Das Paradiesthema kehrt zurück

Kein Tag wie jeder andere

Ich blättere die neue ZEIT durch, wie immer in der Reihenfolge FEUILLETON – WISSEN – und jetzt würde die Titelseite folgen, aber ich bleibe stecken bei WISSEN auf Seite 29 und sage mir: Schon dafür hätte sich der Preis von 4,70 € gelohnt: ein Gespräch mit Nigel Barley, dessen erstes Buch „Traumatische Tropen“ ich im Dezember 1990 von meinem Kollegen Fuhr zum Geburtstag erhielt. Nicht lange danach habe ich es zum Thema einer WDR-Sendung gemacht. Völlig unabhängig davon war meine Begeisterung für Bali, einsetzend lange vor der Anschaffung des Buches „Märchen aus Bali“ 1965, gipfelnd im Bali-Aufenthalt 1995, von Wolfgang Hamm und Ulrike Rießler vorbereitet; in Ubud erstand ich z.B. den Bildband „Perceptions of Paradise“ und die Monographie über Walter Spies, während ich ein Jahr vorher das Buch von Adrian Vickers verschlungen hatte: BALI – Ein Paradies wird erfunden. Und nun dies:

ZEIT: Nun erscheint von Ihnen ein neues Buch auf Deutsch Bali – Das letzte Paradies (…). Ist es das, eine Insel der Seligen?

Barley: Natürlich nicht, der Titel ist ironisch gemeint. Das Paradies ist immer anderswo, niemals hier und jetzt. Deshalb werden auch absolutistische und totalitäre Regime immer irgendwann unterminiert: weil sie das Paradies nicht erschaffen können.

Eine typische Barley-Antwort, – wer denkt schon bei der Vorstellung vom Paradies zuerst an ein solches Regime? Dahinter stecken mehrere Gedankensprünge, und unmittelbar anschließend folgt der nächste:

Kürzlich war ich auf einer Konferenz in der Schweiz, da ging es um die Idee der Utopie. Wir saßen also da, in diesem wundervollen Tagungshaus am See, die Blumen blühten, es war angenehm warm, ein sanfter Wind strich übers Land, die Vögel sangen, die Fischer jodelten über den See … und wir zermarterten uns die Köpfe und diskutierten verbissen die Frage, wo wohl das Paradies sei.

Quelle DIE ZEIT 30. Juli 2015 Seite 29 „Da stimmt doch was nicht“ Nigel Barley ist passionierter Ethnologe – aber genervt von seinen Fachkollegen. Warum genau? Ein Gespräch über Forscher auf Reisen und die Insel der Seligen.

BALI Barley Man kann den Anfang des Buches online lesen: HIER.

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Ich überlege: wann hat das eigentlich in meinem Fall begonnen? Am Anfang stand das Jugendbuch „Mut Mafatu!“, die Geschichte eines Jungen, der Anerkennung sucht, die Insel Hikueru, die Südsee – und ein seriöser Anhang, der belehrend gemeint war, aber mir als ein Siegel der Wahrhaftigkeit erschien. Das war vermutlich etwa 1950. Und 1960, zu Beginn des Studiums in Berlin, war es der folgende Film, der mich umgehauen hat, kein Zufall natürlich, dass früher der Junge, jetzt das Mädchen die Titelfigur war.

Südsee Film 1955 Südsee Film 1955 2 Südsee Film 1955 3 Der obige Text leichter lesbar plus Fortsetzung:

Südsee 4 Text Südsee Film 1955 4

Welche Rolle spielte die Musik dabei (für mich)?

Continente perduto war 1955 einer der damals erfolgreichsten und einflußreichsten Dokumentarfilme, zudem der erste italienische Film überhaupt, der in Farbe und Cinemascope gedreht wurde und im 4-Kanal-Stereoton-Verfahren in die Kinos kam. Über mehrere Monate hinweg war die Filmcrew unter der Regie von Enrico Gras und Giorgio Moser im indonesischen Archipel unterwegs gewesen, um von dort eine Fülle an atemberaubenden Naturaufnahmen zurückzubringen und eine so nie zuvor auf der Leinwand gesehene exotische Welt voll fremdartiger Gebräuche und Rituale vor den Augen der Zuschauer auferstehen zu lassen, in der seelische Kraft und religiöser Kult die Triebfeder allen Handelns sind. Lavagnino, der zusammen mit dem Filmteam sechs Monate in Indonesien verbrachte, um dort die Folklore des Landes zu studieren, komponierte für diesen Film eine seiner herausragendsten Arbeiten: Eine außergewöhnlich faszinierende, abwechslungsreiche und sinnlich-exotische Musik, die durch ihre brillanten Themen, ihre mitreißende Rhythmik und ihre farbenprächtige Klangpalette begeistert. Ethnisches Lokalkolorit wird in eine abendländische sinfonische Tonsprache integriert, wobei Lavagnino als erster italienischer Filmkomponist zu dieser Zeit ganz besonders mit innovativen Ton- und Aufnahmetechniken aller Art experimentierte. Die Realisierung dieses CD-Projekts war nur möglich mit der Unterstützung der drei Töchter des Komponisten – Alessandra, Bianca und Iudica Lavagnino -, die uns die im Nachlaß sogar in Stereo erhaltene Masterband-Kopie des Scores für diese CD-Veröffentlichung freundlich zur Verfügung stellten. Diese CD erscheint in einer limitierten Edition von 500 Exemplaren.

Quelle siehe HIER.