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Eine kleine Sext aufwärts

Notiz zu einer motivischen Geste

Kommt das Intervall in Klavierwerken weniger vor (in keiner Cavatine etwa), aber in: „Von fremden Ländern und Menschen“, gehört es also mehr zur Streicher-Idiomatik / und zum Gesang? Zu unterscheiden, ob es in der Betonungsfolge leicht/schwer erscheint – wie in Mozarts g-moll-Quintett – oder einen weiterführenden Bogen schlägt wie in der ersten Kinderszene bei Schumann (Dur) oder in Pfitzners Palestrina-Motiv (Moll).

Sonderfall als Antwort (Umkehrung) auf die fallenden Terzen am Anfang der 4. Sinfonie von Brahms (Verweis auf Beethoven).

Meistens genügt es nicht, nur dieses eine Intervall aufwärts zu bedenken, auch die darauf folgende Abwärtswendung gehört dazu, über eine kleine und eine große Sekunde zu dem Ton, der als Grundton gehört wird.

Deryck Cooke beschreibt es in seinem anregenden Buch „The Language of Music“ Oxford University Press 1959) auf Seite 137 bis 140, er denkt es von Anfang an weiter bis zum Grundton. Als Moll-Bogen von der Quinte hinauf auf die Terz und abfallend zum Grundton.

Cooke Beispiel

Ich würde das Intervall (zunächst) gern isoliert sehen oder nur in Verbindung mit dem Klageton der kleinen Sekunde abwärts.

Die ersten beiden Töne des Tristan (Cello) – ohne den Tristanakkord – und das „Oh“ am Anfang der schönen Schnulze „Manuela“… (man erhebe sich nicht, der Niveauunterschied ist bemerkenswert, das hört jeder Esel).

Hier Rocco Granata 1960

Man bedenke, wie anders eine aufsteigende große Sexte wirkt, z.B. in Mahlers Vierter: so süß sie klingen kann, im Wiegenlied (oder in „Aba heidschi bum beidschi“), sie neigt von vornherein zum Triumphalen, wie in der Vision der „Himmlischen Stadt“, wo nach diesem Aufschwung der zwei Töne 10 Takte E-dur-Jubel folgt:

Mahler Vision

Die kleine Sext als melodischer Ansatz gehört zum sentimentalen Charakter romantischer Musik. Oder eben auch in der alten phrygischen Skala als oberer Rahmenton. So in Beethovens „Dankgesang“ im Wechsel von C-dur nach a-moll (siehe hier). In der afghanischen Volksmusik – mit ihrem dominanten E-Modus – zwar nicht als explizites melodisches Intervall, aber sehr häufig nach Periodenabschlüssen auf dem Grundton E im Neuansatz des Refrains auf dem Ton C mit absteigender Sequenz. Beispiel: „Shah Kokojan“. (Siehe hier , von Teil A nach Teil B).