Man mustert den Himmel, das tiefe Blau, die Wiese am Wanderweg, da ist nichts, was den Frieden stört, hier möchte ich für immer bleiben.
Und dann? die Zeichen der Zeit, einfach in die blaue Tafel geschrappt. Ich weiß nicht, was soll es bedeuten? Das war voriges Jahr bei Völs in Südtirol. Und es war alles schön, nur gab es dieses Innehalten. Leider von Menschen gemacht.
Am Abend die Erinnerung an den schönen Tag. (Handy-Fotos JR)
Und wenn ich heute, da wir nicht mehr reisen dürfen, den blauen, streifenlosen Himmel mustere, – die Stille da oben wie hier unten. Und als ob er es vor zwei Jahren geahnt habe, hat ein Freund vorgesorgt, er lebt in Freiburg, warum soll er nicht das Freiburger Münster aus einer ungewöhnlichen Perspektive malen. Das ist sein Beruf und seine Berufung.
Weshalb ich das Bild vierfach sehen will? Ich weiß es nicht, vielleicht um der Betrachtung noch etwas Nachdruck zu geben, so wie ich auch empfehle, ein außergewöhnliches Musikstück immer mehrmals zu hören, und nichts anderes dabei zu tun: als HÖREN.
Ich möchte vor allem, dass das Blau des Völser Himmels nicht gleichzeitig ins Blickfeld gerät. Und dass man nachdenkt über das Bauwerk, den „schönsten Turm auf Erden“ (wie ihn Jacob Burkhardt genannt hat), der 116 m hoch ist. Vielleicht auch ein Bild anklickt, wenn der Monitor groß genug ist, es zu fassen…
Jürgen Giersch: 2018, 2 Der Turm des Münsters, 100 x 70
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Oder, frage ich, hat der Künstler im Hauptturm gesessen und einen der Seitentürme ins Zentrum gerückt?
Aber angenommen, es wäre so, und die Verfremdung wäre einen anderen Weg gegangen als gedacht, würde es auch nur einen Gran ändern an der Wirkung des Bildes?
(Und dieses Foto wiederum ist ein Detail aus dem sehenswerten Blog von Michael Mantke hier .)
Nachtrag 10. Mai 2020
Zitat aus einer Mail des Malers Jürgen Giersch, der sich zu diesem Münster-Bild äußert. Ich bin nicht ganz sicher, ob ihn diese Vervierfachung freut. Wenn darin eine leise Kritik steckt, akzeptiere ich das sofort und rate vor allem dazu, das Bild auch einmal in der Realität zu betrachten: bald wird Gelegenheit dazu sein. Und ich bin sicher, auch dort wird man mehrfach in den Raum zurückkehren, um den ersten Eindruck zu vertiefen. Oder zum Münster wandern…
Danke, daß Du es auf Deiner „Bühne“zeigst. Ich habe es soeben angeschaut, das wirkt in vierfacher Gestalt so, als könne man es der einfachen nicht glauben. Zugleich wird es durch die Multiplikation zu einer Art von Angebot: schau mehrmals hin, dazu bin ich da… Ich hatte bei einer Galeristin behauptet, man könne das Münster nicht malen, es ginge nicht, nach einem Kunstwerk ein anderes zu machen. Zuhause aber dachte ich: Wenn schon, dann so, und fertigte aus der Vorstellung eine Skizze……Es ist der Hauptturm, hier gesehen vom Dachfirst aus, er scheint allerdings eher aus Gußeisen gefertigt zu sein. Daß er den Luftraum mit den Kondensstreifen teilen muß und diese auch seinem Gestein schaden – das war eine spätere Idee. Ja, die senkrechten Kondenzstreifen auf Deinen Fotos wirken wie Alarmsignale, aus der Erde aufgestiegen. Übrigens wird das Bild mit ca. 20 anderen in einer Ausstellung zu sehen sein, wir haben den Titel gewählt: Freiburg – Abseits vom Abbild. Es sind Bilder aus der Erinnerung gemalt, für Ortskundige auch an Versatzstücken erkennbar, aber eben auch stark verwandelt. Als Beispiel schicke ich einmal die Blaue Brücke mit (offiziell: Wiwili-Brücke benannt nach den in jenem Ort als Entwicklungshelfer ermordeten Freiburger Sozialarbeitern).
Mail vom 8.5.20
Wiedergabe der Bilder mit freundlicher Erlaubnis der Urheber©