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Vom Kosmos

Nominalismus: was schert mich das? Und auch: was lehrt mich das?

Schall und Rauch? Goethe „Faust“

Das Weltbild meiner Kindheit (ich liebte die Tiere, also: dies musste alles wahr sein):

Heute beginne ich aber mit Wikipedia: HIER über den Universalienstreit. Oder auch: Nominalismus. Ich: immer in grün.

aus Wikipedia a.a.O.

Auch dies sei zunächst dahingestellt. Ich zitiere aus einem Text über den Philosophen Hans Blumenberg (unter Weglassung der Quellenhinweise, außerdem: statt ß meist ss, unerwähnt: kleine Umsetzung eines Textbausteins). ZITAT (Wetz S. 31 bzw. 30):

In der vorchristlichen Antike galt der Kosmos als Inbegriff des schlechthin Möglichen; außer dem Wirklichen war nichts möglich. Auch im christlichen Mittelalter von Augustinus bis Albertus Magnus und Thomas von Aquin soll das »Was der Welt«, deren essentieller Bestand, für Gott als Schöpfer alternativlos gewesen sein. Dessen Willensmacht bezog sich lediglich auf das »Dass der Schöpfung«, deren existentiellen Bestand: Es lag in seiner Macht zu entscheiden, ob die Welt sein wird oder nicht, aber nicht, welche Gestalt sie haben soll.

All diese Grundaussagen sind nach Blumenberg im spätmittelalterlichen Nominalismus fragwürdig geworden.

Der theologische Absolutismus des spätmittelalterlichen Nominalismus verkehrte das zeitlich vorausgehende System des mittelalterlich-scholastischen Rationalismus gewissermaßen in sein Gegenteil. Dort wurde behauptet, was hier in Abrede gestellt wird. Im Hochmittelalter wurde das Ganze der vergänglichen Schöpfung noch als sinnvoller Ordnungszusammenhang von beruhigender Beständigkeit, Verlässlichkeit und Wohlgeordnetheit vorgestellt. Dieses Ganze hatte den Charakter eines hierarchischen Stufenbaus, an dessen Spitze der Mensch stand, der in der Ordnung des Wirklichen eine Vorzugsstellung beanspruchte, da er sich als Krone der für ihn eingerichteten und zu seinen Gunsten disponierten Welt betrachten durfte. Zugleich sah er sich durch seine Gottebenbildlichkeit in den Stand gesetzt, Gott und die Welt sicher erkennen zu können. Seine Gottebenbildlichkeit war Garant für die Zuverlässigkeit seiner Gottes- und Welterkenntnis, denn Gott ebenbildlich zu sein hieß, im Besitz eines Verstandes zu sein, der tendenziell mit dem Gottes übereinstimmte.

All diese Grundaussagen sind nach Blumenberg im spätmittelalterlichen Nominalismus fragwürdig geworden. Die sichtbare Welt offenbarte jetzt nur noch einen kleinen Ausschnitt des Gott Möglichen, der seiner Schöpfung jederzeit ein anderes Aussehen geben konnte. Nachdem so Gottes Wille zu höchster Mächtigkeit gesteigert worden war, soll es anschließend zu einem großen Vertrauensverlust in seine Zuverlässigkeit gekommen sein. Wurde Gott aber in seiner absoluten Macht für die Menschen unberechendbar, so konnte auch die Wohlgeordnetheit der Schöpfung sowie die Sonderstellung und Bedeutsamkeit des Menschen nicht mehr länger metaphysisch begründet werden. Der Zuverlässigkeitsschwund Gottes zog einen Ordnungsschwund der Welt und einen Bedeutsamkeitsschwund des Menschen nach sich. Gott, der im Spätmittelalter die Menschheit aller metaphysischen Garantien und Zusicherungen beraubte, war für sie ebenso unbelangbar wie ungreifbar geworden. Mit seiner Macht hatte auch seine Verborgenheit zugenommen. Die »potentia absoluta« ist ein »deus absconditus«. Nun ist ein verborgener Gott aber für die Menschen soviel wie ein toter Gott, denn von Fürsorge für Welt ist bei einem solchen Gott nichts mehr zu spüren. Folgerichtig schreibt Blumenberg: Der nominalistische Gott ist ein verborgener Gott » – und ein verborgener Gott ist pragmatisch so gut wie ein toter«. Oder: »Der nominalistische Gott ist der überflüssige Gott, er kann durch den Zufall […] ersetzt werden.«

Dies bedeutete das Ende des Mittelalters und den Beginn der Neuzeit als Epoche der humanen Selbstbehauptung.

Quelle Franz Josef Wetz: Hans Blumenberg zur Einführung (2004) www.junius-verlag.de / Seite 30 ff

Die andere Quelle (1920):

Das wichtigste Buch meiner Oma (neben dem „Realien-Buch“), und wenn ich darin las, daraus abmalte o.dgl., schaute sie mit Wohlgefallen auf mich und ersparte sich und mir die weitausholenden und lang andauernden eigenen Predigten… Das kleine Bild – hier in Vergrößerung – hing „in groß & bunt“ über ihrem Bett und beflügelte meine kindlichen Träume unermesslich: das Kind in freundlicher Gesellschaft mit Löwe und Lamm – das könnte doch ICH selber sein. Ich war es. So wie ich auch, in all meiner Hilflosigkeit, jederzeit  „der starke Hans“ oder „der Tannendreher“ war.

 

Fortsetzung Text (Quelle a.a.O. Seite 32):

Dies bedeutete das Ende des Mittelalters und den Beginn der Neuzeit als Epoche der humanen Selbstbehauptung. Die verschärfte Transzendenz des göttlichen Umgangs mit der Schöpfung erzwang gewissermaßen die Immanenz der menschlichen Daseins- und Weltorientierung. Der seit dem Ausgang des Mittelalters von den Ordnungs- und Bedeutsamkeitsgarantien verlassene Mensch sah sich fortan mehr und mehr zur Selbstbehauptung gegen eine rücksichtslose Welt veranlasst. Wenn Gottes Zuverlässigkeit schwindet, seine Allmacht sich das menschliche Handeln restlos unterwirft und schließlich der Mensch sogar seine Bedeutsamkeit einbüßt, dann wird die menschliche Vernunft zwangsläufig herausgefordert, sich durch Abkehr von der Metaphysik auf sich selbst zu konzentrieren sowie die Welt den eigenen Bedürfnissen gemäß verfügbar und beherrschbar zu machen.

Damit wird die innere Logik des Zusammenhangs von theologischem Absolutismus und humaner Selbstbehauptung deutlich: Der spätmittelalterliche Nominalismus mit seinem Willkürgott hatte den Menschen einer solchen Gleichgültigkeit und Rücksichtslosigkeit der Natur ausgeliefert und in eine derartige metaphysische Unsicherheit gestürzt, dass er nun sein Geschick selbst in die Hand nehmen musste: »Der in der Verborgenheit Gottes seiner metaphysischen Garantien für die Welt beraubte Mensch konstruiert sich eine Gegenwelt von elementarer Rationalität und Verfügbarkeit.« Anders formuliert: »Je gleichgültiger und rücksichtsloser die Natur gegenüber dem Menschen erscheint, um so weniger gleichgültig kann sie ihm sein, um so rücksichstloser muss er selbst das, was ihm als Natur gegeben ist, […] verfügbar machen und als den Spielraum seiner Daseinschancen sich unterwerfen.« So legt der theologische Absolutismus indirekt dem Menschen die Last der Selbstbehauptung auf. Mit dieser These widerspricht Blumenberg der weitverbreiteten Ansicht, dass die Neuzeit mit einem absoluten Neuanfang begonnen habe und in keinem Verhältnis zum Mittelalter stehe. Der Beginn der Neuzeit sei kein absoluter Anfang, weil er irreduzible Voraussetzungen im spätmittelalterlichen Nominalismus habe. Die Neuzeit sei aus einer extremen Nötigung des Menschen zur Selbstbehauptung hervorgegangen, die sich aus dem theologischen Absolutismus herleiten lasse. Repräsentant und Prototyp der auf sich selbst gestellten Neuzeit sei Faust.

(a.a.O. Seite 33)

Damit bin ich mit meiner Abschrift genau an dem Punkt angelangt, der für mich persönlich wichtig war und ist. Warum?

1 ich brauche den großen historischen Zusammenhang, auch, weil ich die großen Narrative, die Bilderwelt des Christentums nicht über Bord werfen kann. Damit verbunden die Welt aller symbolischen Formen samt der Musik.  Und Faust ist das Stichwort, das mich mit den Jahren um 1958 verknüpft (und gewissermaßen versöhnt). 

2 dann – das Wort Verfügbarkeit… (bzw. Unverfügbarkeit) – Resonanz… (nicht zu verwechseln mit Konsonanz, auch Neue Musik gehört dazu.)

3 das Hören (Bach ohne Pietismus)

Nur die folgenden Inhalte als visuelle Wegmarken:

  alle nur möglichen Narrative…

Villanders: Kapelle mit „Fegefeuer“

Man könnte meinen, ich hätte es inzwischen ein für allemal begriffen, nachdem ich ja schon 2020 das entsprechende Blumenberg-Original über die Geburt des schöpferischen Menschen mit Rotstift durchgearbeitet habe. Trotz (oder wegen) meiner Oma habe ich in meiner Jugend ja durchaus kein brennendes Interesse für Kirchenväter entwickelt (Nietzsche hätte mich früher oder später auch davon kuriert). Nur an eins erinnere ich mich: Religionsunterricht in der Oberstufe, Thema Buddhismus – ich hatte schon Laotse gelesen, aber auch Marc Aurel -, und wandte ein, da könne man ja schon alles finden, was dem Christentum Positives zugeschrieben werde, und der Lehrer hob hervor: was fehle, sei die tätige andere (himmlische) Seite: die Gnade. Ich habe nicht weiterargumentiert, – dafür brauche man aber die Sünde, die Schuld, vor allem das Sündenbewusstsein, mit anderen Worten, die ANGST und ein glaubwürdiges Jenseits, die Drohung des Fegefeuers und die Macht der Kirche, all diese Hilfsvorstellungen durchzudrücken, die Möglichkeit, uns „Erlösung von dem Übel“ zu versprechen. Aber in Südtirol habe ich immer wieder daran gedacht. Daher die gespannte Aufmerksamkeit, wenn Augustinus mit dem Gnadebegriff bei Blumenberg auftaucht:

Und jetzt ist das entscheidende Kapitel des Büchleins erreicht, Grund genug, es immer wieder genau hier aufzuschlagen, zurückzugehen, voranzuschreiten… „die Inkongruenz von Sein und Natur … als Möglichkeit schöpferischer Originalität erkennen und ergreifen“ zu können.

Quelle:

s.a. hier im Blog unter „Tiere sehen“ (Texel)

Wenn Sie mich aber fragen, was denn die Einleitung dieses Artikels, die Symbolbilder mit den Pferdchen, zur Klärung beigetragen haben, so frage ich zurück, was denn an der Inkongruenz von Sein und Natur so problematisch sein soll? Lesen Sie doch auf der zweiten Seite des eben wiedergegebenen Kapitels VI die Sätze vom Sein der Welt und dessen hypothetischer Ersetzbarkeit, verstehen Sie, weshalb die Debatte über die Allmacht Gottes und über dessen Unendlichkeit eine so existentielle Bedeutung erlangen konnte. Was hing denn für den Menschen davon ab? Wie kam es, dass aus den logischen Elementen  emotionale  wurden? Da steht der leicht übersehene Satz von Hans Blumenberg: „Ich vermag keine Darstellung dieses Transformationsprozesses zu geben. Mir geht es darum, etwas über das Anwachsen der Inkongruenz von Sein und Natur und damit über die Relevanz des Spielraumes der schöpferischen Ursprünglichkeit auszumachen.“

Kein Zurück zu Rousseau

Eine Rekapitulation

Warum? (Lesen Sie!)

Die Schwierigkeit mit Rousseau ist die, dass er es sich zu einfach macht, aber dies mit unendlich vielen Worten. Vielleicht ist auch die Formel schuld, auf die man seine Philosophie verkürzt hat: Zurück zur Natur. Wenn man jedoch die Korrektur versucht, stattdessen zu sagen: Zurück zu Rousseau, wird man vielleicht bald gewahr, dass man mit einer pathologischen Figur zu tun hat. Zugleich mit einer Zeitenwende, die aus einem einzelnen Menschen nicht ausreichend erklärt werden kann.

Carl Dahlhaus: Musikästhetik / Köln 1967

Wie lange hat mich das kleine Buch begleitet?

s.a. „lyrisches Ich“ hier bezogen auf diese Seite 36 „intelligibles Ich“

In den 90er Jahren begegnete mir zum ersten Mal eine erfrischend kritische Sicht auf die Ästhetik des 18. Jahrhundert und insbesondere auf Rousseau. Die entsprechenden Seiten des Skriptes (mit meinen Lesespuren) lasse ich hier in Kopie folgen, die vollständige Arbeit des Freundes Maximilian Hendler kann man im Internet nachlesen: hier.

Quelle Maximilian Hendler: Musikästhetik und Grenzen im Kopf / Skript Graz o.J.

Der Philosoph Rüdiger Safranski, der sich dummerweise aufgrund seiner Stellungnahme zur Flüchtlingsfrage spätestens 2018 ins Abseits bugsierte, hat 1990 in einem erhellenden Buch beschrieben, in welche Sackgassen sich der Mensch auf der Suche nach Wahrheit begibt, und zwar paradigmatisch an drei Gestalten der Geistesgeschichte: Rousseau, Kleist und Nietzsche. Das zugrundeliegende Dilemma tritt immer in dem gleichen Vorgang zutage: im Transzendieren. Indem ich aus der natürlichen Gebundenheit herauszutreten suche ins Offene, eine notwendige, aber schmerzhafte Trennung.

Das Transzendieren treibt uns ins Weite, aber auch in die Obdachlosigkeit. Deshalb das Bemühen, diese Weite und Unabsehbarkeit dann doch wieder in etwas Heimatliches zu verwandeln: das Festhalten an den Bildern, von den mythischen Anfängen bis in das Zeitalter des Fernsehens.

Das Transzendieren träumt von einer Welt, in der wir keine Angst zu haben brauchen, wo es die große Einheit gibt, die uns umfängt und trägt. So wie wir einst im Mutterleib umfangen und getragen worden sind.

Diese Sehnsucht nach Einheit hat über zwei Jahrtausende die abendländische Metaphysik bestimmt; und es ist immer derselbe Schmerz über den Verlust der fraglosen Einheit mit dem Lebendigen, wodurch die metaphysische Frage nach der ‚wahren Welt‘ und dem ‚wahren Leben‘ wachgehalten wird.

Wachgehalten wird sie auch deshalb, weil die Menschen von jeher drei Arten des beneidenswerten Gelingens vor Augen gehabt haben.

Man hat die Tiere beneidet, weil sie ganze Natur sind ohne störendes Bewußtsein. Man hat Gott bemneidet, weil er ganz Geist ist ohne störende Natur. Und man hat schließlich das Kind beneidet, dieses göttliche Tier. Man hat damit sich selbst um seine verlorene Kindheit beneidet, seine Spontaneität und Unmittelbarkeit. Unsere Erinnerung läßt uns glauben, daß wir alle die Austreibung aus dem Paradies schon einmal erlbt haben, als unsere Kindheit zu Ende ging.

Fast alle Träume des Gelingens, in denen Innen und Außen, Bewußtsein und Sein, Ich und Welt in magischer Einheit sich befinden, leben vom Bildervorrat erinnerter oder imaginierter Kindheit.

Quelle Rüdiger Safranski: Wieviel Wahrheit braucht der Mensch / Über das Denkbare und das Lebbare / Carl Hanser Verlag, Fischer Taschenbuch Frankfurt am Main 1993 (Seite 10f)

Bäume hören

Wie uns David G. Haskell in den Wald lockt

Ein erster Blick in die Baum-Klang-Sammlung

(im Anschluss an einen Bericht in der ZEIT – online hier – aber nur als Anreiz)

Baum-Klang-Sammlung  Nur zum Lesen anklicken!

Zum Hören anklicken:

Tree sounds compilation

***

Wer sich bei diesem Thema („… haben wir doch schon gehabt!“) an die Bestseller von Peter Wohlleben erinnert, lese zur Vorsicht auch das folgende Gespräch im FAZ-Blog: HIER.

Bei Haskell ist scheinbar von denselben Vorgängen die Rede, aber ohne diese kindlich- anthropomorphe Tendenz. Alles da draußen ist wie ich, – lauter fühlende Wesen. Aus dem ZEIT-Gespräch:

Haskell: (…) Licht ist hier unten die zentrale Überlebensfrage. Sehen Sie diese Pflanze dort, die Fußblätter? Was aussieht wie viele verschiedene Pflanzen, ist ein einziges Individuum. Vieles hier ist [jedoch] nicht so wie es scheint. Keiner dieser Bäume ist ein Einzelkämpfer, Vertreter unterschiedlicher Arten stehen über Netzwerke von Pilzen miteinander in Kontakt. Ein Wald sieht vielleicht aus wie eine Ansammlung von Individuen. Aber das führt in die Irre. Wir müssen ihn als Netzwerk begreifen. Genau diese Idee behandle ich in meinem neuen Buch Der Gesang der Bäume.

ZEIT: Die meisten Theorien der Biologie, Chemie, Wirtschaft oder Religion gehen von der Idee eines Individuums aus. Die fundamentale Grundeinheit der Physik ist das Atom, in der Biologie eine Art, eine Spezies. Auch in der Religion geht es um die Entscheidungen eines Einzelnen.

Haskell: Es steckt viel Wahrheit darin, so auf die Welt zu schauen. Aber es gibt den anderen Blick, in dem diese Dinge nur temporäre Manifestationen temporärer Verbindungen eines Netzwerks sind. Ubnd dieses Netzwerk überlebt die Zeiten und etnwickelt sich. Wenn Sie diesen Baum von seinem Netzwerk abschneiden, dann stirbt er.

ZEIT: Fließen jetzt in diesem Moment Informationen durch das Wald-Netzwerk?

Haskell: Natürlich. Die Wurzeln dieses Baums hier sind über unterirdische Pilze mit vielen anderen Bäumen verbunden. Wird einer von Insekten befallen, gelangt diese Information ins gesamte Netzwerk. Als wir uns vom Auto auf den Weg gemacht haben, sind auch wir Teil davon geworden. Unsere Ankunft ist von Vogelrufen durch den Wald getragen worden, deshalb werden wir wahrscheinlich keine Füchse oder Hirsche sehen. Sie können an diesem Ort nicht unbemerkt auftauchen.

Quelle Der oben verlinkte ZEIT-Artikel „Grausam und schön“ 12.Okt.2017 (Seite 39)

Das klingt zum Teil ähnlich wie bei Wohlleben, aber der gedankliche Hintergrund ist anders. Auch zur Idee mit dem Netzwerk könnte man sagen: alles schon dagewesen. Habe ich das im Prinzip nicht schon Anfang der 90er Jahr gelesen (und unterstrichen)?

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Noch ein bemerkenswerter Absatz aus dem Zeit-Interview mit David G. Haskell, der den Menschen natürlich nicht aus dem Netz ausschließen will, sondern glaubt, dass wir eine Ethik der Zusammengehörigkeit brauchen :

Nehmen wir diesen Wald. Er ist wunderschön, seine einzelnen Elemente fügen sich zu einem Ganzen, er vibriert, ist voller Leben – Menschen eingeschlossen. Hier und da befriedigen Menschen ihre Bedürfnisse, fällen etwa Bäume oder jagen. Andere Areale werden ganz in Ruhe gelassen. Dort entscheiden andere Arten, Wind und Feuer darüber, wie unsere Zukunft aussieht.

ZEIT: Sie ziehen also keine Grenzen zwischen Mensch und Natur.

Haskell: Menschen sind natürlich! Ein Flugzeug und ein Wolkenkratzer auch, denn sie sind aus Dingen gemacht, die aus der Erde kommen und durch den menschlichen Geist geformt sind. Und das ist ein Resultat der natürlichen Selektion. Ein Flugzeug ist so natürlich wie ein Vogelnest.

ZEIT: Noch nie hatte eine Primatenart einen so großen Einfluss auf die Erde wie wir heute, und das ist global gesehen kein guter.

Haskell: Unser Geist ist mächtig, er hat etwa herausgefunden, wie man fossile Brennstoffe nutzbar [machen] kann. Die Ethik, die wir brauchen, erreichen wir nicht, indem wir uns als Aliens auf diesem Planeten begreifen. Das würde bedeuten, dass wir unsere Natur verneinen. Hören Sie diesen Rotkardinal singen? Er macht nichts anderes als wir beide gerade. Die eine Handlung ist nicht mehr oder weniger natürlich als die andere.

Roter_Kardinal_(Cardinalis_cardinalis)_B._Walker Roter Kardinal (B.Walker in Wikipedia)

Mit meinen Natur- und Baumbüchern könnte ich ein eigenes Regal füllen, die Liebe geht in die Kindheit zurück. Manches kann ich datieren, z.B. mein Lieblings-Bilderbuch in den 70er Jahren, als wir gerade ein eigenes Haus hatten, mit einem wilden Garten  bzw. direktem Zugang zur Wildnis, falls man es so nennen kann. In manchen Nächten am Kamin (der ist längst verschlossen) saß ich und blätterte mit Begeisterung im „Johnson“, derselbe Autor, der das Buch vom Wein geschrieben hat. Eine spezielle Doppelbegabung wie bei mir… In dem mächtigen Bäume-Buch finde ich viele Zeitungsausschnitte, darunter auch noch immer den Auslöser des Kaufes damals: einen ZEIT-Artikel vom 3. August 1978. (Siehe unten rechts in der Ecke, ich löse das Detail heraus.)

Bäume Johnson NATUR Bäume ZEIT

Der Preis damals war erheblich, deshalb verzichtete ich auf das ebenfalls verlockende Gartenbuch daneben…

NATUR Bäume ZEIT Johnson

Und ich kann es mir heute nicht versagen, auf den Anfang des Artikels von Manfred Sack hinzuweisen, als hätte es so sein müssen, dass ich es in dieser Woche wiederlese; er zitiert Hans Christoph Buch, der einem Nachbarn, der Bäume fällen will mit der Begründung „eines Tages müssen sie doch weg“, entgegenhält: genauso könnte man „mit einem Schnellfeuergewehr von irgendeinem Turmfenster aus wahllos Passanten abknallen, einen Atomkrieg vom Zaume brechen oder, um ganz sicher zu gehen, alle Flußufer der Erde mit Atomkraftwerken bestücken“; denn „eines Tages müssen sie ja doch weg: die Bäume, die Blumen, die Vögel – und natürlich auch die Menschen…“

QUELLE DIE ZEIT 4. August 1978 Die Verteidigung der Natur / Bücher über Landschaft und dergleichen / Seite 34 / Von Manfred Sack.

Das alte Bilderbuch ist auch noch da: „Peterchen im Walde“ von Georg Netzband. Jedes einzelne Bild hat sich mir eingegraben, obwohl ich Peterchen selbst ziemlich blöd fand.

Peterchen im Walde Peterchen im Walde Vögel

16. Oktober 2017 Ohligser Heide Waldweg

Peterchen auf dem Weg JR im Walde 171016

Ohligser Heide Pano171016 Panorama: E.Reichow

Ohligser Heide Waldbild b 171016

Eiche am Drei-Insel-Teich 171016 (Huawei-Fotos JR)

19. Oktober 2017 An der Terrasse der Heidberger Mühle

Zitronenfalter 20171019 Heidberger M

Nachtrag 21.03.2018

Siehe auch hier „Nachtigallen in Berlin“ (wegen E.Coccia).