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Wunderwerk der Chromatik

Mirabile Mysterium

Extern hier Über das Ensemble: Stile Antico hier

Über den Komponisten Jacobus Gallus hier

 MGG Edo Škulj Hartmut Krones

Jacobus Gallus (1550-1591) war sehr vertraut mit dem kompositorischen Stand der Musik seiner Zeit, besaß z.B. viele Werke von Orlando di Lasso (1532-1594).

Neben derartiger Verwendung von Chromatik als ‚Thema‘ bzw. Kontrapunkt steht eine mehr harmonisch orientierte, eindrucksvoll repräsentiert in Lassos Prophetiae Sibyllarum mit dem beziehungsreichen Textanfang: „Carmina Chromatica quae audis modulata tenore […]“. [JR vgl. hier] Die Farbenpracht des Vokalsatzes, die scheinbare Selbstverständlichkeit, mit der Lasso in einem schwerelos wirkenden harmonischen Raum die Klänge fluktuieren läßt, unmittelbar von C-Dur nach E-Dur, in zwei Schritten von G-Dur nach cis-Moll gelangt, findet in der Instrumentalmusik etwa bei G. Gabrieli und seinem Umkreis ihre Nachwirkung; späterhin begegnet man vergleichbaren harmonischen Erscheinungen wohl erst bei Bruckner wieder.

Quelle MGG (neu) Sachteil Bd.2 „Diatonik – Chromatik – Enharmonik“ Sp. 1227 (Peter Cahn)

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Anmerkung bei Dahlhaus „Untersuchungen über die Entstehung der harmonischen Tonalität“ Bärenreiter 1968 hier ZITAT:

Ich erinnere mich (leider nur vage) an Adornos Einschätzung der frühen Chromatik (Schütz): sie sei atavistisch und zeuge nicht etwa von einer leittönigen Durchdringung des Materials. Dahlhaus hätte ihm bis 1969 gerade noch widersprechen können.

Wie kam ich drauf? Durch eine einzigartige Weihnachtsplatte (CD Schola Heidelberg) – doch davon später…

„Die Natur erneuert sich“

  Sehen Sie Nr.30 Zum Hineinhören hier

Was ich sonst noch dringend empfehle, ist folgender Zeitungsartikel, – hat zwar mit alter Musik nichts zu tun, aber irgendwie mit der aktuellen Lage in der Vorweihnachtszeit, betrifft Lockdown (nmz): hier.

Ein weiterer Hinweis: der am meisten abgefragte Artikel dieses Blogs ist der über Mozarts Wiener Geige (2017 hier). Heute habe ich Anlass gefunden, ihn zu ergänzen (durch Hinweis auf seine Salzburger Geige), und sitze hier, von Erinnerungen übermannt … (nein Quatsch! ich verlasse den Schreibtisch, um Geige zu üben, aber nicht Mozart, sondern Bach, auf meiner Maggini-Kopie, – meine Mutter hat sie damals bezahlt, und der Kauf hat sich zweifellos amortisiert).

Königsdisziplin auf Abwegen?

Vor 10 Jahren Donaueschingen Thema Streichquartett

rekapituliert – ein praktischer Zugang (als Arbeitsblatt gedacht)

HIER klicken, wenn Sie zum obigen Bild samt weiterführender Website stoßen wollen

Persönliche Zwischenbemerkung: Ich habe in die Überschrift „Königsdisziplin“ hineingesetzt, weil Armin Köhler selbst dieses Wort, bezogen auf das Thema Streichquartett, verwendet. Die Worte „auf Abwegen“ nicht in böser Absicht, sondern nur im Blick auf Leser, die sich durch Verfremdung der traditionellen musikalischen Werkzeuge erschrecken lassen (siehe z.B. die Geweihbögen im folgenden Screenshot). Wer aber die „Happenings“ der 60er Jahre erlebt hat und bis heute die „Konzeptkunst“, dürfte eigentlich durch nichts zu erschüttern sein (was auch schade ist). Ich werde am Ende dieses Artikels eine kleine Episode aus meiner Schulmusikprüfung 1965 erzählen, die zeigt, dass ich auch damals kein Freund devoter Denkungsart war.

Uraufführungen von Vinko Globokar und Bernhard Lang

Quardittiade (12:24) ab 0:35 A.Köhler /Arditti / Interpretationsvergleich Streichquartett Nr. 6 James Dillon : Arditti Quartet – Quatuor Diotima – JACK Quartet /  ab 1:31 A.K. breitbeinig / ab 2:13 Irvine Arditti: „Als ich das Arditti Quartet gründete gab es viel weniger Möglichkeiten – viel weniger Komp.stile. Heute kann jeder machen was er will. Er muss nicht Teil einer Wiener Schule oder dieser oder jener Schule sein. Ich glaube, das ist gut, weil es völlige Individualität erlaubt.“ ab 2:46 Kevin McFarland JACK Quartet: „Wegen Streichquartetten wie dem Arditti Quartet, die auf der Suche nach neuer Musik waren, ist die Gattung heute lebendig. Ansonsten wäre das ‚Streichquartett‘ heute wohl tot.“ ab 2:03 Arditti: „Unser Quartett ist  da, es ist offen. Es ist wie ein schnelles Auto oder ein Luxuswagen. Wir geben dem Komponisten die Schlüssel: ‚Fahr ihn – wie du willst – er gehört dir!'“ 3:19 „slap Schlag, Klaps + stick Stock Alan Hilario“ „Wir haben alle unser eigenes Ego, unsere eigenen Vorstellungen. Wenn einer von uns nur seinen Kopf durchsetzen würde, wäre es kein Streichquartett mehr.“ Ari Streisfeld JACK Quartet „Ich glaube, unser Streichquartett funktioniert so großartig, weil alle unsere Ideen einfließen und abgeglichen werden bis es JACKs Idee wird.“ Arditti „Musikalische Ideen werden von uns allen getroffen, nicht nur von mir. Das Quartett trägt meinen Namen, weil es anfangs gut klang.“ / ab 3:54 Franck Chevalier Quatuor Diotima „Wir versuchen so demokratisch wie möglich zu sein. Wir tragen die Verantwortung und haben keinen Leiter. Natürlich wäre es irgendwie leichter, wenn jemand seine Vorstellung aufzwängen würde“ – „und schneller“ „Aber wir glauben, dass es so vielfältiger ist.“ Naaman Sluchin Quatuor Diotima „Für uns ist es wichtig, all diese Prozesse zu durchlaufen.“ Arditti: „Alle Quartette sollen das machen, was für sie das Richtige ist. Vielleicht ist es für sie das Beste, keinen Leiter zu haben. Aber für uns war und ist das der Weg.“ / ab 4:35 (mit Bassklarinette) Del reflejo de la sombra Alberto Posadas / 5:03 A.K. „Wir sind der Meinung, dass das Streichquartett ein Labor ist, weil wir hier eine Reagenzglasfunktion vor uns finden. Nämlich alle Künstler haben die gleiche Voraussetzung: 4 homogene Instrumente, ein ganz nackter Satz, keiner der Komponisten kann sich hinter irgendwas verstecken, keiner kann Klangwolken und Ähnliches seinen Klängen ummanteln und – wie gesagt – das Skelett liegt frei.“ 5:41

Wikipedia: Armin Köhler hier Arditti Quartett hier

 Screenshot Übersicht

 Screenshot Arditti

(Fortsetzung folgt)

Die angekündigte Geschichte aus meiner Schulmusikprüfung in Köln 1965: da wurde ich quasi mit Augenzwinkern gefragt, wie ich einen Komponisten bezeichne, der verlangt, dass der Geiger sein Instrument mit sachfremden Techniken bearbeitet. Jeder wusste damals, was gemeint war. Ich war ratlos, und der Prüfer (Prof. Norbert Schneider, immerhin ein Kollege Stockhausens) half mir, indem er die Aufgabe löste: „Sie dürften ihn als einen Idioten bezeichnen.“ Worauf ich einwandte: „Das beträfe allerdings schon Bartók mit dem nach ihm benannten Pizzicato.“ Die Antwort brachte mir kein Lächeln ein.

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Empfehlung, eine Artikelserie zu lesen: Hier 

Überkommene Strategien der Neuen Musik

„Kunst braucht niemand, aber ohne Kunst ist das Leben sinnlos. Wie Frederick die Maus haben sich Künstler daher zu allen Epochen Strategien angeeignet, die ihrem Wirken eine gewisse Anbindung an gesellschaftliche Strukturen und Strömungen ermöglichte. Damit gelang es ihnen ihre Ideen und Kunstwerke überlebensfähig zu machen.“

Autor: Moritz Eggert

ALLE TEILE:

Teil 1 Akademische Anbindung
Teil 2 Komplexe Partiturbilder
Teil 3 Algorithmen
Teil 4 Elitäres Denken
Teil 5 Selbstverständnis

Empfehlung, die folgende Podcast-Reihe zu hören: Hier

„Zeitgenössische Musik ist stets aktuell und facettenreich. Als innovativer Bestandteil der Musikwelt nimmt neue Musik einen wichtigen Platz ein. Die Sopranistin Irene Kurka gibt in diesem Podcast ihre über Jahre gewonnene Expertise weiter. Sie erklärt, wie die verschiedenen neuen Spieltechniken, Musikstile und Kompositionstechniken zusammenhängen und funktionieren und welche großartigen Möglichkeiten sie bieten.“

Ich finde besonders interessant die Beiträge, die sich mit Situation der Künstlerinnen und Künstler in der Corona-Zeit beschäftigen, so z.B. Irene Kurka u.a. in Nr 93 und 95.

Neuere Beispiele:

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