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Uninteressant: Radio Eigenlob

Nach außen gerichtet, aber nicht informativ, sondern recht naiv

Natürlich: Radioprogramm ist für die Ohren, nicht für die Leser, die gewohnt sind, gedruckte Reklame wegzuwerfen. Sollte man also Sendungen, die offenbar von wechselnden Inhalten leben, mit einer immergleichen Werbung versehen, die von Klischees strotzt? Vermutlich sind dafür nicht die Zulieferer der Inhalte zuständig, auch nicht die Redaktionen oder deren Bosse, sondern Agenturen von außen. „Die können das besser, wir hier drinnen sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht.“

 bitte anklicken und genau studieren!

Rot umrandet: lauter Werbetexte. Kulturbeflissen. Peinlich zu lesen, vor allem täglich (oder – siehe Scala – sogar zweimal hintereinander). So wirds auch klingen, muss man vermuten. So angeberisch und selbstzufrieden. Ein Text fehlt noch, das „Lunchkonzert“ hatte wohl keinen Platz mehr. Hier ist er:

Was bedeutet nun das blau umrandete Programm? Nur ein Beispiel. Es ist spezifisch und elektrisiert jeden, der genau das sucht: Flamenco. Und schließt niemanden aus. Morgen wird da etwas ganz anderes stehen. Georgische Gesänge zum Beispiel. Oder Jazz. Und man sagt: immer interessant.

Vielleicht bin ich nicht gut informiert: genau diese Programmschiene mit den fabelhaft wechselnden Inhalten wird ab 1. April (!) gestrichen. Man (?) will keine Kästchen-Programme mehr.

Ach, da hat es wohl wieder Hilfe von außen gegeben. In den 90er Jahren hieß die Hilfe Roland Berger. Von Kritik begleitet, und das musste so sein. Und jetzt lese ich in der ZEIT eine Kritik, die sagt, dass die Zeiten der Kritik vorbei sind. Ich glaube das keineswegs, ob innen oder außen. Man muss einfach nur alles zur Kenntnis nehmen. Ab 1. April gibt es bestimmt böse Überraschungen. Aber auch ganz neue schöne Worte für alles, was da angerichtet ist. Und Leute, die es in Klartext übersetzen.

Zum Artikel DIE ZEIT 21. Februar 2019 „Gehirnwäsche in der Anstalt“ hier.

Mehr über FRAMING in 6 Minuten HIER. (ZAPP – Medienmagazin).

Ich finde es allerdings absurd, einen Beitrag über „Framing“ mit dem üblen Sprachgebrauch der AfD zu beginnen. Damit jeder begreife, dass es nicht um diese Art von Umdeutung gehen soll, sondern um eine schönfärbende. Das berühmte halbleere oder halbvolle Glas kommt wieder auf den Tisch, und wir sind natürlich für einen grundsätzlich positiven Blick darauf. (Von wegen!)

Ein lesenswerter Artikel in der Süddeutschen (23./24. Februar) „Sire, geben Sie Begriffsfreiheit!“ Von Gustav Seibt. / ZITAT über das Framing-Denken:

Es teilt die Menschen (…) in unterschiedliche Klassen ein, in die, die das Framen aktiv und bewusst betreiben, sprachliche Vorgaben untersuchen und setzen, und in die anderen, die sich angeblich „ohne dies zu merken“ bei ihren Entscheidungen von vorrationalen Frames leiten lassen. Es soll also Grade des Wissens geben: eine kleine Gruppe von Wissenden, die Sozial- und Gefühlstechnologie betreiben, und eine bestenfalls halbbewusst dämmernde Masse, die davon bestimmt wird. Damit wird Politik zu Propaganda, zur Werbeindustrie oder zum permanenten Wahlkampf, oder sie wird zur Beute der Ängste, der Wut und des Hasses.

Dass es dies als Tendenz gibt, dass Spindoktoren und Wahlkampfmanager, Produktdesigner und Kommunikationsberater oft so denken und sich danach ausrichten, ist nicht zu bestreiten. Doch was bedeutet es für eine Demokratie und vor allem für ein Medienunternehmen, sich dies programmatisch zu eigen zu machen, und zwar auf so plumpe und menschenverachtende Weise?

ZITAT-Ende

P.S. Was ich befürchte: dass mit den schönen Fächern im Radio-Programm auch das Fachwissen verschwindet, das notwendig ist, sie zu füllen. Da hilft dem Publikum keine Kommunikation, die heute so gern von den Machern angeboten wird. Der Service dient nicht der Wahrnehmung kritischer Reaktionen, was nebenbei auch zur Verbesserung der Leistungen führen könnte. Die Selbstzufriedenheit aber darf nicht in Frage gestellt werden.

Nur ein Beispiel:

Habe ich eine Antwort bekommen oder nicht? Ich glaube gern: alle sind überlastet, das gehört ja zum System…

Nachtrag 31.03.2019

Habe ich übertrieben? Morgen ist der 1. April, und ich sehe weiterhin die Sendung „Jazz & World“ im WDR3-Spätprogramm, auch noch bewährte Namen dieser Schiene, wie Babette Michel oder Tom Daun.

Es lohnt sich zuzuhören und wachsam zu bleiben.

Zweiter Nachtrag 

Ich habe mich geirrt, habe geglaubt, online das April-Programm zu sehen; aber es funktioniert nicht, man bleibt im Märzprogramm. Wenn man weitersucht, kommt man nur auf die 4 neuen Moderator(inn)en. Die Hörzu übermittelt das krasse Faktum:

  

Auch für diese Schiene haben wir nun einen Standardtext nach der neuen PR-Praxis. Und er verspricht nicht weniger als „die ganze Bandbreite der Improvisierten Musik sowie der Musikkulturen dieser Welt“; die Bandbreite erwiese sich für mich z.B. in einem indischen Raga von mindestens 45 Minuten Länge. Das wäre mein Maßstab für Weltoffenheit und Kultur. Dazu die entsprechende Einführung, das passt doch alles spielend in diese Stunde. Sollte ich eines Tages dergleichen finden, werde ich es hier mit Staunen vermerken.