt jedoch schon neben mir (siehe Nachtrag hier), dazu eine Schrift über afrikanische Masken und eine andere über „die Welt der Reisenden im Souvenir“. Und dann interessierte mich, was es eigentlich kostet, sich – sagen wir – einen Herkules in den Garten zu stellen. Je nachdem! In der Größe von 60 cm (was ich für einen Giganten recht klein finde) weniger als 100 Euro, wesentlich größer, aber doch etwas kleiner als meine Person (was ich ganz angemessen finde): 1.199 Euro. In 14 Tagen könnte er in meinem Garten stehen und respektheischend zum Nachbarn hinüberschauen. Siehe hier.

Sie werden die Vergrößerungsmechanismen (+) sicher angewendet haben, nicht wahr, und so darf ich hinzufügen, dass der größere, teurere Herkules im Geschlechtsbereich doch sehr vereinfacht ist, was die alten Griechen, soweit ich weiß, nicht zugelassen hätten…

ZITAT

Für exakte Wiederholungen reichten weder die technischen Möglichkeiten der Antike noch die der Renaissance aus. Aber avisiert wurde die Serie schon früh, und die Methoden zur Übertragung von Proportionen waren, obschon handgemacht, schon der Industriefertigung analog, indem sie die identische Replik ansteuerten. (Steinfeld a.a.O.)

Was hat aber nun die Firma Prada davon, die klassischen Kultfiguren bzw. deren Kopien – „Portable Classic“ oder „Serial Classic“ – mit der Mode zu assoziieren? Will sie zeigen, „wie weit hinauf in die höheren Sphären der Kunst man es mit Serienproduktion treiben kann?“ fragt Thomas Steinfeld.

ZITAT

Weil die  Firma Prada, wie alle Hersteller teurer tragbarer Markenartikel, jeden Tag mit Millionen Kopien konfrontiert ist, die genauso aussehen wie die eigenen Produkte, aber nicht Teil des Sinnversprechens sind, das nur die Originale liefern? Weil die Antike offenbar Gelegenheitsgötter für jeden Anlass und für jeden Ort herstellte, und die großen Modeunternehmen heute etwas Ähnliches tun?  (Steinfeld a.a.O.)

Der Anblick der Skulpturen – gerade in ihrer Vervielfältigung – gibt Anlass daran zu erinnern, dass die „Originale“ anders ausgesehen haben. Da führt auch Steinfelds anregender Artikel ein wenig in die Irre, wenn er glauben macht, dass „die antike Plastik von vornherein auf ihre Vervielfältigung hin angelegt war:

ZITAT

Die verlorene Einmaligkeit beruhte auf einem Gewerbe. Die Schönheit wurde in Formen gegossen und nach exakten biometrischen Messungen von Werkstück zu Werkstück übertragen, so dass sie schließlich überall herumstehen konnte – was sie offenbar tat. (Steinfeld a.a.O.)

Hat denn im frühen Zeitalter der Originale niemand gesehen, dass sie farbig waren,  oder hat niemand diesem Umstand einen Wert beigemessen? Konnte denn eine farblose Kopie von vornherein die Erinnerung an die lebhafte Farbigkeit verblassen lassen?

Farbiger Torso glyptothek_muenchen siehe Wikipedia hier!

Noch ein andere Aspekt taucht auf, wenn wir den Blick ins heutige Afrika (nach Indonesien, Neuseeland oder wohin auch immer) richten, Kunstobjekte betrachten und nach „Authentizität“ fragen.

ZITAT

Die Vorstellungen der Europäer und ihre Sammeltätigkeit hatten also bereits früh Einfluss auf die materiellen Kulturen afrikanischer Gesellschaften, und schufen mancherorts auch einen wirtschaftlichen Anreiz, bestimmte Objekte herzustellen, auf bestimmte Weise zu gestalten und an die Europäer zu verkaufen.

Diese wirtschaftliche Motivation zur Herstellung von Objekten schmälert jedoch in der europäischen Wahrnehmung deren „Authentizität“. Dem Anspruch eines Objekts, das von einem afrikanischen Hersteller zum Gebrauch in der eigenen Gesellschaft hergestellt wurde, und in diesem Handlungszusammenhang auch zur Anwendung gelangte, kann ein zum Verkauf an Europäer hergestelltes Artefakt nicht genügen.

Neben dem rein zeitlichen Raster der „Authentizität“ gilt der tatsächliche Gebrauch eines Objekts in seiner Herkunftsgesellschaft als weiteres Merkmal für seine „Echtheit“. Um der zeitlich festgelegten Dichotomie von „echt“ und „falsch“ ein differenziertes Schema entgegenzusetzen, formulierte der britische Kunsthistoriker Frank Willett 1976 anhand der Kriterien Herkunft, Stilistik, Intention des Produzenten und des Gebrauchs seines Produkts in traditionellen Zusammenhängen ein abgestuftes Modell der „Authentizität“ (…). Als „authentischste“ Objekte gelten bei ihm solche, die im lokalen Stil hergestellt und im einheimischen Kontext des Herstellers verwendet worden sind. Objekte, die vor ihrer Verwendung an Sammler verkauft wurden, gelten ihm als weniger authentisch. Darunter angesiedelt sind solche Artefakte, die zwar im einheimischen Stil von einem einheimischen Hersteller produziert worden sind, jedoch von vornherein für den Verkauf an Ausländer bestimmt waren. Es folgen Objekte, die im Auftrag von Europäern von Afrikanern in ihrem eigenen Stil hergestellt worden sind; solche, die im Auftrag von Europäern durch afrikanische Hersteller in einem anderen als ihrem eigenen Stil produziert worden sind; bis schließlich als wirkliche „Fälschungen“ solche Stücke bezeichnet werden, die von Ausländern in einem afrikanischen Stil und zum Verkauf an andere Ausländer als „authentische“ Objekte hergestellt worden sind (Willett 1976:8)

Quelle Alexis Malefakis: Fremde Dinge: Die Rezeption Afrikanischer Kunst als kulturelle Aneignung, In: Münchner Beiträge zur Völkerkunde 13, 2009 / Verlag des Staatlichen Museums für Völkerkunde München Seite 93 bis 116 (Zitat S.103 f.)

Wir befinden uns also unversehens im Reich der Souvenirs. Während die römischen Relikte im Garten ebenso wie die buddhistischen oder aztekischen als ein kulturelles Bekenntnis gewertet werden können, signalisieren Souvenirs am ehesten Weltläufigkeit: ich muss nur sagen können, wo sie herkommen und dass ich dort war. Vielleicht noch die Versicherung, dass es sich keineswegs um Flughafen-Kunst handelt.

ZITAT

Käufliche Souvenirs sind Massenprodukte, auch wenn sie manuell gefertigt sind. Sie sind so beschaffen, daß sie für viele interpretierbar, also verstehbar sind. Schon durch den massenhaften Absatz beweisen sie, daß sie an den kulturellen Hintergrund des Käufers adaptiert sind, des westlichen Käufers, auch wenn sie aus einem Entwicklungsland stammen. Der Souvenirhandel unterliegt – wie der Tourismus – den ökonomischen Mechanismen der Gesellschaft der Reisenden, nicht jenen der Gesellschaft der Bereisten. Angeboten wird nur, was gekauft wird, was nicht verkäuflich ist, wird nicht mehr produziert. Welches Stück Touristen erwerben und welches nicht, ist demnach eine wissenssoziologische Frage, abhängig nicht nur von den Vorstellungen und Kenntnissen über das Reiseland, sondern auch vom sozio-kulturellen Hintergrund und individueller Befindlichkeit, von Faktoren wie Bildung, Beruf, sozialem Umfeld, Lebensstil, Geschmack, finanziellen Möglichkeiten. Somit reflektieren Souvenirs nicht nur kulturelle Elemente des Reiselandes, sondern auch kulturelle Elemente des Herkunftslandes des Touristen. Man könnte noch weiter gehen: Im Souvenir versteckt sich, unter dem vordergründigen, fremden anderen, dessentwegen es scheinbar gekauft wird, Kultur und Lebenswelt des Touristen. Dies soll im folgenden aufgezeigt werden.

Quelle Thurner, Ingrid: Kunst für Touristen: die Welt der Reisenden im Souvenir. In: Sociologus : Zeitschrift für empirische Ethnosoziologie und Ethnopsychologie 44 (1994), 1, pp. 1-21. Internet-Quelle: HIER.

Was es noch nie gegeben hat

Zweisprachiger Aufruf in DIE ZEIT /  Gesang des US-Präsidenten

ZEIT Titelseite HELLAS

AMAZING GRACE

Noch einmal in voller Länge Hier / Zu erinnern auch in diesem Blog hier

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ZITAT 1

Es stimmt ja, dass Griechenland drei große Ungerechtigkeiten kennt: die Ungerechtigkeit zwischen Armen und Reichen. Zwischen denen, die Staatsjobs haben, und den Arbeitslosen. Zwischen dem griechischen Volk und der scheinbar übermächtigen Troika. Es stimmt auch, dass die Troika immense Fehler gemacht hat und bei Ihnen [den Griechen, JR] mit einer Arroganz aufgetreten ist, die ihrem Anliegen geschadet hat. Aber bei allem Respekt vor Ihrer Regierung: Aus unserer, zugegeben etwas entfernteren Sicht wirkte es so, als hätten Alexis Tsipras und Yanis Varoufakis versucht, mit einem Paukenschlag die gesamte wirtschaftspolitische Richtung Europas zu drehen. Dazu fehlte ihnen die Kraft – und die demokratische Legitimation.

Dabei hat sich während der langen Verhandlungen in Brüssel durchaus etwas getan. Es ist das Verdienst von Tsipras, dass auch die EU klüger geworden ist; dass viele Regierungschefs inzwischen bereit sind, die Krisenpolitik zu verändern. (…)

Quelle DIE ZEIT 2. Juli 2015 Seite 1 Bleibt bei uns! Liebe Griechen! Jetzt entscheiden Sie über die Zukunft Ihres Landes. Aber es geht um noch viel mehr / Ihr Marc Brost  (Brost)

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ZITAT 2

Der angeblich mächtigste Mann der Welt beginnt zu singen, nachdem er erklärt hat, nun habe es genug Worte über die Rassenfrage gegeben: Allein diese gewagte Umformung der Macht in ästhetische Erfahrung würde genügen, um zu erklären, warum die Öffentlichkeit durch diese Trauerfeier plötzlich zu beben schien. Die Hilflosigkeit der Politik, das Spiel mit der Menschenfischerei, die Überwältigung durch Musik, all das lag in der Luft: Wie könnte Gesang fehlenden Polizeischutz und die Üblichkeit rassistischer Gewalt übertönen?

Es war indes nicht irgendein christlicher Lobgesang, den Obama anstimmte, um Politik, Theologie und Kunst durch ein gefälliges Heilssonderangebot zu versöhnen. Es war vielmehr jenes Lied aus der Gründerzeit der Vereinigten Staaten, veröffentlicht 1779, [… man lese an Ort und Stelle nach… ich breche zugunsten eines anderen Zitates aus demselben Artikel ab:]

Aber wer zu singen beginnt, redet ja nicht auf andere Weise nur weiter, sondern er singt. Worte allein bringen Menschen nicht als leibseelische Wesen zum Klingen. Wer singt, wechselt die Sphäre. Mit diesem Lied, das die Tiefe der politischen Geschichte öffnet und das zugleich jeder kennt, das jedem offensteht, kann vernehmbar werden, was sonst nicht zu hören wäre: dass sich Schmerz in Klang umwandeln lässt, dass eine Gemeinschaft sich erst im Klang aller Stimmen wahrnehmen, vergewissern und fortan ihrer selbst erinnern kann. Die Sehnsucht, sich mit Liedern musikalisch aus der politischen Sphäre zu entfernen und sie erst so neu herbeizusingen, war in Charleston zu hören: als das uralte Lied der Hoffnung auf Anerkennung der Gleichheit.

Quelle DIE ZEIT 2. Juli 2015 Seite 42 Wie Hoffnung klingt / Jetzt hat es jeder gehört: Barack Obama ist durch ein Lied der Präsident aller Amerikaner geworden / Von Elisabeth von Thadden

Für mich ist die Frage, ob jemand das Wort „Kitsch“ auszusprechen wagt, mit dem man oft genug gute Musik zu Boden streckt. Die Autorin ist so mutig, – auf die Gefahr hin, dass sich die Trauerfeier in ein paar Wochen als Theater erweist – an die Kraft der Musik zu glauben und dies zu bekennen.

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Nachwort zu Griechenland

Wenn man nun schon die ZEIT hat: nicht nur den Leitartikel „Bleibt bei uns!“ lesen, sondern unbedingt auch – als Gegengift gewissermaßen – im Feuilleton Seite 41 Slavoj Žižek: Was ist jetzt noch links? In dieser Woche erleben wir einen Kampf um die demokratische Leitkultur. Es geht nicht um die Griechen. Es geht um uns alle! – (Zu Žižek siehe hier.)

ZITAT zu Schulden und Schuld

Die Schuldenanbieter und – verwalter beschuldigen die verschuldeten Länder, sich nicht schuldig genug zu fühlen – sie werfen ihnen vor, sich unschuldig zu fühlen. Ihr Drängen entspricht genau dem, was die Psychoanalyse als Über-Ich bezeichnet: Wie Freud klar gesehen hat, ist es das Paradox des Über-Ichs, dass wir uns umso schuldiger fühlen, je mehr wir uns seinen Forderungen beugen. Wie bei einem grausamen Lehrer, der seinen Schülern unmögliche Aufgaben stellt und dann sadistisch frohlockt, wenn er ihre Panik sieht. Wenn man einem Schuldner Geld leiht, besteht das wahre Ziel nicht darin, den Kredit mit Gewinn zurückgezahlt zu bekommen, sondern in der unbegrenzten Verstetigung der Schuld, die den Schuldner in permanenter Abhängigkeit und Unterordnung hält, jedenfalls die meisten Schuldner, denn es gibt Schuldner und Schuldner.

Nicht nur Griechenland, sondern auch die Vereinigten Staaten werden nicht einmal theoretisch in der Lage sein, ihre Schulden zu bezahlen, wie inzwischen öffentlich anerkannt wird. Es gibt mithin Schuldner, die ihre Gläubiger erpressen können, weil sie zu groß sind, als dass man sie scheitern lassen könnte (Großbanken), Schuldner, die die Bedingungen ihrer Schuldentilgung kontrollieren können (die US-Regierung), und schließlich Schuldner, die man herumschubsen und demütigen kann (Griechenland).

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Und in diesem Fall orientiere ich mich auch an dem, was die Partei DIE LINKE dazu sagt, da der Eindruck entstanden ist, dass die Medien uns einseitig im Sinne der politischen Machthaber und der sogenannten „Institutionen“ informieren: daher sei diese ergänzende Lektüre empfohlen – und sei es zum Aufregen: Hier

Zum Begriff der AUSTERITÄT (oder zum Sparen um jeden Preis): Hier.