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Grenzerfahrung mit indischer Melodie

Die Bühne vor Beginn des indischen Konzertes

Indisches Konzert leere Bühne 150311

(Pausenbeitrag ©Jan Reichow März 2015, Stand 150303, s.a. hier) Sendedatum: WDR 3 11. März 2015 Konzertpause Liveübertragung aus Bielefeld, Konzertbeginn 20:05 Uhr.

Das Konzert kann inzwischen (Stand 12.03.20159) 30 Tage lang nachgehört werden. Und zwar HIER bzw. https://soundcloud.com/wdr3konzert/nordindische-violine-11-03

Es ist empfehlenswert, den Pausenbeitrag, dessen Text hier nachzulesen ist, als Einführung in das Konzert vorweg zu hören; er beginnt im gerade angegebenen Link  bei 55:16.

Vor Beginn des Konzertes: Abhijit Banerjee und Kala Ramnath auf der Bühne des Kammermusiksaales der Rudolf-Oetker-Halle in Bielefeld 11. März 2015

Indisch Künstler auf Bühne BI 150311

TEXT Pausenbeitrag

Wer einmal für längere Zeit indischer Musik zugehört hat, bewundert vielleicht die Ruhe und Virtuosität, die sie übermittelt, könnte aber wenig über den Bauplan des musikalischen Ablaufs sagen: es gibt keine Einzelsätze, wie in einer Sinfonie oder Sonate der westlichen Klassik. Vielleicht hat man nicht mal ein Thema erkannt oder behalten, geschweige denn, dass man es in etwa nachsingen könnte. Was in Erinnerung bleibt, ist vielleicht nur ein einziges großes Kontinuum, das immer gleiche Tonreservoir, darin immer wieder ähnliche Wendungen. Und dieser Eindruck wird verstärkt durch die Allgegenwart eines einzigen Grundtons, der von Anfang bis Ende durchklingt und selbst im hellen Schlag der Tabla-Trommel wahrnehmbar ist.

1) Musik Kala Ramnath ab 35:01 hoch, bis 35:40 (nach Bedarf unter Text)

Was kann man tun, um festen Boden unter die Füße zu bekommen? Von indischer Seite hören wir immer wieder, dass der Gesang der entscheidende Faktor ihrer Musik ist, – also nicht das meditative Summen und Sirren, das, wie wir meinen, eine Vorstellung von Ewigkeit evoziert, sondern der Atem, der eine gewisse Struktur vorgibt, vielleicht auch die Sprache mit ihren Gliederungstendenzen. Einen entscheidenden Hinweis gibt die Schlagfolge der Tabla-Trommel, die offensichtlich nicht beliebig verläuft, sie ist sogar berechenbar, sie besteht aus fortwährend, gewissermaßen kreisförmig aneinanderhängenden Perioden, und die Melodiestimme hat damit zu tun, sie reagiert darauf, bestätigt die Hauptbetonungen oder widerspricht ihnen. Niemals handelt es sich um bloßen Rhythmus, der den Hintergrund belebt, wie in der westlichen Tanzmusik. Er hat zunächst ein so langsames Tempo, dass wir Schwierigkeit haben, die Grenzen einer großen Periode abzustecken. Nehmen wir den Tala Ektal, der aus 12 Zählzeiten besteht. Ich zähle beim folgenden Thema mit, allerdings nicht von 1 bis 12, sondern – mit Zwischenzählzeiten – zweimal von 1 bis 24, da die Schläge sehr dezent und langsam erfolgen. Zugleich umfasst die damit abgemessene Periode die genaue Länge des Themas oder, wie die Inder sagen, der Composition: sie geht von der Grundton-Ebene aus, steigt allmählich aufwärts, erreicht die obere Oktave und kehrt allmählich wieder zum Grundton zurück, das Ganze dauert anderthalb Minuten, und diese anderthalb Minuten wären, wenn wir weiterhörten, auf lange Zeit das Maß der Dinge, Zeile für Zeile.

2) Musik Rashid Khan Tr. 25 1:32 MITZÄHLEN!

Ohne die Tabla hätte ich die extrem langsam verlaufende Melodie nicht mitzählen können, aber das gilt unter Umständen genauso im schnelleren Tempo: Die in der Trommel rhythmisch präzise ausgeführte Periode ist auch für die Melodiestimme verbindlich, jedoch: sie darf damit spielen. Sie soll es sogar. Sie hat eine höchst sensible rhythmische Freiheit, und diese zu spüren, gehört zu den reizvollsten Erfahrungen der indischen Musik.

Mir hat der Sänger Madhup Mudgal einmal dafür die Ohren geöffnet, eine unvergessliche Lektion: ich hatte es nur vage gefühlt, er aber hat es mir glasklar vorgeführt, wie sich die Melodie zum Rhythmus bzw. zur Tala-Periode verhält; sie kann durchaus einfach gebaut sein, wie im folgenden Beispiel, das Entscheidende ist, wie die Melodie auf dem gegebenen Rhythmus – oder sagen wir ruhig: auf dem „Beat“ – sitzt oder schwebt.

3) Musik Madhup Mudgal*** CD 0:58

Das heißt: die Töne der Melodie müssen nicht mit den Schlägen der Tabla zusammenfallen, ja, gerade dann wirkt alles so schwerelos, das macht ihre Grazie aus, – sofern wir es wahrnehmen und nicht als verwirrend empfinden. Hören Sie nur, der Sänger bringt jetzt noch einmal die pedantische Form, wir würden sagen: es ist seine „preußische“ Version des Themas.

4) Musik M.M.*** ab 1:05 bis 1:21 „preußische“ Version

Und jetzt das gleiche in der freien indischen Gestalt. Die Melodie bewegt sich weich über die Zählzeiten hinweg, ohne sie zu akzentuieren.

5) Musik M.M.*** ab 1:28 bis 1:55 „indische“ Version

Wir denken vielleicht, das sei doch eine einfache Sache, man muss eben nur locker drauf sein, – weit gefehlt! Der Sänger sagt, dass es zum schwierigsten Stoff seiner Lehrzeit gehört habe. 5 Jahre habe er dafür gebraucht, seine musikalische Arbeit sei damals völlig ins Stocken geraten: er musste sich vom klaren Schema lösen, aber ohne es aus den Augen zu verlieren … Und dann befand er sich unversehens auf einem neuen Niveau, unglaublich, er konnte es, und seither kann er problemlos beide Systeme nebeneinander demonstrieren, das pedantische und das künstlerisch entspannte. Ich war fasziniert, – eine ähnliche Erfahrung gibt es ja in der westlichen Klassik: das Tempo rubato, unentbehrlich etwa bei Mozart oder bei Chopin. In Indien aber ist es ein Phänomen, das einen der wesentlichsten Aspekte kennzeichnet: zwischen rhythmischer Strenge und vollkommener Gelöstheit der Interpretation.

Die Geigerin Kala Ramnath kam in ihrem unvergleichlichen Rudolstädter Konzert 2010 nach rund 25 Minuten an einen Punkt, wo sie mit virtuosen Girlanden in verschiedenen Anläufen den Übergang in ein neues Tempo vorbereitete. Sobald es erreicht ist, und das Thema erklingt, werde ich versuchen, wieder mitzählen: Jhaptal heißt diese Periode, die aus 10 Zählzeiten besteht, das habe ich gelesen, – gruppiert in zweimal 5, und diese Fünfer wiederum in 2 + 3 geordnet. Das klingt kompliziert, wird aber durchsichtig, wenn Sie es hören: 1 2 / 3 4 5 // 1 2 / 3 4 5. Doch noch sind wir nicht dort, Kala Ramnath lässt es bei dieser Themenpräsentation nicht bewenden, sie hat noch eine Überraschung in petto. Warten Sie – hier sind die erwähnten virtuosen Girlanden…

6) Musik Kala Ramnath* ab 25:44  bei 26:30 (Stopp) hier hanem wir das Thema, das in den Tala eingebettet ist, und der geht so (zur Musik zählen): 1 2 / 3 4 5 / 1 2 / 3 4 5

  • 27:21 Gesang
  • 28:05 Ansage endet
  • Violine bis 29:04 neu: 31:29

Unmittelbar nach ihrem Gesang verwandelt die Künstlerin also die gesungenen Linien ins Violinspiel. Aus dem Booklet haben wir erfahren, dass eine der Melodien, die sie in dieser Aufnahme singt, von ihrem Lehrer, Pandit Jasraj, stammt. Ist es diese? Was hat sie gesungen? Lassen Sie uns das noch einmal hören, der Text lautet: Tum bin kal na pare, „Ohne dich kann ich mich mir selbst nicht vorstellen“.

7) Musik K.R. noch einmal Gesang ab 27:21 bis ca. 28:00

Wir begeben uns auf die Suche… und haben Glück: zum 50jährigen Bühnenjubiläum des Meisters Pandit Jasraj ist im Jahre 2002 eine Sammlung von 4 CDs mit 51 Kompositionen herausgekommen: und diese hier befindet sich als Nummer 5 auf CD 3, – ein glücklicher Fund, der uns ein paar Wochen beschäftigen könnte, sagen wir, wie der Entwurf einer Sonate in Beethovens Skizzenbuch, die Frage: was ist ins Werk übergegangen, unverwechselbar, was davon hat für immer Bestand? Was also ist für jeden Interpreten verbindlich?

Es ist keine Schande, wenn man vielleicht auf Anhieb gar nicht erkennt, dass es sich wirklich um dieselbe Melodie handelt. Zumal Pandit Jasraj, nicht auf derselben absoluten Tonhöhe singt, was die beiden Versionen schwerer vergleichbar macht. Ich hoffe, dass Sie es hilfreich finden, wenn ich wieder zwei Perioden mitzähle, damit Sie es dann leicht selbst fortführen können.

8) Musik Pandit Jasraj Raga Maru Bihag** ab 0:13 bis etwa 0:40 (unter Text weiter)

Es ist – anders als bei Beethoven – in Indien völlig legitim, wenn sich spätere Interpreten eine solche Komposition aneignen und neue Varianten schaffen. Genau das geschieht hier und führt zu einem wesentlichen Punkt indischen Denkens. „Gestaltung, Umgestaltung, Des ewigen Sinnes ewige Unterhaltung“, wie Goethe sagt.

Sie hören gleich den Übergang zurück zu der Version von Kala Ramnath, die diese Composition etwas straffer fasst, auch die eigenartigen schnellen Gänge einfügt dort, wo Pandit Jasraj die absteigende Ganztonfolge (singen!) bringt. Der Beginn jeder Zeile, jeder Tala-Periode ist der dann folgende Sprung aufwärts (singen!).

9) Musik Pandit Jasraj wieder hoch + Übergang zu Kala Ramnath (dann unter Text)

Jede indische Melodie steht in einem RAGA, und dessen große mit Improvisationen aller Art erfüllte Darstellung ist das Ziel jeder Interpretation. In diesem Thema haben wir in knappen Zügen den gewaltigen Raga Maru Bihag, wenn wir ihn in allen melodischen Feinheiten erfassen wollten, müssten wir die CD von Anfang an hören; wir haben ja in der Mitte eingesetzt. Da es uns aber um leichtere Fasslichkeit geht, springen wir noch weiter; indische Interpretationen befolgen das eherne Gesetz allmählicher Beschleunigung, und jede neue Tempostufe hat auch ein neues Thema, oft eine Kurzfassung des vorhergehenden.

Kala Ramnath neues Thema durchläuft die Oktave aufwärts und abwärts, das beschleunigte Tempo gehorcht einem anderen Tal, genannt Tintal, der aus 4 mal 4 schnellen Beats besteht. Sie werden ihn leicht erkennen, wenn Sie sich vom Tempowechsel erfassen lassen:

10) Musik Kala Ramnath ab ca. 31:00 (neues Thema bei 31:30)

Ich muss es einmal sagen: Schöneres kann man in der Musik selten erleben, diese Sicherheit im Virtuosen und diese Klarheit in der Zeitgestaltung. Der große Geiger Yehudi Menuhin hat einmal gesagt: „wenn ich indische Musik höre, ist das, wie wenn ich Vitamine genommen habe“, und er bezog sich dabei vor allem auf die Reinheit der Intonation, die uns gewissermaßen läutert. Aber auch die bloße Zeitgestaltung tut Wunder, wenn wir sie nur wahrnehmen: die Aufführung dieses Ragas dauert 58 Minuten, ist voll von Improvisation und Spontaneität, und trotzdem sitzt jedes Thema, jedes Detail genau an seinem Platz. Man kann das Meditation nenne, in keinem Fall ist es unverbindliche Träumerei, zu schweigen vom bloßen Dösen, sondern ein sehr intensives Zuhören. Und die beste Chance, da hineinzuwachsen, ist die Einleitung des Ragas, der Alap, in dem man das Gewicht, den Ausdruck jedes Tones erlebt – und es sind pro Raga immer dieselben Töne, immer ähnliche Tonfolgen: man kann sie unmittelbar lernen.Und auch wenn die Tablatrommel einsetzt, – es geht zunächst sehr, sehr langsam, man folgt dem Prinzip der Tonraumerkundung, man gewinnt einen Standort in der Welt, die aus Klängen und Tonfolgen besteht, so paradox es klingt: eine Welt von unerhörter Rationalität und zugleich Freiheit. (letzte Musik beginnt)

Was auch immer nach dieser Konzertpause zu hören sein wird, Sie werden mit diesen Erfahrungen oder ganz ähnlichen – genau wie Schubert es in seinem berühmten Lied sagt – „in eine bessre Welt entrückt“. Sie wird einen anderen Namen tragen als Maru Bihag, aber sie wird nicht Ukraine heißen und nicht Euro oder Staatsbankrott. Diese Melodie, die meditative Version des Themas, das Sie mehrfach gehört haben, hat bei Pandit Jasraj den Text Tum bin kal na pare, „Ohne dich kann ich mich mir selbst nicht vorstellen“, und zugleich wendet er sich an den Gott Krishna, dem er als „Sakhi“ (Freund s.a. hier) dienen möchte. Und der Gott scheint EINS zu sein mit seiner Mutter, zu deren Andenken Pandit Jasraj das Lied im Jahre 1957 geschaffen hat. Ich könnte mir vorstellen, dass Kala Ramnath wiederum es hier ihrem alten Meister gewidmet hat. Schon wenn sie am Anfang darauf anspielt:

11) Musik Kala Ramnath Anfangsversion des „Themas“ ab 4:30

Indisches Konzert Kala Ramnath 150311

KALA RAMNATH

Fotos: E.Reichow

***

Skizzen zur „Composition“ in Maru Bihag

Kala Ramnath*

Maru Melodie Kala R

Pandit Jasraj**

Maru Melodie Jasraj

Skizze zu Madhup Mudgals Dadra-Melodie

A „preußische“ Version B indische (Rubato-)Version

Madhup Mudgal Dadra

Vorübungen

Zum Tala Jhaptal

Es wäre günstig, wenn Sie sich schon einmal mit dem Artikel „Indische Musik SEHEN“ beschäftigt hätten, dann würde ich so anfangen:

a) Auf die erste Seite von „Music in Motion“ gehen und in das Fenster oben rechts eingeben: „Jhaptal“. Sie erhalten dann eine Liste der Raga-Beispiele, in denen die Rhythmus-Periode Jhaptal eine Rolle spielt. (Bzw. zuerst die Kapitel „Genres“ und „Rhythm“. Dann:) Bihagda, Rageshri, Nayaki Kanada, Basant mukhari, Kalashri, Jaijaivanti, Hindol usw., lauter Raga-Namen, die Sie anklicken können.

b) Beginnen Sie also mit Bihagda. Scrollen sie dorthin, wo „Performance by Manjiri Asanare“ steht, weiter unten folgt das Wort „Performance“ und  eine senkrechte Zahlenreihe: sie entsprecht der fortlaufenden Zahlenfolge, die weiter unten, am unteren Rand des Oszillogramms zu erkennen ist. Merken Sie sich aus dem „Performance“-Bericht 120-187: First section of the composition. Am besten auch gleich:193-301: Second part of the composition. 

c) Hören Sie von 1 bis – sagen wir  – 115, folgen Sie dabei mit den Augen den schwarzen melodischen Linien, zugleich der lilafarbenen senkrechten Zeitlinie. Stoppen Sie bei 118.

d) Bei 120 wird das Thema (Composition) beginnen, unmittelbar vor 131 leitet Tabla ihren Zyklus mit einem kleinen Wirbel ein, die betonte Zählzeit 1 (das SAM) liegt genau auf der fetten roten Linie (2:13). Wenn Sie weiterfahren, folgen drei schwächer gezeichnete Linien und die nächste fette rote Linie bei 159 (2:42). Dies ist genau die Länge einer Tala-Periode. Jetzt sollten Sie diese Strecke zählen lernen. Also zurück auf die Stelle unmittelbar vor 131 (2:13) ! 

e) Sie sehen die senkrechte fette rote Linie und in etwas weiterer Entfernung die erste senkrechte graue Linie, und wenn Sie weiterfahren folgt wieder eine rote Linie, allerdings von matterer Farbe, dann wieder eine graue und endlich wieder eine fette rote. Von Rot (fett) bis Rot (fett) schlägt die Tabla-Trommel eine volle TALA-Periode, im vorliegenden Fall die von Jhaptal: sie besteht aus einer Folge von 10 Grundschlägen, die sich in 2 mal  5 gliedern, und diese Fünf wiederum in 2 + 3, das bedeutet: 2 Schläge von Rot (fett) bis Grau, 3 Schläge von Grau bis Rot (matt), – und von hier wiederum 2 Schläge bis zur nächsten grauen Linie und 3 Schläge bis zum nächsten Rot (fett). Da das Tempo relativ langsam ist, die Schläge aber mehrfach unterteilt sind, empfiehlt es sich, das Zähltempo zu verdoppeln, nämlich anstelle von Zweier- und Dreiergruppen Vierer- und Sechsergruppen zu zählen, das bedeutet: Sie haben für jeden Schlag etwa 1 Sekunde, was einen überschaubaren Puls ergibt. Sie würden also pro Periode von 1 bis 20 zählen, mit Betonungen, die der Gliederung entsprechen: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20. Und unmittelbar anschließend wieder von vorn.

f) Während Sie dies üben, beginnen Sie genau zu beobachten, was die Melodie während einer Jhaptal-Periode vollbringt: welchen Ton erreicht sie, wann kehrt sie zum Grundton zurück. Fällt der Beginn einer Periode (Zählzeit 1, genannt „Sam“) immer mit einem wichtigen Melodieton zusammen?

g) Wenn Sie gelernt haben, diese beiden Aspekte gleichzeitig zu erfassen, haben Sie einen Riesenschritt getan… Es wird reizvoll für Sie sein, Jhaptal nun in einem anderen Raga (mit etwas anderem Melodieverlauf) und vielleicht in einem anderen Tempo zu erfassen. Möglicherweise erscheint es dann sinnvoller, von 1 – 10 zu zählen: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 .

h) Nebenbei: dieses Zählen dient der Orientierung, – es ist keine überflüssige Pedanterie. In jedem Menuett der westlichen Musik zählen Sie, wenn auch unbewusst: Sie wissen, dass jeder Takt 3 Zählzeiten hat und mit insgesamt 12 Sechzehnteln gefüllt werden kann. Auch die Wahrnehmung des Talas wird sich irgendwann als Gefühl unterhalb der Bewusstseinsschwelle einfinden. Und im indischen Publikum werden Sie spüren, wie zumindest das Erreichen des Sam, der Zählzeit 1, oft mit einem allgemeinen Seufzer der Erleichterung registriert wird. Wenn sich die Tabla und der Gesang (oder das Melodieinstrument) wissend und mit Bedeutung treffen. Es handelt sich nicht um eine tote Zahlenreihe, sondern um eine dynamisch animierte…

Rechenschaft ablegen

Januar/Februar 2015

Franzjosef Concerto Concerto

Franzjosef Concerto T

Hannover Vorträge

Kala Ramnath Maru Bihag a Kala Ramnath Maru Bihag b Bitte anklicken! Auch hier

Kala Ramnath Maru Bihag Detail „tum bin kal na pare“? s.u.

Arbeitsblätter Kala Ramnath kl Stand der Arbeit 9.2.15 22.00 Uhr

Kala Ramnath Maru Bihag Jasraj  Entdeckung 9.2.2015 23.00 Uhr

Spät eingestiegen in eine fabelhafte Sendung auf 3sat, die man jetzt nachhören kann: Vis-à-vis mit Güner Yasemin Balci HIER.

Praxis: Klavier vierhändig Debussy „Petite Suite“, Streichquartett Schubert G-dur

Konzert: Hagen Quartett 3 mal Mozart 25. Februar Kölner Philharmonie

Eine glückliche Zeit? (4)

Fortsetzung nach dem Musiktitel mit Rabih Abou-Khalil 9’20“ (Moderation der Sendung “Musik zum Kennenlernen” 24.3.1993).

NAYLA hieß diese Komposition von Rabih Abou-Khalil, der selbst die arabische Laute ‚Ud spielte. Außerdem hörten Sie: SONNY FORTUNE, Alt-Saxophon; Glen Moore, Bass, sowie Glen Velez und Ramesh Shotam, Percussion.

Notizbuch gestrichener Abschnitt

Meine Damen und Herren: Hörer und Hörerinnen dieses Programms – WDR 3 – sind kluge Köpfe, das ist bekannt. Man sagt ihnen aber auch nach, daß sie am liebsten das hören, was sie schon kennen. Es wäre verständlich, weil solches Verhalten Sicherheit vermittelt. Die guten alten Werte! Bach – Beethoven – Brahms! Aber was ist das für eine Sicherheit, die die gegenwärtige, reale Situation ausklammert? Unsere Unsicherheit ist eine ganz andere als die des 19. Jahrhunderts, – und sie ist nicht durch alte Lösungen und Versprechungen zu beheben, – wenn auch wir deren Reiz weiterhin nachzuvollziehen vermögen.

5) CARUS „Strom der Zeit“ 12 / 1’52“

„Der Strom der Zeit“, Friedrich Silcher, gesungen vom Carus-Quintett. Es ist merkwürdig, daß die musikalische Sprache des 19. Jahrhunderts unseren Herzen immer noch am nächsten zu stehen scheint, obwohl die alten Worte des Trostes nicht mehr recht funktionieren, noch weniger die alten optimistischen Ideologien vom Fortschritt der Menschheit. Aber es gibt ein bemerkenswertes Indiz: wir genießen, ja, wir ertragen diese Musik nur noch, wenn sie perfekt dargeboten wird. Bedenken Sie einmal, wie das Beethoven-Violinkonzert geklungen haben mag, als es der Geigen-Virtuose Franz Klement am 23. Dezember 1806 aus einer handgeschriebenen Stimme vom Blatt gespielt hat. Der entscheidende Faktor in einem solchen Konzert war die Phantasie des Zuhörers: er dichtete mit an der Geschichte, die ihm da vorgeführt wurde. So wie Sie freundlicherweise bis zu einem gewissen Grade meine Versprecher ignorieren und den Inhalt wichtiger nehmen.

Schuberts Lieder für Männerquartett haben sicher in seinem Freundeskreis, solistisch für bestimmte Gelegenheiten eingeübt, ihre Wirkung getan. Und erst unter der Pflege durch gewaltige Männerchöre wurden sie rettungslos plattgedrückt. Heute bietet nur noch eine perfekte kammermusikalische Interpretation die Chance, diese Lieder wiederzuentdecken als das, was sie sind, als Kostbarkeiten vom Rang der Sololieder. Das Carus-Quartett aus Stuttgart hat sich dieser Aufgabe angenommen und zeigt neben Schubert auch andere „Chor“-Komponisten in einem neuen Licht. Demnächst – am kommenden Samstag in der Nachtmusik im WDR, live auf WDR 3 von 22-23 Uhr. Konzert im Kölner Funkhaus, Eintrittskarten gratis an der Konzertkasse des WDR, heute nur noch bis 17.30 Uhr und morgen früh wieder ab 11 Uhr bis 13.00 Uhr, nachmittags von 16 – 17.30 Uhr. „Wehmut“, Text von Heinrich Hüttenbrenner, Musik von Franz Schubert.

(6) „Wehmut“ Romantic Vocal Tr.4  4’53“

Das Carus-Quintett, am kommenden Samstagabend 22 Uhr, Nachtmusik im WDR, Funkhaus Köln. „Romantische Lieder a cappella“. Meine Bemerkungen über das 19. Jahrhundert und die „alten guten Werte“ zielten natürlich auf die gegenwärtige Situation, die solche Verse, wenn sie nicht von Schubert vertont wären, nur noch parodistisch verstehen könnte: „dass Auge grambetränet … schließet sich nicht zu.“ Oder „Der Strom, aus Felsen quillend, die Berge lieben nicht. Nur’s arme herz, das fühlend, so leicht vom Kummer bricht.“

Das Terem-Quartett aus St. Petersburg beschäftigt sich tatsächlich eher parodistisch mit der Tradition; es überspitzt zum Virtuosen hin, spielt mit den alten Elementen und macht eine unterhaltsame Show daraus. „St. Petersburger Nächte“ – am Samstag, den 3. April in der Nachtmusik im WDR, 22 Uhr. Hildburg Heider-Zan wird das Konzert moderieren, und sie stellt Ihnen das Quartett in dem folgenden Beitrag vor.

(7) TEREM-Quartett 16’20

Ein Beitrag von Hildburg Heider-Zan über das russische Terem-Quartett, das am 3. April in unserer Nachtmusik zu erleben ist.

Meine Damen und Herren, am kommenden Samstag setzen wir zu später Stunde im Musikatlas auf WDR 5 unsere Sendereihe „Zur Weltgeschichte der Volksmusik“ fort; es geht um die Geschichte der EPEN, also jene großen gesungenen Gedichte, in denen sich die Menschen seit grauer Vorzeit ihrer heroischen Ahnen und somit ihrer eigenen Identität versichern. Man wird sehen: HOMER ist nur einer unter vielen; und wenn man heute mit Erstaunen in der Zeitung liest, daß demnächst die Stadtmauer Trojas ausgegraben wird, um die Achill den Hektor geschleift hat, daß man soeben die Überreste der untergegangenen Legionen des Varus im Wesergebirge freigelegt hat, – es geht nichts verloren – – –  außer dem wichtigsten – der Musik ….  Und dennoch müßte unser Erstaunen noch viel größer sein, wenn wir erfassen, was uns alles auf diesem Gebiet erhalten geblieben ist – rund um den Globus. Oder … trägt diese globale Erweiterung des Gesichts- und Gehörfeldes nur zur verschärften Wahrnehmung der Krise des modernen Bewußtseins bei?

Es ist kein Zufall, daß die Märzausgabe der Neuen Zeitschrift für Musik ein Sonderheft zu der Frage „Weltsprache Musik?“ mit dem Beitrag eines Komponisten beginnt: Titel „Nähe und Ferne. Die zeitgenössische Musik und die große weite Welt“. Autor: Reinhard Febel. Es ist auch kein Zufall, daß eine der intelligentesten Einführungen in die zeitgenössische Musik, – ein unscheinbares Taschenbuch für 14.80 DM, Titel: „Happy New Ears. Das Abenteuer, Musik zu hören“. Autor: der Dirigent + Komponist Hans Zender, – daß dieses Buch immer wieder die Relation unserer Kultur zu den anderen Kulturen reflektiert.

Ich bringe bis kurz vor Schluß dieser Sendung Beispiele aus der „Weltgeschichte der Volksmusik“ Abteilung: EPEN und Zitate aus Hans Zenders Buch. Ganz zum Schluß möchte ich allerdings dem Carus-Quintett die Aufgabe abvertrauen, eine Brücke zum Radiokonzert zu bauen, das mit Gesängen des kühnen Gesualdo lockt, mit Motetten und geistlichen Konzerten von Monteverdi über Schein und Bach zu Brahms.

Zum Schluß:

a) Strom der Zeit (12) 1’32“

b) Nachtgesang Mendelssohn (14)  3’36“

Absage: Das war unsere Musik zum Kennenlernen, heute mit J.R. Zuletzt sang das Carus-Quintett, das am kommenden Samstag zu Gast ist in der „Nachtmusik im WDR“, Funkhaus Köln, Großer Sendesaal, 22 Uhr; Liveübertragung auf WDR 3.

Notizbuch Trailer Terem

Dazu stelle man sich eine besonders flinke Musik vor. (Die Veranstaltung war voll!) Wenn ich mich recht erinnere, war es aus dem Bereich Weltmusik die erste Gruppe , die von der Konzertagentur Berthold Seliger betreut wurde. (Es war auch der Beginn einer bis heute währenden Freundschaft…)

Und wie ging’s weiter? Die Planungen in der gleichen Zeit betrafen natürlich das ganze Jahr und aktuell eins der schönsten Konzerte, die ich in Erinnerung habe, am 4. Mai 1993:

Pandit Jasraj 1993