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Der Effekt des Zeitunglesens

Über Komik

Mich interessiert, wie Witz funktioniert, – nicht weil ich unbedingt witzig sein will, sondern weil ich wissen will, warum ich wann lache (oder auch jemand anders). Die Unwillkürlichkeit, das ist es. Es kann ja kein Zufall sein, dass ich selbst überrascht bin, was alles zutage tritt, sobald ich oben in das Suchfenster die Worte Humor oder Lachen eingebe. Dabei weiß ich doch, wie anstrengend Leute sind, die ständig witzig sein wollen. (Das Wort wollen zeigt, woher der Überdruss kommt.)

So las ich auch am 29. Juni die Süddeutsche, darin insbesondere ein Interview mit Otto Waalkes anlässlich seines neuen Films „Catweazle“, amüsiert (gerührt) natürlich, mich erinnernd („Großhirn an Faust: Ballen!“). Und dann dies:

Quelle Süddeutsche Zeitung 29. Juni 2021 Seite 11 „Ich bin konfliktunfähig“ Otto Waalkes erzählt, warum gute Komödien wie Pornos funktionieren, zitiert aus der Bibel und verteidigt seine alten Filme gegen den Vorwurf, sie seien rassistisch. (Interview: David Steinitz) / hier online (mit veränderten Titelzeilen und Bezahlschranke)

Das Feuilleton lag noch zur Erinnerung im Regal, als heute der Briefträger klingelte und mich von der Tageszeitung aufschauen ließ. Das Päckchen war nicht besonders groß, passte jedoch nicht in den Briefkastenschlitz, vor allem war es enorm schwer. Damit hatte ich nicht gerechnet.

Hier sieht es wie das normale Titelbild eines Buches aus, aber sein spezifisches Gewicht übertrifft das jenes Bandes, den ich immer zum Beschweren von widerspenstigen Taschenbüchern auf den Scanner lege: „Sound des Jahrhunderts – Geräusche, Töne, Stimmen 1889 bis heute“ (Gerhard Paul/Ralph Schock).

Mit dem Foto beweise ich meinen Besitz des Buches, das Otto noch nicht besitzt und das er sich auch nur von einem Freund entleihen will. Ich will an dieser Stelle lediglich notieren, was es mir für die Erkundung des Phänomens Witz gebracht hat. Vielleicht. Irgendwann. Oder auch nicht.

Bisher habe ich es unwillkürlich beim Film „Manche mögen’s heiß“ aufgeschlagen, aber als ich den im Kino gesehen habe, befand ich mich in einer umwälzenden Lebenslage, in der mir absolut nicht zum Lachen zumute war. Es muss im Herbst 1965 gewesen sein. Heute sehe ich das anders.

(Vorläufiges Ende)

P.S. Was mich irritiert: ich habe dies womöglich geschrieben, um mich abzulenken, es sind ja zur Zeit eher bedrohliche Verhältnisse und Todesfälle, die einem zusetzen. Und trotzdem noch mehr das Dauerthema:  was bedeutet Musik? Die Frage meines Lebens. Wobei es nichts bringt, 100 Seiten vollzuschreiben. Sondern: die Antwort plausibel zu exemplifizieren, z.B. an der Fuge, die ich übe. Gis-moll, BWV 863. (Oder anhand des kürzlich gelesenen Essays von Alessandro Bertinetto, siehe – folgt- hier). Das Fugenthema:

Da ist dieses Kreisen um sich selbst (wie im Präludium), der Widerspruch im Tritonussprung und der lapidare Abschluss mit den Doppeltönen. Wieviel Worte müsste man verlieren, um zu beschreiben, was damit avisiert wird. Ein Mühlstein, der sich im Kopfe dreht? Was bedeutet das alles, wenn man am Ende ankommt? Irreführend: ich denke unwillkürlich an Schuberts „Der Wanderer an den Mond“ (hier). Bloß nicht lachen!