Alles neu denken (und hören)

Jan Kopp, Reinhard Febel (Bach), Martin Tchiba

Die Auswahl dieser Komponisten ist rein zufällig. Oder soll ich sagen: ist alles andere als zufällig, hat vielmehr mit meiner persönlichen Biographie zu tun. Man muss das nicht wissen. Trotzdem werde ich am Ende etwas aus meiner Geschichte mit der Neuen Musik erzählen. Aber das wird ein privates work in progress und muss niemanden interessieren.

Über Musik sprechen? Und dann erst hören? Oder umgekehrt?

Hören???

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Die einzelnen Clips sind sehr kurz, zwischen 0:15 und 1:20, man kann den Vorgang des Hörens danach unmittelbar rekapitulieren, imaginativ. /  Oder wie in den folgenden drei Versionen als ein Kontinuum vorüberziehen lassen, sogar quasi nebenbei hören :

Playlist 1 (=Version 1) hier  / Playlist 2 (=Version 2) hier  / Playlist 3 (=Version 3) hier

Aber: was heißt nun HÖREN? Wie sollte man zuhören? Der Komponist Jan Kopp hat sich darüber viele Jahre lang systematisch Gedanken gemacht und das Ergebnis in dem folgenden Büchlein zusammengefasst. Sehr empfehlenswert.

Wolke Verlag → hier mit Einleitungstext im pdf.

Zusätzliche Erfahrung sammeln mit Klängen, die allen Klassik-Adepten vertraut sein dürften

  Reinhard Febel Wikipedia 2012 (Foto David Kilburn) – Im Booklet fehlt ein Foto des Komponisten…

Erfahrung zulassen – mit Klängen unbekannter Herkunft

Martin Tchiba:

klang collection ist meine musikalische Aufarbeitung der Corona-Zeit. Reflektiert werden vielfältige Klänge, Dinge, Orte, die mir 2020 und 2021 wichtig waren, die auf der Agenda gestanden hätten, aber aufgrund der Situation „unerhört“ blieben, ergänzt durch starke Reminiszenzen an die „Zeit davor“. Dennoch bleiben viele der Stücke abstrakt – in dem Sinne, dass sich die Referenzen nicht auf der Oberfläche, sondern eher aus der Anatomie der Textur erschließen. Überdies entwickeln die Kompositionen durchaus eine eigene, von den jeweiligen Bezugspunkten losgelöste innere Logik. Die drei „Abteilungen“ – places, dedications, images – können jeweils als eigenständige Werke betrachtet werden, deren einzelne Sätze (Tracks) ebenfalls als in sich geschlossene Stücke gehört werden können. Und natürlich gibt es auch den dramaturgischen Kontext der rund fünfzigminütigen Gesamtkomposition. Verarbeitet wurden überwiegend Klavierklänge, spontan improvisierte wie minutiös konstruierte, aber auch Synthetisches, Field Recordings – Sounds einer beklemmenden, aber nicht verlorenen Zeit.

Das ist der kurze Text, der auf der CD zu lesen ist. Man sollte ihn später – nach dem Hören? – durch den längeren, instruktiven Text ergänzen, der im Internet zu finden ist, und zwar unter http://www.tchiba.com/edition/klang-collection/ bzw. hier. So rät der Komponist selbst. Unbedingt, sobald sich – was beim Hören neuer Musik nicht selten der Fall ist – der Eindruck einstellt: was will der kreative Mensch mir eigentlich mitteilen? Ist es recht, wenn mir Assoziationen kommen, die nicht mit denen des Komponisten übereinstimmen? Will er überhaupt mit uns kommunizieren (ich bin mir dessen sicher: auch Selbstgespräche beziehen sich auf andere Menschen – oder quasi personifizierte, resonierende Dinge…), zumal ich erfahre, dass ihm manche akustische Erfahrungen selbst rätselhaft werden, und dass er in der Einsamkeit des Waldes an uns (!) denkt („wir“), an grazile Insekten oder an – Skrjabin.  Wir Lebewesen befinden uns alle in einer vergleichbaren Erfahrungswelt, auch wenn sie uns fremd wird, zahllosen Existenzen, die Gregor Samsa gleichen, dessen „Verwandlung“ Franz Kafka beschrieben hat.

(Fortsetzung folgt)