„Wir sind alle Layla“

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Ein Essay von Hans Mauritz (in Vorbereitung)

Latifa az-Zayyât (1923 – 1996) gehört zu den bedeutendsten Frauen des 20. Jahrhunderts in der arabischen Welt. Als politische Aktivistin, Kämpferin für nationale Unabhängigkeit, als Schriftstellerin, Sozialistin und Feministin ist sie auch 20 Jahre nach ihrem Tod einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Als Studentenführerin bei den Demonstrationen gegen die britischen Besatzer, den König und die mit ihnen verbündeten Regierungen ist sie zu einer Ikone der Revolution geworden. Ihr Roman „Das offene Tor“ wurde bei seinem Erscheinen 1960 gefeiert als „ein kühnes Manifest für die Befreiung der Frau“ und von der Union der arabischen Schriftsteller in die Liste der besten arabischen Romane des 20. Jahrhunderts aufgenommen. Ihr politisches Engagement hat sie mit Verfolgung und Gefängnis bezahlt: einmal unter der Monarchie im Jahre 1949, das zweite Mal 1981 unter Anwar as-Sadât. Wenige Monate vor ihrem Tod verlieh ihr die ägyptische Regierung den Staatspreis für Literatur. Bei dieser Gelegenheit erklärte der bekannte Literat und spätere Kulturminister Gaber Asfour: „Latifa az-Zayyât ist nicht nur eine Schriftstellerin von hohem Rang, sondern auch eine mutige politische Kämpferin. Während eines halben Jahrhunderts war sie aktiv an den wichtigsten historischen Ereignissen beteiligt. Sie verdient daher nicht nur diese höchste literarische Auszeichnung – Latifa az-Zayyât müsste zudem der Ehrentitel ‘die Mutter Courage Ägyptens‘ verliehen werden.“

Von heutigen Schriftstellern wird ihr Name mit Wehmut genannt, wenn ihnen bewusst wird, wie sich die gesellschaftliche Stellung der Frau in den letzten Jahrzehnten verändert hat. In einem 1998 erschienenem Roman von Mona Prince beklagt die Protagonistin im Augenblick, da sie ihre Koffer packt, um nach Indien abzureisen, weil sie in Ägypten zu ersticken droht: „Latifa az-Zayyât führte in den 40er Jahren die Studentenbewegung an, und wir sprechen heute über den Schleier und darüber, dass die Frauen zu Hause bleiben sollten. Wie läuft eigentlich die Zeit, vorwärts oder rückwärts ?“ Dreizehn Jahre später nimmt die ägyptische Geschichte eine unverhoffte Wende: Mona Prince ist eine von hunderttausend Frauen, die im Januar 2011 auf der Strasse für „Brot, Freiheit und soziale Gerechtigkeit“ demonstrieren. Hätte Latifa az-Zayyât noch gelebt, hätte sie sich wohl in vielen dieser Frauen wiedererkannt. Wer Latifas Leben nachzeichnet, wird immer wieder auf die Gegenwart verwiesen. Die späten 30er und die 40er Jahre sind als „Jahre der Jugend“ in die Geschichte eingegangen. Die Fakultäten waren Zentren der politischen Aktivität und Rebellion. Am 21.Februar 1936 rasen britische Panzer in die demonstrierende Menge, und zwar auf jenem Platz, der damals noch „Isma’iliya Square“ hiess und später in „Midân al-Tahrir“ umgetauft wurde. Latifa az-Zayyât wird für unsere Studie eine Kronzeugin der wichtigsten Ereignisse im Ägypten des 20. Jahrhunderts werden.

(Der gesamte Artikel erscheint Ende September 2015 an dieser Stelle. Über Latifa az-Zayyât siehe auch hier. Zum letzten Artikel von Dr. Hans Mauritz geht es HIER.)

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