Der Philosoph aus Solingen

Was die Presse von Precht weiß

Precht Solingen ST bitte anklicken

Man merkt schnell, dass diese Glosse „Stimmung“ macht. Der Autor glaubt sich damit an den typischen Solinger im Leserkreis zu wenden. Soll der nun aus Sympathie antanzen? Für (gegen) Precht oder für das Galileum? Darüber erfährt man nichts Näheres.

Es gibt nur einen Satz, der mich nachhaltig interessiert. Spalte ganz rechts, 2. – 3. Zeile. Und damit die Frage: Schreibt Precht fehlerhaftes Deutsch? (Ich kenne seine Deutsch-Lehrerin!)

Precht Handelsblatt Screenshot 2017-12-13

Ich suche also aus purer Neugier den Original-Artikel im Handelsblatt: „Die Verschwörung der Solinger“ am 10.12.2017. Was steht denn da?

Solche Menschen ohne echte Neugier und Interessen haben mir immer Angst gemacht. Und dann gab es noch die, die sich mit ihren Passionen in noch ganz andere Welten träumten. Angst machten sie nicht, man nahm sie nicht ernst. Das waren die, die ihre Klassenkameradinnen, die ihnen nie einen Blick zuwarfen, auf ihren Commodore-Computern in Hitlisten sortierten; die Zeitschriften über Stereoanlagen sammelten und im Mathe- und Physikleistungskurs in einer Welt von Zahlen lebten, die ihnen jenen Halt gaben, den das reale Leben keinem allzu rational begabten Menschen bietet. Mitschüler also, die ihren Mangel an Psychologik mit Logik in Parallelwelten kompensierten.

Haben Sie es bemerkt? Das ist also wohl typisch Solingen, könnte ich sagen, – solche Sätze, die man einfach kopieren könnte, dennoch falsch zu zitieren.  Aber ich sage es jetzt nicht. Ich würde bedeutende Solinger beleidigen: einen der wichtigsten Bach-Forscher zum Beispiel: Christoph Wolff. Oder einen der großen Kant-Forscher: Karl Vorländer, der in Marburg und Münster lehrte, aber doch in seinen Vorworten zu Kant der Heimatstadt die Ehre gab. Der erste Solinger übrigens, der vor Richard David Precht eine große Philosophie-Geschichte geschrieben hat.

Vorländer Voworrte bis 1913

Bravo! Nicht jedermanns Sache, aber tadellose Grammatik! Typisch Solingen? Falls Sie es gar nicht bemerkt haben oder sogar selbst Solinger sind, rekapituliere ich den inkriminierten Satz, der an der Quelle in korrektem Deutsch zu lesen war. Es ging dort um Menschen, die

in einer Welt von Zahlen lebten, die ihnen jenen Halt gaben, den das reale Leben keinem allzu rational begabtem Menschen bietet.

Es stört mich als Solinger Patriotem (?), wenn ein an sich klarer Satz im abonniertem (?) Tageblatt zur Fallgrube wird und den Leser zur längerer (?) Recherche zwingt.

Zumal das Galileum selbst besondere Aufmerksamkeit verdient, wie übrigens auch der Philosoph, der jenem gutwillig zur Seite steht…

Nachtrag 16. Dezember 2017

Zwei neue Artikel im Tageblatt. Das langweilige Solingen schlägt zurück: Der Oberbürgermeister hat dem Philosophen einen geharnischten Brief nach Köln geschrieben. Der Zeitungsmann aber findet, man soll doch bitte nicht alles so bierernst nehmen (er ist nur ein Glossen-Spezialist). Nun steht er plötzlich haushoch über der Sache, die er selber angerichtet hat. Das langweilt mich. Ich wollte doch nur wissen, ob wirklich der Philosoph den grammatisch unangenehmen Fehler gemacht hat oder ausgerechnet dieser Zeitungsmann, der ihn anschwärzen wollte.

Um das wahre Potential Solingens zu erfassen, genügt zumeist ein Blick in die Rubrik Leserbriefe des Tageblattes:

Solinger Tageblatt Leser-Gedicht