Etwas zum Denken

Neues aus der Höhle

Ich habe heute einen wunderbaren Satz gelesen, der zum Weiterdenken anregt. Man muss nur Platons Höhlengleichnis kennen. Es lohnt sich, auch dies nicht nur zu überfliegen, die meisten kennen es in etwa aus der Schule, aber die Details machen Probleme. Ist es nicht sehr konstruiert? – Aber was soll das heißen? Muss ein Modell der „Wirklichkeit“ denn einfach sein? Nur weil ich es dann einfacher begreife?

Mich überraschte jetzt, dass es zu einem Teil an die Situation des javanischen Puppenspiels erinnert, nur dass der Puppenspieler keineswegs für die Wahrheit des Spiels steht. Wir müssen ihn nicht kennenlernen wollen. Und die Schatten?

„Ein Tier auf die Wand einer Grotte zu malen, heißt, der Grotte zu entkommen, um sich zum Licht der Idee zu erheben – wie im platonischen Mythos, aber umgekehrt. Das ist es, was Platon nicht zu sehen vorgibt: das Bild ist hier das Gegenteil des Schattens.“

Der Satz stammt von Alain Badiou.

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Ein anderes Problem(chen) stellt sich bei der Lektüre des Buches von Michael Pauen (darüber in einem späteren Artikel!): Was ist eigentlich das Mühlengleichnis? Leibniz hat damit zu tun… Wikipedia hilft auch hier.

Und mir fällt ein, dass ich – ohne davon zu wissen – dieses Problem Anfang der 60er Jahre in Briefen als mein eigenes dargestellt habe, als irritierenden Ich-Zweifel. Vielleicht habe ich es mir bei Büchner angeeignet? Aber wo? … irgendwas mit „aus den Eingeweiden nicht hervorwühlen können“ … vielleicht im „Lenz“ oder im „Woyzeck“.* (Briefpartnerin! nach 55 Jahren komme ich mir auf die Spur!) Obwohl ich mich dunkel auch an eine Leibniz-Biographie von Colerus in den 50er Jahren erinnere.

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Und hier zitiere ich noch das Zombie-Beispiel:

Zombies sind in Verhalten, ihren Gedanken und allen anderen kausal wirksamen und daher äußerlich erkennbaren Eigenschaften identische Doppelgänger bewusster Personen. Der einzige Unterschied ist, dass Zombies kein Bewusstsein haben. Zwar geht niemand davon aus, dass es Zombies wirklich gibt; doch unsere Vorstellungen von Bewusstsein scheint mit der Existenz von Zombies verträglich zu sein. Dann aber würde nichts, wirklich nichts, was aus der Außenperspektive zugänglich ist, sicherstellen, dass eine Person bei Bewusstsein ist. Das Gedankenexperiment erscheint intuitiv äußerst plausibel, bei näherer Betrachtung zeigt sich indessen sehr schnell, dass es zu absurden Konsequenzen führt. Wenn mein Zombie-Doppelgänger nämlich dieselben gedanken hat wie ich, dann wird er ebenso wie ich denken, er sei bei Bewusstsein – fälschlicherweise natürlich. Doch warum kann ich mir dann sicher sein, dass meine Überzeugung, bei Bewusstsein zu sein, die richtige, und die des Zombies die falsche ist? Auch wenn ich der Zombie wäre, hätte ich ja diese Überzeugung!

Quelle Michael Pauen: Die Natur des Geistes / S.Fischer Frankfurt am Main 2016 / S.23

Es ist ähnlich wie in dem bekannten Gleichnis des Tschuangtse: ihm träumte, er sei ein Schmetterling, und als er erwacht, weiß er nicht, ob er ein Schmetterling ist, der träumt, er sei Tschuangtse, oder Tschuangtse, der träumt, er sei ein Schmetterling.

* das Zitat, das ich nur schwach erinnerte: Georg Büchner „Dantons Tod“ Zweiter Akt 1. Szene (hier):

Es wurde ein Fehler gemacht, wie wir geschaffen wurden; es fehlt uns etwas, ich habe keinen Namen dafür – aber wir werden es einander nicht aus den Eingeweiden herauswühlen, was sollen wir uns drum die Leiber aufbrechen? Geht, wir sind elende Alchymisten!

Rüdiger Safranski zitiert es in seinem Buch „Das Böse oder Das Drama der Freiheit“ (4. Auflage März 2001) auf Seite 13 und 326.