Archiv der Kategorie: Natur

Kant und Swedenborg

Die unzulänglichen Vorarbeiten zu einem tiefer sitzenden Problem

Die hier vorangestellten Bemerkungen bzw. Blog-Links (Rückblenden in eigener Sache) können leicht übersprungen werden, da sie in der Hauptsache nur für mich Bedeutung haben, nicht so sehr für andere Individuen, die eine andere biographische Entwicklung hinter sich haben. Zumal  für sie heute (anders als in meinen bildungstechnisch wichtigen Jahren) per Internet unzählige Anregungen leicht auffindbar sind, während ich – als Musikstudent – auf die Neuerscheinungen im Angebot von „Siegert am Dom“ oder im Untergeschoss von Bücher-Ludwig im Kölner Hauptbahnhof angewiesen war. Unten nur zwei Beispiele (1961 und 1964). Abgesehen von der Lektüre, die Indien (Aurobindo), Ostasien (Zen) betraf, oder C.G.Jung und Freud. Oder Musik. Damals las ich auch zum ersten Mal (in) Kants „Träume eines Geistersehers“, nicht ohne Enttäuschung: ich begriff nicht, dass er partout nicht verriet, ob ja, ob nein, wahr oder falsch, sondern dass er (lange vor den Kritiken) auf die Erkenntnisgrundlagen ging und weit über Swedenborg hinaus die ganze Metaphysik in Frage stellte.

Aus: http://www.janreichow.de/txt_aesthetik.htm hier Nr. 38 [über Erfahrung]

Es wird berichtet, daß der greise Joseph Haydn, als er der ersten Aufführung seiner „Schöpfung“ lauschte, beim strahlenden C-dur-Klang der Stelle „Es werde Licht“ in Ohnmacht fiel.
Als er den Klang einst niederschrieb, hat niemand den Komponisten ohnmächtig gesehen, und auch beim stummen Lesen der Partitur ist ihm nichts widerfahren.

Energie!

Anlässlich des Wasserbuches von Leonardo

Etwas zum Denken

Zu einigen gebliebenen Fragen:

Welche historischen Veränderungen hat die Unterscheidung von Traum und Wachen seit der Neuzeit durchlaufen? Wie geht die Herrschaft der Vernunft um mit ihrer Angst vor der Auslieferung an innere Hirngespinste? 6

*    *    *

Bei seiner intensiven Swedenborg-Lektüre in den Jahren 1864-66, in der das Programm der kritischen Philosophie entsteht, bemerkt Kant offensichtlich eine unheimliche Nähe zu einem populären Phänomen: “Das 18. Jahrhundert ist erfüllt von Phantasten, Geistersehern, Wundermännern, Heiligen, Mystikern und Narren und wahren Begegnungen von Schwärmern, Fanatikern, Heilssuchenden, die ihnen folgen.“ 14

*    *    *

Wer wollte entscheiden, was ein solches erkennendes Sehen, was bloße Phantasterei und was eine gültige Erfahrung sei? Ist der Glaube daran nur ein Beleg des Nicht-Wissens? Kann überhaupt für den Menschen eine Realität bestehen, die sich sprachlich nicht oder nicht zutreffend beschreiben lässt? 16

*    *    *

Diese Fragen beziehen sich inhaltlich auf die folgende wissenschaftliche Arbeit (2012):

https://journals.openedition.org/ceg/11927?lang=en hier “Spekulation aus lauter Luft”: Kants Polemik wider die schlafende Vernunft

hier (die Autorin) https://www.kuwi.europa-uni.de/de/dekanat/team/prodekan_in/Allerkamp/index.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Emanuel_Swedenborg hier

Am 19. Juli 1759 soll er von Göteborg aus den 400 Kilometer entfernt stattfindenden Stadtbrand seiner Heimatstadt Stockholm beschrieben haben, um damit zu beweisen, dass er über hellseherische Fähigkeiten verfüge. Laut dem Swedenborg-Biografen Lars Bergquist sei dies jedoch erst am 29. Juli, zehn Tage nach dem Brand, geschehen.

https://meiner.de/philosophische-bibliothek/k/kant/traume-eines-geistersehers-erlautert-durch-traume-der-metaphysik.html  hier:

Die 1766 erschienenen »Träume eines Geistersehers« nehmen eine Schlüsselstellung in Kants Werk ein. Anlässlich der Auseinandersetzung mit der Geisterseherei Emmanuel Swedenborgs prüft Kant die Erkenntnisansprüche der rationalen Psychologie und weist sie als haltlos zurück. Diese Kritik weitet sich zu einer Ablehnung der gesamten herkömmlichen Metaphysik aus, deren Scheitern Kant zum Anlass nimmt, nach der angemessenen Methode in der Philosophie zu fragen. Als solche empfiehlt er die Hinwendung zu erfahrungswissenschaftlichen Verfahren. Damit hat Kant bereits wesentliche Momente seiner späteren Vernunftkritik erarbeitet. Aber auch die praktische Philosophie profitiert von der im Geist des Skeptizismus und im Tonfall ironisch­sarkastischer Redeweise durchgeführten Untersuchung. Es zeigt sich, dass die Grundzüge von Kants Moralphilosophie bereits 1766 gefunden sind. Kants Abhandlung bedeutet somit in mehrfacher Hinsicht das Ende seiner vorkritischen Phase und markiert die eigentliche Geburtsstunde des Kritizismus. Die Ausgabe präsentiert Kants Text erstmals in historisch-kritischer Gestalt und mit deutschen Übersetzungen der Stellen aus den »Arcana Coelestia« Swedenborgs, auf die sich Kant bezieht. Die umfänglichen Erläuterungen decken die Anknüpfungen an die zeitgenössische Philosophie auf und stellen die Verbindung der Abhandlung mit Kants vorkritischen wie kritischen Werken her.

ZITAT aus Kants Geisterseher-Schrift (farbige oder fette Hervorhebungen immer: JR)

Die Fragen von der geistigen Natur, von der Freiheit und Vorherbestimmung, dem künftigen Zustande u.d.g. bringen anfänglich alle Kräfte des Verstandes in Bewegung und ziehen den Menschen durch ihre Vortrefflichkeit in den Wetteifer der Spekulation, welche ohne Unterschied klügelt und entscheidet, lehret oder widerlegt, wie es die Scheineinsicht jedesmal mit sich bringt. Wenn diese Nachforschung aber in Philosophie ausschlägt, die über ihr eigen Verfahren urteilt, und die nicht die Gegenstände allein, sondern deren Verhältnis zu dem Verstande des Menschen kennt, so ziehen sich die Grenzen enger zusammen, und die Marksteine werden gelegt, welche die Nachforschung aus ihrem eigentümlichen Bezirke niemals mehr ausschweifen lassen. Wir haben einige Philosophie nötig gehabt, um die Schwierigkeiten zu kennen, welche einen Begriff umgeben, den man gemeiniglich als sehr bequem und alltägig behandelt. Etwas mehr Philosophie entfernet dieses Schattenbild der Einsicht noch mehr und überzeugt uns, daß es gänzlich außer dem Gesichtskreise der Menschen liege. Denn in den Verhältnissen der Ursache und Wirkung, der Substanz und der Handlung dient anfänglich die Philosophie dazu, die verwickelte Erscheinungen aufzulösen und solche auf einfachere Vorstellungen zu bringen.

Ist man aber endlich zu den Grundverhältnissen gelangt, so hat das Geschäfte der Philosophie ein Ende, und wie etwas könne eine Ursache sein oder eine Kraft haben, ist unmöglich jemals durch Vernunft einzusehen, sondern diese Verhältnisse müssen lediglich aus der Erfahrung genommen werden. Denn unsere Vernunftregel gehet nur auf die Vergleichung nach der Identität und dem Widerspruche. [Siehe Satz vom zureichenden Grunde hier] Soferne aber etwas eine Ursache ist, so wird durch Etwas etwas Anders gesetzt, und es ist also kein Zusammenhang vermöge der Einstimmung anzutreffen; wie denn auch, wenn ich ebendasselbe nicht als eine Ursache ansehen will, niemals ein Widerspruch entspringt, weil es sich nicht contradicieret, wenn etwas gesetzt ist, etwas anderes aufzuheben.

Daher die Grundbegriffe der Dinge als Ursachen, die der Kräfte und Handlungen, wenn sie nicht aus der Erfahrung hergenommen sind, gänzlich willkürlich sind und weder bewiesen noch widerlegt werden können. Ich weiß wohl, daß das Denken und Wollen meinen Körper bewege, aber ich kann diese Erscheinung als eine einfache Erfahrung niemals durch Zergliederung auf eine andere bringen und sie daher wohl erkennen, aber nicht einsehen. Daß mein Wille meinen Arm bewegt, ist mir nicht verständlicher, als wenn jemand sagte, daß derselbe auch den Mond in seinem Kreise zurückhalten könnte; der Unterschied ist nur dieser, daß ich jenes erfahre, dieses aber niemals in meine Sinne gekommen ist. Ich erkenne in mir Veränderungen als in einem Subjekte, was lebt, nämlich Gedanken, Willkür etc. etc., und weil diese Bestimmungen von anderer Art sind als alles, was zusammengenommen meinen Begriff vom Körper macht, so denke ich mir billigermaßen ein unkörperliches und beharrliches Wesen. Ob dieses auch ohne Verbindung mit dem Körper denken werde, kann vermittelst dieser aus Erfahrung erkannten Natur niemals geschlossen werden. Ich bin mit meiner Art Wesen durch Vermittelung körperlicher Gesetze in Verknüpfung, ob ich aber auch sonst nach andern Gesetzen, welche ich pneumatisch nennen will, ohne die Vermittelung der Materie in Verbindung stehe oder jemals stehen werde, kann ich auf keinerlei Weise aus demjenigen schließen, was mir gegeben ist. Alle solche Urteile, wie diejenige von der Art, wie meine Seele den Körper bewegt oder mit andern Wesen ihrer Art jetzt oder künftig in Verhältnis steht, können niemals etwas mehr als Erdichtungen sein und zwar bei weitem nicht einmal von demjenigen Werte als die in der Naturwissenschaft, welche man Hypothesen nennt, bei welchen man keine Grundkräfte ersinnt, sondern diejenige, welche man durch Erfahrung schon kennt, nur auf eine den Erscheinungen angemessene Art verbindet, und deren Möglichkeit sich also jederzeit muß können beweisen lassen; dagegen im ersten Falle selbst neue Fundamentalverhältnisse von Ursache und Wirkung angenommen werden, in welchen man niemals den mindesten Begriff ihrer Möglichkeit haben kann und also nur schöpferisch oder chimärisch, wie man es nennen will, dichtet. Die Begreiflichkeit verschiedener wahren oder angeblichen Erscheinungen aus dergleichen angenommenen Grundideen dienet diesen zu gar keinem Vorteile. Denn man kann leicht von allem Grund angeben, wenn man berechtigt ist, Tätigkeiten und Wirkungsgesetze zu ersinnen, wie man will.

Wir müssen also warten, bis wir vielleicht in der künftigen Welt durch neue Erfahrungen und Begriffe von denen uns noch verborgenen Kräften in unserm denkenden Selbst werden belehrt werden. So haben uns die Beobachtungen späterer Zeiten, nachdem sie durch Mathematik aufgelöset worden, die Kraft der Anziehung an der Materie offenbaret, von deren Möglichkeit, (weil sie eine Grundkraft zu sein scheint), man sich niemals einigen ferneren Begriff wird machen können. Diejenige, welche, ohne den Beweis aus der Erfahrung in Händen zu haben, vorher sich eine solche Eigenschaft hätten ersinnen wollen, würden als Toren mit Recht verdienet haben, ausgelacht zu werden. Da nun die Vernunftgründe in dergleichen Fällen weder zur Erfindung noch zur Bestätigung der Möglichkeit oder Unmöglichkeit von der mindesten Erheblichkeit sind, so kann man nur den Erfahrungen das Recht der Entscheidung einräumen, so wie ich es auch der Zeit, welche Erfahrung bringt, überlasse, etwas über die gepriesene Heilkräfte des Magnets in Zahnkrankheiten auszumachen, wenn sie ebensoviel Beobachtungen wird vorzeigen können, daß magnetische Stäbe auf Fleisch und Knochen wirken, als wir schon vor uns haben, daß es auf Eisen und Stahl geschehe. Wenn aber gewisse angebliche Erfahrungen sich in kein unter den meisten Menschen einstimmiges Gesetz der Empfindung bringen lassen und also nur eine Regellosigkeit in den Zeugnissen der Sinne beweisen würden, (wie es in der Tat mit den herumgehenden Geistererzählungen bewandt ist), so ist ratsam, sie nur abzubrechen, weil der Mangel der Einstimmung und Gleichförmigkeit alsdenn der historischen Erkenntnis alle Beweiskraft nimmt und sie untauglich macht, als Fundament zu irgendeinem Gesetze der Erfahrung zu dienen, worüber der Verstand urteilen könnte.

So wie man einerseits durch etwas tiefere Nachforschung einsehen lernet, daß die überzeugende und philosophische Einsicht in dem Falle, wovon wir reden, unmöglich sei, so wird man auch andererseits bei einem ruhigen und vorurteilfreien Gemüte gestehen müssen, daß sie entbehrlich und unnötig sei. Die Eitelkeit der Wissenschaft entschuldigt gerne ihre Beschäftigung mit dem Vorwande der Wichtigkeit, und so gibt man auch hier gemeiniglich vor, daß die Vernunfteinsicht von der geistigen Natur der Seele zu der Überzeugung von dem Dasein nach dem Tode, diese aber zum Bewegungsgrunde eines tugendhaften Lebens sehr nötig sei; die müßige Neubegierde aber setzt hinzu, daß die Wahrhaftigkeit der Erscheinungen abgeschiedener Seelen von allem diesen sogar einen Beweis aus der Erfahrung abgeben könne. Allein die wahre Weisheit ist die Begleiterin der Einfalt, und da bei ihr das Herz dem Verstande die Vorschrift gibt, so macht sie gemeiniglich die große Zurüstungen der Gelehrsamkeit entbehrlich, und ihre Zwecke bedürfen nicht solcher Mittel, die nimmermehr in aller Menschen Gewalt sein können.

Der gesamte Originaltext von Kant in der Wiedergabe durch das Projekt Gutenberg HIER

Goethes Briefe 1823 – 1824

Umfeld „Trilogie der Leidenschaft“

Angefangen mit Martin Walsers „Ein liebender Mann“ … zunächst mit Aufmerksamkeit teilgenommen, erst nach der Marienbader Elegie (Goethes echter Text darin) die Geduld verloren und mit den folgenden Briefen an Ulrike (Walsers fingierter Text) endgültig aufgehört. Was  für eine Anmaßung, als derangierter Goethe auftreten zu wollen. Wie unglaubwürdig! – Stattdessen Neu-Bestellung (altes Exemplar verloren gegangen) des Buches „Lotte in Weimar“ von Thomas Mann, mit einem wohl gelungenen „alternativen Goethe“.  Zu wiederholen wäre auch die Lektüre der ebenfalls verschwundenen, aber aus den 50er Jahren erinnerten „Sternstunden der Menschheit“. Noch kopieren: was neuerdings Safranski zur Interpretation der Elegie in seinem Goethe-Buch beigetragen hat.

Gerade dieses gelesen in „Faustkultur“ (über „Lotte in Weimar) hier :

Auch das ist in seinen Grundzügen von Goethe her gedacht; er nämlich, Goethe, holte die Welt ein, vereinnahmte sie, hielt sie besetzt vor dem Prägegrund abstreichender Vergänglichkeit; nur so, im Licht, das gegeben wird und empfangen, war ihm Selbstfindung und Selbstbestätigung möglich. „Am Abglanz haben wir das Leben”, wusste Goethe und wollte bis zuletzt nicht nachgeben und nicht unterliegen. Thomas Mann hat es ihm gleichgetan, er bleibt mit seinem Vorbild auf so vertrautem Fuße, dass er an seiner Seite noch einmal das Spiel zu Würden gebracht hat: Er macht sich den literarischen Spaß, Goethes Lotte in Weimar zu begleiten, eine alte Dame, die, da sie merkwürdig klug geworden ist und mit dem Vergänglichen keine Probleme mehr hat, eine Devise verkünden darf, die ihr wohl gleich von beiden Herren, vom Geheimen Rat Goethe und seinem Bewunderer Mann, eingeflüstert worden sein könnte: „Der Erinnerung zu leben, ist eine Sache des Alters und des Feierabends nach vollbrachtem Tagwerk. In der Jugend damit zu beginnen, das ist der Tod.“

(26.08.23)

  Goethes Sekretär Riemer (die Vorlage)

Thomas Mann (Zitat):

Charlotte Buff-Kestner Dr. Riemer erinnert sich (bei Thomas Mann): „Er war bleich, Schweißtropfen standen auf seiner Stirn, seine Rindsaugen blickten glotzend, und sein offener Mund, dessen sonst bloß maulender Zug dem Ausdruck einer tragischen Maske ähnlicher geworden war, atmete schwer, rasch und hörbar.“

Seite 64: «Die Augen», sagte Dr. Riemer, «die Augen sind mächtig bisweilen». Seine eigenen, glasig vortretenden, zwischen denen ein Kerbzeichen bemühten Grübelns stand, zeigten an, daß er schlecht zugehört und eigene Gedankengänge verfolgt hatte. Sich über das Kopfnicken der Matrone aufzuhalten, wäre ihm übrigens nicht zugekommen, denn wie der die große weiße Hand vom Stockknauf zu seinem Gesicht hob, um irgendein leichtes Jucken an der Nase nach Art des feinen Mannes durch eine zarte Berührung des Ringfingers zu beheben, sah man deutlich an, daß auch diese Hande zitterte.

Lotte in Weimar“  (das Buch)

*    *    *

Wann es für mich begann: seit ich die Aufnahme des „Faust“ mit Gründgens kannte. Danach, im September 1958 Klassenfahrt nach Berlin, großer Buchladen in der Karl-Marx-Allee, Ost-Berlin, Gespräche mit Goethe , „Eckermann“. Ausgabe 1956. Aufbau Verlag

Goethes Gespräche (nach Marienbad 1823)

Zur Marienbader Elegie:

Schon die ersten Strophen musste ich mir vor allem in meine Sprache übersetzen. Wie konnten die frühesten Leser (Zelter, Humboldt, Eckermann) diese fremd verschlungenen Sätze auf Anhieb verstehen?

https://www.deutschlandfunkkultur.de/goethe-im-dritten-fruehling-100.html hier (Jörg Magenau)

https://www.welt.de/kultur/article1740320/Martin-Walser-verhebt-sich-nun-an-Goethe.html hier (Tilman Krause)

Bilder (privat) aus Marienbad hier

Die Nußbäume im Werther:

Die Nussbäume bei Walser:

– – – – – – – – – – s.a. hier bei 2.2.2.

Zur weiteren „Vergegenwärtigungsarbeit“:

http://www.zeno.org/Literatur/M/Goethe,+Johann+Wolfgang/Briefe/1823 hier

http://www.zeno.org/Literatur/M/Goethe,+Johann+Wolfgang/Briefe/1824 hier

Marienbader Elegie – zur Interpretation

https://www.grin.com/document/47839 hier

https://de.wikipedia.org/wiki/Marienbader_Elegie hier

https://www.projekt-gutenberg.org/zweig/sternstu/chap007.html „Sternstunden der Menschheit“ (vorgelesen durch Jürgen Hentsch hier)

https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/159037/1/1871-1622-1-PB.pdf  Ulrike Zeuch:
Goethes Trilogie der Leidenschaft

Wahlverwandtschaften (Lebende Bilder)

Eine vergessene Kunst? Oder bloß ein Spiel?

Wie mein Interesse begann

Schubert und das lebende Bild

Eine andere Beschreibung, die ich durch Zufall in Goethes „Wahlverwandtschaften“ fand und für meine Entdeckung hielt:

Damals gab es doch schon Wikipedia…

https://de.wikipedia.org/wiki/Tableau_vivant hier

Aber wohl noch nicht diese unvergleichliche Website (mit den Erläuterungen zu den lebenden Bildern ab dem Fünften Kapitel):

http://wwwhomes.uni-bielefeld.de/bseiler/Wahlverwandt/kultur.htm HIER

ZITAT aus dieser Arbeit:

Das Titelblatt der Erstausgabe

Die Aufmerksamkeit, die der Roman fand, war groß, das Urteil jedoch keineswegs nur positiv. Von den moralischen Bedenken abgesehen, wurde auch die nicht immer konsequente Erzählweise beanstandet. Wilhelm Grimm schrieb am 22. November 1809 an seinen Bruder: „Ich begreife auch, daß das ganze Verhältnis sehr langsam und sorgfältig mußte entwickelt werden, nur nicht langweilig, wie es mir durchaus ist. Ich erkläre mir es aus der Art der Entstehung des Buchs, weil es durchaus diktiert ist, wo der Faden wohl nicht streng angehalten worden, sondern ganz gemächlich abgehaspelt worden und zuweilen auf die Lehne des Schlafsessels herabgefallen ist.“

Goethe in seinem Arbeitszimmer

Auch wenn Goethe stehend und nicht sitzend diktierte, muss man wohl wirklich die oft umständliche Allgemeinheit der Aussagen auf diese Arbeitsweise zurückführen. Zur Besinnung auf plastische Einzelheiten wird man bei einem vorwärtsdrängenden Diktieren kaum veranlasst.

Zitat-Ende / der Autor:

SEILER Bernd W. Seiler, Januar 2015 hier

Zu Humboldts Kritik: Mir waren bei der Goethelektüre durchaus auch stilistische Schwächen aufgefallen, die sich aus der Praxis des Diktierens ergeben, z.B. die stereotype Verwendung des Wortes „entgegnen“ statt entsprechender Varianten. Andererseits: las er denn das Diktierte nachher nicht mehr durch? –  Mir fiel jedoch das Wort vielleicht nur deshalb auf, weil es heute so viel auffälliger klingt als  „antworten“, das ich nicht moniert hätte.

Ein anderes Thema dieses interessanten Autors:

http://wwwhomes.uni-bielefeld.de/bseiler/Lesmona/ hier

Frühe Bewusstseinsspaltung

Rückblick auf Adornos Nachhilfe

As ich 1955 anfing, ernsthaft philosophische Literatur zu lesen (ich glaube, „Sokrates im Gespräch“ von Romano Guardini), stieß ich bald auf Nietzsche, nicht ahnend, dass er es mir zu leicht machte. Kant, von dem ich ein/zwei Jahre später (für Langeoog) zwei Bände der Dünndruck-Gesamtausgabe aus der Bielefelder Stadtbücherei entlieh, daneben eine voluminöse „Einführung in das Werk“ unbekannter Provenienz. Im Original – einigen naturwissenschaftlichen Schriften – blieb ich stecken. Jedenfalls begegnete mir nicht dort, sondern in Nietzsches „Geburt der Tragödie aus dem Geist der Musik“ zum ersten Mal das Wort „Subjekt-Objekt-Spaltung“; es erschien mir wie die Andeutung höherer Weihen. Ich weiß nicht, ob  mir klar war, dass Nietzsche diesen Begriff von Schopenhauer übernommen hatte, und dass er über diesen Philosophen bereits eine frühe Schrift veröffentlicht hatte. Schumann, Brahms, Wagner (Lohengrin). Laufend Neues in der Musik? 1956 kaufte ich Hindemiths „Unterweisung im Tonsatz“, nachdem ich ihn in der Oetkerhalle persönlich erlebt hatte („Sinfonia serena“), siehe live hier. Mein Vater, der mir immerhin die Harmonielehre von Louis/Thuille erschloss, sah die Sache skeptisch. Er sagte auch: Von Schönberg spricht in 100 Jahren kein Mensch mehr. Ein günstiger Anlass zu weiterer Opposition meinerseits, die zunächst bei Hindemith verweilte.

Beilage aus Hindemiths „Unterweisung“

Drei Jahre später – im Bielefelder Freibad – hatte ich Adornos „Philosophie der Neuen Musik“ (ebenfalls aus der städtischen Bibliothek) zu knacken gesucht, 1960 in Berlin dann ernsthaft (mühevoll – im Café Kranzler) mit einem Stift, der das Unterstreichen in Blau und Rot erlaubte, damals auch noch mit Lineal. Großer Respekt. Irgendwann habe ich gelesen, dass Ludwig Klages ein Buch „Der Geist als Widersacher der Seele“ geschrieben hatte, von dem ich annahm, dass es mir zutiefst entspräche. Weit gefehlt. In solchen Widersprüchen glaubte ich mich einrichten zu können. Die 60er Jahre waren von Adorno gezeichnet, was mich letztlich vor einem Versinken in Mystizimus (Indien) bewahrte. Nach fast allen anderen Werken von ihm erwarb ich 1970 – kurz nach seinem Tode – auch noch das letzte mit dem Titel „Stichworte“, das ich jetzt – im August 2023 – wieder hervorholte, um das zu wiederholen, was ich damals nicht verstanden hatte. Vor allem die Stichworte, die spezifisch philosophischen Themen gewidmet waren. Seite 20 ff hätte schon früh zur Einsicht führen können. Statt meine Zeit mit Merkzetteln zu vergeuden und sie in Bücher über Parapsychologie oder Halbwahrheiten wie „Zen in der Kunst des Bogenschießens“ zu verteilen, die mich von Berlin nach Köln begleiteten.

„dauernd im Transzendentalen“, nur „bestritten von  seichten Empirikern“?

das Gegengift ab Seite 11, 151, 169

Aber jetzt erst, nach 50 Jahren, könnte ich wohl ernsthaft damit anfangen…

Zum Beispiel dort, wo Adorno mit seinen Worten über Subjekt-Objekt-Spaltung spricht. Und diese mit der Schimäre eines zeitlich oder außerzeitlich ursprünglichen Zustands glücklicher Identität von Subjekt und Objekt verbindet (Seite 152), passend zu den Gedanken in „Vernunft und Offenbarung“ (Seite 20). Ich zitiere den Passus (Seite 152 f) ausdrücklich, Verständnishilfen interpolierend, weil ich immer mal wieder in die Falle getappt bin, ein vages All-Einheitsgefühl – wie im Zustand einsetzender Trunkenheit – für eine Verheißung mystischen Glücks zu halten.

Das Bild eines zeitlich oder außerzeitlich ursprünglichen Zustands glücklicher Identität von Subjekt und Objekt aber ist romantisch [„romantisch“ als Epoche]; zuzeiten [eben: zu Eichendorffs Zeiten] Projektion der Sehnsucht, heute nur noch Lüge. Ungeschiedenheit, ehe das Subjekt sich bildete, war der Schrecken des blinden Naturzusammenhangs, der Mythos; die großen Religionen hatten ihren Wahrheitsgehalt im Einspruch dagegen.

Übrigens ist Ungeschiedenheit nicht Einheit; diese erfordert, schon der Platonischen Dialektik zufolge [die Kunst der logischen Unterteilung siehe hier],Verschiedenes, dessen Einheit sie ist. Das neue Grauen, das der Trennung, verklärt [!] denen, die es erleben, das alte, das Chaos, und beides ist das Immergleiche. Vergessen wir über der Angst vor der gähnenden Sinnlosigkeit die einst nicht geringere vor den rachsüchtigen Göttern, welche der epikureische Materialismus und das christliche Fürchtet euch nichtvon den Menschen nehmen wollte. Anders nicht als durch das Subjekt ist das vollziebar. [An dieser Stelle wird Adornos Text durch Abbreviatur unnötig schwierig, enthält vielleicht sogar einen Druckfehler:] Würde es liquidiert, anstatt in einer höheren Gestalt aufgehoben, so bewirkte das [eine] Regression des Bewußtseins nicht bloß [allgemein als „Regression“] sondern eine [Reduktion] auf reale Barbarei. Schicksal, [das] die Naturverfallenheit der Mythen [kennzeichnet], stammt aus totaler gesellschaftlicher Unmündigkeit, einem Zeitalter, darin Selbstbesinnung noch nicht die Augen aufschlug, Subjekt noch nicht war [einem Zeitalter, in dem von „Subjekt“ noch niemand hätte reden können]. Anstatt jenes Zeitalter durch kollektive Praxis zur Wiederkehr zu beschwören, wäre der Bann des alten Ungeschiedenen zu tilgen. Seine Verlängerung ist das Identitätsbewußtsein des Geistes, der repressiv sein Anderes sich gleichmacht.

Es ist eine Adorno-Stelle, in deren Verlauf er unnötig feierlich, geradezu biblisch wird. An Gottfried Benn gemahnend. ( „Verlorenes Ich“ oder „Astern“ ). Ansonsten bedeuten die roten Eintragungen keine Beckmesserei, sondern eigene Verständnisbrücken.

Man kann den Gedankengang der 12 Abschnitte des Artikels „Zu Subjekt und Objekt“ rekapitulieren, indem man nach der Lektüre nur die jeweils ersten Zeilen als Markzeichen memoriert:

1 Mit Erwägungen über Subjekt und Objekt einzusetzen, bereitet die Schwierigkeit anzugeben, worüber eigentlich geredet werden soll.

2 Die Trennung von Subjekt und Objekt ist real und Schein.

3 In der Erkenntnistheorie wird unter Subjekt meist soviel wie Transzendentalsubjekt verstanden.

4 Durch die Einsicht in den Vorrang des Objekts wird nicht die alte intentio recta restauriert, das hörige Vertrauen auf die so seiende Außenwelt (…)

5 Vom Vorrang des Objektes ist legitim zu reden nur, wenn jener Vorrang, gegenüber dem Subjekt im weitesten Verstande, irgend bestimmbar ist, mehr also denn das Kantische Ding an sich als unbekannte Ursache der Erscheinung.

6 Was unter dem Namen Phänomenalismus geht: daß von nichts gewußt werde, es sei den durchs erkennenden Subjekt hindurch, das verband sich seit der Kopernikanischen Wendung mit dem Kultus des Geistes. Beides wird von der Einsicht in den Vorrang des Objekts aus den Angeln gehoben.

7 Identitätsdenken, Deckbild der herrschenden Dichotomie, gebärdet sich im Zeitalter subjektiver Ohnmacht nicht länger als Verabsolutierung des Subjekts. (…) Es ist die gegenwärtig charakteristische Form verdinglichten Bewußtseins, falsch wegen seines latenten und desto verhängnisvolleren  Subjektivismus.

8 Auch nach der zweiten Reflexion der Kopernikanischen Wendung behält Kants anfechtbarstes Theorem, die Distinktion von tranzendentem Ding an sich und konstituiertem Gegenstand, einige Wahrheit.

9 Ebensowenig allerdings ›gibt‹ es eigentlich Subjekt. Dessen Hypostasis im Idealismus führt auf Ungereimtheiten.

10 Die Differenz von Subjekt und Objekt schneidet sowohl durch Subjekt wie durch Objekt hindurch. (…) An Subjekt läßt eigentlich alles dem Objekt sich zurechnen: was daran nicht Objekt ist, sprengt semantisch das »Ist«.

11 Objekt ist, wenngleich abgeschwächt, auch nicht ohne Subjekt. Fehlte Subjekt als Momentan an Objekt selber, so würde dessen Objektivität zum Nonsens.

12 Die Reflexion des Subjekts auf seinen eigenen Formalismus ist die auf Gesellschaft, mit der Paradoxie, daß, gemäß der Intention des späten Durkheim, die konstitutiven Formanten gesellschaftlich entsprungen sind.

*    *    *

Nochmal von vorn: was ist denn daran falsch, wenn ich – wie Descartes bzw. nach seinem Vorbild – anfange mit dem „Cogito ergo sum“ – „Ich denke, also bin ich“ ? Da habe ich doch – besonders in der deutschen Übersetzung – den Angelpunkt des Denkens oder sagen wir: der Weltbetrachtung: „ich“.

Leider hat sich aber inzwischen die Philosophie vollkommen auf dieses denkende Ich (das eigene Erkenntnisvermögen) konzentriert, und dabei ist es sehr fragwürdig geworden. Anders als in meiner Jugend hilft einem heute Wikipedia auf den rechten Denkweg. Zitat:

Mit der Reflexion auf das eigene Erkenntnisvermögen erfolgte in der Neuzeit ein Bedeutungswandel. Der Begriff des Subjekts wurde nun eingeschränkt auf das erkennende Ich. Es entstand die Vorstellung eines Dualismus von einer (geistigen) Innenwelt und einer (materiellen) Außenwelt. Seitdem versteht man in der Philosophie unter Subjekt den menschlichen Geist, die Seele, das seiner selbst gewisse und sich selbst bestimmende Ich-Bewusstsein. Daraus ergibt sich allerdings ein philosophisches Problem, denn die Welt erscheint einem Subjekt nicht mehr zwangsläufig so, „wie sie wirklich ist“, vielmehr wird nunmehr alles Wahrgenommene subjektiv, indem es vom Erkenntnisapparat des Subjekts zurechtgeschnitten wird (Subjekt-Objekt-Spaltung). Indem es sich auf die Dinge in der Welt richtet, ist das Subjekt Träger sogenannter intentionaler Akte. Die intentionalen Gegenstände der Erkenntnis werden dann im Denken repräsentiert und als Objekte bezeichnet.

Nachzulesen im Wikipedia-Artikel „Subjekt“: im Zitat habe ich die Links eliminiert, in der Hoffnung, dass wir zunächst einmal den Denkfluss nicht durch Einschübe und weiteres Nachlesen unterbrechen müssen. Man kann es natürlich in einem zweiten Durchgang nachholen oder erweitern: also hier.

*    *    *

Was macht Adorno etwas schwierig zu lesen? Ein Beispiel aus „Vernunft und Offenbarung“ (Stichworte Abschnitt 3 , Seite 12 f), wo er beginnt mit: „Das Opfer der Intellekts, das einmal, bei Pascal und Kiekegaard, vom fortgeschrittensten Bewußtsein (….ich kürze) gebracht war, ist mittlerweise sozialisiert, und wer es bringt (das Opfer, – heute zu bringen vorgibt), ist dabei unbeschwert von Furcht und Zittern : keiner hätte mehr mit Empörung darauf reagieren können als Kiekegaard selbst.

JR „Furcht und Zittern“ ist natürlich eine Anspielung auf ein Werk dieses Titels von Kierkegaard, die Worte sind also eine nur für Kenner wahrnehmbare Anspielung. Nachzuvollziehen heute z.B. hier. Oder hier: „Kierkegaard bekräftigt in dieser Schrift, dass der Mensch, indem er aus der ethischen Sphäre heraus- und in die religiöse Sphäre eintritt, als der Einzelne höher steht als das Allgemeine, also das Ethische, und nur noch Gott Gehorsam schuldet. Ausdrücklich wird daher Abrahams Absicht gutgeheißen, Isaak auf Gottes Befehl hin zu opfern, auch wenn sich Abraham damit über die Ethik hinwegsetzt. Gleichzeitig wird ausgeführt, dass kraft des Glaubens alles möglich ist.“

Bei Adorno geht es weiter, an die Formulierung „ist mittlerweile sozialisiert“ anknüpfend, mit den Worten „Anpassung in der verwalteten Welt“:

Zitat (Adorno a.a.O.)

Weil zuviel Denken, unbeirrbare Autonomie (Akk.:) die Anpassung in der verwalteten Welt erschwert und Leiden bereitet, projizieren Ungezählte dies ihr gesellschaftlich diktiertes Leiden auf die Vernunft als solche.

Sie soll es sein, die Leiden und Unheil über die Welt gebracht hat. Die Dialektik der Aufklärung, die in der Tat den Preis des Fortschritts, all das Verderben mitbenennen muß, das Rationalität als fortschreitende Naturbeherrschung bereitet, wird gewissermaßen zu früh abgebrochen (…).

JR: Vorausgesetzt natürlich, man kennt das Buch „Dialektik der Aufklärung“, siehe zumindest hier. [Lesepause]

1971

[und Fortsetzung des zuletzt zitierten Satzes:]

… zu früh abgebrochen, nach dem Modell eines Zustands, dessen blinde Geschlossenheit den Ausweg zu versperren scheint.

Krampfhaft, willentlich wird verkannt, daß das Zuviel an Rationalität,

über das zumal die Bildungsschicht klagt und das sie in Begriffen wie Mechanisierung, Atomisierung, gern auch Vermassung registriert,

ein Zuwenig an Rationalität ist,

die Steigerung nämlich aller kalkulierbaren Herrschaftsapparaturen und-mittel auf Kosten des Zwecks,

der vernünftigen Einrichtung der Menschheit, die der Unvernunft bloßer Machtkonstellationen überlassen bleibt,

und zu der das Bewußtsein,

getrübt von unablässiger Rücksicht auf bestehende positive Verhältnisse und Gegebenheiten,

sich überhaupt nicht mehr zu erheben getraut.

Wohl ist einer ratio, als stures Herrschaftsmittel, frevelhaft verabsolutiert, Selbstbesinnung geboten,

und davon drückte das religiöse Bedürfnis heute einiges aus.

Aber diese Selbstbesinnung kann nicht bei der bloßen Negation des Gedankens durch sich selbst, bei einer Art von mystischem Opfer stehenbleiben [Anspielung auf Abraham/Isaak], nicht durch einen »Sprung« sich vollziehen:

der ähnelte nur allzusehr der Katastrophenpolitik.

Sondern Vernunft muß versuchen, die Rationalität selber,

anstatt als Absolutes sie

sei es zu setzen, sei es zu verneinen,

als ein Moment innerhalb des Ganzen zu bestimmen, das freilich diesem gegenüber auch sich verselbständigt hat.

 Sie muß ihres eigenen naturhaften Wesens innewerden.

Dies Motiv ist den großen Religionen nicht fremd: gerade es [dies Motiv] bedarf heute der ›Säkularisierung‹,

soll es nicht, isoliert und überhöht, zur Verfinsterung der Welt helfen, die es bannen möchte.

(Fortsetzung folgt)

Als ich am 12.08.23 die neueste Adorno-Lektüre begann (8:13) und als sie endete (12:08)

 

Klinikum Solingen Ausblick 8. Stock

Adorno noch einmal

Von der Terz und der Zersetzung der musikalischen Sprache

Adorno 1960 in Berlin

Quelle Theodor W. Adorno: Philosophie der Neuen Musik / Europäische Verlagsanstalt Frankfurt am Main 1958 (Seite 76 f)

1993 Beethoven-Buch + umgeblättert:

… „der gleiche Tatbestand nach seinen verschiedenen Aspekten. Wie aber, wenn schließlich der Ausdrucksdrang gegen die Möglichkeit des Ausdrucks selber sich kehrte?   [141]“

Quelle Theodor W. Adorno: Beethoven / Philosophie der Musik / Fragmente und Texte herausgegeben von Rolf Tiedemann / Suhrkamp Frankfurt am Main 1993

P.S. Natürlich war mir damals klar, dass man diese (hier isolierten) Äußerungen Adornos nicht grundsätzlich als gegen die Idee der „Zwölftonmusik“ gerichtet verstehen darf.

Vom Salon mit Chopin

JR 6.12.1966 Solingen

Quelle Theodor W. Adorno: Einleitung in die Musiksoziologie / Zwölf theoretische Vorlesungen / Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1962

Chromatische Tonsprache und kujawische Motivik (s.a. hier)

Tadeusz A. Zielinski Chopin Lübbe 1999

Universalität?

Museum und integrales Konzert

Ich hätte damals noch etwas ergänzen können oder müssen: aus Adornos Kritik am Persönlichkeitsideal (jetzt 24.07.23 wiedergelesen, damals in „Stichworte“ von 1969, zuvor auch im Radio gehört):

So gehört es zur eisernen Ration pädagogischer Theorien, die auf der Höhe der Zeit sein möchten, das Humboldtsche Bildungsziel des allseitig entwickelten und ausgebildeten Menschen, eben der Persönlichkeit, abzufertigen. Unvermerkt wird aus der Unmöglichkeit, es zu verwirklichen – wenn anders es je verwirklicht gewesen sein sollte -, eine Norm. Was nicht sein kann, soll auch nicht sein. Die Aversion gegen das hohle Pathos der Persönlichkeit tritt, im Zeichen eines angeblich ideologiefreien Realitätsbewußtseins, in den Dienst der Rechtfertigung universaler Anpassung, als ob diese nicht ohne Rechtfertigung bereits allerorten triumphierte. Dabei war Humboldts Persönlichkeitsbegriff keineswegs einfach der Kultus des Individuums, das wie eine Pflanze begossen werden soll, um zu blühen. So wie er noch die Kantische Idee »der Menschheit in unserer Person« festhält, hat er zumindest nicht verleugnet, was bei seinen Zeitgenossen Goethe und Hegel im Zentrum der Lehre vom Individuum steht. Ihnen allen kommt das Subjekt zu sich selbst nicht durch die narzißtisch auf es zurückgezogene Pflege seines Fürsichseins, sondern durch Entäußerung, durch Hingabe an das, was es nicht selbst ist. In Humboldts Bruchstück ›Theorie der Bildung des Menschen‹ heißt es: »Bloß weil beides, sein Denken und sein Handeln nicht anders als nur vermöge eines Dritten, nur vermöge des Vorstellens und des Bearbeitens von etwas möglich ist, dessen eigentlich unterscheidendes Merkmal es ist, Nichtmensch, d.h. Welt zu seyn, sucht er, soviel Welt als möglich zu ergreifen und so eng, als er nur kann, mit sich zu verbinden.« Den großen und humanen Schriftsteller konnte man einzig dadurch in die Rolle des pädagogischen Prügelknaben hineinzwängen, daß man seine differenzierte Lehre vergaß.

Quelle Theodor W. Adorno: Stichworte / Kritische Modelle 2 / darin: Glosse über Persönlichkeit / Suhrkamp Frankfurt am Main 1969 / Zitat Seite 54

Damals schon früher aus der Radiosendung mit Adorno notiert:

Zumindest Negatives läßt über den Begriff eines richtigen Menschen sich sagen. Er wäre weder bloße Funktion eines Ganzen, das ihm so gründlich angetan wird, daß er dovon nicht mehr sich zu unterscheiden vermag, noch befestigte er sich in seinern puren Selbstheit; eben das ist die Gestalt schlechter Naturwüchsigkeit, die stets noch überdauert. Wäre er ein richtiger Mensch, so wäre er nicht länger Persönlicheit, aber auch nicht unter ihr, kein bloßes Reflexbündel sondern ein Drittes. Es blitzt auf in der Hölderlinschen Vision des Dichters: »Drum, so wandle nur wehrlos / Fort durchs Leben, und fürchte nichts!«

*    *     *

P.S. Und heute nach 54 Jahren ein Wermuthstropfen in Adornos Hölderlin-Zitat? der – doch so ermutigende – letzte Halbsatz lautet im Original womöglich anders: nämlich so. (nein! Aufklärung folgt)

Fazit: auch angesichts höherer Autoritäten lohnt sich die Überprüfung von Zitaten ebenfalls hoher oder höherer Autorität. Oder? Am Ende behält gar die Philologie das allerletzte Wort…

Kritischer Bericht Seite 305 – 322, hier wiedergegeben Seite 316 – 319 / und die letzte Fortsetzung von „Dichtermuth“:

Neue Links zu Hölderlins Ode „Dichtermut“  1. Fassung 2. Fassung und Wikipedia hier (darin Link zu Versmaßen). Neue Ermutigung, Hölderlin selbst im Original zu suchen und verstehen zu lernen, gefunden bei Roland Reuß in dem sehr lesenswerten Buch „Ende der Hypnose“, Zitat:

Quelle Roland Reuß: Ende der Hypnose Vom Netz zum Buch / Verlag Strœmfeld Frankfurt am Main 2012 ( hier )

Patmos bei Wikipedia hier

Zum Beispiel Goethe bei Blumenberg

Einige Notizen

Siehe Blog „Blumenberg lesen“ hier (gegen Ende)

„Eckermann liest in der Bibel“ (Seite 46)

Wie Goethe seinen Eckermann hingehalten hat, um ihn nicht als getreuen Dokumentar zu verlieren (z.B. durch Heirat). Auch deshalb lockt er ihn mit Faust II. Siehe Erwähnung tags zuvor und danach.

Quelle Eckermann: Gespräche mit Goethe / Aufbau-Verlag Berlin 1956 (JR Sept.58)

Zu „Das Hohelied der Rezeption“ (Seite 16) Albrecht Schöne

„Alexis und Dora“ siehe hier (Weiland über Goethes Rätselgedicht)

Wikipedia zu „Alexis und Dora“ hier

Blumenberg „Goethe zum Beispiel“ Seite 70

In der Altersfreundschaft Goethes mit Zelter ist der Berliner Tonmeister mit seinem Part unterbelichtet geblieben. Dabei sind seine Briefe unvergleichlich, an Frische und Wahrheit der Empfindung denen Goethes im letzten Jahrzehnt überlegen. Und wäre dies alles nur zu lesen, um das einzige Rätsel lösbarer zu finden, wie er Goethes innigstes Gedicht „Um Mitternacht“ adäquat vertonen konnte, dürfte keine Mühe verdrießen, Zelters Part auszuleuchten.

Goethe/Zelter im letzten Lebensjahr S.61 Briefwechsel ?hier (geht nur bis 1827)

Um Mitternacht ging ich, nicht eben gerne,
Klein kleiner Knabe, jenen Kirchhof hin
Zu Vaters Haus, des Pfarrers; Stern an Sterne
Sie leuchteten doch alle gar zu schön;
    Um Mitternacht.

Wenn ich dann ferner in des Lebens Weite
Zur Liebsten mußte, mußte, weil sie zog,
Gestirn und Nordschein über mir im Streite,
Ich gehend, kommend Seligkeiten sog;
    Um Mitternacht.

Bis dann zu letzt des vollen Mondes Helle
So klar und deutlich mir ins [Finstere]1 drang,
Auch der Gedanke willig, sinnig, schnelle
Sich ums Vergangne wie ums Künftige schlang;
    Um Mitternacht.

Noch einmal zitiert bei Blumenberg Seite 211 („Auch ihn einmal weinen gesehen“) Zelter las ihm die Marienbader Elegie vor:

…jetzt hört er es vom Freund, der ihm so vieles hörbar gemacht, ihm »Um Mitternacht« vertont hatte: Mir ist das All, ich bin mir selbst verloren, / Der ich noch erst der Götter Liebling war …

Blumenberg Seite 70 „Das unerlebbare Letzte“

Wiki Quelle hier / Friedrich Preller der Ältere

Zitat Seite 71f

Noch auf der ausgeführten Zeichnung schönster Überhöhung stand n. d. Natur gezeichnet 1832. Die dazu bekannte Skizze, die diesen Vermerk nicht trug, zeigte olympische Retusche. Erst 1949 ist Prellers ›Original‹ ans Licht gekommen, das er, vielleicht mit Rücksicht auf Ottilie, die zunächst gänzlich widersprochen hatte, für sich verbarg und gegen die sanftere Skizze vertauschte.

s.a. hier Auktionskatalog 1926 „Eine Goethe-Sammlung“ Nr.33

Blumenberg Seite 82 „Goethe, zum Beispiel“, die Nietzsche-Quellenangabe ist irreführend (Bd, XIII, 244), muss heißen: § 279. in „Menschliches, Allzumenschliches“.

279.

Von der Erleichterung des Lebens. – Ein Hauptmittel, um sich das Leben zu erleichtern, ist das Idealisiren aller Vorgänge desselben; man soll sich aber aus der Malerei recht deutlich machen, was idealisiren heisst. Der Maler verlangt, dass der Zuschauer nicht zu genau, zu scharf zusehe, er zwingt ihn in eine gewisse Ferne zurück, damit er von dort aus betrachte; er ist genöthigt, eine ganz bestimmte Entfernung des Betrachters vom Bilde vorauszusetzen; ja er muss sogar ein ebenso bestimmtes Maass von Schärfe des Auges bei seinem Betrachter annehmen; in solchen Dingen darf er durchaus nicht schwanken. Jeder also, der sein Leben idealisiren will, muss es nicht zu genau sehen wollen und seinen Blick immer in eine gewisse Entfernung zurückbannen. Dieses Kunststück verstand zum Beispiel Goethe.

Seite 76 Santa Maria della Minerva in Assisi

… denn sie ist und bleibt das Stück Heidentum im Christentum, das Goethe bleibend adaptieren wird, bis hin zum Schluß des zweiten »Faust«.

Selbst der gerühmte Palladio, auf den ich alles vertraute (Goethe)

Aus Goethes Text hier

Wenn man die erste poetische Idee, daß die Menschen meist unter freiem Himmel lebten und sich gelegentlich manchmal aus Not in Höhlen zurückzogen, noch realisiert sehen will, so muß man die Gebäude hier herum, besonders auf dem Lande, betreten, ganz im Sinn und Geschmack der Höhlen. Eine so unglaubliche Sorglosigkeit haben sie, um über dem Nachdenken nicht zu veralten. Mit unerhörtem Leichtsinn versäumen sie, sich auf den Winter, auf längere Nächte vorzubereiten, und leiden deshalb einen guten Teil des Jahres wie die Hunde. Hier in Foligno, in einer völlig homerischen Haushaltung, wo alles um ein auf der Erde brennendes Feuer in einer großen Halle versammelt ist, schreit und lärmt, am langen Tische speist, wie die Hochzeit von Kana gemalt wird, ergreife ich die Gelegenheit, dieses zu schreiben, da einer ein Tintenfaß holen läßt, woran ich unter solchen Umständen nicht gedacht hätte. Aber man sieht auch diesem Blatt die Kälte und die Unbequemlichkeit meines Schreibtisches an.

Blumenberg Seite 88

Man fragt sich, warum sich diese Seite im Goethebuch befindet und nicht in Blumenbergs „Matthäuspassion“ (1988), wo er sich von Seite 208 bis 222 mit diesem Thema befasst (›DER RUFET DEM ELIAS‹). Er verrät es hier aber doch in den letzten 5 Zeilen, wo er sich dem ›ungeheuren Spruch‹ Goethes zuwendet: Nihil contra deum nisi deus ipse – Nur ein Gott gegen einen Gott. Und da bleibt die Leserschaft von Gott verlassen, sofern sie nicht an Blumenbergs unendlicher Belesenheit teilhat oder – wie ich – unverdrossen das Internet befragt. Dort würde man fündig unter folgendem Link des Goethe Jahrbuches 13 Weimar 1952: Momme Mommsen: Zur Frage der Herkunft des Spruches „Nemo contra deum nisi deus ipse“.

Das bedeutendste Kapitel dieses ganzen posthum erstellten Goethe-Buches von Blumenberg scheint mir das dem Prometheus-Syndrom gewidmete zu sein: „Ein Geschlecht das mir gleich sey“, Seite 112 – 138. Es betrifft die Wechselwirkung mit Schopenhauer bzw. dessen Auseinandersetzung mit der Farbenlehre. Und damit einen philosophischen Diskurs angesichts der Wirk- und Fliehkräfte zwischen den Monumenten Kant und Newton.

Wunderbar auch die Richtigstellung zu dem berühmten Ausspruch Goethes über die Kanonade bei Valmy, – sein Hang, dem Sinnlosen, das ihn tangiert, durch Umwidmung eine höhere Bedeutung abzugewinnen. Seite 113ff: „Gelübde auf dem Rückzug„.

… über Bauern klagen?

Beim Zeitunglesen

Mein Opa bei der Arbeit ca.1950

Eigentlich will ich solche Geschichten nicht lesen. Das Narrativ aus Sicht der Bauern, das hatte doch ich selbst genährt, romantisch unterfüttert, seit ich als Kind meinen Großvater – von Beruf Tischler, Landwirt aus Neigung – mit seinen 2 Kühen erlebt hatte, die Sorgfalt, mit der er ihnen das Futter bereitete, das Fell striegelte, ihre gesunde Austrahlung rühmte („die schönsten Tiere auf der ganzen Lohe!“). Wenn ich sein Haus vom privilegierten Eingang aus betrat, von hinten, durch den Kuhstall, war ich schon beim Öffnen der Tür in einer anderen Welt: der Geruch war es, den ich für mein Leben als heimatlich abspeicherte, das wohlige Stöhnen der Kühe, das freundliche Rasseln ihrer Ketten, die Geräusche eines abgesetzten Eimers, in dem die Milch schwappte. In guten Zeiten auch noch zwei Schafe im hinteren Stall, dazwischen das Plumpsklo, an dessen Holztür jemand in Kopfhöhe mit Schülerschrift geschrieben hatte: „O du schöner Rosengarten“. Kein Mensch wusste, wer und warum, vielleicht Onkel Ernst, der aus dem Krieg nicht wiedergekommen war. Ursache für die dumpfe Trauer, die nicht thematisiert wurde. Es gab im Haus kein fließend Wasser, aber einen sehr tiefen Brunnen mit kostbarem Trinkwasser, im Stall eine Pumpe fürs Regenwasser. All die Saiten werden bis heute angerührt. Opa sprach abfällig über „Kunstdünger“, aber das änderte sich im Laufe der Jahre. Nun lese ich in der ZEIT (13. Juli 2023 Seite 2), widerstrebend: Unter Kühen. Der Landwirt gilt heute vielen als Giftspritzer, Wutbürger – und Tierquäler. Wie sieht sein Alltag wirklich aus? Besuche bei einem Milchbauern in Schleswig-Holstein. Von Merlind Theile.

Erinnerung an Südtirol 2011

Zitat

Er war schon mal aus dem Bauernverband ausgetreten, schloss sich den »Freien Bauern« an, die speziell für Familienbetriebe und nicht für »Agrarkonzerne« kämpfen wollen; trat dann doch wieder ein in den Bauernverband, weil seine Vorstandskollegen aus dem RSH-Kreisverein auch alle drin seien. Im Grunde teilt er ja die Positionen. Die Nähe zur CDU. Die Vorstellung, dass deutsche Bauern die Welt ernähren müssen. Darum spritzt A.-D. auf seinen Äckern nebem vielem anderen auch das umstrittene Glyphosat, als Beikrautvernichter. Andernfalls dränge zum Beispiel der Ackerfuchsschwanz seinen Weizen noch weiter zurück. Ernteeinbußen. »Deswegen haben die Ökos ja viel geringere Erträge. Und nur mit Bio kriegen wir doch keine zehn Milliarden Menschen satt! Meine Intention ist es nicht, reiche Deutsche zu ernähren und der Rest muss hungern. Dafür bin ich Landwirt.« Aber ist im jetzigen Ernährungssystem nicht eher das Problem, dass fast 20 Prozent der Lebensmittel einfach verschwendet werden? »Das mag so sein. Das ist ja aber irgendwo außerhalb der Verantwortung der Bauern. Da müsste dann die Politik was machen.« Doch von der erwartet A.-D. eigentlich auch nichts mehr.

Zitat-Ende

In der Süddeutschen hatte ich gelesen (13. Juli 2023 Seite 4), was ich auch in der Tagesschau mit warmen Worten CDU-Mannes Manfred Weber erfahren hatte, aber nicht etwa solchen:

Die Niederlage der EVP ist zugleich ein Gewinn für Europas Ökosysteme, für den europäischen Klimaschutz und auch für die Landwirte, für die die Partei vorgab zu streiten. Denn auch falls das Gesetz nur in abgeschwächter Form in Kraft tritt, kann es dazu beitragen, die EU-Klimaziele bis 2030 zu erreichen. (…)

Für diese Machtprobe hatte sich die EVP aber das falsche Gesetz ausgesucht. Die Natur wartet nicht auf zerstrittene Abgeordnete. Politische Taktik ist den erodierten Böden egal. Wildbienen könen sich nicht gedulden, bis die Bauern wieder Luft haben für ein bissche mehr Umweltschutz-Gesetzgebung. Die Klimakrise stellt existenzielle Fragen, sie kann eine der gößten Bedrohungen für den gesellschaftlichen Frieden in Europa werden. Sie ist die wahre Gefahr für die Ernährungssicherheit. Man habe zuletzt viel ambitionierten Umwelt- und Klimaschutz betrieben, sagte Weber am Mittwochmorgen, „aber wir verlieren Arbeitsplätze und Wohlstand!“ Wer so redet, macht kurzsichtige Politik.

Quelle EU-Parlament / Eine Niederlage, zum Glück / Von Jan Diesteldorf / SZ (s.o.)

Anmerkung (Zitat WWF): es war kurz vor 13.00 Uhr am Mittwoch, als in Strasbourg – und im Berliner WWF-Büro – Jubel ausbrach. Momente zuvor hat das EU-Parlament mit knapper Mehrheit das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur gestimmt.

Ackerland Krüdersheide Solingen-Ohligs 2021

Ich habe umgeblättert, dieselbe ZEIT Seite 6 Durst nach Gerechtigkeit / In Frankreich wird das Grundwasser knapp – und der Streit um die Verteilung eskaliert / Von Matthias Krupa

Der weitaus größte Teil des Wassers, das in Frankreich verbraucht wird, fließt in die Landwirtschaft, nach Angabe des Umweltministeriums 45 Prozent. Ein weiteres Drittel verbraucht die Industrie, der Rest ist Trinkwasser. Je knapper die Ressource wird, desto schärfer werden die Verteilungskämpfe. Campingplatzbetreiber geraten in Konkurrenz zu Golfplatzbesitzern. Die Betreiber von Kernkraftwerken fürchten, dass das Kühlwasser knapp wird. Weinbauern leiten immer öfter Wasser aus den Flüssen auf ihre Reben. Urlauber können in diesem Sommer vor leeren Swimmingpools stehen. Rund um die Gemeinde Vittel kämpfen besorgte Anwohnerinnen und Anwohner schon länger gegen den Nahrungsmittelkonzern Nestlé, der sich für seine Getränkeproduktion aus dem Grundwasser bedient. (….)

Bislang gibt es keine belastbaren Daten dafür, welche langfristigen Folgen die künstlich angelegten Becken auf die Grundwasservorkommen haben »Ich habe Angst, dass es noch schlimmer wird, wenn das Becken in Sainte-Soline erst einmal gefüllt ist«, sagt Laurendeau.

Besonders empört ihn, dass die Genossenschaft der Getreidebauern das Grundwasser mit den Becken faktisch privatisiere. Tatsächlich werden nur einige ausgewählte Betriebe an die Speicher angeschlossen. So entgehen sie den Beschränkungen für die Bewässerung in diesem Sommer. Er selbst braucht nicht viel, sagt Laurendeau, pro Hektar etwa 2000 Kubikmeter im Jahr. Von den Reservoirs in Sainte-Soline würden jedoch vor allem große, flächenintensive Betriebe profitieren. Die Genossenschaft gibt dazu keine Auskunft, aber eine Recherche der Internet-Zeitung Mediapart bestätigt den Verdacht.

So streiten im Departement Deux-Sèvres nicht nur Umweltschützer mit Landwirten, sondern auch Bauern mit Bauern. Zwei grundverschiedene Modelle der Agrarwirtschaft stehen sich gegenüber: hier die großen, flächenintensiven Betriebe, die Mais und Weizen häufig für den Export produzieren, dort die kleineren Höfe, die zuerst den regionalen Bedarf bedienen.

Quelle ZEIT (s.o.) Seite 6 „Durst nach Gerechtigkeit“

Abendhimmel Ohligs Isarweg November 2022

Suchen: https://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/erlebnis-erde/sendung/wunderwelt-wiese-ein-verlorenes-paradies-100.html HIER

Was mich warum ergriff

Draußen, das Blühen?

SZ 17./18.06.2ß23

Also: warum? Niemand würde es erraten. Als erstes das zitierte Lied, dessen Zeile mich ansprang, dann der gut geschriebene Artikel, die vermutete politische Rehabilitation der Deutschen Romantik um 1848. Vorsatz, das Museum zu verlinken. Hier ist es. Ah, ich verstehe, weshalb Johan Schloemann so inspiriert geschrieben hat… Aber da ist noch etwas:

Die Noten von damals, mit den sparsamen Einzeichnungen zum Vortrag (Schrift: Franz Müller-Heuser), wie haben wir an dem Takt auf Seite 195 2. Zeile geübt: „alles, alles wenden“. Die Examenskandidatin, deren Kehle sich mit diesem Ornament schwer tat, und ich am Klavier. Übrigens: sie war schwanger, nach ihrem Examen im Oktober 1965 heirateten wir. Ein Konglomerat ungeordneter Gefühle, ich plante nicht, mein Studium abzubrechen. „… das Blühen will nicht enden, es will nicht enden“. Allenthalben schwelten schon die linken Ideen der zukünftigen 68er. In der Musikhochschule rebellierte nur Klaus der Geiger. 1967 Violinexamen und Orient-Tournee, 1970 Abschluss der Dissertation über Arabische Musik. Weiter im WDR.

Wie ich zu „meiner“ Zeit politische Geschichte nachholte

Das letzte Kapitel in demselben Buch: Epimetheus statt Prometheus / Hoffnung?

Quelle Imanuel Geiss: Geschichte im Überblick / Daten und Zusammenhänge / Rowohlt Reinbek bei Hamburg 1986

Wie die politische Utopie bei den beiden Romantikern endete:

Süddeutsche Zeitung 17./18. Juni 2023 Seite 49 „Das Blühen will nicht enden“ Waren deutsche „Dichter und Denker“ 1848 zu verkopft und haben die Revolution verspielt? Ludwig Uhland und Jacob Grimm bewisesen das Gegenteil / Von Johan Schloemann

Nochmals: das Museum! Hier finden Sie es.

Gräser, Unkraut, Moos

Ein anderer Fokus: in Bodennähe

Es fing an damit, dass mich die Geschichte aus Santiago de Compostela ansprach, ohne eine Wallfahrt heraufbeschwören zu wollen. Oder doch? Auf die Knie, in der spanischen Sonne, auf den heißen, unkrautbewachsenen Steinplatten vor der Kathedrale!

Das Thema hatte ich doch heute schon mit meiner Enkelin? Sie legte mir gleich danach einen Link ans Herz gelegt. Danke an Titus Arnu, der dem Thema gleichzeitig Gewicht verlieh.

SZ 10/11.06. 2023 Seite 10

Der Link allerdings führte zur FAZ ( ohne Bezahlschranke) HIER. Zitat:

Die kanadische Biologin Robin Wall Kimmerer, einem großen Publikum bekannt geworden durch ihren Bestseller „Geflochtenes Süßgras – Von der Weisheit der Pflanzen“, verfolgt deshalb mit ihrem neuen Buch ein hochgestecktes Ziel. Es gilt, den Ruf der Moose aufzupolieren. Das Buch, in moosgrüner Farbe gedruckt, führt den Leser auf verschlungenen Erzählpfaden zu der Frage, wie es kommen konnte, dass man diese Pflanzen so konsequent übersehen und ihnen nicht schon immer höchste Wertschätzung entgegengebracht hat.

Wer ist diese Frau? Siehe Wikipedia hier

Alte Erinnerungen werden wach, ein schmales Buch, das ich Ende der 80er Jahre kaufte und dann doch nicht las, von Klaus Modick,1984 bzw.1987. Ich habe es jetzt nachgeholt.

 

Wer hat es warum eine Novelle genannt? Seite 92 Eine Handlung schimmert durch, besonders wenn recht spät eine Liebesgeschichte samt Akt (im Moos) angedeutet wird (S.107f). Oder die zeitnahe Anspielung auf die Rolle der Grünen, Verwunderung, „daß man aus der größten Selbstverständlichkeit der Erde eine Partei machen könne“ (S.92). Wer bei dieser Gelegenheit einen Ausflug in deren Geschichte machen will: siehe hier. Es lag auch ein übler Verriss des Schriftstellers K.M. von Hubert Winkels (Stern)  hinterm Cover, anlässlich des späteren Romans „Weg war weg“, unter dem Reißertitel „Postmoderne Windelwitze“.

Moos und Geflochtenes Süßgras hier oder saure Gräser dort?

Von meinem Großvater habe ich ein Buch verwahrt, das aus dem Jahr 1935 stammt. Darin lag als Lesezeichen, von ihm beschriftet, ein Kalenderblatt vom Montag 22. Januar 1951: „Saure Gräser“. Ihm ging es um die kostbare Nahrung seiner Kühe auf der Lohe, für die er eine Wiese in der weit entfernten Flutmulde der Werre (Bad Oeynhausen) betrieb. Mein Bruder und ich haben ihm manchmal in den Sommerferien dabei geholfen, man musste sehr sorgfältig mit seinen Gräsern umgehen. Ein harte Arbeit.

  Opa bei der Arbeit (Blick auf die Porta Westfalica)

„Wo wir auch in unserem Vaterlande wandern“ – überall dieser verführerische Ton (→ „Ernting“).

Hauptberuf: Holzverarbeitung (meine Bäume spiegeln sich)

Unten: Ausblick (JR in die Bäume, Eos in der Spiegelung, ein bei Lichteinfall dirigierender Miniatur-Beethoven, nebenbei im Fernsehen: André Rieu)

↓Eos bei der Arbeit, etwa 20 Jahre vorher, Foto in gleicher Blickrichtung wie heute ↓

Ich erinnere mich und hole die Bücher von Emanuele Coccia hervor, lasse ein Zitat über „Dinglichkeit“ auf mich wirken: