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In Zeitlupe üben!

An manchen Tagen hat man Glück, und schon hagelt es alltägliche Einsichten, die man nur vergessen hat, täglich penibel umzusetzen.

Zwei Beispiele der letzten 2 Stunden:

a) Beim Geigeüben – in den leichteren Dont-Etüden (die ich gar nicht genug loben kann, gerade gegenüber den schweren und bekannteren, die „24 Vorübungen zu Kreutzers und Rodes Etüden für die Violine“ von Jacob Dont, Op. 37, revidiert von Hans Sitt. Verlag C.F.Peters Frankfurt/M, London, NewYork) die Nr. 7 in a-moll „Vivace“, hier die Schlusszeilen:

Dont Bogenwechsel

Es gibt darin immer wieder Saitenwechsel, die eine heftige (?) Bewegung hin zur E-Saite erfordern, und dieser Aufprall gerät oft zu heftig, weil der Bogen dann zu einer Springbewegung neigt, die abgefangen werden muss. Besonders auffällig im zweiten Takt der zweiten Zeile, zweite Sechzehntelgruppe: man befindet sich in der 4. Lage, den Ton c“ (3. Finger D-Saite) erreicht man im Aufstrich, und unmittelbar danach folgt im Abstrich das hohe e“‘. Wenn man es in Zeitlupe ausprobiert, weiß man genau, was passiert: der Aufprall geht zu sehr im rechten Winkel auf die Saite, dadurch wackelt die Bogenstange und erzeugt ein unschönes Geräusch. Abhilfe: man hält inne nach der Bewegung zur E-Saite und lässt den Bogen nicht senkrecht auf die Saite prallen, sondern „schräg“, statt des rechten Winkels denkt man sich die Linie der Winkelteilung, sozusagen in den Abgrund zwischen E-Saite und Unterarm.

Das Anhalten und die Zeitlupe wirken Wunder.

b) Beim Klavierüben  – Chopin-Impromptu Nr. 1 As-dur op.29

Chopin Impromptu Triller

Dass man nach der Leggiero-Girlande die Trillerkette der rechten Hand ebenso intensiv aber anders übt, liegt „auf der Hand“, auch, dass es um Stärke und Brillanz geht. Weniger vielleicht, dass die linke nicht irgendwie arpeggiiert, sondern – genau wie rechts der Trillerton a“ nach den Vorschlägen (Achtung: kein b“ einfügen!) – mit dem Basston ES auf die Zeit beginnt, den nächsten Ton A ruhig und stark folgen lässt, dann den linken Daumen mit Schwung auf den obersten Ton GES wirft, der durchaus nach dem Trillerakzent der Oberstimme kommen darf, als leicht verspätete Zählzeit (der Basston ES war pünktlich), die Verspätung gibt ihm besonderes Gewicht, ihm und der Zweiergruppe, die er mit dem folgenden C bildet. Genau so in den beiden Zweiergruppen des nächsten Taktes, und erst im übernächsten Takt wird der stärkste Ton – Zählzeit 1 mit Akzent! – noch überboten durch das Weiterbinden auf den dritten Ton, das AS, das zusammen mit dem Melodieton des“‘ als Fortissimo herausragt: das Intervall Quart+Oktave im ff wirkt wie eine Überdissonanz – durch Leere.

All dies zu üben, pedantisch in Zeitlupe, nicht „erregt“, sondern rein technisch, mit Pedal genau zu den Phrasierungen der Zweiergruppen… das macht riesig Spaß. (Während die Musik zugleich etwas ganz anderes als Spaß ausdrückt. Die junge Generation wird an dieser Stelle mit einem gewissen Recht das Wort „GEIL“ benutzen.)