Archiv der Kategorie: Biologie

Formen des Lebens

Ein Gang durch die Botanik

Japanischer Blumenhartriegel

Geschlitztblättrige Rotbuche (hinter dem Zaun: der Gesang des Zaunkönigs)

Drüben, der weiße Strauch, dort hatte unser Weg begonnen. Pflanzenformen. Und insgesamt nur 2 Menschen, 2 Tiere und 1 Taubenhaus? Siehe auch hier. Auch hier. Des weiteren?

Der Zaunkönig hier klang anders als zuhaus.

Es war der 6. Juni 2022, 2. Pfingsttag. Danach zum Griechen „Villa Zefyros“ …

Ich denke das, was Bruno Latour so eindringlich dargelegt hat: wir sind nicht in diesem wunderbaren Planeten, wir leben nur auf einer ganz dünnen Schicht an der Oberfläche.“

Botanik, Lebewesen, Gaia… Was heute Abend noch dazukam:

Aus dem Naturkunderegal im Übezimmer (ein Buch aus dem Jahr 2007)

Bernhard Edmaier: Die Muster der Erde / Mit Anmerkungen von Angelika Jung-Hüttl / Phaidon Verlag Berlin 2007

Zitat aus der Einleitung:

Die Muster der Erde besitzen eine kaum zu beschreibende, geheimnisvolle Ästhetik. Der Grund dafür könnte es sein, dass diese Strukturen ganz nach den Naturgesetzen entstehen. Flüsse zum Beispiel oder auch fließendes Gletschereis suchen – immer der Schwerkraft folgend – den direktesten Weg bergab. Stoßen sie dabei auf Hindernisse, nagen sie solange daran, bis sie sie überwunden oder beseitigt haben. Fels verwittert am schnellsten dort, wo er gebrochen ist oder aufgrund seiner mineralischen Zusammensetzung am leichtesten durch Wasser aufzulösen ist. Der berühmte Fotograf Andreas Feininger schrieb dazu in seinem Buch Die Sprache der Natur (1966): „Ihre Formen sind … funktional gestaltet. Und eben weil sie im besten Sinne des Wortes funktional sind, empfinden wir sie als schön.“

  Von hoch oben

Aus dem Briefkasten (frische Post aus Mühlehorn/Schweiz)

Fernsicht

Insekt sucht Unterkunft

Ich war dabei!

Aber letztlich hat es verzichtet…

An den Nektarquellen im Botanischen Garten 6. Juni 2022

 

Immer dasselbe? Ich konnte mich von keinem Foto trennen und hätte dort gern noch länger gestanden…

(Handy-Fotos JR 1. und 6. Juni 2022)

Und dann fand ich auf Whatsapp ein Bild mit der Kennzeichnung: „Auch ein seltenes Insekt!“

(Foto E.Reichow)

Die größte Vogelstimmensammlung

Zum Kennenlernen und Üben

Was ist die Macauly Library? Wikipedia:

Die Macaulay Library (auch Linda and William Macaulay Library, früher Library of Natural Sounds, NLS) ist eine am Cornell Lab of Ornithology der Cornell University angesiedelte Sammlung von Gesängen, Rufen und anderen Lauten sowie Videoaufnahmen von Tieren. Das Archiv umfasst 175.000 Tierstimmen von etwa 9.000 Arten sowie rund 50.000 Videos von 3.500 Arten. Nach Angaben des Archivs ist es die größte Sammlung dieser Art.

Weiterlesen s.o. „Wikipedia“-Link

The Internet Bird Collection + The Macaulay Library

HIER  https://www.macaulaylibrary.org/the-internet-bird-collection-the-macaulay-library/

About the Cornell Guide to bird sounds:

HIER https://www.macaulaylibrary.org/guide-to-bird-sounds/

Dank an JMR !

Hier und Heute 11. Mai 2022 gegen 17 Uhr, ein starker Sommerwind bewegt die Bäume, eine einzelne Schwarzdrossel singt unentwegt aus dem Unterholz, „meine“. Ich kenne jedes Wort.

Foto: JR

Vogelstimmen Auch diese wachsende ZEIT-Sammlung (Fritz Habekuss) nicht vergessen: hier.

25.05.22 unter vorigem Link neu: der Mauersegler. Früher (in Bielefeld) gab es Scharen von Mauerseglern am Himmel, hier in Solingen habe ich letztes und vorletzes Jahr noch kleine Gruppen (4-5 Exemplare) beobachtet und mir Sorgen gemacht. Dieses Jahr noch nichts… (vgl. auch hier ). S.a. meine Erwähnung am 17. April 2017 hier.

Anfang Juni 2022

Neuerdings haben wir abends um 22 Uhr herum Fledermäuse am Himmel beobachtet, gegen den Himmel, zwischen Haus und „Waldrand, weiter unten im Tal, aber auch dicht am Balkon, es ist wie früher, vor 20, 30 Jahren. Und – ganz wichtig – 2 (zwei!) Mauersegler in großer Höhe kreisend. Ein Jammer – sie können nicht mal mehr eine Gruppe bilden…

Donnerstag, 9. Juni 22, interessantes Interview mit einem Paläontologen namens Michael Habib in der Süddeutschen Zeitung Seite 15.

Montag, 18. Juli 22, abends um 22 h, einen Schwarm Mauersegler gehört und hoch am Himmel gesehen: mindestens 10 Stück, die nach Westen zogen, vielleicht eine große Kreisbahn beschreibend.

Aronstab

Warum Giftpflanze des Jahres 2019?

Ich kenne ihn im Garten seit mindestens 20 Jahren und verschone ihn (wie alles andere) , weil mir seine Blätter gefallen. Auch seine kostbar wirkende Blüte und sein Stab. Die Pflanze fühlt sich offensichtlich wohl an diesem Platz und kehrt immer prächtiger wieder. Ich werde sie das Jahr über im Auge behalten.

Wikipedia Aronstab hier

Warum Giftpflanze 2019 hier

Was gibts noch, wild und doch in Sichtweite und Griffnähe?

Globemaster (im Ernst). „Zierlauch“ Zwiebeln aus Texel 24. und 28. April im braunen Bereich (oben, vorne rechts, die rundliche Frucht, leider nur mein Stiefel). Was ich mir davon erwarte:

9.5. vor allem aber: Insektenfreundlichkeit…

Für alle, die sich wundern, warum ihnen solche Bilder, solche Notizen in einem Blog vorgesetzt werden, – in einer Zeit, die uns zwingt, ununterbrochen an den Krieg (und vorübergehend weniger an die Pandemie) zu denken -, müsste klar sein, dass es mir nicht anders geht als jenen. Die eigentliche (?) Aufgabe liegt neben mir, die Süddeutsche (29.04.), gekauft wegen Habermas. Auch die ZEIT von neulich (21.04. wegen Heinrich August Winkler 7 Mythen über Europa). Es sind nur Nachhilfen, die eine gewisse Eigentätigkeit erlauben, aber im Ganzen so wenig ändern wie Klavierüben, Konzertbesuch oder Gartenarbeit.

   SZ 29.04.22

SZ, dank der „Personen auf dem Fahrgleis“, später dank „Stau der verspäteten Züge vor Köln“ die Dauerlektüre auf der Bahnfahrt Solingen Köln 15.27 hin, nach Konzert Gleis 1 ab 22.52 zurück

Schlaflabor notiert (Alexander Schubert wg. Hegel, = nicht identisch)  -„Musik Amnesie Gedächtnis“ Das Gras wächst / weiter, erinnere dich – Stefan Fricke (Autor, s. hier). Mein durch Musik geläutertes Gedächtnis suggerierte mir später: das stand was über Ameise und Gras…

Am nächsten Morgen (Verurteilung des Habermas-Artikels – wie erwartet – Solinger Tageblatt)

Für die Aburteilung genügt 1 Satz (wie im Fall Kant, um ihn als Rassisten zu brandmarken, s. Alexander Schubert² betr. Hegel)

Man muss nicht etwa mühsam suchen, um in dem sehr differenzierten Essay von Habermas den zitierten Satzteil zu finden, er springt als Extra-Block in die Augen, aber nur bei einer sorgfältigen Lektüre  entdeckt man ihn im engeren Kontext, der keinesfalls eine tendenziöse Verkürzung gestattet: Habermas warne vor einer Eskalation des Krieges und

beklagt dabei fatalerweise das „ungestüme moralisierende Drängen der zum Sieg entschlossenen ukrainischen Führung“.

Es geht aber folgendermaßen weiter:

Und man sieht, dass Habermas nicht klagt, sondern denkt.

Um hier den berühmt-berüchtigten Begriff rechtmäßig zu gebrauchen: er denkt dialektisch. Und damit der Sachlage vollkommen angemessen. Man muss nur dem Text genau folgen, die Funktion von Worten wie „Dilemma“ erfassen, die penible Beschreibung der zwei Seiten, ihrer Asymmetrie, der völkerrechtlich definierten Schwelle, der roten Linie, der national oder eher postnational, postheroisch  geprägten Identitäten; bedrängt von der atomaren Drohung, der Konfusion gleichzeitig aufeinanderstoßender, aber historisch ungleichzeitiger Mentalitäten, all das kann nicht logisch in eine pragmatische Formel politischen Handelns münden. Es gibt keinen Ratschlag, keine leichtfertige Schlagzeile, keine „gordische“ Lösung. Daher kann es auch keinen kernigen Abschluss dieses Essays geben, sondern nur einen vagen Ausblick:

Macrons Wiederwahl markiert eine Galgenfrist. Aber zunächst müssen wir einen konstruktiven Ausgang aus unserem Dilemma finden. Diese Hoffnung spiegelt sich in der vorsichtigen Formulierung des Zieles, dass die Ukraine den Krieg nicht verlieren darf.

Quelle Süddeutsche Zeitung 29. April 2022 Jürgen Habermas: Krieg und Empörung / Schriller Ton, moralische Erpressung: Zum Meinungskampf zwischen ehemaligen Pazifisten, einer schockierten Öffentlichkeit und einem abwägenden Bundeskanzler nach dem Überfall auf die Ukraine.

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Weiteres zum Ukraine-Krieg HIER  (Dank an JMR)

Pressetext hr

Es wird Frühling. Und es ist Krieg. Der Zwiespalt ist kaum auszuhalten, sagt die Schriftstellerin Katja Petrowskaja. Sie lebt in Berlin und Tbilisi und blickt aus der Ferne auf die unfassbare Gewalt, auf getötete Kinder und Massengräber in ihrer Heimat, der Ukraine. Juri Andruchowytch ist mittendrin und verliert trotz allem seinen Humor nicht. Die Botschaft der beiden Schriftsteller*innen aber ist klar: Wenn ihr der Ukraine nicht helft, diesen Krieg zu gewinnen, dann kommt der Krieg morgen zu euch! Und was sagt der Historiker? Timothy Snyder analysiert die deutsche Sehnsucht nach historischer Unschuld, die zu schlimmen Fehlern führt – im perversen Versuch, Vergangenheitsbewältigung und Gasgeschäfte zu verbinden. Es sind drei verschiedene Perspektiven auf den russischen Krieg gegen die Ukraine, die Jagoda Marinic in dieser Folge von FREIHEIT DELUXE auslotet. Am Ende steht die Erkenntnis: Das russische Vorgehen gegen das Nachbarland ist zutiefst faschistisch. Das zu stoppen, kann nicht allein die Aufgabe der Menschen in der Ukraine sein. Hier hört ihr: – wie Katja den Frühling in Zeiten des Kriegs wahrnimmt (7:00) – wieviel Normalität im Krieg ist und wieviel Krieg in der Normalität (8:45) – warum wir alle für die Toten verantwortlich sind und warum Appeasement-Politik ein Fehler ist (18:35) – warum für Katja ein Satz von Richard David Precht das Ende des deutschen Humanismus markieren könnte (20:40) – warum die Menschen in Iwano-Frankiwsk scheinbar entspannt mit ihren Hunden spazieren gehen (44:30) – warum Juri mit einer Partisanengruppe auch in den Kampf ziehen würde (59:20) – warum Juri Schriftsteller und trotzdem nicht verrückt ist (1:05:20) und warum der Krieg schon morgen nach Deutschland kommen kann (1:06:20) – wie Deutschland versucht, Gasimporte und Vergangenheitsbewältigung zu verbinden (1:26:00) – warum Timothy glaubt, dass Scholz, Steinmeier und andere deutsche Politiker den Faschismus in Russland nicht sehen wollten (1:31:00) – wie man auf atomare Erpressung reagieren sollte (1:44:00) – und warum die Welt ohne den ukrainischen Widerstand viel düsterer wäre (1:58:20) Ein Transkript der Folge findet ihr hier: https://download.hr2.de/podcasts/freiheit_deluxe/ukraine-spezial-100.pdf

FREIHEIT DELUXE mit Jagoda Marinic ist eine Produktion des Hessischen Rundfunks und des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.

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Zurück in den Garten: Sie wollen wissen, was es mit Arons Stab wirklich auf sich hat? In Arnold Schönbergs Oper „Moses und Aron“ erlebt man folgende Szene (darüberhinaus könnten Sie in die Bibel nachschauen, wie Aarons Stecken grünte, so im 4. Buch Moses Kapitel 17, – aber das ist eine andere Geschichte):

Quelle Karl H. Wörner: Gotteswort und Magie / Die Oper »Moses und Aron« von Arnold Schönberg / Verlaf Lambert Schneider Heidelberg 1959

Ameisen – Insekten – wilde Tiere

Dem Klang der Natur auf der Spur

Zur genaueren Untersuchung (z.B. die Funktion der Musik im Film):

Dezember 2014

Und gestern dies: HIER „Im Königreich der Ameisen“

Goulson: hier Perlentaucher über seine Bücher (Hummeln, Insekten!), das neue Buch!

Zu den Filmen Film Serengeti 1/2 Der große Aufbruch von Reinhard Radke (folgt die Liste der Verantwortlichen, um sie von den Terra-X-Filmen zu unterscheiden), über seinen Serengeti-Film (2011) siehe hier. Dann auch Die große Wanderung (John Downer) .

Zur Erinnerung (Grzimek bzw. Kritik an seinem Film): die Serengeti lebt, und es gibt zur Zeit eine verwirrende Anzahl von Filmen – überall ist man quasi dabei!! z.B. auch Hier bei der unglaublichen Reise der Gnus, – woher kannte ich das schon? ihren Sturz in die Tiefe, die Flußdurchquerung, die Krokodile, der tödliche Irrtum drüben beim Aufstieg, die Geparden, die Elefanten, die narrative Anlage nach dem Prinzip eines Puzzle, die originalen Geräusche und die ihnen angepasste Musik. – Naturfilmer John Downer!

Verwirrend? Wieso? Warum? Das ist doch alles klar, aber seit wann interessierst du dich für Ameisen!? Ich persönlich? Dumme Frage, seit meiner Kindheit! Als es noch Maikäfer gab! Und „im Ernst“: begonnen hat es dann erst mit Bienen. Oder mit den Ameisen im Engadin, den roten Waldameisen? Oder doch früher, – war es Debussy mit seiner Maeterlinck-Mystik? Wahrscheinlich, ja, es war dieser Autor, der den Sinn für das Geheimnis der Insekten weckte.

… das war in Berlin im Januar1961, – und Weihnachten davor:

 

Die Seele der weißen Ameise 1963, und 1989 von Freund Dr. Werner Fuhr, dem Bienenzüchter und Volksmusik-Mitarbeiter – damals noch per Sie – die historische Kurzfassung Maeterlinck:

Noch etwas zur Frage, wie es eigentlich begann: mit einem Kinderbuch „Was mir die Wiese erzählt“. Ein Titel also wie von Gustav Mahler. Damals aber war mir neu, dass die Wiese neben Hobergs Busch so interessant sein könnte. Und der Zufall will es, dass heute Abend sozusagen der entsprechende Film zu sehen ist, allerdings aus der Steiermark: HIER. Ab ca. 11:10 über Heuschrecken und wie sie „singen“. (Man hört einfach nix!) Dazu leider eine etwas alberne Instrumentalmusik als Untermalung oder Einsprengsel. Auch eine überflüssige Frauenstimme, die das Summen der Tiere überlagert, auf den „Ennstaler Iriswiesen“. Ab 20:40 Ameisenlöwe (dazu rhythmisch malende Wild-West-Klänge).

Ein Gang durch den Botanischen Garten Solingen 11. April 2022

Was mir durch den Kopf ging (die falsche Jahreszeit, aber der passend schöne Wort-Klang):

Wir schreiten auf und ab im reichen flitter
Des buchenganges beinah bis zum tore
Und sehen außen in dem feld vom gitter
Den mandelbaum zum zweitenmal im flore.

Was ist das? Siehe unter Strophe (dieses war die erste).

Fotos Handy JR / Strophe: Stefan George

Nachtrag 14. April 2022

ARTE Mediathek „Unsere Wälder – Die Sprache der Bäume“ Ein Film von Petra Höfer und Freddie Röckenhaus  HIER

Achtung: ich sehe nirgendwo im Nachspann einen Hinweis auf wissenschaftliche Mitarbeiter, leichter Kitschverdacht in der Deutung der Phänomene.

Gender-Fragen!

Ein ZEIT-Gespräch

„So blicken männliche Säuglinge im Schnitt länger auf Mobiles, Mädchen länger auf Gesichter. Und schon im Alter von zwei Jahren verfügen Mädchen über einen Vorsprung im Wortschatz. Später haben die Geschlechter deutlich unterschiedliche Präferenzen in der Berufswahl, und zwar unabhängig von der Sozialisation.“ (Korte)

Paula-Irene Villa-Braslavsky / Alexander Korte, LMU München (siehe u.a. bei Lisa Littmann)

DIE ZEIT 31.März 2022 Seite 33/34

ZEIT (Martin Spiewak): Am Ende landen Sie stets am selben Punkt: Der Naturwissenschaftler Korte bringt die Biologie in Stellung, die Soziologin Villa die Gesellschaft.

Korte: Ich versteh mich keineswegs nur als Naturwissenschaftler.

Villa: Und ich habe auch von Materialität und Körperlichem gesprochen! Wenn wir von Männern und Frauen reden, hängt aber so viel mehr dran als bloße Biologie. Warum reden wir im Sinne der Präzision nicht besser von Menschen mit Gebärmutter oder von Menschen, die Spermien produzieren?

*    *    *

Korte: Die allermeisten Patienten sind biologische Mädchen, die sich als Transjungen selbstkategorisieren. ZEIT: Wie erklären Sie sich das? Korte: Da gibt es mehrere Gründe: Medienberichte, in denen eine Geschlechtsangleichung als unkompliziert dargestellt wird, spielen eine Rolle, aber auch neuartige Behandlungsangebote, die die Nachfrage fördern. Das ist beim Transthema nicht viel anders als sonst in der Medizin: Mehr Radiologen sorgen für mehr Röntgenaufnahmen.

Villa: Halt! Der wichtigste Grund für diese Entwicklung dürfte wohl sein, dass sich die Betroffenen heute eher trauen, Hilfe zu suchen. Insofern fände ich es verheerend, wenn es medizinische Angebote wie das Ihre nicht mehr gäbe. ZEIT: Frau Villa, wie erklären Sie sich, dass vor allem Mädchen mit ihrem Geschlecht hadern?

Villa: Das hat wohl damit zu tun, dass sie stärker eine Pflicht zur Selbstgestaltung spüren als Jungen. Das sieht man auch bei Mode und Kosmetik.

Korte: Wir Psychiater wissen seit Langem, dass Mädchen größere Schwierigkeiten mit dem Erwachsenwerden haben als Jungen. In Befragungen empfindet jedes zweite Mädchen den Eintritt der Pubertät als unangenehm, bei Jungen sind es unter fünf Prozent. Das Hadern mit dem sich verändernden Körper schlägt sich bei weiblichen Jugendlichen unter anderem in gehäuften Essstörungen nieder. Für mich deutet einiges darauf hin, dass der Hype um Transsexualität bei Jugendlichen eine neue Form der Hysterie sein könnte. ZEIT: Wie behandeln Sie denn diese Jugendlichen?

Korte: Jedenfalls nicht, indem ich möglichst rasch mit Medikamenten eine Transition einleite. Ich versuche erstmal in Gesprächen herauszufinden: Wie hat sich dieses Gefühl entwickelt, im vermeintlich falschen Körper zu leben? Wir geben keine Hormone, die die Pubertät blockieren. Das unterschiedet uns von anderen Kliniken. ZEIT: Warum hadern gerade die Mädchen so sehr?

Korte: Die erste Regelblutung markiert bei ihnen nicht selten einen schmerz- oder schamhaft besetzten Eintritt in die Geschlechtsreife, beim Jungen hingegen ist es die erste Ejakulation. Letztere geht mit einem sehr angenehmen, orgastischen Erleben einher. Ein grundlegender Unterschied!

Villa: Dass sie die weibliche Pubertät und Sexualität per se mit Schmerz und Scham verbinden, ärgert mich wirklich. Ich hoffe, meine Tochter bekommt es nie mit Ärzten oder Ärztinnen Ihrer Haltung zu tun. Ich kenne das übrigens aus dem Sexualkundeunterricht an einem bayerischen Gymnasium, wo die oberste Botschaft war: Bloß nicht ungewollt schwanger werden! Keine Lust, kein Spaß, kein Stolz! Wenn wir das mit Weiblichkeit verbinden, müssen wir uns nicht wundern, dass es vermehrt Mädchen sind, die ihr Geschlecht ablehnen.

*    *    *

Ich könnte sagen: Mit alldem habe ich nichts zu tun, alles klar: heterosexuell, verheiratet, zwei Kinder (Junge und Mädchen), nie im Leben anders orientierte physische Kontakte, oder doch: immer wieder „Kontakte“ mit anders orientierten Menschen, was zwangsläufig Distanzierung bedeutete. Trotzdem würde ich jederzeit auch die eigene sexuelle Sozialisation als Problem behandeln, angefangen mit der Kindheit, die bedeutend vom weiblichen Geschlecht geprägt war: Großmutter, Mutter, kindliche Gespielinnen und – ihre Puppen. Modelle des Menschen. Nicht zentral, aber deren An- und Auskleiden war ins Spiel integriert, und sie waren geschlechtslos; es gab kein Zusatzglied, und das war aus meiner Sicht ohne Zweifel vollkommener. Dieses Faktum war mir auch in früher Jugend nicht gleichgültig, das Gegenteil von Penisneid. Zum Glück sah ich in meinem älteren Bruder einen Verbündeten, auch wenn wir das nie verbalisierten. Später wurde das anders, er entwickelte sich, gab Hinweise , wenn auch mit einer gewissen Herablassung. Aber unser Vater, der über alles schwieg, hatte die Macht. Und ein entscheidender Punkt war, dass er sie auch impulsiv ausübte: er schlug zu. (Auch meinem Großvater mütterlicherseits wurde das nachgesagt.) Die Schlüsselszenen meiner Kindheit haben damit zu tun. Mit Macht und Demütigung. Übrigens auch nicht abgemildert durch unsere Mutter, sie hatte das System verinnerlicht und ein sekundäres – kitschig beschönigendes – Linnen darübergebreitet. (Nur die ferne Schwester meines Vaters war anders, mildtätig, lieb und allverzeihend.) Ich versuche eine Schlüsselszene etwa aus dem Jahr 1955 zu erzählen:

Es hatte ein Chorkonzert gegeben, – mein Vater leitete in Bielefeld „Die Leineweber“ -, mein Bruder, der den Stimmbruch längst hinter sich hatte, durfte mitsingen, hatte Chancen bei einer mitsingenden, etwas älteren Schülerin, die möglicherweise auch dem Dirigenten gefiel. Es gab einen gemütlichen Ausklang, ich war längst zuhaus, meine Eltern trafen ebenfalls ein, machten sich allerdings Sorgen um den Ältesten. Ich spitzte die Ohren. Das Mädchen hieß Waltraud Papke und trug die Haare wie Marina Vlady. Die beiden hatten nach dem Fest auf einer Bank im Park gesessen und waren sich näher gekommen. Mein Vater, ahnungsvoll, geriet außer sich, als er heimkehrte, schon beim ersten Erklärungsversuch schlug er auf ihn ein, Mutti schrie: nicht an den Kopf! – heftiger Wortwechsel. Ich hörte zum ersten Mal in meinem Leben das Wort „Nutte“, und das Mädchen war gemeint! Ich wartete im Kinderzimmer, es dauerte eine Weile. Als ich aufwachte, hörte ich meinen Bruder in seinem Bett schluchzen. – Zwei Jahre später war ein anderes Mädchen im Spiel, Sigrid T., sie gingen viel in der Natur spazieren, nach Ruheplätzen suchend, ich erfuhr von ihm – vertraulich – etwas über den Bedeutungsumfang des Wortes „Petting“, wobei für mich das Verwunderlichste daran war, dass auch auf der weiblichen Seite „Lust“ eine Rolle spielte. Ich dagegen fuhr mit einem Mann in Urlaub, der älter war, beim Landeskirchenamt arbeitete und schon einen VW besaß, – weite Fahrten, Urlaube, FKK, ohne die leiseste Berührung; erst sehr allmählich wurde mir hier wie auch in ähnlich gelagerten Fällen klar, welcher psychologische Hintergrund die Hauptrolle spielt. Ich dachte, es sei das gemeinsame Musikinteresse. Lästig nur, wie wirkungsvoll ich von begehrenswerten Mädchen abgeschirmt wurde. Hinzukam die lethale Erkrankung meines Vaters (†1959), der mich einstweilen von jedem Hausball, jeder Kellerparty per Telefon zurückbeorderte, bevor die wahre Nacht anbrach. Noch im Studium hat mich jedes Schrillen eines Telefons aufschrecken lassen: „Ach…., mein Vater!“ – Die Sperre betraf das ganz normale zwischengeschlechtliche Verhalten, die jugendliche Entgrenzung in den biologisch bekannten Grenzen. Das war vor rund 65 Jahren. Man kannte nicht einmal das Wort homosexuell, man sprach vieldeutig von einem warmen Bruder, oder einem vom anderen Ufer. Meiner gehörte nicht dazu. Im Gegenteil.

ZEIT: Selbst in der Medizin zweifelt niemand daran, dass es intersexuelle Menschen gibt. KORTE: Richtig, das ist aber kein Beleg dafür, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt, im Gegenteil. Als intersexuell werden Menschen mit einer körperlichen Geschlechtsentwicklung bezeichnet, die von der Norm abweicht – das ist noch einmal etwas ganz anderes als eine Transsexualität. Mediziner kennen runbd 50 verschiedene Syndrome, von denen die meisten extrem selten sind. Und in der Regel ordnet sich die allergrößte Mehrheit dieser Menschen klar einem Geschlecht zu. Für mich ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts also leider ein Hinweis darauf, dass Ideologien selbst auf hohe Institutionen Einfluss nehmen.

ZEIT: Frau Villa, Sie dagegen haben mal geschrieben, die Zweigeschlechtlichkeit sei eine Ideologie. VILLA: Damit meinte ich zugespitzt, dass die Vorstellung von der Binarität der Geschlechter ideologisch motiviert ist. Alles, was da nicht hineinpasst – das Nichtbinäre, das Fließende – , wird als Ausnahme oder als zu therapierende Abweichung verstanden.

ZEIT: In Deutschland haben bisher weniger als 1000 Menschen ihr Geschlecht offiziell als divers angemeldet. Spricht das nicht doch für Ausnahmen? VILLA: Als psychische Realität, aber auch als praktische Erfahrung gibt es ohne Zweifel mehr als zwei Geschlechter. So, wie es innerhzalb der Geschlechter viele Varianten gibt. Genau das haben die Verfassungsrichter erkannt. ZEIT: Ich beschäftige mich seit bald 20 Jahren mit diesen Themen und beobachte, wie sich die Debatte immer weiter aufheizt. Warum ist das so?

KORTE: Das liegt auch daran, dass queere Strömungen, die auf eine Auflösung der Geschlechtsbegriffe hinarbeiten, in den Gender-Studies die Oberhand gewonnen haben. Der traditionelle Feminismus, der die strukturellen Ursachen der Benachteiligung von Frauen kritisiert, hat derweil an Einfluss verloren.

VILLA: Mit der Geschlechterdiskussion verbinden sich, wie wir gesehen haben, Ordnungsvorstellungen und Moralauffassungen. Wer das infragestellt, verursacht Verunsicherung und erntet teilweise heftige Kritik. Das kenne ich, solange ich mich mit dem Genderthema befasse. Ich bekomme alles: von gut gemeinten Korrekturvorschlägen bis hin zu Drohbriefen und Vergewaltigungsfantasien. ZEIT: Herr Korte, ich habe ein Jahr gebraucht, bis dieses Gespräch zustande kam. Von Medizinern uns Sexualwissenschaftlerinnen hagelte es Absagen: »Das gibt nur Ärger«, »Ich will keinen Shitstorm«. Sie fürchten offenbar keine Kritik? KORTE: Auch ich bekomme beleidigende E-Mails bis hin zu Drohungen. ZEIT: Wäre es nicht einfacher, wenn das Mannsein und Frausein weniger wichtig wären?

VILLA: In einer Gesellschaft, in der die Frage der Geschlechtsunterschiede nicht mehr diese große Bedeutung hat, verliert die Debatte an Schärfe – das wäre zumindest meine Hoffnung. Vielleicht gäbe es sogar das beschriebene bLeiden am falscxhen Geschlacht deutlich weniger, wenn wir an das Geschlecht weniger Erwartungen stellen würden. Zum Glück existieren dafür erste Hinweise: Die Zahl von Mednschen, die sich als genderfluid oder nonbinär bezeichnen, nimmt bekanntlich zu. KORTE: Ihre Hoffnung in Ehren, aber ich fürchte, das ist eher ein Problem und nicht die Lösung.

Das Gespräch führte Martin Spiewak.

Quelle DIE ZEIT 31. März 2022 Seite 33/34 Die Unordnung der Geschlechter Wie unterscheiden sich Frauen und Männer? Was ist biologisch festgelegt, was sozial beeinflusst? Ein Streitgespräch über die wissenschaftlichen Grundlagen einer endlosen Debatte.

Warum bedeutet mir dies alles etwas? Obwohl es mich scheinbar nicht betrifft? Ich denke an ein altes Bilderbuch, das ich vor drei Jahren schon mal kurz gestreift habe: hier (ganz am Ende). Weiteres hier. Was ich nie behandelt habe, war die Machtfrage bzw. die meiner kindlichen Ohnmacht. Schon mein Bruder, nur anderthalb Jahre älter, war deutlich mächtiger, er durfte manches für mich entscheiden, er stand jahrelang der Übermacht Mutter näher, ich war fast nichts. Er hatte Sinn für alles Technische, er ging mit Modellflugzeugen um und malte schnittige Autos (ich krückelige Kühe und Rehe), er hätte gewiss als Baby die Mobiles beobachtet, ich nur die sich nähernden Gesichter! Und dann war da ein Schlüsselerlebnis, das mich mit dem Begriff Wahrheit konfrontierte, mit Ausweglosigkeit, Verlassenwerden, Alleinsein: an der Wand, hinter einem Vorhang, nein, einem  großen Badetuch, das über einer blanken Stange zum Trocknen aufgehängt war.

Ich erzähle es lieber, als sei es die Geschichte eines fremden Kindes, etwa viereinhalb Jahre alt. Oder fünf? An der Wand über dem Doppelbett, in dem es lag, hing die Taschenuhr des Vaters, die er nicht mit in den Krieg nehmen wollte. Allein. Das Kind fühlte sich nicht mehr krank, ließ die Augen im Zimmer wandern, seitlich und hinter sich, über sich, – da war die Uhr. Wenn es aufstand und sich reckte, reichten die Fingerchen bis dort hinauf. Vor dem Haus hörte es die Stimmen der anderen Kinder, die spielten; jetzt rutschte die Kette der Uhr über den haltenden Nagel, auf die Ärmchen, das Kind umklammerte das tickende Etwas und raus aus dem Bett! War es so umsichtig sich anzukleiden? Vielleicht war Sommer, draußen brauchte man nichts Warmes. Woher kam der kleine Hammer, wir wissen es nicht, der Bruder fragte eindringlich: „Das ist nicht die Uhr von Papa?“ „Neinnein, ankucken! aufmachen!“ Gleich neben den Treppenstufen an der Mauer ließ sich das Ding gut anschauen und bearbeiten. Als die Mutter nach Hause kam, war nichts zu beschönigen, Glas kaputt, Silber platt, alles verbogen, heile machen ging nicht. Wer war das?! Der Kleine hat gesagt, es ist nicht die Uhr von der Wand! Nein, sagte der, ich war das nicht. Er wollte es nicht mehr sein. Das Strafgericht fand im Badezimmer statt, die Schläge taten weh, die Mutter war sehr böse, wer hat das gemacht? Sag die Wahrheit! Immer wieder: Sag die Wahrheit! Und der Kleine antwortete immer wieder: „Die Wahrheit!“ Wie sie’s wollte. Und wenn sie weg war, stellte er sich  mit dem Gesicht hinter das Badetuch, sie sah ihn sofort, und es gab wieder Schläge. Und wieder gehorchte das Kind und sagte „die Wahrheit“, immer wieder, sie wollte es doch! Die Mutter. Sie wusste, wer jetzt so lügt, wird zwangsläufig später auf die schiefe Bahn geraten. Es war Krieg, die Russen würden kommen. Und eines Tages begann sie dem Kind ihr eigenes Lieblingsbuch vorzulesen: „Wie Engelchen seine Mutter suchte“. War Engelchen wirklich ein Bübchen? Ich weiß es nicht. Jedenfalls schämte ich mich.

CORONA verstehen

Ein neues Vorwort zur Warnung

Ich war hochgemut gestimmt, als ich diesen Artikel entwarf und sozusagen die Lektüre noch als Aufgabe für mich selbst betrachtete, ohne schon alles gelesen zu haben, was ich da empfahl. Inzwischen hat sich vieles verändert, ich bin zwischendurch völlig ausgestiegen, das Verlangen nach einer sorgfältigen Überarbeitung wurde immer stärker, der Eindruck, dass der Fachjargon doch wohl so nicht zumutbar sei. Ich müsste eine andere Reihenfolge der Themen versuchen, eine Umgestaltung, allerhand eigene Kommentare einfügen usw. – aber es ist klar, dass ich das nicht leisten kann. Ich will so bald wie möglich zur Musik oder anderen mir näherliegenden Themen zurückkehren und nicht zu einem Hobby-Epidemiologen mutieren. Meine Sorge um das Interesse der Gutwilligen gebot mir vorzuschlagen, nur das zu lesen, was mir am ehesten eingeleuchtet hat, es folgt auf die Überschrift:

PLURV-Prinzip

Alles lesenswert! (Aber auch schon bekannt.) Oder ich nehme folgenden Abschnitt (Linkeinfügung von mir):

Jetzt kommt also ein Virus, das trifft auf eine Population, wo es einen leichten Immun-escape bewerkstelligen kann. Jetzt denken wir uns mal: Da waren vorher 50 Prozent de facto immun, davon 30 Prozent richtig knallhart immun und 20 Prozent grenz-immun gegen das bis dato zirkulierende Virus. Grenzimmun heißt in meiner Vorstellung: Die können sich noch infizieren, aber die werden nicht mehr so schwer krank, weil das Virus schon ganz schön gebremst wird, sobald es eine Infektion setzt. Im Hals muss es schon wieder aufhören, weil die Antikörper das schon wieder abbremsen. Das ist also alles noch nicht T-Zell-Immunität. Jetzt kommt ein Virus, das zeigt einen leichten Escape. Und plötzlich sind diese 20 Prozent Grenzimmunen nicht mehr ausreichend immun. Die können sich wieder richtig infizieren. Außerdem noch die 50 Prozent in der Bevölkerung, die noch keinen Kontakt hatten. Und jetzt haben wir wieder offene Türen für eine rasende nächste, zweite Welle.

Und dann schimmert bereits ein Unbehagen an der volksnahen Ausdrucksweise durch:

So muss man sich das vielleicht grob und hemdsärmelig vorstellen, was in Manaus wahrscheinlich passiert ist, was man in Südafrika erlebt hat, jetzt über den späten Herbst und die Wintermonate mit der 1351-Mutante.

Zitat Drosten. Am Ende driftet das Gespräch für meine Begriffe sogar etwas ins unfreiwillig Komische ab, wenn Frau Schulmann sagt:

Über verschiedene Strategien im Umgang mit der Pandemie spricht auch die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim mit meinem NDR Kollegen Norbert Grundei, im Podcast „Die Idee“. Mai Thi ist YouTuberin und hat mehr als eine Million Abonnentinnen und Abonnenten auf ihrem Funk-Kanal maiLab. Ich habe gesehen, Herr Drosten, dass Sie ihr bei Twitter gratuliert hatten, als sie zur Journalistin des Jahres 2020 gekürt wurde. Kennen Sie sie auch persönlich?

usw.

(JR) Ich neige selbst zu größter Bewunderung einiger Wissenschaftsjournalist*innen, deren Artikel ich in den großen Zeitungen lese. Auch zur Bewunderung derer, die imstande sind, Kritiken solcher Artikel zu schreiben, aber ich habe keine Lust oder Begabung, diese kritischen Behandlungen selbst vorzunehmen. Ich würde sie im vorliegenden Fall, da ich die Kompetenz des Wissenschaftlers Christian Drosten keinen Moment bezweifle, auch nur auf die fachlich vorgeprägte Sprache und die  journalistische Darstellung insgesamt beziehen. Vielleicht ein andermal, – aber jetzt ist mir das Thema zu ernst, um mich weiter daran zu üben. Vielleicht füge ich an dieser Stelle hier ein, was mir in Zukunft noch Lesens- und Lernenswertes zur Pandemie begegnet. Ich werde auch die ganze NDR-Veröffentlichung noch gründlicher studieren. Aber im Moment verabschiede ich mich aus diesem Blog-Artikel. (Sonntag, 11.04.2021, 10 Uhr)

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Die Lage im April (begonnen am 9.4.2021, 10 Uhr JR)

Es ist keine Kleinigkeit, sondern ein Jahrhundertereignis, das ALLE und zugleich jeden persönlich angeht. Man verlangt also von sich selbst durchaus nicht zuviel, wenn man MEHR oder potentiell sogar ALLES Wesentliche darüber wissen will. Warum soll man die Corona-Situation nicht so ernst nehmen, dass man die Veränderungen der aktuellen Lage nicht nur fürchtet, sondern auch die Art der neuen Bedrohung ganz genau zu verstehen sucht? Mich hat der NMZ-Newsletter daran erinnert:

Wir hoffen sehr, dass wieder mal etwas für Sie dabei ist. Unsere Themen kreisen ja wie in einem Magazin kreuz und quer durch das Musikleben. Was Sie sicher hier nicht bekommen: Mathematische, epidemiologische, virologische und statistische Berechnungen in Sachen Bewältigung der Corona-Pandemie. Da werden Sie ganz sicher an anderer Stelle fündig. Aber gerade deswegen liegt es mir am Herzen, auf den letzten Podcast mit Christian Drosten im NDR hinzuweisen. Denn dort streifen Sie am Rande viele wichtigen Fragen zum Thema. Das machen die Moderatorin und der Experte in Folge 81 mit so viel Sachlichkeit und Fachkenntnis, die man sich in derlei Diskussionen sonstwo nur wünschen kann. Das ist kein Showlaufen. 

Dank also an die NMZ, die Neue musikzeitung www.nmz.de !

Die NDR-Wissenschaftsredakteurin Beke Schulmann spricht mit Christian Drosten, dem Leiter der Virologie an der Charité Berlin: unter anderem über den Umgang mit der dritten Welle, die laufenden Modellprojekte und die Frage, wie sich ein einfacher Schnupfen auf eine Infektion mit dem Coronavirus auswirken kann.

HIER

Das Interview mit Christian Drosten beginnt mit einer der vorangestellten Übersicht der behandelten Themen, in deren Behandlung man dann direkt per Klick springen kann.

Stattdessen findet man im folgenden auch den Fließtext als Ganzes:

Coronavirus-Update: Die Lage ist ernst

Hier

Nur ein kleiner Hinweis vorweg (JR) / wach bleiben! Ich bin gleich bei der zweiten Antwort des Virologen über einen Satz gestolpert, den ich kurz auflösen will:

Drosten: Wir wissen relativ gut, dass die aktuellen Impfstoffe eine Immunität hervorrufen gegen die die südafrikanische und die brasilianische Mutante einen Escape zeigen. Das heißt in Neutralisationstests im Labor, wo wir Antikörper mit Virus zusammenbringen und dann sehen, dass die Virusinfektion ein bisschen schlechter abläuft.

Es fehlt schlicht ein Komma vor gegen die die , und gleich danach weiß ich nicht unbedingt, was ein Escape ist. Ich ahne es nur:

Als Immunevasion (von lateinisch evadere „entkommen, entrinnen“, englisch immune evasion oder immune escape) bezeichnet man einen Vorgang, bei dem Pathogene mithilfe von Mutation oder spezifischen Mechanismen einer Erkennung oder Abwehr durch das Immunsystem entgehen.

Das Zitat stammt aus Wikipedia. Somit bedeutet das wohl, dass diese Virus-Mutanten ihrem Feind, dem Impfstoff, ausweichen können. Aber was heißt dann: dass die Virusinfektion ein bisschen schlechter abläuft (?). Sie gelingt trotz unserer Maßnahmen leichter. Das Wort „schlechter“ ist schlecht.

Wenn ich recht habe, bedeutet das erhöhte Wachsamkeit: es handelt sich um die Niederschrift eines gesprochenen Interviews – mit neuen Missverständnismöglichkeiten. Wenn mir noch mehr passiert, werde ich auch das notieren…

Es gibt aber auch Leute, die besser hörend als lesend verstehen. (Wie meine Tochter in frühen Jahren, die, wenn ich ihr einen Text zu lesen geben wollte, sagte: „lieber erßählen!“ Dabei las sie gut, aber besser Noten als Buchstaben).

Sie können leicht über den ersten, oben gegebenen Link in den Text kommen, jedoch darin auch zum Original-Interview vorstoßen, um es akustisch weiterverfolgen, sobald Sie dort die folgende Schaltfläche sehen:

*    *    *    *    *    *

An dieser Stelle können Sie frühestens nach einer Stunde angelangt sein. Plus Pause.

Als Ergänzung habe ich dann die Ausführungen des Philosophen Nida-Rümelin nützlich gefunden, die ich vage in Erinnerung hatte: gehört bei Markus LANZ (https://www.zdf.de/gesellschaft/markus-lanz/markus-lanz-vom-7-april-2021-100.html) und wiedergefunden:

HIER / Ab ca. 32:55 Julian Nida-Rümelin: aus der Pandemiekrise etwas lernen! Wenn man einmal den globalen Blick einnimmt, das fällt manchen schwer, und dann kommt immer das Kulturargument, ich verstehe das Argument gerade bei Ostasien überhaupt nicht. Was sind die Regionen auf der Welt, die am schlechtesten herausgekommen sind? Nicht Afrika, und auch nicht Ostasien. Nicht einmal Südasien. Sondern Europa und Südamerika. Das sind die beiden Regionen mit der höchsten Mortalität weltweit. Mit Abstand die höchste Mortalität! das heißt: da ist was schief gelaufen. Wenn das in Südamerika passiert, sagen manche, na ja, Schwellenländer, funktioniert nicht so richtig. Chile ist, was Impffortschritte angeht, weit weit weit vor Europa, Chile! Wir schaun mal auf die Daten. Was ist in Ostasien? Das sind Demokratien, da gibt es auch ne große Diktatur, China, mit Maßnahmen, die wir nie akzeptieren könnten. Aber liberale Demokratien wie Südkorea. Übrigens auch Australien, Neuseeland, nicht nur asiatische Länder, sondern Länder, die in dieser Region sind, haben es gut gemacht. Thailand! hat es gut gemacht, ne Diktatur, zugegebenermaßen. Singapur hat es sehr gut gemacht. Taiwan, Vietnam! Sie haben auch eine andere Logik von Anfang an gehabt. Ich habe immer gesagt: Leute, bei Exponentialfunktionen, bitte, schaut doch mal hin in eure Lehrbücher in der Schule, da hilft es nur am Anfang! Das hilft, und wenn man das verpasst am Anfang, dann geraten diese Dinge außer Kontrolle. Ich hab überhaupt nicht verstehen können, wie die Ischgl-Rückkehrer in ihre Häuser zurückkehrten und ihre Wohnungen – ohne Quarantäne! Erinnern Sie sich noch? Europa hat sich aufgeregt, als die USA die Grenzen geschlossen hat, – viel zu langsam! Die WHO hat gesagt, wir schauen jetzt mal zu – ich karikiere jetzt etwas, aber nicht wesentlich, ich kann das belegen – wie sich die Risikosituation entwickelt. RKI ebenfalls, ja, wenn man zuschaut, ist es schon zu spät! Das heißt, wir haben am Anfang keine konsequente Containment-Politik gemacht, wir haben alle Empfehlungen des RKI von 2012 missachtet, jahrelang, bis die Katastrophe da ist, und jetzt rettet uns – hoffentlich! – die Impfkampagne. Was würden wir denn machen, wenn das mit dem Impfen – bei andern Infektionskrankheiten 10 Jahre, 7 Jahre, oder vielleicht überhaupt nicht gekommen wäre, wie das bei Aids der Fall ist. Was hätten wir dann gemacht? Wir hätten uns jetzt mit Lockdown zu Lockdown zu Lockdown immer weiter runtergewirtschaftet, bis das Land ruiniert ist? Wirklich? Das kann doch nicht sein. Also wir müssen daraus dringend lernen. Und deshalb möchte ich – wenn ich darf, möchte ich nochmal einen Begriff am Anfang, den wir so schnell abgetan haben, – keine Laschet-Diskussion jetzt, ja? – das mit der Brücke ist nicht so ganz uninteressant. Er spricht von Brücken-Lockdown. Ich weiß nicht, ob er sich die Zahlen angeschaut hat 35:30

(Fortsetzung folgt)

Außerdem unbedingt lesen:

Philosoph Nida-Rümelin plädiert für Öffnung von Kultureinrichtungen Hier

Prof. Michael Meyer-Hermann, Physiker MMH
Der Systemimmunologe vom Braunschweiger Helmholtz Zentrum erstellt Risikoeinschätzungen zum Verlauf von Epidemien. Er analysiert das Corona-Infektionsgeschehen in Deutschland.

sehr überzeugend!

siehe Lanz 29. April 2021 HIER ab 4:13 Bericht über die Situation in Indien / ab 14:14 MMH zum Indien-Bericht / ab 17:43 Das ist etwas, was wir uns merken sollten: (…) in England hat man’s gesehen, in Irland, in Portugal…, in dem Moment, wo man diesem Virus Raum gibt, breitet es sich aus, und es kümmert sich überhaupt nicht darum, was für Verluste dabei entstehen. Und das ist ne Sache, die wir uns merken sollten, wenn wir hier der Meinung sind, dass wir hier hohe Inzidenzen tolerieren können. (18:12)

18:50 … es ist noch schlimmer. Ich hatte ja gehofft, nachdem ich gesagt habe, dass man schon reagiert, und nicht erst, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Wir haben ja eigentlich viele Chancen: wir habe jetzt die Impfung, die wirkt, die wirkt sich auch epidemiologisch langsam aus, im Mai wird man das auch merken, jede Impfung ist auch eine Reduktion der Reproduktionszahl, also ein Hoffnungsschimmer, wir haben ja Möglichkeiten, die Situation besser in den Griff zu kriegen, und das Wetter wird besser, – nicht gerade heute -, aber grundsätzlich wird es wärmer, wir haben also auch da die Möglichkeit, dass eventuell die Reproduktionszahl etwas runtergeht, aber wir machen einen grudnsätzlichen Fehler, und der spiegelt sich eigentlich auch in dem neuen Gesetz: (…) dass wir jede Hilfe, die von außen, also Impfung dazukommt, ausgleichen und zunichte machen, indem wir denken, dass wir dann mit Öffnung das ganze wieder zu null machen. Also wir öffnen in dem Moment, wo die Impfung anfängt zu wirken. Und wir öffnen in dem Moment, — also das ist eigentlich ne Chance, weil – wir haben ja durch die Impfung die Chance, die Zahlen runterzubekommen. Das wäre eine zusätzliche Möglichkeit, mit der man erreichen könnte, niedrige Inzidenzen zu bekommen. Und was wir machen, ist, wir öffnen, damit einfach nichts passiert und die Inzidenzen gleich bleiben. Und das ist die grundsätzliche Strategie, die auch in dem Gesetz drinsteckt. In dem Gesetz, das ist ja ne Notbremse, genau das, keine Lösung (ML es klingt eher nach Verzweiflungstat), was passiert denn jetzt? Es passiert, dass wir die Fallzahlen kontrollieren, durch irgendwelche Kontakbeschränkungen, dann geht sie unter 100, dann machen wir auf, dann gehen sie wieder über 100, – immer ein bisschen verzögert, weil – es gibt ja diese Zwei-Wochen-Frist, dann gehen sie wieder rauf, dann machen wir wieder ein bisschen mehr Druck, dann gehen sie wieder runter, so – Yoyo – dieses berühmte Wort -, und das kostet die Gesellschaft unglaublich viel. 20:50 In jeder Hinsicht, wirtschaftlich, bildungstechnisch, psychosozial, auf allen Ebenen verlieren wir mit dieser Taktik, die das in die Länge zieht, und zwar auf Ewigkeit. Wir können das natürlich in Ewigkeit auf 100 lassen, aber das ist ja keine Lösung dieses Problems. Und wenn man jetzt mal einen Moment lang daran denkt, wo wir noch vor ein paar Wochen noch waren, da hatten wir eine Inzidenz von 35 als Schwellenwert, und was würde das jetzt kosten, wenn wir bei 35 die 35 jetzt halten anstatt der 100, wirtschaftlich, bildungstechnisch, psychosozial? exakt das gleiche! Wir haben gar keinen Vorteil durch die 100. Aber es gibt einen massiven Unterschied: wir haben dreimal soviel Tote. Ist das irgendwie sinnvoll? dass wir uns hinsetzen und mit den Maßnahmen, die gleichen Maßnahmen den gleichen gesellschaftlichen Schaden erzeugen, bei 100 und bei 35, und dreimal soviel Tote in Kauf nehmen? Warum machen wir das? Ich versteh es nicht. Ich komm nicht dahinter 21:52 Und es gäbe eine ganz einfache Lösung. Der Schwellenwert, das wäre die Krankheit. Der Schwellenwert ist einfach nicht der Wert, wie wir mit den Zahlen runterkommen. Wir müssten ein anderes Kriterium haben. Anstatt zu sagen, bei 100 machen wir wieder auf, bei 35 machen wir wieder auf, – das ist immer die gleiche Sache, wir laufen dann immer mit Reproduktionszahl gleich 1, das Kriterium sollte sein, dass wir in jeder Woche die Fallzahlen, die neuen Fallzahlen, um 20 Prozent senken. Das wäre ein Kriterium! (ML) Wenn Sie weniger als 20 Prozent schaffen, dann muss man eben die Kontaktbeschränkungen machen, und auf diese Weise kommen Sie ganz allmählich runter in den Niedrig-Inzidenz-Bereich. Das habe ich aber auch allen gesagt. 22:41

Singdrossel (Notiz)

Foto: Jan Piecha

Heute, 25.02.21, auch bei uns im Areal ringsum, zum ersten Mal dieses Jahr.

Oder ist es keine? Eine sehr schöne Aufnahme von Lars Lachmann: HIER  https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/voegel/portraets/singdrossel/

„Unsere“ singt (schreit) einfacher. Ist es überhaupt eine? Bzw. ein Singdrosselmann? Ich warte ja auch auf die Wiederkehr des Gelbspötters, dessen ich mir auch nicht so sicher war, mit seinem undurchschaubaren, aufgeregten Haspel-Gesang.

Eine gute Sammlung von Singdrosseln in Bild und Ton findet man HIER

Bei Wikipedia gibt es eine lange (und „trockene“) Tonaufnahme, direkt: hier.

Oder zuerst eine bunte Folge verschiedener Singvögel zum Üben und Freuen? hier !

Hierher! Hier sollen sie leben!

 

Unfassbar hässlich

Aber: wie genial ist eigentlich ein Nacktmull?

Was lehrt er uns?

Screenshot eines Artikels, den Sie hier finden. Da gibt es nichts zu befürchten, im Gegenteil. (Bild: picture-alliance/Zentralbild/Wolfgang Thieme)

Mehr über das süße Tierchen bei Wikipedia: hier. Darin der interessante Satz:

Zur Verständigung untereinander benutzen die Tiere bis zu 18 verschiedene Laute, die teilweise an Vogelzwitschern erinnern.

Und auch dieser:

Aufgrund seiner von vielen Menschen subjektiv empfundenen Hässlichkeit hat der Nacktmull auch schon Eingang in die Populärkultur gefunden.

Ich gebe den Satz wieder – auch wegen des darin enthaltenen Links zum Begriff der Hässlichkeit, der mich schon mehrfach angezogen hat: etwa hier oder auch hier.

Und jetzt ist der rechte Augenblick gekommen zu verraten, wie ich überhaupt auf den Nacktmulch und seine besondere Begabung komme, es ist nicht die Suche nach dem Hässlichen schlechthin: schuld ist wieder mal ein schöner Artikel aus dem Ressort Naturwissenschaft der Süddeutschen Zeitung; die Sachen faszinieren mich oft mehr als die Musikthemen, was an den Autor*innen liegen mag. In diesem Fall wieder Tina Baier, und ihr aktueller Beitrag ist neben vielen anderen hier nachzulesen. Einige Sätze habe ich von dort kopiert und zitiert. (Aber die echte Zeitung aus Papier habe ich für bares Geld erworben, der Beweis folgt auf dem Fuße.)

ZITAT

Kleine Nacktmulle lernen den spezifischen Dialekt ihrer Kolonie wahrscheinlich, indem sie den erwachsenen Tieren zuhören und ihre Laute nachahmen. Das lässt unter anderem ein Experiment vermuten, bei dem die Wissenschaftler zwei Nacktmull-Zwillinge, deren Mutter gestorben war, aus ihrer ursprünglichen Kolonie entfernten und in jeweils eine andere setzten. Innerhalb weniger Monate hatten beide den Dialekt ihrer neuen Kolonie gelernt. Allerdings nicht ganz akzentfrei, was nach Ansicht der Wissenschaftler daran liegen könnte, dass sie zu Beginn ihres Lebens zunächst angefangen hatten, einen anderen Dialekt zu lernen.

Anders als bei den meisten anderen Säugetieren sind die Lautäußerungen von Nacktmullen also nicht genetisch festgelegt, sondern hoch variabel. Diese Erkenntnis stützt die Theorie, wonach es einen Zusammenhang zwischen einem Leben in einer komplexen Gemeinschaft und der Entstehung einer ausgeklügelten Sprache gibt. Das gilt nicht nur für Nacktmulle, sondern wäre auch eine Erklärung für die Entstehung der komplexen Sprache des Menschen.

Quelle Süddeutsche Zeitung 1. Februar 2021 Seite 13

Liebe Leserinnen und Leser, wenn ich eins im Leben gelernt habe, dann dies: dass man mit Ambivalenzen leben lernen muss. Fanden Sie den kleinen Nacktmull tatsächlich süß oder haben Sie mir die Wortwahl übel genommen? Bitte bleiben Sie nicht bei diesem Eindruck stehen, ich verdiene jede Aufmerksamkeit. Und für mich selbst war es erfreulich, unter dem Link zum Wort „Hässlichkeit“ einer alten Bekannten wiederzubegegnen. Ich erinnerte mich an die schöne Zeit, als ich mich in Südtirol mit der einschlägigen Kunstgeschichte befasste (siehe hier http://s128739886.online.de/st-katharina) und den Namen Maultasch, der mir dort schon öfter vorgekommen war, sinnreich ikonographisch hergeleitet sah, so dass ich mir eine naseweise schriftliche Bemerkung nicht verkneifen konnte. Auch der bekannte Name „Kusstatscher“ kam mir in den Sinn. Alles im Bereich der Normalität. „Aber, Herrschaften, es kommt immer auf den Zusammenhang an,“ sagte einst mein Deutschlehrer, „man nennt das Kontextualität.“ Er ahnte nicht, dass im Kontext „hässlich“ ein Nacktmull abgebildet sein könnte. Dies ist die Wahrheit einer seriösen Kunstgeschichte:

Quelle Walter Pippke, Ida Leinberger: Südtirol / Landschaft und Kunst einer Gebirgsregion unter dem Einfluss nord- und südeuropäischer Traditionen  / DUMONT KUNST Reiseführer / Ostfildern 3., aktualisierte Auflage 2006

Handelt es sich denn wirklich um ein Portrait und nicht um eine Satire? Darf man sich über solche armen Menschen lustig machen? Dürfen verdiente Politiker*innen karikiert werden? Natürlich, natürlich, sagt jeder, die Satire darf alles. Aber wie kann man die Wahrheit der Darstellung oder die Bosheit der Satire nachprüfen, wenn Jahrhunderte vergangen sind?

Bei Wikipedia lese ich die folgende Bildlegende:

Die hässliche Herzogin (Gemälde von Massys 1525) Quentin Massys National Gallery, London Es wurde wahrscheinlich gedacht, um alte Frauen zu persiflieren, die fälschlicherweise versuchen ihre Jugend wieder zu beleben, und nicht als Porträt einer bestimmten Person. Gegenstück zu Portrait of an old man, by Quinten Matsys

Es gibt auch die Möglichkeit, das Paradox der Hässlichkeit zu verinnerlichen, siehe hier.

Daher beende ich diesen Blogbeitrag, der an sich ein naturwissenschaftliches Phänomen zum Aspekt „Lautäußerungen“ betraf, mit einer speziellen Ausformung der Menschengestalt. Auch Leonardo hat sich mit solchen Prägungen befasst, für meinen Geschmack ist selbst seine „Mona Lisa“ kein Muster der Schönheit. Und lächelt sie nicht ein bisschen süffisant? Da sieht man doch die aufrechte Fürstin Maultasch mit anderen Augen.

Bauernhof und Realismus

Eindrucksvolle Jahreszeiten-Serie auf ARTE !

Zum Nacherleben bis 12. März 2021. Man müsste Landwirte fragen, inwiefern diese Filme romantisiert sind? (Und ihnen auch wieder nicht alles glauben… Irgendwo wird erwähnt, dass es sich hier um einen Bio-Hof handelt). Wie hoch ist der Wahrheitsgehalt? Oder: etwa so wie bei Förster Wohlleben? In meiner Kindheit habe ich Hans-Hass-Filme gesehen und war sehr enttäuscht, als ich erfuhr, dass seine Abenteuer im Meer „frisiert“ waren. Das wirkte nach. Aber das war eine andere Zeit, die Fotografie heute ist so leistungsfähig, dass das bloße SEHEN zum Ereignis wird. Zumal das, was mich in diesen Filmen so anspricht, nicht gestellt sein kann, auch nicht hineingedeutet oder trickreich kompiliert. Beispiel: Wie Hühner einander beobachten. In einem Schweizer Radio-Essay (DRS) habe ich einmal einen Beitrag über die akustische Kommunikation der Hühner gehört und sie zugleich vorm Fenster gehört (in Ftan/Unterengadin). Sie sind klüger als man denkt. Einmalig: der Doppel-Balzflug der Milane. Nachzuprüfen wäre, ob die Kühe im Stall tatsächlich interessiert auf Musik reagieren (Zauberflöte), so dass mit Fug auf ihr Hörvermögen verwiesen werden kann. Weil diese neudierigen Tiere sich im Stall langweilen. Wie sie „begeistert“ mit Strohballen spielen. Die Filme werden zwar im Märchenton kommentiert (fürs Betrachten mit Kindern geeignet!), in der Wortwahl zuweilen anglisierend „angepasst“, andererseits wunderbar ruhig, am Detail interessiert, verweilend, die Fäden werden geknüpft und weiterverfolgt. Das olfaktorische Interesse der Schweine an den Stiefeln des Bauern. Der Bauer selbst (oder auch die Menschen) ganz selten im Bild, uneitel, man sieht alles aus dem Blickwinkel der Tiere. Selbst die Musik möchte ich loben, weil sie nicht nach Computer klingt und mit großer Sorgfalt motivisch und akustisch angepasst ist. Keine Karl-May-Effekte. Nicht so wie die schlimmen „Deutschland von oben“-Präsentationen.

Ich werde noch alle Verantwortlichen aus dem Nachspann notieren. Über den Regisseur Mike Nicholls (mit 2 L!) habe ich noch nichts Triftiges gefunden. Welche Naturwissenschaftler sind beteiligt?

HIER Das verborgene Leben der Bauernhoftiere Frühling – Erste Gehversuche

Pressetext:

Mit dem Frühling kehrt das Leben zurück auf den Bauernhof: Schneeglöckchen, zartgrüne Eichenknospen und Kirschblüten künden vom Neubeginn der Natur. Und sowohl die Tiere auf dem Hof als auch die Wildtiere in der Umgebung spüren den nahenden Frühling. Nach dem Winter ist es Zeit sowohl für die Nahrungssuche als auch für die Wahl des Partners.
Mit dem Frühling kehrt das Leben zurück auf den Bauernhof: Schneeglöckchen, zartgrüne Eichenknospen und Kirschblüten künden vom Neubeginn der Natur. Das Schaf Patch hat die Lämmer Larry und Flora zur Welt gebracht, die bereits über die grünen Felder tollen. Die Muttersau Grace sieht zu, wie ein neuer Freier namens Handsome Hugo auf den Hof kommt. Doch der Eber hat nur Augen für eine ihrer Nachbarinnen. Dem Hereford-Kalb Molly fällt es schwer, eine Adoptivmutter zu finden. Wenn das Jungtier, das noch mit der Flasche gefüttert wird, einen Platz in der Herde finden will, muss es von den anderen Tieren akzeptiert werden. In einem Brutstall hat sich Leithenne Sally ein gemütliches Nest gebaut. Allerdings schlüpft nur ein Küken, Little Frankie. Während die Dachse nach dem Einbruch der Nacht unweit des Hofs nach Regenwürmern suchen, veranstalten die Hasen auf den Feldern wahre Boxkämpfe: Weibchen treten gegen Männchen an, um deren Kraft zu beurteilen und so den besten Partner für die Paarungszeit zu finden. Auch am Flussufer ist der Frühling zu spüren: Eine Singdrossel füttert ihre Jungen, und zwischen den Brennnesseln entbrennt ein Streit zwischen männlichen Fasanen. Lola, das British-White-Kalb ist mit ihrer guten Laune für jeden Spaß zu haben. Im Bienenstock erwachen die Bienen aus dem Winterschlaf, um die ersten Blumen anzufliegen. Auf den Feldern wird neue Saat ausgebracht, was den Rotmilan anlockt. Mit den wärmeren Temperaturen erblühen Hunderte Englische Hasenglöckchen auf dem Hof und bedecken das Unterholz mit einem blauen Teppich.

Verfügbar vom 04/01/2021 bis 11/03/2021

HIER Das verborgene Leben der Bauernhoftiere Sommer – Sturm und Drang

HIER Das verborgene Leben der Bauernhoftiere Herbst – Der Wind dreht sich

HIER Das verborgene Leben der Bauernhoftiere Winter – Im Schutz des Stalls

Pressetext:

Ein eiskalter Wind fegt über den Bauernhof. Eine neue Apparatur versüßt den Kühen den Rückzug in den Stall: Eine rotierende Viehbürste massiert die Tiere. Als der erste Schnee fällt, wird ihnen Mozarts „Zauberflöte“ vorgespielt. Wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge hat klassische Musik einen beruhigenden Effekt auf Kühe.
Während sich die Tiere auf den Winter vorbereiten, fegt ein eiskalter Wind über den Bauernhof. Die Tiere der Wildnis zehren von den letzten Ressourcen des Herbstes, bevor die kältesten und unfruchtbarsten Monate des Jahres hereinbrechen. In der Scheune weckt eine Apparatur die Neugier der Kühe: eine rotierende Viehbürste. Dank ihrer genetisch veranlagten Neugierde lernen die Kühe schnell, das Gerät für eine wohlverdiente Massage zu nutzen. Als der erste Schnee fällt, wird den Stalltieren Mozarts „Zauberflöte“ vorgespielt. Wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge hat klassische Musik einen beruhigenden Effekt auf Kühe. Als das Thermometer fällt, verwandelt ein Schneesturm den Bauernhof in einen Eispalast, und jedes Tier hat seine eigene Methode, um in der Kälte zu überleben. In der Wärme des Stalls wachsen die neun Milchferkel schnell heran und erkunden ihre Umgebung. Bei den Schafen naht die Paarungszeit. Der Bock Roger kann sich zwar in Auseinandersetzungen gut behaupten, ist aber gegenüber weiblichen Tieren weniger selbstsicher. Als seltene Futterquelle in dieser Jahreszeit sind die beackerten Felder ein Glücksfall für die Wildvögel, besonders für jene, die Tausende von Kilometern gezogen sind, um der Kälte zu entfliehen. Im Hühnerstall erklimmt Little Frankie die Stufen der Hackordnung. Bei den Schafen bekommt Patch eine Ultraschalluntersuchung, die ihr Leben verändern wird. Während der Winter zu Ende geht und der Schnee schmilzt, werden immer mehr Anzeichen für einen Neubeginn sichtbar: Die Paarungszeit der Rotmilane und Amphibien kündet vom bevorstehenden Frühling.

Verfügbar vom 05/01/2021 bis 12/03/2021

Regie: Mike Nicholls / Land: Großbritannien / Jahr: 2020
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